Gott (der Gottesbegriff im allgemeinen und im Christentum)
mehr
als
Gehilfe in das
Geschäft seines
Bruders in
Berlin
[* 2] ein, wo er mit
Friedrich II. bekannt wurde. Auf dessen Veranlassung gründete
er in
Berlin eine
Samt-, dann eine Seidenfabrik und brachte sie trotz mancher Verluste zu hoher
Blüte;
[* 3] ebenso errichtete er 1761 die
Berliner
[* 4] Porzellanmanufaktur. Als 1760 die
RussenBerlin besetzten, wußte es Gotskowski durch seinen Einfluß bei
dem
GeneralTotleben zu erreichen, daß die Stadt mit
Plünderung verschont, mehrere bereits befohlene Gewaltmaßregeln unterlassen
und die
Kontribution von 4 Mill. Thlr. auf 1½ Mill. herabgesetzt wurde, für deren
Zahlung er selbst große
Opfer brachte.
Einen ähnlichen
Dienst leistete er 1761 der Stadt
Leipzig.
[* 5] Durch die vielen
Bürgschaften, die er während
des
Kriegs aus
Edelmut übernommen, wurde sein
Vermögen zerrüttet; er machte 1763
Bankrott und starb zurückgezogen und arm in
Berlin. Seine Selbstbiographie, in der Form eines
Briefs, erschien französisch
(»Mémoires d'un négociant patriote«, Berl.
1769) und deutsch (neuer
Abdruck in den
»Schriften des
Vereins für die Geschichte der Stadt
Berlin«, Heft
7, das. 1873).
oder, abstrakt ausgedrückt,
Gottheit nennen wir den eigentlichen Gegenstand alles religiösen
Glaubens, sofern
jener Zwiespalt, in welchem sich der
Mensch als Naturwesen mit sich selbst als sittlichem
Wesen vorfindet, nur unter Voraussetzung
einer höhern, die
Natur als
Mittel für die Persönlichkeit in
Dienst nehmenden und ihr unterwerfenden Macht lösbar erscheint
(s.
Glaube). In der
Regel ist daher mit jeder positiven
Stellung zur
Religion auch die Setzung irgend eines Gottesbegriffs verbunden.
Denn die
Vorstellung Gottes bedeutet unter allen Umständen das vergegenständlichte
Bedürfnis nach Aufhebung
eines Zwiespalts,
den der religiöse
Mensch unvermeidlich
in sich fühlt und mit sich herumträgt. Nur sofern in den rohesten,
vielleicht selbst schon verrohten
Formen der
Naturreligion der Gottesgedanke sozusagen erst im
Werden begriffen oder noch latent
ist, kann man heutzutage dem
Satz des
Altertums, daß alle
Menschen (soAristoteles,
»De coelo«, I, 3) oder
alle
Völker (so
Cicero, »Tuscul.«, I, 13) eine
Vorstellung von der
Gottheit hätten, seine durchgängige Gültigkeit aberkennen.
Mit größerm
Recht wird man immerhin dem früher aus dieser Behauptung für das Dasein Gottes geführten
Beweis (e consensu
gentium) eine verbindliche
Kraft
[* 6] absprechen. Denn die mehr oder weniger ausgebildete Vorstellungswelt,
welche
Natur- und Kulturreligionen uns in ihrer mythologischen Götterlehre darbieten, kann zunächst nur den
Eindruck von
Produkten eines noch ganz naiven, aller soliden
Mittel der Befriedigung entbehrenden Kausalitätsbedürfnisses auf der einen,
luxurierender
Phantasie auf der andern Seite machen.
Aber in demselben
Maß, wie das
Denken desMenschen der
Anerkennung einer zusammenhängenden
Ordnung der
Dinge
entgegengedrängt wird, verlieren jene Götter, welche nur die
Lücken des
Wissens ergänzen und die Zwischenräume der
Welt
bewohnen, an
Lebensfähigkeit; sie erhalten nur da auch über dem
Grab der ihnen gewidmeten
Dienste
[* 7] noch ein ideales
Leben, wo
die
Phantasie, die sie hervorgebracht hat, eine ästhetisch disziplinierte war, wie bei dem formenfrohen
und schönheitssinnigen
Volk der Griechen. Aber gerade hier strebte der denkende
Geist schon früh über die vielen Göttergestalten
der Volksreligion hinaus dem
Monotheismus zu, wie denn auch der
Olymp der
Poesie sich je länger, je mehr in seinem
Haupte, dem
»Vater der
Menschen und Götter«, einheitlich zuspitzte.
Von einer andern
Seite her stellt sich noch unvermeidlicher und mit der Übermacht offenbarungsmäßiger
Gewißheit der einheitliche
Gottesgedanke ein, wo die
oben angedeuteten religiösen
Motive des Gottesglaubens reiner und kräftiger wirken und es
Interessen
nicht sowohl des
Wissens als vielmehr der sittlichen Persönlichkeit sind, welche in ihm ihre Sicherheit
suchen. So hat auch die Geschichte zweierlei Wege eingeschlagen, um das
Ziel des einheitlich gefaßten, in einem gleichmäßigen
Verhältnis zur vielgestaltigen
Welt stehenden, die
Zwecke des persönlichen
Lebens der gesamten
Natur gegenüber aufrecht erhaltenden
Gottesbegriffs zu erreichen.
Die arischen
Völker sind diesen, die semitischen jenen gewandelt. Die indogermanische Art, Vielheit und
Einheit im Gottesbegriff zu verbinden, hat ihren charakteristischen
Ausdruck im indischen
Brahmanismus gewonnen, wo der
Gedanke
der
Immanenz vorherrscht und der
Durst des menschlichen
Gemüts nach einem gegenwärtigen, der
Welt innewohnenden Gott Befriedigung
sucht. Aber freilich geschah dies auf
Kosten der Lebendigkeit und
Fülle des Gottesbegriffs selbst, daher
die Volksgötter doch wieder als farbige Erscheinungsformen des blassen
Brahma zu
Hilfe gerufen wurden, während im
Buddhismus
das unpersönliche Alleins, welches
Brahma hieß, in das
Nichts umschlug und sich uns solchergestalt das denkwürdige
Schauspiel
einer ursprünglich atheistisch gemeinten, freilich sofort zur Vergötterung ihres
Urhebers fortschreitenden
Religion darbietet.
Der fernere Verlauf, welchen die
Entwickelung des christlichen Gottesgedankens genommen hat, war bedingt
durch die seitens der
Kirchenväter von den spätern Platonikern entlehnte
Kategorie des grenzenlosen, unbeschränkten, durchaus
bestimmungslosen
Seins, welches im
Grunde die religiöse
Vorstellungvon Gottes Persönlichkeit ausschließt und den allgemeinen
Hintergrund einer pantheistischen Weltanschauung bildet. Während dieser Gottesbegriff den Vorteil bot, aller sinnlichen
Elemente entledigt und von dem hebräischen Bodensatz des
Anthropomorphismus und
Anthropopathismus gründlich
rein gefegt, auch der philosophischen
Bildung der römischen Kaiserzeit unmittelbar verständlich zu sein, war doch positiv
nicht viel mit ihm anzufangen, da sein eigentlicher
Gehalt auf die konsequent durchgeführte Verneinung der
Welt hinauslief.
In der That wurden christlicherseits nicht selten
Konsequenzen aus dem philosophischen Gottesbegriff gezogen,
welche jede
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mehr
Proportion zwischen Schöpfer und Geschöpf, jedes unter sittlichen Gesichtspunkten gedachte Verhältnis zwischen beiden ausschlossen.
Anderseits ragte allenthalben schon in das religiöse Bewußtsein der alten katholischen Kirche herein die jüdische Erbschaft
einer Vorstellung Gottes als eines ins Ungeheure gesteigerten Menschen, welcher von außen her die Welt in Bewegung setzt und
möglicherweise ganz partikuläre, von dem sittlichen Zweck verschiedene Zwecke in derselben verfolgt.
War es schon unmöglich, diese beiden sich ganz spröde zu einander verhaltenden Elemente miteinander in Einklang zu bringen,
so kamen nun noch hinzu die konkreten Bestimmungen der kirchlichen Dreieinigkeitslehre, welche weder zu der massiven Gottesvorstellung
und dem strengen Monotheismus des Hebraismus noch zu dem PlatonischenSchema des Absoluten stimmen, in welches
sie doch hineingezeichnet wurden. Die verschiedenen Experimente, welche gemacht wurden, um diese Unebenheiten zu glätten,
bilden die Geschichte des christlichen Gottesbegriffs.
Ein bekanntes Kapitel desselben machen die schon seit dem 2. Jahrh. angestrengten Beweise für das Dasein Gottes
aus, welche wenigstens den Wert denkender Nachzeichnung des Wegs behalten werden, auf welchem die Vorstellung Gottes zu deutlicherer
Fixierung gelangt ist. Unter ihnen hatten sich jederzeit der kosmologische und der teleologische (physiko-theologische) des
meisten Beifalls zu erfreuen. Zunächst hatte man eine Formel in Bereitschaft, welche die bloße Abstraktion von der Welt
ausdrückte und daher nur mit dem negativen Prädikat des Unendlichen zu bezeichnen war; ihre Notwendigkeit gedachte man dadurch
zu erweisen, daß das Dasein des Endlichen nicht anders als so zu begreifen wäre. In diesem Interesse schob man dem Unendlichen
zunächst den Begriff der Ursache unter, indem man von der Totalität des Bedingten auf ein Bedingendes schloß
(kosmologischer Beweis).
Da man hiermit über den Standpunkt des Pantheismus nicht prinzipiell hinausgekommen war, schob man dem Begriff der Ursache denjenigen
des Endzwecks unter, indem man aus den mancherlei Symptomen von Anordnung, Absicht und Zweck in der Welt auf einen vernünftigen
Welturheber schloß (teleologischer Beweis), wobei man sich jedoch auf die Dauer nicht verhehlen konnte,
daß der einen Kehrseite unsrer Erfahrungen, welche zu solchem Schluß auffordert, eine andre gegenübersteht, die dagegen
protestiert, so daß zuletzt die SchuleHerbarts nur noch von einer auf diesen allein zulässigen Beweis zu gründenden höchsten
Wahrscheinlichkeit sprach.
Schon um 400 bereitete Augustin einen Beweis vor, welchen dann um 1100 Anselm von Canterbury vollendete.
Dieser sogen. ontologische Beweis schließt von dem Begriff des vollkommensten Wesens auf seine Existenz, weil, wenn ihm diese
abginge, ein noch vollkommneres Wesen denkbar wäre. Also: »Diese Geschichte ist die schönste von allen, die ich
je las, folglich muß sie auch eine wahre sein, sonst würde mir die unbedeutendste Geschichte, wenn sie nur wenigstens wahr
ist, besser gefallen«.
Noch ehe Kant das Unzureichende aller dieser Beweise endgültig darthat, indem er an ihre Stelle, wenngleich nicht mit wissenschaftlicher
Gültigkeit, den moralischen Beweis setzte, der von dem Thatbestand des menschlichen Bewußtseins als eines
sittlichen auf einen urbildlichen Urheber und Bürgen für die Erreichbarkeit der Zwecke desselben schließt und sonach nur
eine Reflexion
[* 9] des frommen Bewußtseins über seine eignen Zusammenhänge und Existenzbedingungen darstellt,
hatte die Aufklärung
des vorigen Jahrhunderts dem christlichen Gottesbegriff teils die trinitarische Bestimmtheit, teils den
jüdischen Anthropomorphismus abgestreift und ihn so auf die farblose Idee des »höchsten Wesens« (être suprême) reduziert,
welches seine Unfähigkeit, das religiöse Gefühl zu befriedigen, in dem Kultus der französischen Revolutionszeit erweisen
sollte.
Theoretisch wurde dieser leere Gottesbegriff überboten durch eine von Spinoza datierende, vorzugsweise aber durch Schelling
und die Romantik, durch Fichte
[* 10] und Schleiermacher vertretene pantheistische Strömung. Man fand am rationalistischen
Gottesbegriff namentlich auszusetzen, daß derselbe Gott als ein überweltliches Einzelwesen zu der Summe der übrigen Einzelwesen
addiere, wogegen die spekulative Philosophie sich wieder auf den Begriff des Absoluten zurückzog und dasselbe bald als Indifferenz
(Schelling), bald als einfache Kausalität der Welt (Schleiermacher), bald als absolute, in der Welt sich
realisierende Vernunft (Hegel), reine Thätigkeit der Weltbegründung, actus purus (Biedermann), immer aber unpersönlich faßte,
wie auch Fichtes moralische Weltordnung im Unterschied zu Kants Gott gewesen war.
Dem gegenüber hatte eine an Weiße, den jüngern Fichte, Ulrici, K. Schwarz anknüpfende Schule vonPhilosophen
und Theologen den Begriff der Persönlichkeit mit demjenigen der Immanenz, welcher als die dauernde Frucht unsrer neuern Philosophie
galt, zu vereinigen gesucht, während in der neuesten Theologie es nicht an Kundgebungen fehlt, welche von den philosophischen
Voraussetzungen, unter denen die kirchliche Gotteslehre vom 2. Jahrh. an sich entwickelt hat, ganz abzusehen
und alles, was an eine Substanz erinnert oder Analogie zu Quantitativem bietet, aus dem Begriff herauszuschaffen, ja die ganze
metaphysische Behandlung des Gottesbegriffs abzustellen raten (Ritschl).
Dieser Reformversuch bezieht sich auch auf die Lehre
[* 11] von den sogen. Eigenschaften Gottes (attributa divina), welche entweder
durch Verneinung der dem menschlichen Geistesleben anhaftenden Schranken (via negationis) oder durch möglichste
Steigerung der Vorzüge desselben (via eminentiae) gewonnen werden. Naturgemäß führt jener Weg zu leeren Abstraktionen,
dieser zu inadäquaten Bildern. Nur die auf letzterm Weg sich ergebenden, meist dem konkreten alttestamentlichen Gottesbild
entstammten Aussagen sind dazu angethan, das unauslöschliche und berechtigte Verlangen des religiösen
Gefühls nach einem lebendigen Gott zu befriedigen.
Dazu kommt, daß die auf dem ersten der angedeuteten Wege gewonnenen Eigenschaften, wie Ewigkeit und Unveränderlichkeit, Allmacht
und Allgegenwart, selbst schon jenem philosophischen Schema des Absoluten angehören. Es haben daher viele
Dogmatiker sich bemüht gerade diese Eigenschaften einzuschränken oder möglichst zu neutralisieren, den Begriff Gottes nicht
sowohl unter dem altherkömmlichen Gesichtspunkt der Kausalität als vielmehr unter
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