dem des Zweckes zu fassen, wie man zugleich philosophischerseits sogar bald von einem allmählich entstehenden und sich vervollkommnenden
Gott, bald von einem zwar nicht schöpferischen, wohl aber als anziehendes Ideal dem sittlichen Prozeß vorstehenden, als liebender
Genius über der Menschheit schwebenden Gott geredet und die alte Verbindung von höchster Macht und sittlichem
Gedanken im Gottesbegriff aufgelöst, ebendamit aber diesen letztern natürlich gefährdet hat. Da solchergestalt das
eigentliche Problem bis auf den heutigen Tag nicht gelöst ist, scheint es vielen zeitgemäß, sich nach den seit Kant zugänglichen
Gründen seiner Unlösbarkeit zu erkundigen und mit Trendelenburg u. a. die einfache Unerkennbarkeit Gottes zu
behaupten.
Die Rechte jener Bildersprache, welcher sich alles lebendige Gottesbewußtsein, jede kräftige Gotteserfahrung von jeher bedient
hat und bedienen muß, werden aber auch von der andern Richtung nicht mehr angetastet, welche, weil sie ein spekulatives Denken
für im Gefolge der Religion unabkömmlich erachtet, an einer von dieser Seite her sich ergebenden Erkennbarkeit
Gottes, d. h. an der Möglichkeit einer nicht bloß negativen Bestimmung des Begriffs des Absoluten, festhält.
1) Gustav Adolf, Graf von, preuß. Diplomat, geb. zu Altenburg, studierte in Jena und Halle die Rechte
und war seit 1715 seinem Vater, gothaischem Kammerdirektor, in Wien bei Abwickelung finanzieller Geschäfte
behilflich. Hier gewann er das Vertrauen des Prinzen Eugen, ward der Günstling vornehmer Damen, machte ein glänzendes, luxuriöses
Haus und erlangte am kaiserlichen Hof großen Einfluß. 1717 wurde er als Legationssekretär Vertreter des Herzogs von Gotha
am kaiserlichen Hof, 1720 außerordentlicher Gesandter desselben, 1724 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, 1729 zugleich
Komitialgesandter in Regensburg und 1732 preußischer Gesandter am Wiener Hof, zog sich aber 1736 auf das von ihm im Rokokostil
prächtig erbaute und mit zahlreichen Kunstwerken ausgeschmückte Schloß Molsdorf bei Erfurt zurück, von wo er gleichzeitig
das Amt eines preußischen Gesandten im obersächsischen Kreis versah. 1740 trat er nach der Thronbesteigung
Friedrichs II., der an Gotters geistreicher, liebenswürdiger Unterhaltung besondern Gefallen fand, sich jedoch gelegentlich
auch über seine Schwächen, seine ewige Geldverlegenheit und seine Schlemmerei, lustig machte, als Oberhofmarschall wieder
in preußische Dienste, wurde vom Kaiser Karl VI. zum Reichsgrafen ernannt, führte Ende 1740 eine wichtige
Mission an Maria Theresia aus, deren Scheitern den ersten Schlesischen Krieg zur Folge hatte, ward 1743 Generaldirektor der Oper, 1744 einer
der Kuratoren der Akademie der Wissenschaften und, nachdem er seiner Kränklichkeit wegen wieder fünf Jahre zu Molsdorf in
Ruhe hatte leben müssen, 1752 Generalpostmeister und 1753 dirigierender Minister im Generaldirektorium.
Er starb in Berlin.
Vgl. Beck, Graf Gustav Adolf v. Gotter (Gotha 1867).
2) Friedrich Wilhelm, Dichter, geb. zu Gotha, studierte in Göttingen die Rechte, daneben englische, italienische und
namentlich französische Litteratur, insbesondere die Dramatiker, und wagte, angeregt durch den Schauspieler
Ekhof, selbst einige nicht unglückliche dramatische Versuche. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt (1766) ward er als zweiter
Archivar daselbst angestellt und begleitete im folgenden Jahr den Freiherrn v. Gemmingen als
Legationssekretär nach Wetzlar.
Doch verließ er die diplomatische Laufbahn, um 1768 als Erzieher zweier junger Edelleute nach Göttingen
zurückzukehren, wo er mit Boie die Herausgabe des ersten deutschen »Musenalmanachs« besorgte
und durch seine dazu gelieferten Beiträge seinen Dichterruf begründete. Im J. 1770 ging er als Legationssekretär wieder
nach Wetzlar, wo er mit Goethe, Jerusalem u. a. verkehrte, und ward nach seiner Rückkehr nach Gotha Geheimer Sekretär daselbst.
Aus Gesundheitsrücksichten unternahm er 1774 eine Reise nach Lyon, lebte dann in seiner Vaterstadt den
Musen und starb daselbst Gotter war der letzte namhafte Vertreter des spezifisch französischen Geschmacks in der deutschen
Poesie, welcher in korrekter Nüchternheit und eleganter Versifikation seine Triumphe suchte.
Seine Opern, Lustspiele und Schauspiele waren größtenteils nur Bearbeitungen französischer Originale,
am bekanntesten wurde davon das Melodrama »Medea« (1775),
mit Musik von Benda (1778). Seine Episteln, Lieder, Elegien, Erzählungen
etc. zeichnen sich durch schalkhafte Laune und weltmännischen Ton aus, sind aber ohne tiefern poetischen Wert. Seine »Gedichte«
erschienen gesammelt Gotha 1787-1788, 2 Bde.; Bd.
3, als »Litterarischer Nachlaß«, das. 1802.
(Ragnarök), in der nordischen Mythologie der Weltuntergang, herbeigeführt durch eine hereinbrechende
allgemeine Verwilderung. Diese Zeit kündigt sich an durch drei Jahre, die mit schweren Kriegen erfüllt sind; Brüder bringen
sich aus Habgier ums Leben, und in Mord und Sippebruch schont der Vater nicht des Sohns, der Sohn nicht des
Vaters. Dann kommt der Fimbulwinter, der drei Jahre dauert, ohne Sommer dazwischen. Sonne und Mond werden von den Wölfen verschlungen,
die sie immer schon im (heulenden) Wettersturm zu verfolgen schienen; die Sterne fallen vom Himmel, die Erde bebt, die Bäume
werden entwurzelt, die Berge stürzen zusammen, das Meer überflutet das Land. Der grimme Fenriswolf (s.
Loke), bis dahin gefesselt, zerreißt seine Bande und fährt mit klaffendem Rachen daher, aus Augen und Nase Feuer sprühend; sein
Oberkiefer berührt den Himmel, sein Unterkiefer die Erde.
Auch das große, aus den Nägeln der Toten gefertigte Schiff Naglfar, gesteuert von Hrim, dem Anführer
der Reifriesen, wird bei der Überschwemmung flott, und die Midgardschlange (s. Jormungandr), von Riesenwut ergriffen, erhebt
sich aus dem Meer und speit Gift aus, daß Luft und Meer entzündet werden. Da birst der Himmel; herangeritten kommen von Süden
die Söhne Muspels, die Götter der Flammenwelt, Surtr an der Spitze, vor und hinter ihnen glühendes Feuer.
Die Brücke Bifröst bricht, indem sie darüberreiten.
Das gesamte Heer der Götterfeinde sammelt sich auf der Ebene Wigrid, wo auch Loke nebst Hels ganzem Gefolge erscheint. Von Heimdall
durch einen Stoß in das Giallarhorn geweckt und zum Kampf aufgerufen, versammeln sich die Götter und halten
Rat. Dann zieht Odin mit allen Asen und Einheriern nach der Ebene Wigrid, wo nun sechs große Einzelkämpfe stattfinden: der Kampf
Odins gegen den Fenriswolf, der jenen verschlingt;
der Kampf Thors gegen die Midgardschlange, die jener erlegt, während er
selbst von dem Gifte, das sie auf ihn speit, tot zur Erde fällt;
der Kampf Freyrs gegen Surtr, in welchem
ersterer erliegt;
der Heimdalls gegen Loke, die sich beide töten;
der Kampf Tyrs mit dem Riesenhund Garm, in welchem beide fallen,
und der Widars (Sohn Odins), welcher
mehr
dem Fenriswolf den Rachen entzweireißt. Zuletzt schleudert Surtr Feuer über die Erde, und die ganze Welt verbrennt. Nach dem
Weltbrand aber taucht eine neue, schönere Erde auf, auf der das Korn ungesäet wächst, ein verjüngtes und geläutertes Göttergeschlecht
entsteht; auch die Menschen erstehen wieder, und die Zeit des Friedens und der Unschuld erneuert sich.
Nicht aber die Asen, sondern ein höherer, ungenannter Gott führt jetzt das Regiment der Welt.
Die Vorstellung eines möglicherweise eintretenden Weltunterganges zieht sich wie durch das germanische Heidentum noch durch
das ganze Mittelalter und wurde immer wieder genährt durch besonders gewaltige Gewitter, wie die alten Chroniken
bei Schilderung solcher zeigen (es war, als sollte »die Welt untergehen«). Aus Gewitteranschauungen hat sich auch die oben
dargestellte nordische Vorstellung entwickelt. Ähnliche Bilder spiegeln sich ab in deutschen Sagen von einer sogen. letzten
Schlacht unter allerhand mythischen Wahrzeichen (nicht bloß in Süddeutschland beim Unterberg, sondern auch in Holstein zu
Nortorf, ja auch in der Mark Brandenburg).
Vgl. Lehmann, Die Götterdämmerung (Königsb. 1881).