vonNazianz, genannt der Theolog, Kirchenvater, wurde um 328 zu Arianz in Kappadokien geboren und erhielt seine
Bildung zu Cäsarea, Alexandria und zuletzt in Athen, wo er sich mit Basilius d. Gr. eng befreundete. In sein Vaterland zurückgekehrt,
bewies er in verschiedenen Stellungen in Nazianz eine zwischen Liebe zum kontemplativen Stillleben und Trieb
zum praktischen Eingreifen in die Kirchenhändel schwankende Haltung. Vom Kaiser Theodosius 380 zum Patriarchen von Konstantinopel
ernannt, legte er schon 381 auf dem zweiten ökumenischen Konzil auch diese Würde wieder nieder und lebte seitdem zurückgezogen
bis zu seinem Tod (um 390). Gregors ganzes Leben war der Verteidigung der Athanasianischen Orthodoxie gegenüber
den Häresien der Arianer und Apollinaristen gewidmet, wobei ihm seine mehr prunkende als sachlich verfahrende Beredsamkeit
sehr zu statten kam.
Unter seinen Werken sind die namhaftesten die fünf »Theologischen Reden«, welche er in der Kapelle Anastasia zu Konstantinopel
zur Verteidigung der nicäischen Dreieinigkeitslehre gegen die Eunomianer hielt. Die beste Ausgabe seiner
Schriften ist die von Clemencet besorgte (Par. 1778, 1840); in Auswahl von Goldhorn (Leipz.
1854).
Vgl. Ullmann, N. gregor von Nazianz (2. Aufl., Gotha 1867);
Böhringer, Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Bd. 8 (Zürich
1875);
Benoît, Saint Grégoire
de Nazianze (2. Aufl., Par. 1885, 2 Bde.).
vonNyssa, Kirchenvater, Bruder Basilius' d. Gr., geb. 331 zu Cäsarea in Kappadokien, seit 371 Bischof von Nyssa,
gest. 394. Wie Origenes, so suchte auch in den theologischen Bewegungen seiner Zeit der Wissenschaft einen freien Spielraum
zu verschaffen; ja, er ist der erste, welcher es unternahm, den ganzen Komplex der kirchlichen Lehre spekulativ
zu entwickeln. Dabei war er eine Säule der für das Mysterium der Trinität und Menschwerdung Gottes kämpfenden Kirche. Ausgaben
seiner Werke sind zuletzt unternommen worden von Forbesius (Lond. 1855 bis 1861) und Öhler (Halle 1865, Bd. 1; auch mit Übersetzung,
Leipz. 1858-59, 4 Tle.).
Vgl. Rupp, Gregors von Nyssa Leben und Meinungen (Leipz. 1834);
Heyns, De Gregorio
Nysseno (Leiden 1835);
Böhringer, Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Bd. 8 (Zürich
1875).
Einzelne Punkte seines Lehrbegriffs haben Möller (Halle 1854), Stigler (Regensb. 1857) und Hermann (Halle 1875) behandelt.
vonTours, fränk. Geschichtschreiber, aus einer vornehmen römischen Familie in Clermont-Ferrand
um 540 geboren, hieß eigentlich Georgius Florentius, nannte sich aber später Gregor von Tours nach seinem mütterlichen Ahnherrn, dem
heil. Gregor von Langres. Er wurde 573 zum Bischof von Tours ernannt, stand wegen seiner Frömmigkeit und Gelehrsamkeit bei den
fränkischen Königen Sigbert, Guntram und Childebert II. in hohem Ansehen und trat den Gewaltthätigkeiten
des Königs Chilperich von Soissons und der Fredegunde kräftig entgegen, indem er nicht nur den Herzog Guntram und Chilperichs
Sohn Meroväus gegen des Königs Verfolgungen schützte, sondern auch die Rechte des jungen Königs Childebert von Austrasien
aufs kräftigste vertrat.
Vom Volk als Wunderthäter und Heiliger verehrt, starb er 17. Nov. 594. Sein Hauptwerk ist die »Historia Francorum«
in 10 Büchern, zwar vom kirchlichen Standpunkt aus in kunstloser, einfacher, grammatisch nicht korrekter Sprache und ohne
tieferes historisches Verständnis geschrieben, aber als Quelle für die Geschichte seiner Zeit bis 591 von hoher Wichtigkeit;
am Schluß ist ein Abriß seines eignen Lebens hinzugefügt. Außerdem schrieb
Gregor von Tours Geschichten von Märtyrern,
von den Wundern des heil. Martin etc., die er selbst unter der Benennung »VII
libri miraculorum« zusammenfaßte, in einem Buch: »Vitae patrum«, das Leben mehrerer frommer gallischer Geistlichen.
Seine sämtlichen Werke erschienen Paris 1522;
von Ruinart herausgegeben, das. 1699;
die »Historia Francorum«
im 2. Band von Boucquets »Recueil des historiens des Gaules et de la France« (das. 1738-1818) und in den »Monumenta Germaniae historica«
(1884-85, 2 Tle.);
eine deutsche Übersetzung mit vortrefflicher Einleitung lieferte Giesebrecht (2. Aufl., Leipz. 1879, 2 Bde.);
den geschichtlichen Stoff verarbeitete Thierry in seinen »Récits des temps mérovingiens«.
Vgl. Löbell,
Gregor von Tours von Tours und seine Zeit (2. Aufl., Leipz. 1869);
Gregor von Tours Monod, Études critiques sur les sources de l'histoire mérovingienne
(Par. 1872).
Nikephoros, byzantin. Geschichtschreiber, geb. 1295 zu Herakleia in Pontus, lebte seit 1322 am Hof des Kaisers
Andronikos, der ihn in diplomatischen Geschäften verwendete, und lehrte nach kurzer Verbannung zu Konstantinopel
Chronologie und Astronomie, nahm an den durch Palamas (s. d.) hervorgerufenen Unruhen als Gegner der Palamiten lebhaften Anteil,
wurde von dem Patriarchen Kallistos 1351-54 wegen ketzerischer Lehren in ein Kloster eingeschlossen und starb 1360. Sein berühmtestes
Werk ist die »Römische Geschichte«, eine Geschichte des byzantinischen Reichs in 38 Büchern, von 1204 bis
1359, parteiisch und in affektiertem Stil geschrieben.
Die ersten 11 Bücher sind herausgegeben in Wolfs »Historiae byzantinae scriptores, III« (Basel
1562 u. öfter), 24 Bücher von Boivin
(griech. u. lat., Par.
1702, 2 Bde.; Vened. 1729). Alle 38 Bücher enthält die Ausgabe von Schopen u. I. ^[Immanuel] Bekker (Bonn
1829-55, 3 Bde.). Die ersten 11 Bücher wurden von Dolce ins Italienische und von Cousin ins Französische übersetzt. Außerdem
hat man von Gregoras theologische Streitschriften, philosophische Abhandlungen, astronomische Schriften, Briefe (worunter 6 hrsg.
von Mustoxydi, Vened. 1817; 11 in Boissonades »Anecd. graec.«, Bd.
3), grammatische Schriften etc.
Gesang, der durch Gregor I., den Großen, neugeregelte Ritualgesang der christlichen Kirche, der bis auf
den heutigen Tag die Grundlage des katholischen Kirchengesangs bildet. Man unterscheidet historisch den Gregorianischen Gesang
vom Ambrosianischen Gesang (s. d.), weiß aber eigentlich nicht recht, worin der
Unterschied beider bestanden. Die Fabel, daß der Ambrosianische Gesang rhythmisch belebt gewesen sei, der Gregorianische dagegen
statt dessen die feierliche Bewegung in gleichlangen Noten eingeführt habe, ist ein großer chronologischer Irrtum, denn zum
Cantus planus (in gleichlangen Noten) ist der Gregorianische Gesang erst nach Aufkommen der Mensuralmusik geworden, wie aus
vielen Stellen frühmittelalterlicher Schriftsteller deutlich hervorgeht.
Die Tonschrift, in welcher Gregor das nach ihm benannte Antiphonar abfassen ließ, war nicht, wie man früher fälschlich annahm,
lateinische Buchstabentonschrift (daher der Ausdruck Gregorianische Buchstaben für A B C D E F G als Tonnamen als historischer
Irrtum verwerflich ist), sondern vielmehr die Neumenschrift (s. Neumen). Eine Kopie des nicht mehr existierenden
Originals befindet sich in der Stiftsbibliothek zu St. Gallen. Seit Erfindung der Linien und Schlüssel (11. Jahrh.) wird der
Gregorianische Gesang gewöhnlich mit der sogen.
mehr
Choralnote (s. d.) notiert. Lehrbücher desselben schrieben: Antony (Münst.
1829), Maslon (Bresl. 1839) u. a.
Vgl. Schafhäutl, Der echte Gregorianische Choral in seiner Entwickelung (Münch. 1869);
Pothier,
Der Gregorianische Choral (deutsch, Aachen 1881).