mehr
gebohrtem Holz [* 2] (meist Linden- oder Weidenholz), aus Leder und zwar aus hartem wie halb weichem Leder und macht dann die Hülse [* 3] eventuell verschnürbar, neuerdings aber ganz vorzugsweise aus Hartgummi. Zuweilen werden die Hülsen zur Erreichung größerer Festigkeit [* 4] noch mit Stahlschienen versehen, dagegen sind vollständige Metallhülsen gegenwärtig ganz außer Gebrauch gekommen.
2) Der
Mechanismus verbindet teils die Hülsenteile miteinander, teils vermittelt er gewisse
Stellungen und Drehbewegungen
derselben zu einander. Bei künstlichen
Beinen ist ein dreifacher
Mechanismus erforderlich: für die
Bewegung im Kniegelenk,
im Sprunggelenk und an den
Zehen. Die
Gelenke werden im allgemeinen durch ein Gewerbegelenk
(Scharnier) nachgeahmt, welches
in der verschiedensten
Weise zur Ausführung kommt. Besonders fest und dauerhaft muß der Kniegelenksmechanismus
gearbeitet sein. Seit Anwendung des Weichgummivorfußes bei der
Konstruktion künstlicher
Beine durch den Amerikaner A.
Marks
ist der Zehengelenksmechanismus ganz ausgeschlossen worden, und das künstliche
Bein besitzt nach dessen
Konstruktion nur noch
ein
Knie- und ein Fußgelenk.
3) Die Hilfsapparate dienen teils zur
Befestigung des künstlichen
Gliedes am Amputationsstumpf oder am
Rumpf des
Trägers, z. B. Beckengürtel, Achselträger etc., teils
nehmen
sie den
Stumpf auf und erhalten ihn in seiner Form, verhindern stärkere
Verschiebung der Weichteile an demselben und
sollen ihn überhaupt vor
Druck etc. schützen. Der letztere
Bestandteil wird gewöhnlich in Form eines
gepolsterten, dem
Stumpf angepaßten und mit weichem
Leder überzogenen Trichters ausgeführt.
Aus der großen Zahl verschiedener Konstruktionen dürften folgende als die bewährtesten und renommiertesten hervorzuheben sein. Für die untern Extremitäten:
1) Das Anglesey-Pottsche Bein, von Pott in Chelsea 1816 für den Marquis v. Anglesey verfertigt, ist in England sehr verbreitet. Lindenholzkörper mit Stahlscharniergelenk. Preis in London [* 5] ungefähr 35 Pfd. Sterl. Gewicht des Beins, aus Holz gearbeitet, 3,70 kg; ein Bein dieser Konstruktion, aus Hartgummi von Leiter in Wien [* 6] gearbeitet, wog nur 2,75 kg. 2) Das Bein des Dr. Palmer aus Amerika, [* 7] von ihm selbst ersonnen und getragen, ausgezeichnet durch einen fein durchdachten, aber sehr komplizierten Mechanismus, daher kostspielig und häufiger Reparaturen bedürftig.
3) Das Bein von William Selpho in New York ist eine Verbesserung des Anglesey-Beins.
4) Das Bein des Dr. Douglas Bly, Sprunggelenk, durch eine frei bewegliche Kugel gebildet; von mancher Seite als vorzüglich bequem gerühmt, verlangt jedoch eine sehr zarte Behandlung und bedarf häufiger Reparaturen (s. unten). Preis 175 Doll. Ein solches Bein von 91 cm Länge wog 2,25 kg. 5) Das vom Mechanikus Beckmann in Kiel [* 8] nach Professor Esmarchs Angabe konstruierte Bein. Die Oberschenkelhülse ist ein Korb aus Stahlstangen, Kniemechanismus aus Holzteilen mit Stahlspirale hinten und Gummigurt vorn zur Regulierung der Streckung. Der Mechanismus des Sprunggelenks ist ein beschränktes Kugelgelenk, der Zehenmechanismus ein Scharnier mit zwei Spiralfedern. Gewicht 2,75 kg, Preis etwa 150 Mk. 6) Das Bein von A. Marks in Philadelphia [* 9] wird als dasjenige Ersatzglied angesehen, welchem die Zukunft gehört.
Holzhülse oder schnürbare Oberschenkellederhülse; eigentümlicher, sehr solider Kniegelenksmechanismus. Der Vorfuß besteht aus Weichgummi (India Rubber-Fuß), ist mit der Unterschenkelhülse durch einen fest stehenden Holzzapfen verbunden, und der Zehenmechanismus fällt ganz weg. Der Apparat ist sehr einfach, sicher und dauerhaft, muß aber aus dem besten Gummi verfertigt sein; Gewicht bis zu 3 kg, Preis 100 Doll. Für die obern Extremitäten gibt es noch zahlreichere Konstruktionen als für die Beine. Hervorzuheben sind:
1) Der künstliche
Arm für den Oberarmstumpf von
Masters in
London.
Bewegliche
Finger, der
Daumen gegen den Zeigefinger durch
Feder stellbar. Sehr elegant, aber
nur für den leichtesten
Gebrauch geeignet;
Gewicht 0,68 kg,
Preis 225 Mk.
2) Der künstliche
Arm für den Vorderarmstumpf, ebenfalls von
Masters, wiegt 0,57 kg und kostet 170 Mk. 3) Der künstliche
Arm von Fichot in
Paris
[* 10] für den
Ober- und Vorderarmstumpf.
Finger unbeweglich bis auf den
Daumen, welcher durch Weichgummistreifen
an den Zeigefinger angezogen, durch eine über den Oberarm zur andern
Schulter gehende
Darmsaite abgezogen
(gespreizt) wird.
Gewicht 0,68 kg bei 72
cm
Länge,
Preis 60 Mk. 4) Der
Arm von Werber in
Paris.
Finger unbeweglich, nur der
Daumen
wird vermittelst einer
Feder angedrückt u. durch eine
Darmsaite abgezogen.
Gewicht 0,57 kg bei 76
cm
Länge,
Preis 120 Mk.
5) Der
Arm von
Weber-Moos in Zürich
[* 11] für den Vorderarmstumpf.
Finger an der Mittelhand in Halbbeugung, federnd,
Daumen nicht feststellbar.
Gewicht 0,57 kg,
Länge 42
cm,
Preis 127 Mk. An den künstlichen
Händen wird häufig eine Vorrichtung zum Einstecken des
Messers
oder der
Gabel angebracht. Der in der Abbildung
[* 1]
(Fig. 1) beigefügte
Ersatz des Oberarms wird mit
Gurten
an der
Schulter befestigt.
Die
Hülsen für
Ober- und Vorderarm bestehen aus leichtem
Holz, welches durch Stahlschienen größere
Festigkeit erhält. Der
Ellbogen ist wie ein
Scharnier beweglich, ebenso die einzelnen
Finger, das Handgelenk ist frei drehbar, und alle diese
Gelenke
werden durch
Federn in ihrer
Stellung erhalten. Dieser künstliche
Arm ist deutsches
Fabrikat und kostet
ca. 150 Mk.
[* 1]
Fig. 2-4
stellen einen von
Charrière ersonnenen künstlichen
Vorderarm dar. Der
Apparat wird an dem Oberarmstumpf durch eine mit Schnürlöchern
versehene
Armschiene A befestigt und durch eine am obern Teil befindliche
Schlinge am Herabrutschen verhindert.
Der Vorderarm besteht aus präpariertem
Leder und hat am Handgelenk zwei
Scharniere, welche die
Beugung
[* 12] der
Hand
[* 13] gestatten. Eine
am Vorderarm bei C befestigte
Darmsaite g zieht diesen an, indem sie ihren
Stützpunkt an der
Armschiene bei a nimmt. Das Beugen
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1. Künstlicher
Oberarm.]
¶
mehr
des Ellbogens und der Hand geschieht durch Erheben des Stumpfes. Bei dieser Bewegung wird eine zweite Schnur D angezogen, die bei E exzentrisch an dem Ellbogenscharnier befestigt ist, das andre Ende derselben ist mit einer starken Spiralfeder versehen und in der Hand bei F befestigt, beim Anziehen der Schnur wird diese im Faustgelenk gebeugt. Sobald jedoch der Zug an der hinter der Schulter befestigten Schnur nachläßt, richtet sich der Vorderarm durch die Kraft [* 15] zweier hinter dem Ellbogen befindlichen Federn wieder gerade.
Gleichzeitig mit dem Vorderarm wird auch die Hand gestreckt und zwar durch den Zug
einer schwächern Spiralfeder, die sich
außerhalb der Hand bei H und am Vorderarm bei J ansetzt. Das Auswärts- und Einwärtsrollen (Pronations- u. Supinationsbewegung)
wird durch Druck auf die Knöpfchen l hervorgebracht. Den sehr komplizierten Mechanismus des Streckens und Beugens der einzelnen
Fingerglieder
erläutern
[* 14]
Fig. 3 und 4.
[* 14]
Fig. 5 und 6 zeigen das Bein des Dr. Bly im Vertikaldurchschnitt.
Das Enkelgelenk wird durch eine Glaskugel B gebildet, welche sich in einer Höhlung von vulkanisiertem Kautschuk dreht. Die Kautschukfedern S vertreten die Muskulatur des Unterschenkels und laufen in vier Saiten C aus, deren Spannung durch die Schraubenmuttern N beliebig geregelt wird, und deren vier untere Ausläufer in [* 14] Fig. 6 C sichtbar sind. Das Kniegelenk wird durch einen achsenartigen Bolzen gebildet und durch die auf der Platte D angebrachte Feder E bewegt, während die Schnur H diese Bewegungen regelt, welche durch die Stange F vermittelt werden.
Die Federn, welche aus vulkanisiertem Kautschuk, wie die Eisenbahnwagenfedern, gefertigt sind, haben gegen Metallfedern [* 16] den Vorzug der großen Dauerhaftigkeit und bringen, wenn das Gewicht des Körpers beim Gehen auf dem künstlichen Bein geruht hat, durch die darauf folgende Ausdehnung [* 17] den künstlichen Fuß ohne Anstrengung nach vorn in die richtige Stellung.
Vgl. Fritze, Arthroplastik, oder die sämtlichen bisher bekannt gewordenen künstlichen Hände und Füße (Lemgo 1842, 26 Tafeln);
Martin, Essai sur les appareils prothétiques des membres inférieurs (Par. 1849);
Beaufort, Recherches sur la prothèse des membres (das. 1867);
Daul, A. Marks' k. Glieder
, mit Kautschukfüßen und -Händen (Philad. 1871);
E. Meyer, Über künstliche Beine (Berl. 1871);
Karpinski, Studien über k. Glieder
, (im Auftrag des preußischen Kriegsministeriums
bearbeitet, das. 1881, mit Atlas).
[* 18]
^[Abb.: Fig. 2-4. Charrières künstlicher Vorderarm. [* 14] Fig. 5 u. 6. Blys künstliches Bein.]