bündnerischer Privatpersonen konfisziert wurde. 1798 richtete die neubegründete Helvetische Republik an Graubünden die Einladung,
sich ihr anzuschließen; allein die Mehrheit der Gemeinden sprach sich dagegen aus. Als Graubünden sogar österreichische Truppen aufnahm,
rückte Masséna ebenfalls ein (März 1799), und das Land wurde der Schauplatz blutiger Kämpfe zwischen Österreichern und
Franzosen. Durch die Mediationsakte (1803) wurde Graubünden endgültig der Schweiz einverleibt und bekam eine Verfassung,
welche zwar die Einteilung in drei Bünde, in Hochgerichte und Gerichte sowie das Referendum beibehielt, aber den ehemaligen Bundestag
in einen Großen Rat, die periodischen Zusammenkünfte der drei Bundeshäupter in einen permanenten Kleinen Rat und den
»Beitag« (Kongreß) in eine »Standeskommission« verwandelte. So entstand eine
wahre Landesregierung, u. durch Krëierung eines kantonalen Appellationsgerichts, eines Kriminalgerichts für Fremde, einer
Kantonschule und eines Kantonschulrats, eines Kirchenrats, einer Militärkommission, einer Kantonalpostverwaltung etc. wurde
für Zentralisation der wichtigsten staatlichen Befugnisse gesorgt. Am 4. Jan. 1814 wurde durch einen Auflauf von der
österreichischen Partei die Aufhebung der Mediationsverfassung und die Einberufung des alten Bundestags erzwungen; doch stimmte
die neue, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Volkswünsche zu stande gekommene Verfassung vom 11. Nov. 1814, die noch
Nachträge erhielt und erst 1820 als vollständig ins eidgenössische Archiv gelegt wurde, in allem Wesentlichen mit der
Mediationsakte überein.
Die Bemühungen Graubündens beim Wiener Kongreß, wieder zu den ihm entrissenen italienischen Provinzen zu gelangen, waren
fruchtlos; doch ließ sich Österreich, das im Besitz derselben blieb, 1833 herbei, den dabei beraubten Personen eine Abfindungssumme
zu bezahlen. Durch eine Verfassungsrevision vom 1. Febr. 1854 wurde die historische Einteilung in Bünde, Hochgerichte
und Gerichte durch eine moderne in Bezirke und Kreise ersetzt. Sonst zeigt sich der konservative Sinn der Bündner in der häufigen
Ablehnung neuer, nicht selten dringend notwendiger Gesetzesvorlagen, wie denn auch 1876 der von einem Verfassungsrat
ausgearbeitete Entwurf eines neuen Grundgesetzes, welches die Standeskommission beseitigte und eine Regierung
mit Departementalsystem vorsah, mit großer Mehrheit verworfen wurde. Am 23. Mai 1880 wurde dagegen eine neue Verfassung angenommen,
welche zu dem schon bestehenden Referendum die Initiative hinzufügte.
Vgl. Röder und Tscharner, Der Kanton Graubünden (St. Gallen 1838);
C. v. Moor, Geschichte von Currätien und der Republik gemeiner drei Bünde (Chur 1870-74, 3 Bde.);
Derselbe,
Wegweiser durch die Geschichte Currätiens (das. 1873);
Planta, Das alte Rätien (Berl. 1872);
Derselbe, Die currätischen
Herrschaften in der Feudalzeit (Bern
1881);
v. Juvalt, Forschungen über die Feudalzeit im Curischen Rätien (Zürich
1871);
Sprecher, Geschichte
der Republik der drei Bünde im 18. Jahrhundert (Chur 1872-75, 2 Bde.);
Th. u. C. v. Moor, Sammlung der Urkunden
zur Geschichte Currätiens und der Republik Graubünden (das. 1848-64, 4 Bde.);
»Rätia, Mitteilungen der geschichtforschenden Gesellschaft Graubündens« (das. 1863 ff.);
Jecklin, Volkstümliches aus Graubünden (das.
1874-84, 3 Bde.);
Derselbe, Urkunden zur Verfassungsgeschichte Graubündens (das. 1883-86, 3 Hefte).
Alpen (auch
Rätische Alpen genannt), eine der großen Abteilungen der schweizer. Zentralalpen,
ein ausgedehntes Netz von Hochgebirgsgruppen, deren Entwickelung jedoch derjenigen der Penninischen Alpen nachsteht. Schärfer
und häufiger durch Gebirgslücken getrennt, sind sie auch zugänglicher, um so mehr, als die Thäler minder eingerissen,
vielmehr plateauartig gehoben sind. Vom Splügen an ostwärts gerechnet, nähert sich überhaupt das Gebirge
mehr dem Charakter der Tiroler Alpen; die langen Thalgletscher, wie sie in den Walliser und Berner Alpen auftreten, werden oft
durch kurze Hanggletscher ersetzt; die Wasserfülle ist geringer, die Gipfel, ungleich den Aiguilles, Piks und Dents der westlichen
Gebiete, sind leichter ersteigbar.
Deswegen ist den graubündner Alpen das Großartige und Wechselvolle der Erscheinung nicht in dem Grad eigen wie den
Walliser und Berner Alpen. Im Zentrum größerer Gruppen stehen Adula, Bernina, Ofenpaß, Piz d'Err, Silvretta, Rätikon (s. diese
Artikel). Die Anordnung dieser sechs Gruppen bildet eine halbkreisförmige Umwallung des Landkerns, und ihr entspricht eine
innere voralpenartige, fast geschlossene: diejenige der Plessuralpen. Nach der zentralen Schweiz hin ist
das Bündner Land durch einen andern Alpenzug getrennt, den man nicht zum Rätischen Gebirge rechnet und als Glarner Alpen (s. d.)
bezeichnet. Die Pforten, welche über das Gebirge sowohl in die Nachbarländer führen, als auch dem Verkehr zwischen den eignen
Thälern dienen, sind unter Graubünden
(s. d., S. 635) aufgeführt.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Marienwerder, auf dem rechten, hohen Ufer der Weichsel, über welche
eine Eisenbahnbrücke führt, Knotenpunkt der Linien Laskowitz-Jablonowo und Thorn-Marienburg der Preußischen Staatsbahn, erstere
mit fester Weichselbrücke, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine Garnisonkirche und 2 Synagogen.
Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit Garnison (1 Infanterieregiment Nr. 44 und 1 Abteilung Feldartillerie Nr. 16) 17,336
Seelen, darunter 10,935 Evangelische, 5196 Katholiken und 930 Juden.
Als Industriezweige sind zu nennen: Eisengießerei und Maschinenfabrikation, Fabrikation von Tapisseriewaren, Zigarren u. Tabak,
Bürsten, Schuhwaren, Wagen, der Betrieb von Mahl- u. Schneidemühlen etc. Der Handel in Getreide, Wolle u.
Vieh ist bedeutend. Graudenz ist Sitz eines Landgerichts (für die fünf Amtsgerichte zu Graudenz, Marienwerder, Mewe, Neuenburg
und Schwetz) und einer
Reichsbanknebenstelle, hat ein Gymnasium, ein katholisches Lehrer- und ein Lehrerinnen-Seminar, eine Taubstummenanstalt, ein
städtisches Museum, 3 Waisenhäuser, 3 Hospitäler, ein Zuchthaus, ferner Gas- und Wasserleitung. In Graudenz erscheint
»Der Gesellige«, die verbreitetste Zeitung von Westpreußen.
Dicht an der Weichsel liegt der Schloßberg mit den Resten einer alten Ritterburg, schönen Anlagen und hübscher Rundsicht.
Graudenz, das alte Grodeck, erhielt 1291 Stadtrechte. Die Festung Graudenz, 2 km nördlich von der Stadt, an der Weichsel
auf einem 86 m hohen Hügel, als Festung 1874 aufgegeben, bildet einen besondern Gutsbezirk mit (1885) 2072 Einw.,
meist Militärpersonen. Sie wurde von Friedrich II. 1772-76 angelegt und ward berühmt durch die ruhmvolle Verteidigung unter
Courbière gegen die Franzosen vom 22. Jan. bis 9. Juli 1807.
Vgl. Frölich, Geschichte des Graudenzer Kreises
(Graud. 1884).