(in den ältesten
Urkunden Gotegewe, später Gotaha genannt) kommt zuerst um 930 vor als ein Dorf, das zum
StiftHersfeld
[* 10] gehörte
und durch dessen
Abt Gothard (nachherigen Schutzheiligen von Goth) mit
Mauern umgeben wurde.
Später kam es
in
Besitz der
Landgrafen von
Thüringen, welche daselbst eine
Kemnate erbauten, aus welcher das feste
Schloß Grimmenstein entstand.
Um 1200 wird Goth zuerst als Stadt genannt, deren Wassermangel
Landgraf Balthasar 1350 abhalf, indem
er den Leinekanal nach Goth leiten
ließ.
Ernst II. (1772-1804) räumte die alten Festungswerke um Goth weg und ersetzte sie durch
Anlagen. Mit dem Aussterben dieser
Linie
(1825) kam an
Koburg.
[* 14] In Goth blühte im 18. Jahrh. unterEkhofs Leitung und der Mitwirkung von
Böck,
Iffland,
Beck etc. bis 1779 die
Schauspielkunst, während neuerdings durch A.
Petermann (bis 1878
Leiter der geographischen Anstalt von
J. ^[Justus]
Perthes) ein
Mittelpunkt für die geographischen
Wissenschaften auf der ganzen
Erde geworden ist.
Vgl.
Beck, Geschichte
der Stadt Goth (Gotha
[* 15] 1870);
Kühne, Beiträge zur Geschichte der
Entwickelung der sozialen Zustände der
Stadt und des Herzogtums Goth (das. 1862).
Sie setzte auf dem
ErfurterParlament, das eröffnet wurde, 17. April die
Annahme der vorgelegten
unionistischen
Verfassung durch; als das
Parlament indes 29. April vertagt und nicht wieder zusammenberufen wurde, auch die preußisch-deutsche
Union scheiterte, verlor die Bezeichnung Gothaer ihren ursprünglichen
Sinn, da sie keine parlamentarische
Partei mehr bedeutete.
Man nannte indes seitdem diejenigen Mitglieder der verschiedenen deutschen
Landtage so, welche einem gemäßigten
Liberalismus huldigten und für
Deutschland
[* 17] eine bundesstaatliche
Verfassung mit einem
Parlament und dem
PräsidiumPreußens
[* 18] unter Ausschluß
Österreichs, also das sogen. Kleindeutschland, erstrebten.
Durch behagliche Wohlhabenheit und eine vielseitige, wenn schon nur mühsam erworbene und darum beschränkte
Bildung dazu befähigt, lebte Goethes Vater als privatisierender Jurist in seinem Haus am Frankfurter Hirschgraben (gegenwärtig
im Besitz des FreienDeutschenHochstifts), das er mit den Erinnerungen und Sammlungen von seinen Reisen schmückte und nach und
nach mit Naturalien- und Kunstsammlungen, einer kleinen Gemäldegalerie zeitgenössischer Meister, einer
bedeutenden Büchersammlung und zahlreichen zum Teil wertvollen Merkwürdigkeiten ausstattete.
Die Lebensführung des Goetheschen Hauses hielt zwischen streng bürgerlicher Einfachheit und einer gewissen patrizischen
Fülle eine glückliche Mitte. Goethes Vater, kalt, ernst, ja pedantisch und steif, erhob sich doch durch seine furchtlose
Männlichkeit und energische Wahrheitsliebe wie durch seinen unermüdlichen Bildungsdrang über die Masse
der Reichsstädter. In seinem Haus gemessen, ordnungsliebend und gebieterisch, unterschied er sich wesentlich vom heitern,
muntern Naturell und der warmen Herzlichkeit seiner Gattin, deren Frische und unverkünstelte naive Tüchtigkeit in spätern
Tagen das Entzücken weiter Kreise
[* 24] werden sollte. Goethe bezeichnet in den bekannten Versen:
den beinahe gleichmäßigen Anteil, den Anlage und Wesen seiner Eltern auf ihn ausgeübt, obschon während seiner Jugend der
Einfluß seiner Mutter überwiegend war. Die erste Jugend Goethes verfloß in Zuständen und Verhältnissen,
welche die Phantasie des Knaben früh anregten und ein schnelles Reifen seiner geistigen Anlagen förderten. Trug dazu das Vaterhaus
mit seinen Sammlungen und Büchern, die altertümliche Vaterstadt mit ihren reichsstädtischen Erinnerungen, ihren Messen und
der Lebhaftigkeit ihres Verkehrs bei, so gesellten sich seit 1757, seit dem Ausbruch des Siebenjährigen
Kriegs, reiche und wechselnde Welteindrücke hinzu.
Derselbe führte zu Parteiungen innerhalb der Familie, welche bis dahin Goethes Welt gewesen. Der
Großvater, SchultheißTextor,
war mit dem größern Teil seiner Familie österreichisch, Goethes Vater mit seinem Haus preußisch oder, wie es »Wahrheit und
Dichtung« bezeichnend ausdrückt, »Fritzisch« gesinnt. Als Frankfurt im Januar 1759 von den BundesgenossenMaria Theresias, den Franzosen, überrumpelt und für mehrere Jahre militärisch besetzt ward, geriet Goethes Vater in wachsende
Verstimmung und Erbitterung, welche sich bis zu leidenschaftlichen Ausbrüchen gegen den im Goetheschen Haus einquartierten
Königsleutnant Grafen Thorane (Thoranc) steigerten und nur durch die Dazwischenkunft von Goethes Mutter
ausgeglichen werden konnten.
Darüber litt der Unterricht, den Goethes Vater seinen Kindern in der richtigen Überzeugung von der Unzulänglichkeit des damaligen
Schulwesens teils selbst erteilte, teils durch Privatlehrer erteilen ließ, empfindlich. Soweit derselbe auf eine frühe
sprachliche Vielseitigkeit gerichtet gewesen war, erreichte er wenigstens durch die Fertigkeit im Französischen,
die der junge Wolfgang während der französischen OkkupationFrankfurts und hauptsächlich beim Besuch der französischen Bühne
erwarb, einigermaßen seinen Zweck. Da Graf Thorane als leidenschaftlicher Kunstfreund von den dem Goetheschen Haus befreundeten
Frankfurter und Darmstädter Malern eine Reihe von Gemälden anfertigen ließ, fand der aufgeweckte Knabe auch Gelegenheit, seinen
Kunstsinn zu üben und zu stärken.
BeimUnterricht seines Vaters, der seit 1761 ernstlich wieder aufgenommen wurde, waltete im Gegensatz zum bloßen Gedächtnisunterricht
damaliger Zeit die Methode vor, Verstand und Urteilskraft zu wecken und zu schärfen. Über Anekdoten und Fakta, die ihm diktiert
wurden, mußte er Gespräche und moralische Betrachtungen abfassen. Ward dadurch sowie durch den beinahe
ausschließlichen Umgang mit Erwachsenen eine gewisse Altklugheit in dem jugendlichen Goethe geweckt, so schloß dieselbe große
Liebenswürdigkeit und anmutige Beweglichkeit seines Wesens nicht aus.
Die Richtung auf phantasievolle Darstellung und lebendiges Erfassen der Außenwelt, die Verliebtheit in die Beschränkung realer
Zustände, wie es Goethe wohl später bezeichnete, tritt uns bereits aus erhaltenen Aufsätzen seiner Schülerjahre
entgegen; poetische Versuche in verschiedenen Sprachen gehörten zu seinen Stilübungen. Ein französisches Stück, ein Roman inBriefen einiger Geschwister, die über die Erde zerstreut sind und in verschiedenen Sprachen miteinander korrespondieren, ein
Epos, »Joseph«, in Prosa (nach dem Muster des Moserschen »Daniel in der Löwengrube« und andrer zeitgenössischer
Werke), Gedichte nach allen möglichen Dichtern zeugten für den frühen Drang poetischer Hervorbringung.
Die Neigung aber, im Leben selbst Poesie zu suchen, brachte dem 15jährigen die erste ernste Gefahr. Durch gelegentlichen fröhlichen
Umgang mit jungen Männern, die unterhalb seiner Lebenskreise standen, ward er zu heimlichen Gelagen und
nächtlichen Ausflügen verleitet, die ihn für eine gewisse Einförmigkeit der häuslichen Existenz entschädigten und um
so mehr fesselten, als dabei eine frühe Liebesneigung ins Spiel kam. Gretchen, die Schwester eines der neugefundenen Kameraden,
ergriff ihn mit ihren Reizen und ließ ihn das zum Teil plumpe, zum Teil bedenkliche Treiben ihrer Umgebungen
übersehen. IhrenNamen hielt der Dichter im frühsten Entwurf und in der spätern Ausführung der Faustdichtung fest, ihr Bild
ward ihm getrübt durch den Ausgang dieser ersten Liebe. Mitten in den Festen der Krönung¶