kann ihn als Baumaterial selbst bei -5° bis -10° verarbeiten. Auf
Grund dieser
Thatsachen hat
man in neuerer Zeit den Gips
[* 2] als
Baumaterial wieder empfohlen, und eine Art
Gipsbeton wurde seit mehreren
Jahren unter dem
NamenAnnalith mit dem günstigsten
Erfolg vielfach zu bedeutenden Bauten verwendet. Der
Annalith besteht aus einer Mischung von scharf gebranntem,
langsam bindendem Osteroder Gips mit reinem, scharfem
Sand oder
Grand und größern erdfreien
Steinen (Flußkieseln,
Abfällen
von
Bruchsteinen, Backsteinschrotten etc.). Er wird in eigentümlich zusammengesetzte
Formen gegossen, in denen er bald die
Festigkeit,
[* 3] Dauerhaftigkeit und Wetterbeständigkeit der alten Gipsmauerwerke erlangt.
Bisweilen formt man auch aus Gips zunächst
Quadern, die dann wie gewöhnlich benutzt werden. Fermin hat
aus den
Brocken alter
Mauern, die er in einen
Kasten schüttete, und deren Zwischenräume er mit gutem dünnen Gips ausgoß, große
Bausteine gefertigt, die in wenigen
Tagen zum Vermauern brauchbar waren. Das
Hôtel de Plâtres
(RueGrenelle) inParis,
[* 4] aus derartigen
Quadern gebaut, war nach 80
Jahren ohne
Borsten,
Risse und
Senkung.
In denJahren 1858 und 1859 wurden am
Harz verschiedene
Gebäude in Gipsquadern ausgeführt, die sich sehr gut bewährt haben; auch hat man dort hohle
Quadern angefertigt, indem
man Kernstücke in die
Formen setzte.
Gewölbe,
[* 5]
Treppen
[* 6] und
Plafonds wurden mit großem Vorteil aus
Annalith
hergestellt; ebenso hat man Dampfmaschinenschornsteine, Anschlagsäulen, Dampftrockenöfen u.
dgl. aus
Annalith gebaut, und alle
Erfahrungen sprechen dafür, daß diese Bauweise eine bedeutende Zukunft haben wird, zumal
wir in
Deutschland
[* 7] ausgedehnte Gipslager besitzen, welche den
Bedarf auf lange Zeit zu decken im stande sind.
Über die Benutzung des Gipses zu
Zement s. d.
Der Gips und seine große Verwendbarkeit waren schon den Alten bekannt. Herodot erzählt von den Äthiopiern, daß
sie ihre getrockneten
Leichname durchaus übergipsten und schön anmalten. Der
Mörtel der großen
Cheops-Pyramide besteht zu 83 Proz.
aus auch Vitruv und
Plinius sprechen von der Benutzung des Gipses zu Bauzwecken, und letzterer erzählt,
daß
Lysistratos aus
Sikyon zuerst einen
Gipsabguß von einem menschlichen
Gesicht
[* 8] genommen und in die Form
Wachs gegossen habe.
Mit Gipsspat bestreute man bei den circensischen
Spielen den
Boden, und auf ähnliche
Weise benutzte später der gläubige
Sinn
desVolkes den farblosen, durchsichtigen Gipsspat als
Symbol der Reinheit und
Keuschheit und schmückte
mit demselben die
Statuen der
Maria
(Marienglas). Die großen Tafeln des spanischen Gipsspats dienten den Alten als Glastafeln.
Später geriet die
Kunst, in Gips zu arbeiten, in Vergessenheit und soll zuerst von Margaritone um 1300 in
Italien
[* 9] wieder
erfunden worden sein.
Vervollkommt ward sie namentlich durch den
Maler Nani zu Zeit
Raffaels, wie die vielen herrlichen Stuckarbeiten im
Vatikan
[* 10] beweisen.
In
Deutschland wurde der in der Mitte des 17. Jahrh. zu gewöhnlichen
Arbeiten vielfach benutzt; die
Aufnahme der Stuckarbeiten
datiert aber hier und in
Frankreich erst von dem Anfang des 18. Jahrh., worauf sie dann, namentlich
in der Rokokozeit, eine großartige
Rolle spielte.
Vgl.
Heusinger v. Waldegg, Der Gipsbrenner, Gipsgießer und Gipsbaumeister
(Leipz. 1867);
ein fester, starrer
Verband,
[* 11] welcher in der Neuzeit ausgedehnte Anwendung gefunden
hat und überall da benutzt werden kann, wo ein
Glied
[* 12] längere Zeit hindurch in fast absoluter Unbeweglichkeit erhalten werden
soll. Von der größten Bedeutung ist der in der
Kriegschirurgie, wenn es gilt, Verwundete mit zerschossenen
Knochen
[* 13] und verletzten
Gelenken auf weite
Strecken zu transportieren. Das kranke
Glied wird dann für die Dauer des
Transports in
einen Gipsverband gelegt, um dem Verwundeten die Qualen und
Schmerzen zu ersparen, welche sonst durch die mit jeder Art des
Transports
verbundenen
Erschütterungen des
Körpers hervorgerufen werden.
Beim Anlegen eines Gipsverbands verfährt
man in folgender
Weise: Zuerst wird das kranke
Glied gereinigt
und mit einer
Binde aus dünnem
Flanell oder aus weichem Baumwollstoff in der
Ausdehnung
[* 14] des künftigen Gipsverbands kunstgerecht
eingewickelt. Hierauf werden Gazebinden, welche vorher mit Gipsmehl imprägniert worden sind, in lauwarmes
Wasser getaucht
und in regelmäßigen
Touren um das mit der Flanellbinde versehene
Glied geführt. Gleichzeitig muß ein
dünner Gipsbrei angerührt werden, welchen man mit der
Hand
[* 15] über die gegipsten Gazebinden streicht, bis der
Verband eine
genügende, gleichmäßige
Dicke und ein glattes, regelmäßiges Aussehen angenommen hat.
Der
Gips erstarrt nach etwa ¼
Stunde und bleibt je nach dem individuellen
Bedürfnis mehrere
Tage oder
Wochen
lang liegen. Befindet sich im Bereich des Gipsverbands eine
Wunde, so wird an der
Stelle der letztern nach Vollendung des
Verbands
eine Öffnung, sogen.
Fenster, in die starre
Hülle eingeschnitten, um die
Wunde genügend übersehen und verbinden zu können.
Zur
Entfernung des Gipsverbands bedient man sich einer starkenSchere,
[* 16] sogen. Gipsschere. Vgl.
Verband.
(CamelopardalisSchreb., Kamelparder), Säugetiergattung aus der
Ordnung der
Huftiere, repräsentiert allein die
Familie der Abschüssigen
(Devexa) und enthält nur die eine Art C. GiraffaSchreb. Dies ist ein höchst
auffallend gebautes
Tier, 2,2 m lang, mit 1,1 m langem
Schwanz, am
Widerrist 3, bis zum
Scheitel aber 6 m hoch, da die Vorderbeine
und der
Hals sehr lang sind; der
Rumpf ist dick und sehr kurz, der
Rücken abschüssig, der
Kopf sehr zierlich gebaut, mit mittellangen
Ohren, großenAugen und zwei auf der
Nase
[* 17] zwischen
Stirn- und
Scheitelbein stehenden, dem
Rosenstock der
Hirsche
[* 18] entsprechenden Knochenzapfen, welche sich bei beiden Geschlechtern finden, stets von der
Haut
[* 19] überzogen bleiben und nicht
abgeworfen werden. Vor ihnen liegt auf dem Nasenrücken eine dritte knöcherne
Erhöhung. Die
Beine sind zart mit zierlichem
Huf
[* 20] und nackter
Schwiele an den Beugegelenken, der lange
Schwanz besitzt eine Endquaste. Die Giraffe ist fast
sandgelb, auf dem
Rücken dunkler, auf der Unterseite weißlich, mit dicht stehenden, ziemlich großen, eckigen, dunkler oder
heller rostbraunen
Flecken, zwischen welchen der helle
Grund nur netzartig hervortritt; der Haarkamm auf
¶
mehr
der Rückseite des Halses ist fahl und braun gebändert. Die Giraffe bewohnt Afrika
[* 22] von der südlichen Grenze der Sahara bis 24°
südl. Br. und lebt in den ebenen Steppengegenden in Trupps von 6-8, selbst 30 und 40 Stück. Ihr Gang
[* 23] ist ein langsamer Paßschritt,
ihr Lauf ein schwerfälliger, plumper, aber ungemein fördernder Galopp,
[* 24] in welchem sie es mit einem guten
Pferd
[* 25] aufnimmt, aber länger als dieses aushält. Sie lebt von Baumlaub, besonders von dem der Mimosen, und in der trocknen
Jahreszeit von dürrem Gras, welches sie mit ihrer wurmförmigen, als Greiforgan sehr geschickten Zunge pflückt. Um zu trinken
oder etwas vom Boden aufzunehmen, spreizt sie die Vorderläufe so weit auseinander, daß sie mit dem langen
Hals auf den Boden herabreichen kann.
IhreSinne, namentlich Gesicht und Gehör,
[* 26] sind vortrefflich entwickelt. Sie ist friedlich, sanft, weiß sich aber durch gewaltige
Schläge mit den Läufen selbst gegen den Löwen
[* 27] zu verteidigen. Die Paarung erfolgt im Frühjahr, und nach 14 Monaten
wirft die Alte ein Junges. Jagd und Fang der Giraffe sind sehr schwierig. Man benutzt die Haut zu Lederwerk, die Schwanzquaste als
Fliegenwedel, die Hufe zu Hornarbeiten und genießt das Fleisch. In den innerafrikanischen Städten läßt man gezähmte Giraffen
oft frei umhergehen.
In den zoologischen Gärten sind sie nur bei sorgsamer Pflege längere Zeit zu erhalten und gehen meist an einer eigentümlichen
Knochenkrankheit zu Grunde. Indes haben sie sich in zoologischen Gärten bereits fortgepflanzt. Abbildungen der Giraffe finden sich
auf den altägyptischen Denkmälern. Der Name ist aus dem arabischen Serahfe, die Liebliche, verstümmelt.
Nach Rom
[* 28] kam die erste Giraffe unter Julius Cäsar, nach Deutschland 1212, und dann gelangten erst wieder 1827 lebende Giraffen nach
London
[* 29] und Paris. Gegenwärtig erhält man die meisten Giraffen aus Taka oder den zwischen dem BlauenFluß und dem RotenMeer gelegenen
Steppenländern. 1874 führte Reiche eine Gesellschaft von 24 Stück in Deutschland ein.