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nach abermaligem Brennen wieder wie frischer verwendbar. Kleinere Quantitäten Gips brennt man als Pulver durch Erhitzen in einem Kessel oder auf einer Platte, bis die durch die entweichenden Wasserdämpfe hervorgebrachte wallende Bewegung aufgehört hat und eine kalte Glasplatte über dem Gips [* 2] nicht mehr beschlägt. Im großen brennt man den Gips bisweilen noch in Meilern oder in Haufen mit Holz, [* 3] indem man die größten Stücke Gipsstein zu einer Feuergasse zusammenstellt, die kleinern aber daneben- und darüberschüttet und mit Holz feuert. An andern Orten baut man die Gipsgrubenöfen in einen Bergabhang.
Sie haben daher außen nur drei Mauern, sind ca. 3,75 m hoch, 9 m breit und 6 m tief, nach oben offen und sich etwas erweiternd. An der Vordermauer sind zwei oder drei Schürlöcher, und von jedem derselben werden gegen die Rückwand hin überwölbte Gänge, die Schürgassen, angelegt, indem man große Gipssteine locker und mit erforderlichen Zwischenräumen aufstellt. Darüber werden kleinere Gipssteine mit Tannenholz geschichtet und oben mit Gipsschutt oder Gerölle gedeckt.
Diese Methode verursacht bedeutende Holzverschwendung, und durch die Berührung der Kohle mit dem Gips wird viel Schwefelcalcium gebildet; ein bedeutender Teil des Gipses wird tot-, ein andrer nicht gar gebrannt. Rationellere Gipsöfen sind mit einem flachen Gewölbe [* 4] überspannt (s. Figur), welches durch mehrfache Zugöffnungen a durchbrochen ist; an der Sohle des Ofens befinden sich, an zwei Seiten zugänglich, die von rohen Gipssteinen hergestellten Schürgassen c, über welche der zu brennende Gips durch die Beschickungsöffnung b aufgeschüttet wird.
Letztere ist während des Brandes vermauert. Für feinere Gipssorten benutzt man beim Brennen einen Flach- oder Backofen von der Form, wie er zum Brotbacken dient. Man heizt den Ofen an, zieht die Kohlen heraus und beschickt ihn mit dem in kleine Stücke zerschlagenen Gips. Man kann auch die Backöfen selbst nach dem Entleeren von Brot [* 5] noch vorteilhaft zum Brennen des Gipses benutzen. Wesentlich verbessert wurden diese Flachöfen durch Anbringung einer eignen Rostfeuerung, wobei dann der Ofen nicht jedesmal vor dem Einbringen des Gipses gereinigt zu werden braucht. Die Feuerungsgase leitet man unter dem Boden des Ofens durch gußeiserne Röhren [* 6] oder gemauerte Kanäle nochmals teils an den Seiten, teils über der Decke [* 7] des Ofenraums hin und zurück.
Ein vorzügliches Produkt liefert der Ofen von Dumesnil. Aus dem unter der Ofensohle befindlichen Feuerraum, zu welchem ein gebogener Kanal [* 8] herabführt, steigen die Verbrennungsgase durch gebogene Kanäle zu dem Brennraum empor und münden hier unter einem kleinen Gewölbe, aus welchem sie durch Seitenöffnungen ausströmen. Die Beschickung des Ofens erfolgt durch eine untere und eine obere im Gewölbe befindliche Öffnung. Die größern Gipsstücke werden auf der Ofensohle so aufgestellt, daß sich die Feuerungsgase gleichmäßig durch den ganzen Ofenraum verbreiten können.
Dann läßt man eine Lage kleinerer Stücke folgen, und schließlich schüttet man die kleinsten Stücke auf. Die durch eine Klappe verschließbare Esse dient zur Regulierung des Zugs, außerdem sind im Gewölbe vier kleinere Zugröhren angebracht, durch deren Öffnen oder Schließen die Hitze in den verschiedenen Teilen des Ofens gleichmäßig gemacht werden kann. Man feuert zuerst vier Stunden gelind und während der folgenden acht Stunden stärker, schließt dann alle Öffnungen und breitet auf dem gebrannten Gips 5-6 cbm grobes Gipspulver aus, welches noch durch die vorhandene Hitze gebrannt wird.
Nach weitern zwölf Stunden wird der Ofen entleert. Bisweilen benutzt man die aus Kalköfen entweichende Hitze zum Brennen von Gips, und wo letzterer in kleinern Stücken oder Körnern vorkommt, wendet man eiserne Cylinder an, die in einem Kanal, durch welchen die Feuerungsgase streichen, der Feuerung entgegengeführt werden. Auch Gipshochöfen zum kontinuierlichen Brennen hat man konstruiert und sie namentlich in unmittelbarer Nähe der Gipsbrüche und an einem Abhang errichtet. Sie stimmen im Prinzip mit den Rüdersdorfer Kalköfen überein, sind aber viel kleiner.
[Gebrannter Gips, Gipsabgüsse etc.]
Der gebrannte Gips ist sehr weich und wird auf Stampfmühlen zerkleinert und zwischen Walzen oder Mühlsteinen, auch in rotierenden Trommeln mit Kugeln gemahlen. Er bildet dann ein weißes Pulver, welches, nachdem es für gewisse Zwecke gesiebt worden ist, in Fässern, vor Feuchtigkeit geschützt, aufbewahrt werden muß. Zum Zerkleinern des Gipses nach dem Brennen benutzt man Stampfmühlen.
Aus gebranntem Gips gegossene Platten sind nach dem Trocknen sehr porös und saugen mit großer Begierde Flüssigkeiten ein; man benutzt sie deshalb zum Entwässern von Farbenbrei, Kristallen, Stärkemehl, Hefe [* 9] etc. Formen von Gips dienen ihrer Porosität halber zum Gießen [* 10] von Porzellanretorten, Röhren u. dgl., namentlich auch der Lithophanien. Die Formen saugen das Wasser ein und machen die Porzellanmasse dadurch fest. Ebenso kann man auch Flüssigkeiten, wie Benzin, Chloroform, ätherische Öle, [* 11] Äther, Essigäther, mit gebranntem Gips entwässern.
Die Lösung der Harze in Alkohol und Terpentinöl, selbst viele fette Firnisse können durch gelindes Erwärmen mit gebranntem Gips mit Leichtigkeit wasserhell erhalten werden. Trübe gewordene Weine, Parfüme, Liköre klären sich beim Schütteln mit etwas gebranntem Gips sehr bald ab, ebenso die Lösung der Guttapercha. Der Wein wird durch den Gips klarer, stärker und, wenn er einen übeln Geschmack angenommen hatte, zugleich wieder wohlschmeckend; außerdem verlangsamt der Gips die Gärung, verwandelt die löslichen Kalisalze des Weins in unlösliche Kalksalze und bewirkt zugleich die Abscheidung eiweißartiger Stoffe. Raffiniertes Rüböl klärt man durch Anrühren mit gebranntem Gips und Kochsalz. Am häufigsten wird die Eigenschaft des gebrannten Gipses, mit Wasser zu erhärten, verwertet. So benutzt man Gips zum Bekleiden der Böden der Ölfässer, zum Befestigen von Eisen [* 12] in Stein und Mauerwerk, zur Herstellung unbeweglicher Verbände bei Knochenbrüchen, zur Darstellung von
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Formen für Zinn- und Bronzegießereien, für Galvanoplastik [* 14] etc. Namentlich werden auch Abgüsse von Bildhauerarbeiten, Münzen [* 15] etc. aus Gips hergestellt. Man rührt den Gips mit 2,5 Teilen Wasser schnell zu einem gleichmäßigen Brei an und gießt diesen unter Vermeidung von Luftblasen in die Form, die unter Umständen, um das Anhaften des Gipses zu vermeiden, sorgfältig mit Öl eingerieben werden muß. In andern Fällen ist der Gegenstand, von welchem ein Abguß hergestellt werden soll, durch einen Lackanstrich vor der Nässe des Gipsbreies zu schützen. Um das Erhärten des Gipsbreies zu verzögern, setzt man 2-4 Proz. gepulverte Eibischwurzel zu oder rührt den gebrannten Gips mit Leimwasser an, in welchem man etwas Zinkvitriol gelöst hat. Er erhält dadurch auch größere Härte, wird etwas durchscheinend und marmorartig.
Auch durch Borax [* 16] kann man das Erhärten des Gipses bedeutend verzögern. Man benutzt hierzu eine gesättigte Boraxlösung und verdünnt dieselbe mit um so weniger Wasser, je länger der Gipsbrei weich bleiben soll. Wenn man 1 Volumen Boraxlösung mit 12 Volumen Wasser mischt, so wird das Erhärten um ungefähr 15 Minuten verzögert; nimmt man auf 1 Volumen Boraxlösung 8 Volumen Wasser, so wird das Erhärten um 50 Minuten verzögert, und bei Anwendung gleicher Volumen Boraxlösung und Wasser erstarrt der Gips erst nach 10-12 Stunden.
Zum Färben von Gipsabgüssen benutzt man intensive Saftfarben. Körperfarben muß man in so großer Menge zusetzen, daß die Festigkeit [* 17] des Abgusses beeinträchtigt wird. Über das Bronzieren von Gipsabgüssen s. Bronzieren, über die Herstellung der Elfenbeinmasse s. Enkaustieren. Um Gipsabgüsse abwaschbar zu machen, legt man sie 24 Stunden in eine Barytlösung, wäscht sie sorgfältig ab und läßt sie 3-4 Tage bei Zimmertemperatur trocknen. Dann bringt man sie etwa 30 Minuten in eine heiße Seifenlösung (1:15-20), wäscht und trocknet sie in einer Trockenstube.
Gegen Witterungseinflüsse schützt man Gipsabgüsse, indem man sie erwärmt und wiederholt mit einer heißen Mischung aus Wachs und Leinöl tränkt, bis sie nichts mehr davon aufnehmen. Da hierdurch aber die Farbe unansehnlich wird, muß man sie schließlich bronzieren. Um unsauber gewordene Gipsfiguren zu reinigen, kann man sie mit Stärkewasser und Kremnitzer Weiß oder besser noch mit Permanentweiß anstreichen. Letzteres verschmiert die feinsten Vertiefungen durchaus nicht und ist deshalb besonders zu empfehlen.
Nach einem andern Verfahren kocht man von Stärke [* 18] einen sehr dicken Kleister und streicht diesen auf die Gipsoberfläche, welche vorher durch Abblasen und mittels eines zarten Federbesens von lose anhängendem Staube befreit ist. Der Anstrich wird mittels eines weichen Borstenpinsels aufgetragen und mehrmals wiederholt. Nach dem vollständigen Trocknen löst er sich von selbst, der Kleister blättert ab, und die Reste desselben können nötigen Falls durch leichte Nachhilfe entfernt werden; die Schmutzteile werden dabei von dem trocknen Kleister, an welchem sie festgeklebt sind, mit fortgenommen.
Gegossener hat eine nur sehr mäßige Härte und läßt sich mit dem Fingernagel ritzen. Härtere Massen werden erhalten, wenn man den Gips mit einer Lösung von 1 Teil Alaun [* 19] in 12-13 Teilen Wasser vollständig tränkt, trocknet, dann wieder brennt und nun mit ebenso starker Alaunlösung anrührt und wie gewöhnlich verfährt. Dies zweite Brennen muß aber bei einer die Rotglut erreichenden Temperatur geschehen und darf nicht zu schnell unterbrochen werden. Der alaunhaltige Gips ist bedeutend härter als der gewöhnliche, nimmt eine vorzüglich gute Politur an und ist weiß mit einem Stich ins Isabellfarbige;
an dünnen Teilen und Kanten erhalten die Abgüsse eine Art Durchscheinenheit, welche ihnen das Ansehen von Alabaster oder Marmor gibt;
sie können mit einem nassen Tuch abgewaschen werden, ohne im mindesten darunter zu leiden;
ja, selbst langes Liegen im Wasser und der Einfluß der Witterung bewirken keine Veränderung. Vgl. Zement. Auch wenn man statt des Wassers saure Milch samt den Molken zum Anmachen des Gipses nimmt, erlangen die Abgüsse in 24 Stunden eine bedeutende Härte. Bringt man den gebrannten in eine um ihre Achse sich drehende Trommel und leitet in diese Wasserdampf, so behält der Gips seine Pulvergestalt, nimmt aber allmählich um 28 Proz. an Gewicht zu. Füllt man ihn nun in Formen und komprimiert ihn in denselben durch kraftvolle hydraulische Pressen, so erhält man äußerst scharfe und harte Abgüsse, die sich wie Marmor polieren lassen.
Die Formen müssen aber aus Metall gefertigt und sehr stark sein. Sehr gut wirkt auch der Teer, welcher leicht in den porösen Gips eindringt und auch an die Stelle des Hydratwassers tritt, wenn der in ein Teerbad getaucht wird, dessen Temperatur ohne Nachteil auf 300-400° C. steigen kann. Gepulverter roher Gips erstarrt mit einer konzentrierten Lösung von schwefelsaurem Kali so schnell, daß man die Lösung verdünnen muß, wenn man einen Brei bilden will. Ätzkali und kohlensaures Kali wirken ebenso und bilden Massen, die in ihrer Härte dem gewöhnlichen gebrannten und mit Wasser angerührten Gips gleichkommen. Zerstößt man diese Massen, so erhärtet das Pulver abermals, wenn man es mit schwefelsaurem Kali oder kohlensaurem Kali anrührt. Ein halb gelöschter Gips läßt sich also noch gut verwenden, wenn man beim Anrühren desselben mit Wasser etwas Pottaschenlösung hinzusetzt. Ein Gemisch von feinem Gips und gepulvertem Gipsspat (Frauenglas) mit Leimwasser gibt die zu ornamentalen Zwecken verwendbare Scagliola.
Gips als Baumaterial.
Man benutzt den gebrannten auch in großer Menge zu den Stuckaturarbeiten: Stuck, Stuckmarmor, Stucco lustro, zu Estrichen, Kitten und Mörtel. Die letztere Verwendungsweise ist sehr alt, und in denjenigen Gegenden, wo der körnige und dichte Gipsstein gebrochen wird, ist der Gipsbrei als vortreffliches, ja bestes Bindemittel bei Mauerwerken allgemein gebräuchlich, während der Kalkmörtel nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es fehlt auch nicht an Beispielen, daß der Gipsmörtel bei richtiger Anwendung sich wenigstens ebensogut hält und erhärtet wie der Kalkmörtel.
Bei Osterode [* 20] befindet sich eine bereits 1530 zerstörte Burg, welche mit Gipsmörtel erbaut worden ist, der heute dem Hammer [* 21] besser widersteht als die Bruchsteine, denen er als Bindemittel dient. In Frankreich und namentlich in der Umgegend von Paris [* 22] findet der Gips als Baumaterial eine überaus ausgedehnte Anwendung; außer zum Putz im Innern der Gebäude wird der reine Gipsmörtel ebensowohl als Bindemittel fast zu allen Umfassungsmauern wie auch zum Abputz der Fassaden etc. verwendet; ebenso wird im nördlichen Deutschland [* 23] der unter dem Namen »Lüneburger [* 24] Kalk« grob gemahlene unreine Gips vielfach zu Arbeiten in freier Luft und sogar unter Wasser verwendet. Nach vielfachen Erfahrungen besitzt der Gips die vorzügliche Eigenschaft, durch den Frost nicht zu leiden; er zeigt nicht die geringsten Abblätterungen, und man ¶