mehr
11 Uhr steht, so stellt der oberhalb des Horizontalkreises befindliche Teil des Globus den um diese Zeit sichtbaren Teil der Himmelskugel
dar. Ähnliche elementare Aufgaben lassen sich noch mehrere lösen. Mit dem Namen Kosmoglobus bezeichnete C. Garthe (»Beschreibung
des Kosmoglobus«, 1833) 1827 einen aus zwei Glashalbkugeln hergestellten Himmelsglobus, in dessen Innerm
er eine hölzerne Erdkugel anbrachte. Für öffentliche Schaustellungen hat man auch große, hohle Globen angefertigt, in deren
Innerm die Zuschauer stehen. Hierher gehört das Georama, welches Wyld 1851 in London zeigte; bei diesem waren auf der innern
Kugelfläche Länder, Berge, Meere etc. in erhabener Arbeit und koloriert dargestellt.
Den Erdglobus soll Anaximander um 580 v. Chr. erfunden haben; um 150 n. Chr. gab Ptolemäos (Geogr., I,
22) Regeln für denselben an. Um 190 v. Chr. trug Eudoxos die Sternbilder nach Aratos auf eine Sternkugel auf. Die beiden ältesten
Himmelsgloben, welche auf uns gekommen, sind arabischen Ursprungs; der eine von 1225 wird in dem Museum
des Kardinals Borgia zu Velletri, der andre (von 1289) in dem mathematischen Salon zu Dresden aufbewahrt. Der letztere ist von
Messing und hat 14,5 cm im Durchmesser; Zeichnung und Schrift sind stark eingegraben und größtenteils mit Gold oder Silber ausgelegt,
die Sterne, in 48 Sternbilder geordnet, bilden Silberscheibchen von verschiedener Größe.
Der Name des Künstlers ist Mohammed, der Sohn des Muwajed Elardhi. Der arabische Globus zu Velletri, ebenfalls von Messing, hat
22,5 cm im Durchmesser; als Verfertiger wird Alabraki Alhanasi genannt. Im 15. Jahrh. verfertigten
Regiomontanus, Schoner, Hartmann u. a. Himmelskugeln; aus dem Ende desselben Jahrhunderts stammt auch die
künstliche Erdkugel Martin Behaims. Im 16. Jahrh. zeichneten sich Fracastori, Gemma Frisius, Gerh. Mercator und Jodocus Hond durch
Konstruktion von Erdgloben aus, und Tycho Brahe brachte 1583 eine messingene Himmelskugel von fast 2 m Durchmesser zu stande.
Im 17. Jahrh. waren Willem Janszoon und Joh. Janson Bläu (Cäsius) in Amsterdam durch ihre Globen berühmt;
eine Erdkugel von 2,25 m Durchmesser von Bläus Erben wird noch in der Kunstkammer zu Petersburg aufbewahrt. Am berühmtesten aus
dieser Zeit ist der sogen. Gottorpsche oder Gollerysche Himmelsglobus, welchen der Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp durch
Andreas Busch aus Limburg von 1656-64 anfertigen und zu Gollery bei Schleswig aufstellen ließ, der sich
aber seit 1713 ebenfalls in Petersburg befindet; er ist von Kupferblech, hat 3,5 m Durchmesser und stellt von außen die Erdoberfläche,
von innen aber die Himmelskugel dar, indem die Gestirne durch kleine Löcher repräsentiert werden.
Dieser Riesenglobus wird an Größe noch übertroffen durch die beiden Globen, welche Vinzenz Coronelli zu
Anfang des 18. Jahrh. für Ludwig XIV. verfertigte, und von denen jeder über 4 m Durchmesser hatte. Sie befinden sich in der
Bibliothek zu Marly. Später hat noch Rob. de Vougondy 1752 eine Kugel von 2 m Durchmesser geliefert. In neuerer Zeit aber und
schon im Lauf des 18. Jahrh. setzte man die kostspieligen und unbequemen großen Globen den kleinen nach, welche, wenn gut
ausgeführt, für alle Zwecke, die sich mit einem Globus erreichen lassen, ebenso brauchbar sind; am besten sind Globen von 20-45
cm. Sehr verdient um gute Erd- und Himmelskugeln machten sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrh.
die Nürnberger Offizinen von L. Andreä und von Homann; in der
zweiten Hälfte desselben zeichneten sich die Globen von Lalande
1775, die von Messier 1780 in Paris, besonders aber die von Bode besorgten Himmelsgloben aus, welche seit 1790 zu Nürnberg,
später auch in Berlin gefertigt wurden.
Auch die von Klinger und ganz besonders die von Franz in Nürnberg, von Riedig in Leipzig gefertigten Erd- und Himmelsgloben gehören
zu den vorzüglichsten; Schreibers Erben in Leipzig (später Simon Schropp in Berlin), Kummer in Berlin, Adams in London, Bauer in
Nürnberg, das Geographische Institut in Weimar, D. Reimer (Kieperts Globen) in Berlin, Adami in Potsdam reihen
sich an diese Globenfabriken ebenbürtig und mit Anwendung mancher neuentdeckter Kunstgriffe würdig an. Im J. 1832 lieferte
J. L. Grimm in Berlin »pneumatisch-portative Erdgloben« von 3,75
m Umfang, welche mittels eines Blasebalgs aufgetrieben und frei aufgehängt werden können.
Außerdem erfand der Polytechniker Brandegger in Ellwangen den sogen. »Induktionsglobus«, der zur praktischen
Einführung in den mathematisch-geographischen Unterricht etc. dienen soll und aus einer 35 cm im Durchmesser haltenden, mit
künstlichem Schiefergrund überzogenen Kugel besteht, welche das Einzeichnen und Auswischen der geographischen Elemente gestattet.
Vgl. Mollweide, Beschreibung der künstlichen Erd- und Himmelskugel (2. Aufl., Leipz. 1830);
Felkl, Der Globus und seine Anwendung (Prag 1876);
Steinhauser, Erde und Mond und ihre Bewegungen im Weltenraum (Weim. 1877, vollständige
Globuslehre);
Wollweber, Globuskunde (2. Aufl., Freiburg
i. Br. 1885).
werden in der Regel aus einer Kupferzinnlegierung gegossen, welche bei einer Zusammensetzung aus 78 Kupfer und 22 Zinn
den hellsten und durchdringendsten Ton besitzt. Das Glockenmetall (Glockengut, Glockenspeise) variiert aber in der Praxis ziemlich
stark, und bisweilen steigt der Zinngehalt auf 40 Proz. In den alten guten Glocken trifft man auf 3 Teile Kupfer
mehr als 1 Teil Zinn. Das normale Glockenmetall ist leicht schmelzbar, sehr dünnflüssig, hat einen feinkörnigen, dichten
Bruch von grauweißer Farbe mit einem Stich ins Rötliche, ist spröde, schwer zu drehen und zu feilen.
Das spezifische Gewicht darf nie unter 8,8 betragen. Die Beimischung andrer Metalle ist unnütz oder schädlich, doch ist bei
ordinären Glocken des Preises wegen ein Zusatz von Blei und Zink gebräuchlich. Daß durch Silber der Ton der Glocken verbessert werde,
ist ein Vorurteil, und thatsächlich findet man in ältern Glocken niemals Silber, wenn auch fromme Gläubige
bereitwillig Silber zur Herstellung von Kirchenglocken gespendet haben. Eiserne Glocken, aus Spiegeleisen gegossen, sind wohlfeil,
von starkem, gutem Klang und haltbar; wichtiger sind die Gußstahlglocken von starkem, sehr vollem Ton, während die Δ-förmig
gebogenen, an der Spitze aufgehängten Stahlstabgeläute einen ziemlich grellen Ton besitzen.
Die Gestalt der Glocken und ein richtiges Verhältnis zwischen den Dimensionen derselben sind hinsichtlich der Erzeugung des Schalles
von hoher Wichtigkeit. Den größten Durchmesser besitzt eine Glocke an ihrer Mündung, die größte Metalldicke aber an dem
Schlagring (Schlag oder Kranz), d. h. jenem Umkreis, gegen welchen der Klöppel schlägt. Die
mehr
größte Weite beträgt das Fünfzehnfache, die Höhe dagegen (außen schräg an der Glocke gemessen) das Zwölffache der Metallstärke
am Schlagring. Die Dicke der Glocke vermindert sich vom Schlagring bis zur halben Höhe derselben allmählich, von da an und in der
ganzen obern Hälfte (Obersatz) beträgt sie nur den dritten Teil der Dicke des Schlagringes, von dem aus
nach der Mündung hin sie ebenfalls abnimmt; dieser dünnere Rand heißt Bord. Der Durchmesser des obersten Teils der Glocke
(Haube, Platte) steht zu dem ihrer Mündung im Verhältnis wie 1:2. Die Schwere des Klöppels oder Schwengels beträgt in der
Regel etwa den 40. Teil vom Gewicht der Glocke.
Der Helm (Wolf, Joch) besteht aus einem dicken Stück Eichenholz, das an seinen beiden Enden cylindrisch gestaltet und mit eisernen
Zapfen versehen ist; die in messingenen Pfannen liegen, so daß, indem der Helm mittels eines Hebels und eines Seils gedreht
wird, die zum Läuten nötigen Schwingungen der Glocke entstehen. Zur Befestigung der Glocke am Helm dient
die auf der Haube befindliche Krone, welche aus sechs mit dem Glockenkörper zugleich gegossenen Henkeln besteht. An dem Hängeeisen,
einem geschmiedeten eisernen Öhr, welches im Innern der Glocke von der Haube herabgeht, ist mittels starker lederner Riemen
der Klöppel befestigt. Da der Aufhängungspunkt desselben tiefer liegt als jener der Glocke, so bilden
Klöppel und Glocke zwei Pendel von verschiedener Länge, die also mit ungleicher Geschwindigkeit schwingen, so daß (indem die
Glocke ihre Schwingungen langsamer macht als der Klöppel) letzterer zum Anschlagen kommt, was bei gleichen Schwingungen niemals
der Fall sein würde.
Der Klöppel ist aus Eisen geschmiedet, und der Stiel oder Schaft desselben verjüngt sich nach oben. Das Gewicht einer nach den
gewöhnlichen Verhältnissen der Dimensionen gegossenen Glocke läßt sich, wenn N den Durchmesser der Glocke in Zollen bezeichnet,
aus der Proportion 323:N3 = 600:x in Pfunden ermitteln. Da nun in allen Proportionen konstant ^[img]
ist, so ergibt sich das gesuchte Gewicht x durch Multiplikation des in Zollen ausgedrückten und auf die dritte Potenz erhobenen
Durchmessers mit 0,0182. Die Höhe oder Tiefe des Glockentons ist weder von der Höhe noch von der Metallstärke der Glocke, sondern
einzig von deren Weite (an der Mündung) bedingt; doch sind die erstern beiden Umstände von wesentlichem
Einfluß auf die Erzeugung eines reinen, angenehmen und lange nachtönenden Klanges.
Denkt man sich die Glocke, senkrecht auf ihrer Achse, in Ringe geteilt, deren jeder, insofern er einen verschiedenen Durchmesser
hat, seinen eignen Ton erzeugt, unter welchen indes der an der Mündung unmittelbar durch das Anschlagen
des Klöppels entstehende am stärksten und vorzugsweise hervortritt, so wird es erklärlich, daß der Ton einer Glocke kein
einfacher, sondern ein Gemisch von Tönen ist. In dem Maß, in welchem der Durchmesser der Glocke gegen die Haube derselben hin
sich verringert, werden die Schwingungen der Metallteile schneller.
Indem nun die Haube gerade halb so weit als die Mündung ist, so müssen die Schwingungen daselbst noch einmal so schnell sein,
weshalb die Haube die Oktave des Haupttons abgibt. Erfahrungsgemäß gibt eine Glocke von 0,837 m Weite und 300 kg Gewicht ungefähr
den Ton des zweigestrichenen c. Gestützt auf diese Voraussetzung und abgesehen von dem Einfluß, welchen
die Beschaffenheit und Mischung des Glockenmetalls auf den Ton
äußern, läßt sich auch für jeden andern Ton die Größe der
Glocke berechnen, sofern man das Verhältnis der Schwingungszahlen der Töne einer Oktave berücksichtigt. Da nämlich die
tönenden Schwingungen einer Glocke neben demselben Verhältnis schneller stattfinden, in welchem sich der Durchmesser der Glocke
vermindert, so erfordert ein Ton, welcher im Vergleich zu einem andern durch zwei- oder dreimal schnellere Schwingungen erzeugt
wird, auch eine Glocke von zwei- oder dreimal kleinerm Durchmesser. Unter den Tönen einer Oktave ist aber
das Verhältnis der Schwingungszahlen und des Gewichts der Glocken (das Gewicht der den Grundton gebenden Glocke = 1 gesetzt) folgendes:
Ton der G. |
Schwingungszahlen |
Gewicht der |
c |
1,000 |
1,000 |
d |
1,125 |
0.702 |
e |
1,250 |
0.512 |
f |
1,333 |
0.422 |
g |
1,500 |
0.296 |
a |
1,667 |
0.216 |
h |
1,875 |
0.152 |
c |
2,000 |
0.155 |
Ist der Durchmesser einer Glocke, welche den Grundton angibt, bekannt, so erhält man den Durchmesser für die Glocke des verlangten
höhern Tons, indem man den erstern durch die entsprechende Schwingungszahl dividiert. Werden die der einen Oktave angehörenden
Durchmesser verdoppelt, so erhält man die Durchmesser für die gleichnamigen Töne der Unteroktave. Ein
gut zusammengestelltes Geläute muß aber, um auf das Ohr den erforderlichen angenehmen Eindruck zu machen, aus Glocken bestehen,
deren Töne einen möglichst vollkommenen musikalischen Akkord bilden.
Der vollkommenste Wohlklang entsteht aus Grundton, Terz und Quinte, welchen man noch, wenn vier Glocken erfordert werden, die Oktave
hinzufügt. Nach Schafhäutl soll die Tiefe des Tons bei übrigens gleichen Verhältnissen zunehmen mit
dem Quadrat des Durchmessers, und wenn Glocken von gleicher Materie in ihren Dimensionen in gleichem Verhältnis zu- und abnehmen,
so sollen sich die Töne derselben umgekehrt wie die Kubikwurzeln aus dem Gewicht derselben verhalten. Übrigens haben auch
hohes oder niedriges Aufhängen, schwerer oder leichter Anschlag sowie Anschlag mit breiter oder scharfer
Fläche aus den Ton Einfluß. Den Ton durch Abdrehen auf der Drehbank zu ändern, ist wohl möglich, praktisch aber kaum ausführbar.
Eine zersprungene Glocke verliert den Ton. Den Riß durch Neuguß mit einer leichter schmelzbaren Legierung zu
füllen, ist unthunlich; vorteilhafter sägt man ein Stück heraus, so daß sich beim Schwingen die Sprungflächen nicht mehr
berühren.
Große Glocken werden in Lehmformen gegossen. Der Schmelzofen ist ein Flammofen von kreisrunder oder ovaler, wenig
vertiefter Form mit niedrigem Gewölbe, in welchem einige Löcher, Windpfeifen, angebracht sind, durch deren beliebiges
Öffnen oder Schließen der Zug
der Flamme nach den verschiedenen Teilen des Schmelzherdes geregelt und eine gleichmäßige Erhitzung
des Ofens bewirkt werden kann. Gegenüber dem Feuerherd befindet sich das Stichloch oder Auge zum Ablassen des Metalls. Bei
Zusammensetzung der Mischung muß man viel mehr Zinn anwenden, als die Glocke später enthalten soll. Man
nimmt auf 3 Teile Kupfer 1 Teil Zinn, schmelzt zuerst alles Kupfer, setzt demselben ⅔ des Zinns hinzu und zuletzt, wenn alles
in Fluß und das Gekrätz abgenommen ist, das übrige Zinn. Die Schmelzung erfordert
mehr
4-6, bei großen Massen auch 12 Stunden. Ist alles geschmolzen, so wird das Auge aufgebrochen und das Metall durch die Gußrinne
in die Form geleitet. Diese wird in der vor dem Ofen befindlichen Dammgrube aufrecht stehend hergestellt. Man mauert zuerst
den hohlen Kern, welcher der Höhlung der Glocke entspricht, gibt demselben durch Auflegen von Thon genau
die richtige Form, bestreicht ihn dick mit einem wässerigen Brei aus Holzasche, um das Anhaften des Modells zu verhindern,
und trocknet ihn durch ein in seinem Innern angemachtes mäßiges Feuer.
Alsdann wird das Modell (Hemd), welches vollkommen mit der bestimmten Metallstärke der Glocke und im Umriß
mit der äußern Glockenform (ohne Henkel) übereinstimmen muß, auf den Kern aufgetragen. Der letzte dünne Überzug des
Modells, welcher auch Gesimse, Kränze, Inschriften etc. darstellt, besteht aus einer Mischung von Talg und Wachs. Über demselben
wird schließlich der Mantel geformt, welcher mit der ersten Schicht (Zierlehm), aus Lehm, Ziegelmehl, Pferdemist,
Kuhhaaren und Wasser gebildet, den Verzierungen genau sich anschmiegen muß und, nachdem diese Schicht getrocknet ist, mit Lehm
verstärkt wird.
Trocknet man nun den Mantel durch Feuer, so schmilzt das Wachs und zieht sich in den Lehm, wodurch sich dann der Mantel vom Modell
löst. Die Form zur Krone wird besonders angefertigt, in die obere Öffnung des Mantels eingesetzt und
mit Lehm befestigt. In ihr befinden sich das Gießloch und die Windpfeifen, durch welche die im Innern der Form enthaltene
Luft beim Gießen entweicht. Zur Verstärkung des Mantels dienen um denselben herumgelegte eiserne Schienen und Reifen, an welchen
Haken zur Befestigung von Seilen angebracht sind, um mit Hilfe eines Krans oder Flaschenzugs den gut getrockneten Mantel in die
Höhe zu heben.
Ist dies geschehen, so wird das auf dem Kern sitzende Modell stückweise weggebrochen, der Kern aber nötigen Falls ausgebessert,
soweit er hohl ist, mit Steinen und Erde gefüllt und dann die obere Öffnung desselben mit Lehm geschlossen
und gehörig abgeglichen. Gleichzeitig wird das Hängeeisen in den Lehm eingesenkt, so daß die mit Widerhaken versehenen
Schenkel beim Guß von dem Metall eingeschlossen werden. Zuletzt wird der Mantel über den Kern herabgelassen und, nachdem die
Fuge rund um seinen untern Rand mit Lehm verstrichen worden ist, die Dammgrube völlig mit Erde, Sand und Asche
gefüllt, diese Füllung, wodurch die Form eine größere Widerstandsfähigkeit gegen den Druck des Metalls erhält, mittels
einer Handramme festgestampft und die Gußrinne vom Ofen nach dem Gießloch angelegt. Nach dem Gießen läßt man 24-48 Stunden
abkühlen, entleert dann die Dammgrube, entfernt den Mantel und windet die Glocke heraus. Die Angüsse werden nun abgesägt,
die Glocke befeilt etc.
Geschichtliches. Kleinere Glocken kommen schon in den ältesten Zeiten vor. Die Ägypter brauchten sie bei ihrem Kultus; bei den
Griechen bedienten sich die Priester der Persephone und Kybele der Glocken. Die Römer benutzten Hausglocken, während
große Glocken, wie wir sie heute zum Versammeln der Gemeinde in Kirchen haben, erst in der christlichen Zeit Anwendung fanden.
Den Guß derselben soll der heil. Paulinus, Bischof von Nola in Kampanien, zu Anfang des 5. Jahrh. erfunden haben, und die Kirche
desselben in Cimitile bei Nola rühmt sich, den »ältesten Glockenturm in der Christenheit« zu besitzen.
Jedenfalls blühte in Nola, begünstigt durch reiche und reine Kupfererze, schon früh der Glockenguß, weshalb die auch die
lateinische Benennung
Campana oder Nola (für kleinere Glocken) tragen. Das deutsche Wort Glocke (engl. clock, dän. klokke,
schwed. klocka, althochd. clocca) stammt wahrscheinlich vom
althochdeutschen klochon oder kloppen, schlagen, woraus auch das französische cloche (mittellat.
cloca, provençal. cloca, walachisch clópot) gebildet zu sein scheint, und kommt schon
im 8. Jahrh. vor.
Den kirchlichen Gebrauch der Glocken soll nach einigen der heil. Paulinus, nach andern der Papst Sabinian (604)
eingeführt haben. Gewiß ist, daß sie bereits im 7. Jahrh. in Frankreich, unter Karl d. Gr. in Deutschland bekannt waren, und
daß im 8. Jahrh. die Sitte aufkam, sie feierlich zu weihen oder zu »taufen«. In der orientalischen
Kirche fanden die Glocken erst 871 Eingang, als der griechische Kaiser Basilius von dem venezianischen Dogen Orso
I. zwölf große Bronzeglocken zum Geschenk erhielt und diese auf einem eigens hierzu auf der Sophienkirche errichteten Turm
aufhängen ließ.
Ihren Höhepunkt erreichte die Glockengießerei zu Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrh.
Die größten und wohlklingendsten Geläute gehören dieser Zeit an, in welcher auch 1467 die Glockenspiele
vom Glockengießer Bartholomäus Kneck zu Alost in Flandern erfunden wurden. Vanoccio verbesserte zu Anfang des 16. und Mersenne
zu Anfang des 17. Jahrh. die Konstruktionen, und Peter Emony in Amsterdam gab zu Ende des 17. Jahrh. bestimmte Gesetze und brachte
es dahin, daß der volle Grundakkord mit der Terz, Quinte, Oktave und obern Oktave gehört wurde.
Emony machte aus seinen Proportionen ein großes Geheimnis und vererbte es auf Abraham de Graaf, von dem es auf Julien und dadurch
in die berühmte Glockengießerfamilie Petit und Edelbrock in Gescher bei Koesfeld überging. Die besten Glockenspiele befinden
sich in Holland, wo der geschickteste Glockengießer vielleicht aller Zeiten, der Lothringer Hemony zu
Zütphen an der Yssel, 1645 ein Glockenspiel von 26 Glocken, deren größte 2000 kg wog, aufstellte.
Reiche Kirchen haben von jeher in der Größe der Glocken miteinander gewetteifert, und es übersteigt fast allen Glauben, welche
ungeheuern Metallmassen man mitunter auf Türmen aufgehängt hat. Die größte Glocke Deutschlands ist die
dreimal umgegossene und 1875 in den Dom zu Köln abgelieferte »Kaiserglocke«; dieselbe ist 3,25
m hoch, hat am Schallrand 3,42 m Durchmesser und wiegt 26,250 kg. Die Dicke der Wandung am Schlagrand beträgt 29 cm, an der
Krone 8 cm. Der Klöppel ist 3 m lang und wiegt 765 kg. Der Ton der Glocke ist D (nicht Cis).
Die in dem mittlern Domturm zu Olmütz befindliche Glocke wiegt 358 Ztr. Dieser ganz nahe kommt die große Glocke auf der St.
Stephanskirche zu Wien, welche 354 Ztr. und mit Klöppel, Helm und Eisenwerk 514 Ztr. wiegt. Ihrer Größe
und ihres Alters wegen berühmt ist auch eine Glocke im Dom zu Erfurt; sie wiegt 275 Ztr., mit dem 11 Ztr. schweren Klöppel und
sonstigem Eisenwerk 300 Ztr., ist 2,10 m hoch, hat 2,70
m unten im Durchmesser, ist 20 cm dick und wurde 1497 gegossen, nachdem ihre Vorgängerin, die bedeutend
schwerere »Susanne«, bei einem Brand 1472 geschmolzen war. Auch außer Deutschland findet man Glocken von ungeheuerm Gewicht, besonders
in Frankreich (auf den Dom in Paris kam 1680 eine Glocke von 25 Fuß Umfang und 340 Ztr. Gewicht),
in der Schweiz
und in Italien, weniger in England, obwohl das Glockenläuten dort besonders üblich ist. Der berühmte »große
Thomas« zu Oxford, eine der größten in England, wiegt nur 150 Ztr. Im J. 1786 ließ Pius VI. zu Rom eine große Glocke
mehr
gießen und auf die Kuppel des Vatikans bringen. Dieselbe wiegt 280 Ztr., und um sie herum sind die 12 Apostel angebracht. Auf
dem Turm zu Santiago de Compostela befindet sich eine Glocke von 300 Ztr. Gewicht. Ebensoviel wiegt die große Glocke auf der
Domkirche zu Mailand, welche 22 Fuß im Umfang und 7 Fuß Höhe hat. Die Glocke im Münster zu Bern
wiegt 240 Ztr.;
die auf dem Münster zu Schaffhausen
hat 29 Fuß im Umfang. Unstreitig die größte Glocke der Welt besitzt Rußland; doch wird dieselbe nicht
benutzt, und es ist auch unbekannt, ob sie jemals benutzt wurde.
Dieser Metallkoloß hat ein Gewicht von 12,327 Pud (201,916 kg), einen Umfang von 18 m und eine Höhe von
5,8 m. Er führt den Namen »Zar Kolokol« (»Glockenkönig« oder »Kaiserglocke«)
und steht seit 1836 auf einer Granitunterlage neben dem »Iwan Welikii« (»Johann der Große«) genannten Glockenturm im Kreml zu
Moskau, nachdem er bis dahin in einer Grube gelegen hatte; auch ist ein Stück von ihm (wahrscheinlich bei
einem Fall) ausgeschlagen. Neben ihm liegt der 5 m lange Klöppel, von dem man sagt, daß er gar nicht zum »Zar Kolokol« gehöre,
da er für diesen zu klein sei.
Vor dem Brand von 1812 zählte man zu Moskau nicht weniger als 1706 Glocken. Viele derselben gingen damals zu
Grunde, zersprangen oder schmolzen, die meisten aber prangen seitdem wieder auf den Türmen der alten Hauptstadt, und die größte
von ihnen, 1819 gegossen, wiegt 1000 Ztr. und wird vorzugsweise Bolschoi, »die Große«, genannt. Auch in
China gibt es Glocken von ansehnlicher Größe und von hohem Alter, so zu Peking eine eiserne, 1250 Ztr. schwer und 4,50 m hoch, welche
der Kaiser Yong-lo 1403 gießen ließ. Alle chinesischen Glocken haben eine eigentümliche Form, indem sie sich gegen den Schlagring
hin nicht erweitern, mit nur hölzernen Klöppeln versehen und oben durchbohrt sind, was den Schall verstärken
soll. - Mit der Taufe der Glocken scheint auch zugleich der Aberglaube mit aufgekommen zu sein, durch ihr Läuten die Gewitter vertreiben
zu können.
Dieser Glaube spricht sich in vielen Inschriften derselben aus, welche überhaupt die Zeit, in welcher die Glocken gegossen
wurden, meist treffend charakterisieren (s. Glockentaufe).
Vgl. Harzer, Die Glockengießerei (Weim. 1854);
Otte, Glockenkunde
(2. Aufl., Leipz. 1884);
Zehe, Historische Notizen über die Glockengießerkunst des Mittelalters (Münst.
1857);
Lukis, Account of church-bells (Lond. 1857);
Böckeler, Beiträge zur Glockenkunde (Aachen 1882).