Genre an die Öffentlichkeit: der Kaiser Severus, seinen Sohn wegen des in den Engpässen Schottlands gegen ihn beabsichtigten
Attentats zur Rechenschaft ziehend (im Louvre), welches Bild ihm die Mitgliedschaft der Akademie erwarb. Durch die Revolution
um sein Vermögen gekommen, starb Greuze 21. März 1805 zu Paris in dürftigen Umständen. Die Motive zu seinen
besten Bildern sind dem häuslichen Leben der mittlern und untern Klassen der französischen Gesellschaft entnommen, und er
befolgte bei diesen Darstellungen genau die von Diderot für die Bühne aufgestellten Normen.
Berühmt namentlich sind seine Darstellungen junger Mädchen, deren liebenswürdig-naive, wenn auch etwas kokette Haltung einen
großen Reiz übt. Im Louvre befinden sich außerdem: die Dorfbraut, des Vaters Fluch und das Gegenstück
dazu: der reuevoll zurückkehrende Sohn, der zerbrochene Krug u. a. Das Berliner Museum besitzt eins der anziehendsten Bilder
des Künstlers: ein kleines Mädchen mit einem schwarzen Tuch um die Schultern, die Eremitage zu Petersburg ein andres, nicht
weniger treffliches: ein gichtbrüchiger Alter.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Robert Kaye Greville, Botaniker in Edinburg (Kryptogamen), gab mit Hooker
»Icones filicum« (1826-31) heraus.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk und Landkreis Münster, an der schiffbaren Ems und an der Linie Münster-Emden
der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Pfarrkirche, Baumwollspinnerei, Seidenweberei, Zigarrenfabrikation,
Bierbrauerei und (1885) 5553 Einw.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, in sehr fruchtbarer Gegend an der Erft und an der
Linie Düren-Neuß der Preußischen Staatsbahn, hat ein Schloß der ehemaligen Herzöge von Jülich-Kleve-Berg, die hier ihre
Sommerresidenz hatten, ein Amtsgericht, eine Baumwollspinnerei und -Weberei, 2 Dochtwebereien, Fabrikation
von Maschinen zu Zuckerfabriken, eine Kratzenfabrik, 2 Zuckerfabriken, eine große Dampfwalzmühle, ein Dampfsägewerk, Handel
mit Eisenwaren und Getreide und (1885) 1644 meist kath. Einwohner.
ehemaliger Name der Place de l'Hôtel de Ville in Paris, bekannt als die Hinrichtungsstätte
während der großen Revolution (bis 1793) und wieder 1795-1830;
s. Paris.
(Grevismühlen), Stadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, an der Eisenbahn Lübeck-Straßburg, hat
ein Amtsgericht, eine alte Kirche, Bierbrauerei, Kornhandel und (1885) 4546 Einw. Grevesmühlen ist
Geburtsort des Dichters Kosegarten.
(spr. -wil), Henry (Pseudonym für Frau Alice Durand, geborne Fleury), franz. Schriftstellerin, geb. 12. Okt. 1842 zu
Paris, Tochter eines Professors, der 1857 an die Universität nach Petersburg berufen ward, machte unter dessen Leitung ernste
Studien in Sprachen und Naturwissenschaften und vermählte sich daselbst mit Emile Durand, einem der französischen
Professoren an der Rechtsschule zu Petersburg (jetzt Schriftsteller unter dem Namen Durand-Greville), mit dem sie 1872 nach Frankreich
zurückkehrte.
Hatte sie schon in Petersburger Journalen einige Romane, wie: »A travers des champs« und »Sonia«,
veröffentlicht, so setzte sie diese Thätigkeit jetzt in Paris noch eifriger fort und erregte zunächst
durch
die Romane: »Dosia« (1876) und »L'expiation
de Savéli« (1876),
worin sie mit einer durchaus urwüchsigen Darstellungsgabe ebenso neue wie anziehende und naturwahre
Bilder aus der russischen Gesellschaft vorführte, die allgemeinste Aufmerksamkeit. »Dosia« wurde 1878 von der Akademie mit dem
Preis Montyon gekrönt und erlebte 32 Auflagen. Von den spätern Werken der Verfasserin, die vielleicht
etwas allzu hastig aufeinander folgten, ihr aber doch die Gunst der Lesewelt erhielten und in fast alle Sprachen Europas übersetzt
wurden, nennen wir: »La princesse Oghéroff« (1876);
»Les Koumiassine« (1877);
»Suzanne Normis« (1877);
»La maison Maurèze«
(1877);
»Les épreuves de Raïssa« (1877);
»L'amie« (1878);
»Un violon russe« (1879);
»Lucie Rodey« (1879);
»Le moulin Frappier« (1880);
»La cité Ménard« (1880);
»Madame de Dreux« (1881);
»Rose Rozier« (1872);
»Un crime« (1884);
»Idylles« (1885) und »Cléopâtre«
(1886).
(spr. -wi), 1) Jules, franz. Staatsmann,
Sohn eines Gutsbesitzers, geb. 15. Aug. 1807 zu Mont sous Vaudrey (Jura), studierte die Rechte in Paris, nahm
an den Kämpfen der Julirevolution teil und ließ sich als Advokat in Paris nieder, wo er durch geschickte Geschäftsführung
sich einen Namen machte. Seiner politischen Überzeugung nach war er strenger Republikaner. Als Kommissar der provisorischen
Regierung vom Februar 1848 in sein Heimatsdepartement geschickt, erwarb er sich durch Gerechtigkeit und
Milde allgemeine Achtung und ward fast einstimmig zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt. Er schloß sich keiner Partei
an, stimmte aber meist mit der Linken.
Sein Amendement zu der Verfassung der Republik, welches die Wahl und die Absetzbarkeit des Präsidenten durch die Nationalversammlung
bestimmte, wurde 7. Okt. 1848 mit 643 Stimmen gegen 158 verworfen und die Ernennung des Präsidenten durch
allgemeines Stimmrecht beschlossen, welche Ludwig Napoleon zum Sieg verhalf. Grévy blieb der gemäßigten Republik treu, auch in der
Gesetzgebenden Versammlung, und zog sich nach dem Staatsstreich vom politischen Leben zurück. Als Advokat großer Gesellschaften
erwarb er sich ein bedeutendes Vermögen.
Seinen politischen Überzeugungen blieb er unerschütterlich treu und brachte sie ohne phrasenhafte Eitelkeit, aber furchtlos
zur Geltung, wo es nötig war. 1868 wurde er Bâtonnier (Vorsteher) des Pariser Advokatenstandes. In demselben Jahr siegte
er bei einer Nachwahl für den Gesetzgebenden Körper im Juradepartement mit großer Majorität über den
Regierungskandidaten; noch mehr Stimmen erhielt er 1869 bei den allgemeinen Wahlen. Seine Opposition gegen die kaiserliche Regierung
war fest, aber gemäßigt und stets auf das Sachliche gerichtet; gegen die Komödie des Plebiszits sprach er sich energisch
aus. Am 4. Sept. 1870 erklärte er sich gegen die Errichtung einer Diktatur und für Bewahrung gesetzlicher
Formen. Er verlangte vor allem Berufung einer Volksvertretung. Im Februar 1871 in die Nationalversammlung zweimal gewählt, wurde
er von dieser zu dem wichtigen Amte des Präsidenten berufen und bis 1873 immer mit großer Stimmenmehrheit wieder gewählt.
Er verwaltete sein Amt mit großer Ruhe und Unparteilichkeit. Als 1. April 1873 die Rechte gegen einen von ihm
erlassenen Ordnungsruf, der den Deputierten Grammont betraf, protestierte, legte er sein Amt nieder und nahm auch seine Wiederwahl
nicht an, da sie mit zu geringer Majorität erfolgte. Grévy gehörte seitdem der Linken der Nationalversammlung an.
mehr
Gegen die monarchistischen Intrigen schrieb er: »Le gouvernement nécessaire« (1873)
und sprach sich auch gegen das Septennat aus. Eine Wahl in den Senat lehnte er 1875 ab und trat 1876 als Mitglied in die Deputiertenkammer
ein, welche ihn 14. März zum Präsidenten erwählte. Nach Thiers' Tod wurde er das Haupt der gemäßigten republikanischen
Partei und ward nach Mac Mahons Rücktritt 30. Jan. 1879 mit 563 gegen 99 Stimmen zum Präsidenten der Republik auf sieben Jahre erwählt.
Er bewahrte als Oberhaupt des Staats eine echt konstitutionelle Zurückhaltung, führte mit seiner Familie, Frau und einziger
Tochter, die seit 1881 mit dem als Politiker bekannten Wilson verheiratet ist, ein einfaches Privatleben
und vertrat, wenn er bei offiziellem Anlaß sich öffentlich zeigte, sein Amt mit bescheidener Würde. Obwohl ihm seine Unthätigkeit
und Sparsamkeit vielfach zum Vorwurf gemacht wurden, wählte ihn der Nationalkongreß 28. Dez. 1885 dennoch wiederum auf sieben
Jahre zum Präsidenten der Republik, da kein ihm ebenbürtiger Staatsmann vorhanden war. Seine Biographie
schrieb Barbou (Par. 1879).
2) Albert, franz. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 23. Aug. 1824 zu Mont sous Vaudrey (Jura), studierte die Rechte und ließ
sich in Besançon als Advokat nieder, wo er Bâtonnier wurde und einer der angesehensten Republikaner war.
Nach dem Sturz des Kaiserreichs 1870 ernannte ihn die Regierung der nationalen Verteidigung zum Kommissar für die drei Departements
Jura, Doubs und Obersaône. Bei der Wahl für die Nationalversammlung 8. Febr. 1871 ward er in Besançon gewählt und schloß sich
der republikanischen Linken an, deren Präsident er wurde; er bemühte sich mit Erfolg um die Aufrechthaltung
der Einigkeit der Republikaner.
Seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer, beteiligte er sich eifrig an den gesetzgeberischen Arbeiten in den Kommissionen.
Nach der Wahl seines Bruders zum Präsidenten wurde er 15. März 1879 zum Generalgouverneur in Algerien ernannt mit der Aufgabe, daselbst
die Zivilverwaltung zu begründen. Er hatte auch das Glück, daß gleich bei Beginn seiner Verwaltung ein
Kabylenaufstand in Batna unterdrückt wurde. Im übrigen war aber seine Verwaltung wenig erfolgreich, so daß ihr die Unruhen,
welche 1881 ausbrachen, schuld gegeben wurden. Grévy nahm daher im November 1881 seine Entlassung. Seit 1880 ist er Senator.