Bruchstücken des Trouvere Thomas. K. Immermanns mehr selbständige Behandlung des Stoffes ist unvollendet geblieben. R. Wagner
hat die Sage zu einem musikalischen Drama verarbeitet.
Vgl. R. Bechstein, Tristan und Isolt in deutschen Dichtungen der Neuzeit
(Leipz. 1877).
vonVitérbo, Geschichtschreiber des Mittelalters, geboren um 1120, von deutscher und zwar
sächsischer Abkunft und auf der Schule zu Bamberg gebildet, aber nebst seiner Familie auf einem Gut bei Viterbo, das diese 1169 vom
Kaiser zu Lehen nahm, ansässig, war erst König Konrads III., dann fast 40 Jahre Kaiser Friedrichs I. Kaplan und Notar, wurde von
diesem zu vielen wichtigen Sendungen verwendet und nahm an vielen Kriegszügen desselben teil; auch zu
Heinrich VI., den er unterrichtet hatte, stand er in einem freundschaftlichen Verhältnis. Er starb gegen Ende des Jahrhunderts.
Außer einem unvollständigen Gedicht: »Speculum Regum«, verfaßte er ein großes, Heinrich VI. gewidmetes Geschichtswerk:
»Memoria Seculorum«, das, aus Prosa und Versen gemischt, die ganze Weltgeschichte umfaßt, und von dem Gottfried selbst
eine neue Bearbeitung: »Panthéon«, herausgegeben hat. Von historischem Wert ist davon nur die poetische Behandlung der Thaten
Friedrichs I., die »Gesta Friderici«; das übrige Werk ist voll von Fabeln und Märchen, die Erzählung ist geschmacklos, Metrik
und Grammatik sind nachlässig. Trotzdem ist das Werk im Mittelalter viel gelesen und benutzt worden und
hat eine Menge Fortsetzungen gefunden. Seine sämtlichen Werke sind von Waitz in Pertz' »Monumenta Germaniae historica«, Bd. 22 (Hannov.
1863),
herausgegeben; die »Gesta Friderici et Heinrici VI.« (die letztern sind aber nicht von Gottfried) separat daselbst 1872.
Vgl.
Ulmann, V. gottfried von Vitérbo (Götting. 1863).
(Godehard), Bischof von Hildesheim, geboren um 961 in der Nähe des Klosters Niederaltaich in Bayern, wurde in
diesem erzogen, ward bald Propst und 996 Abt desselben, reformierte, der strengen Richtung angehörig, auch die Klöster Tegernsee
und Hersfeld und wurde 1022 zum Bischof von Hildesheim ernannt. Er that viel für die geistige Hebung seines
Klerus und stiftete auch in Hildesheim eine Schule. Er starb und ist im Dom zu Hildesheim begraben. 1131 vom Papst Innocenz
kanonisiert, gab er dem St. Gotthardhospiz an dem Alpenpaß, dann diesem selbst den Namen. Einer seiner Schüler, Wolfher,
hat sein Leben beschrieben; die Biographie ist wegen der ausführlichen Schilderungen für die Kenntnis der Zeit sehr wertvoll
(in Pertz' »Monumenta Germaniae. Scriptores«, Bd. 11; übersetzt von Hüffer, Berl. 1858).
Aurelio, ital. Schulmann und Kunstschriftsteller, geb. zu
Florenz, studierte Rechtswissenschaft und Philologie, wurde 1859 Schulinspektor, 1861 Direktor des öffentlichen Unterrichts in
Toscana und 1864 Direktor der Galerien und Museen in Florenz, welche Stellung er bis 1878 bekleidete.
Außer mehreren historischen
und pädagogischen Schriften gab er heraus: »Giudizio e lavoro, cenni biografici«
(Flor. 1871);
»La storia delle gallerie di Firenze« (das. 1872) und
»La vita di Michelangiolo
Buonarroti« (das. 1875, 2 Bde.,
mit Urkunden), sein Hauptwerk.
Karl Friedrich Joseph, Politiker, geb. zu Hildesheim, studierte in Göttingen, Berlin und Heidelberg
die Rechte, ward 1844 Advokat, 1852 Obergerichtsanwalt, 1853 Bürgervorsteher und zuletzt Senator in seiner
Vaterstadt. Seit 1872 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, schloß er sich der nationalliberalen Partei an und bekämpfte
mit besonderm Eifer die Ultramontanen. Er schrieb: »Das Ministerium Stüve und der hannöversche Landtag von 1849«;
»Recht, Leben
und Wissenschaft« (Hildesh. 1855 u. 1861, 2 Hefte);
»Die Frage über Handelsgerichte« (das. 1865);
»Canossa« (Berl. 1882);
eine Streitschrift über Gurys Moraltheologie (das. 1882)
u. a.
[* ] Stadt und Stadtkreis im preuß. Regierungsbezirk Hildesheim, im ehemaligen Fürstentum Göttingen, 158 m ü. M.,
liegt anmutig im weiten, sanft gehügelten Thal der Leine, am Fuß des östlich gelegenen, 380 m hohen Hainbergs,
Knotenpunkt der Linien Hannover-Kassel und Frankfurt a. M.-Göttingen der Preußischen Staatsbahn, wird von der Neuen Leine (einem Mühlkanal)
durchflossen, welche die Altstadt von der Neustadt und der Masch trennt. Unter den Straßen sind die Weender, Groner u. Alleestraße
als die schönsten zu nennen;
im letzten Jahrzehnt sind mehrere neue Straßen vor den Thoren entstanden.
hat 6 evangelische und eine kath. Kirche sowie eine Synagoge;
darunter verdienen Erwähnung: die zweigetürmte Hauptkirche
St. Johannis aus dem 12. Jahrh. u. die gotische Jakobikirche
mit 98 m hohem Turm;
ferner sind bemerkenswert: das Universitätsgebäude am Wilhelmsplatz, der mit der Erzstatue König
Wilhelms IV. (von Bandel) geschmückt ist, das neue Bibliotheksgebäude, das Kollegienhaus am Weender Thor, das zinnengekrönte
Rathaus am Markt (neuerdings restauriert), die Provinzialirrenanstalt, südwestlich von der Stadt auf einem Hügel malerisch
gelegen, die Anatomie, das naturhistorische Museum, das landwirtschaftliche Institut, das Gymnasium und andre Schulbauten.
Die
Stadt hat ein Schlachthaus, Gasanstalt, Wasserleitung; eine Kanalisation ist im Bau begriffen. Die Zahl
der Einwohner beläuft sich mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 82) auf (1885) 21,598,
davon 19344 Evangelische, 1714 Katholiken und 536 Juden. In industrieller Beziehung sind nennenswert: Fabrikation von Tuch-
und Wollwaren, Zucker, Chemikalien, mathematischen, physikalischen, optischen und musikalischen Instrumenten,
feinen Back- und Fleischwaren und die Bierbrauerei.
Sodann ist der Buchhandel von Bedeutung. Göttingen ist Sitz eines Landgerichts (für die zwölf Amtsgerichte zu Duderstadt, Einbeck,
Gieboldehausen, Göttingen, Herzberg, Moringen, Münden, Northeim, Osterode, Reinhausen, Uslar und Zellerfeld), eines Landratsamtes für den
Landkreis Göttingen, einer Reichsbanknebenstelle und einer Handelskammer. Die Universität zählte im Sommersemester
1884: 1010 Studierende und 114 Dozenten und ist reich ausgestattet. Sie besitzt eine Bibliothek, die, aus dem mäßigen Grundstock
der Bülowschen Sammlung (8912 Bände) erwachsen, gegenwärtig 500,000 Bände und 5000 Manuskripte zählt und besonders für
neuere Litteratur die reichste in Deutschland ist; ferner ein Kunstmuseum und ansehnliche Sammlungen (darunter
Blumenbachs be-
rühmte Schädelsammlung), eine Sternwarte, ein Klinik (Ernst August-Hospital), eine Augenheilanstalt, eine Entbindungsanstalt,
ein physikalisches Kabinett, einen 4 Hektar großen, ausgezeichneten botanischen Garten (von Haller angelegt), ein chemisches Laboratorium,
eine landwirtschaftliche Akademie, ein naturwissenschaftliches Museum etc. Die berühmte königliche Societät der Wissenschaften
(gleichfalls von Haller gestiftet) zerfällt in drei Klassen: eine physikalische, mathematische und historisch-philologische,
und zählt gegenwärtig etwa 80 Mitglieder.
Außerdem hat ein königliches pädagogisches Seminar, ein mit einem Realgymnasium verbundenes Gymnasium, mehrere Hospitäler
und milde Stiftungen und ein gut eingerichtetes Armenwesen. Der Magistrat zählt sechs, das Kollegium der Bürgervorsteher zwölf
Mitglieder. Der hohe, mit alten Linden besetzte Wall bildet mit seinen üppigen Gartenanlagen schöne Spaziergänge,
und ganz in der Nähe sind der Rohns- oder Volksgarten sowie die städtischen Anlagen am parkartig bewaldeten Hainberg und
die Dörfer Grone, Weende, Geismar und Reinhausen mit dem Bürgerthal vielbesuchte Punkte. Über Mariaspring, nördlich von Göttingen, erheben
sich die Ruinen der Burg Plesse, auf zwei isolierten Kegelbergen bei Gelliehausen, südöstlich von der
Stadt, die Trümmer der beiden Gleichen (s. d.) und weiter nach S., bei Arendshausen, die Ruine der Burg Hanstein. - Göttingen kommt
als Gutingi bereits in Urkunden von 950-960 vor und war lange Zeit nur ein Dorf, in dessen Feldmark die kaiserliche
Pfalz Grone lag (im W. der heutigen Stadt, auf einem Hügel, dem sogen. Kleinen Hagen).
Der Ort erhielt 1210 vom Kaiser Otto IV. Stadtrecht und war später zu verschiedenen Malen (1286-1463) Hauptstadt eines besondern
welfischen Fürstentums. Das 14. Jahrh., in welchem ein angesehenes Glied der Hansa war, bildet die erste
Glanzperiode der Stadt. Diese schaffte 1530 den katholischen Gottesdienst ab. Die Unabhängigkeit in der Verwaltung, der sie
sich seit Jahrhunderten erfreut hatte, verlor sie 1611 durch Herzog Heinrich Julius. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie nach
längerer Belagerung von Tilly eingenommen und erst vom Herzog Wilhelm von Weimar befreit;
durch den Krieg hatte sie fast zwei Drittel ihrer Häuser eingebüßt.
Der neue Aufschwung Göttingens beginnt ein Jahrhundert später mit Errichtung der Universität (1737). Derselben hat die deutsche
Wissenschaft sehr viel zu verdanken. Göttingen ist außerdem bekannt geworden durch den »Göttinger Dichterbund« (s. d.) und die 1837 erfolgte
Absetzung von sieben Professoren (der »Göttinger Sieben«: Albrecht, Dahlmann, Ewald, Gervinus, Jakob und Wilhelm Grimm und W. Weber),
welche gegen die Aufhebung der Verfassung durch König Ernst August Protest eingelegt hatten.
Vgl. Rößler, Die Gründung der
Universität Göttingen (Götting. 1855);
Unger, Göttingen und die Georgia Augusta (das. 1861);
»Göttinger Professoren« (Gotha
1872);
Frensdorff, in Vergangenheit und Gegenwart (Götting. 1878);
»Urkundenbuch der Stadt Göttingen 1401-1500« (hrsg.
von Schmidt, Hannov. 1867);
»Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jahrhundert« (hrsg. von Hasselblatt und Kästner, Götting. 1881).