wurde Grégoire Mitglied des
Rats der Fünfhundert und nach dem 18.
Brumaire des
GesetzgebendenKörpers. Nach dem
Konkordat mußte er
sein bischöfliches
Amt niederlegen. 1801 ward er Mitglied des
Senats und erhielt 1808 den Grafentitel, den er aber fast niemals
führte. Übrigens hielt er sich unter dem Kaisertum von derPolitik fern, da er sich gegen Einführung
der Kaiserwürde erklärt hatte, und stimmte 1814 der Absetzung des
Kaisers zu. Nach der
Restauration trat er mit der
Schrift
hervor:
»De la constitution française de l'an 1814« (Par. 1814, 4. Aufl.
1819), worin er die Mängel des vom
Senat entworfenen
Grundgesetzes nachwies.
Nach
Napoleons Rückkehr von
Elba 1815 sprach er sich gegen die Wiederherstellung des Kaiserreichs aus, wurde aber dennoch
von der zweiten
Restauration verfolgt und aus dem
Institut ausgestoßen. Namentlich die
Geistlichkeit haßte ihn unversöhnlich.
Er lebte nun zurückgezogen zu
Auteuil bei
Paris,
[* 2] bis er 1819 vom
DepartementIsère zum Abgeordneten der
Deputiertenkammer gewählt ward; doch bewirkten die
Royalisten seine
Ausschließung. Er starb ohne sich mit der
Kirche ausgesöhnt zu haben. Die
Sakramente und das christliche
Begräbnis wurden ihm verweigert. Doch war sein Leichenzug um
so größer und feierlicher und bewies, wie sehr sein edler, humaner
Charakter geschätzt wurde. Wichtig
sind seine
»Mémoires«, die H.
Carnot mit einer trefflichen biographischen
Notiz (Par. 1831) herausgab. Von seinen zahlreichen
Schriften nennen wir nur: »Histoire des sectes religieuses« (Par. 1814, 2 Bde.; 2. Aufl.,
das. 1828, 5 Bde.; Bd.
6, 1845);
»Essai historique sur les libertés de l'Église gallicane« (das.
1818, 2. Aufl. 1826) und
»Histoire des confessions des empereurs, des rois, etc.« (das.
1824).
Nach seiner Rückkehr vom kaiserlichen
Hof
[* 11] wurde er 590 gegen seinenWillen zum römischen
Bischof gewählt.
Er entfaltete sofort eine außerordentliche Thätigkeit für das materielle und geistliche
Wohl der italischen
Bevölkerung.
[* 12] In den politisch schwierigen Verhältnissen, welche seit dem
Einfall der
Langobarden in
Italien
[* 13] eingetreten waren, benahm er
sich mit ebensoviel
Klugheit wie
Festigkeit;
[* 14] es kam ihm besonders seine
Freundschaft mit der langobardischen
Königin Theudelinde zu statten, durch deren Einfluß er nicht nur den
Frieden zu stande brachte, sondern auch den König Agilolf
zum Übertritt zur römischen
Kirche bewog. Am meisten nahmen ihn jedoch die
Pflichten seines Priesterberufs in Anspruch.
Seine
»Regula pastoralis« war viele
Jahrhunderte hindurch
Haupt- und Handbuch des abendländischen
Klerus
für die Amtsführung und wurde in die meisten europäischen
Sprachen übersetzt. Von nachhaltigem Erfolg waren seine Bemühungen
um Verbesserung des
Kirchengesanges (s.
Choral) und
Ausbildung des liturgischen
Elements im
Gottesdienst gemäß der sinnlich
zeremoniellen
Richtung seiner Zeit, wodurch er sich den Beinamen
»Pater ceremoniarum« erwarb. Viele der von ihm
hervorgerufenen Einrichtungen haben sich in der
Praxis erhalten, so die
Kirchweihe, der Gregorianische
Kirchengesang und das
Meßopfer.
Auch im bischöflichen
Glanz blieb er ein harter, zur
AskeseneigenderMönch; geflissentlich trug er eine Verachtung gegen
weltliche
Wissenschaft zur
Schau, die bis zur Vernachlässigung des
Stils in seinen eignen
Schriften geht.
Streng, wie gegen sich selbst, war er auch gegen seine Untergebenen. Nur dem
Kaiser gegenüber beobachtete er kluge Mäßigung,
da er von demselben sogleich im Anfang seines
Amtes in die rechten
Schranken gewiesen worden war, und für seine Verfolgungssucht
gegen alles Häretische und Schismatische den
Arm der weltlichen Macht nicht missen konnte.
Für die Verbreitung des
Christentums unter den
Heiden hat Gregor mit unermüdlichem
Eifer und mit großem Erfolg gewirkt, so in
Corsica,
[* 15] wiewohl dasselbe unter dem byzantinischen
Bischof stand, namentlich aber in
England, wohin der
AbtAugustin als Sendbote ging. Auch mit den fränkischen
Königen und mit dem Westgotenreich in
Spanien
[* 16] knüpfte er folgenreiche
Verbindungen an. Er starb 12. März 604. hat das Ansehen des römischen
Stuhls auf eine vorher noch nicht gekannte
Höhe gehoben,
die Unterdrückung der die
Einheit derKirche störenden
Häresien teils vollendet, teils vorbereitet, die
Vereinigung sämtlicher abendländischer
Kirchen unter dem
StuhlPetri eingeleitet, der
Kirche ganz neue Gebiete erobert und
derselben für ihre innere und äußere Gestaltung die
Bahn vorgezeichnet, welche sie fortan durch ein ganzes Jahrtausend
einschlug.
PraktischerVerstand, unerschütterliche
Standhaftigkeit, umsichtige
Klugheit, auch diplomatische
Schlauheit,
¶
mehr
unermüdliche Thätigkeit und Fürsorge für die Kirche im großen und kleinen, Gerechtigkeitssinn, Wohlthätigkeit, aufrichtige
Religiosität, in welcher sich innerliches Christentum mit Aberglauben und dem äußerlich zeremoniellen Zug
seiner Zeit auf merkwürdige
Weise mischen, sind die hervorstechendsten Züge seines Charakterbildes. Auch als Schriftsteller genoß er großes Ansehen;
er wurde zu den vier großen Lehrern, den maßgebenden Autoritäten, der christlichen Kirche gerechnet.
Als solcher zeichnete er sich mehr aus durch seine Nüchternheit und Verständlichkeit als durch Tiefe oder Schwung der Ideen.
Sein theologischer Standpunkt ist ein ins Semipelagianische abgeschwächter Augustinismus. Eine von den Benediktinern besorgte
Gesamtausgabe seiner Schriften erschien in Paris 1705, 4 Bde.; auch befinden sie
sich in Mignes »Patrologia latina«, Bd.
75-79; in Auswahl erschienen sie deutsch, Kempten
[* 18] 1873 ff.
Vgl. Wiggers, De Gregorio Magno (Rost. 1838-1840, 2 Bde.);
Pfahler, Gregor d. Gr. und seine Zeit (Frankf. a. M.
1852).
2) Gregor II., ein Römer,
[* 19] wurde, nachdem er Sacellarius und Diakon gewesen, 715 zum römischen Bischof erhoben
und zählt zu den Begründern der römischen Weltmacht. Er lehnte sich gegen das Bilderverbot des griechischen KaisersLeo
des Isauriers auf (726) und kämpfte gleichzeitig für die Unabhängigkeit Roms gegen die langobardische Macht, indem er den
König Liutprand glücklich von Rom fern zu halten wußte. Er selbst stellte sich an die Spitze der italischen
Rebellion, welche der Macht des oströmischen Kaisers inItalien ein Ende bereitete. Auf der andern Seite verstand es Gregor, mit
den Angelsachsen neue Beziehungen zu gewinnen; als sein Beauftragter und Untergebener begann Bonifacius seine missionarische
Predigt in Deutschland
[* 20] und seine organisatorische Thätigkeit im Frankenreich. Gregor starb im Februar 731.
7) Gregor VII., vor seiner Erhebung zum PapstHildebrand, nach seiner eignen Aussage in Soano in Tuscien etwa um 1020 geboren, ward
in Rom, wohin er im 20. Lebensjahr kam, mit Jünglingen aus den vornehmsten Familien erzogen. Wider seinen
Willen durch seinen Oheim, Abt zu St. Maria auf dem Aventin, zum geistlichen Stand bestimmt, trat er in den Benediktinerorden
ein und lebte in Rom mit den Vertretern der cluniacensischen Tendenzen, besonders mit dem ErzbischofLaurentius von Amalfi, in
sehr vertrautem Verkehr.
Von Gregor VI. zum Kaplan erwählt, begleitete er denselben 1046 in seine Verbannung nach Köln und ging nach
dessen Tod 1048 in das Kloster zu Clugny. Hier fand ihn der zum Papst ernannte BischofBruno von Toul
[* 27] (Leo IX.) und nahm ihn 1049 mit
sich nach Italien. Unter Leo IX. stand Hildebrand in großem Ansehen; er besorgte die Verwaltung des Kirchengutes
und legte große Geschicklichkeit als Finanzmann an den Tag. Auch auf die geistlichen Angelegenheiten erhielt er großen Einfluß.