gesamte Staatswissenschaft« (1874) sowie die Abhandlung »Johannes Althusius und die Entwickelung der naturrechtlichen Staatstheorien«
(Bresl. 1880) in den »Untersuchungen zur deutschen
Staats- und Rechtsgeschichte«, deren Herausgabe er 1878 begann.
Nikolai Karlowitsch von, russ. Staatsmann, geb. aus
einer ursprünglich schwedischen, aber längst russifizierten Familie, begann seine amtliche Laufbahn
im Konsulatsdienst, indem er als Sekretär dem Konsulat in Jassy beigegeben wurde. Nach Bukarest versetzt, stieg er hier zum
Generalkonsul auf und wurde darauf zum ersten Botschaftssekretär in Konstantinopel ernannt. Von hier ging er 1863 als Gesandter
nach Teheran, dann nach Bern
und 1872 nach Stockholm.
Als 1875 der Ministergehilfe im Auswärtigen Amt, Westmann, starb, ernannte ihn der Reichskanzler Fürst
Gortschakow, dessen Nichte, eine Prinzessin Kantakuzenos, Giers geheiratet hatte, zunächst zum Direktor des asiatischen Departements,
dann zum Ministergehilfen, und seitdem Gortschakow sich thatsächlich von der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten zurückgezogen
hatte, war Giers russischer Minister des Auswärtigen, doch ohne maßgebenden Einfluß, wie sich besonders
nach dem Tod Kaiser Alexanders II. zeigte, als Ignatiew Minister des Innern wurde und Giers dessen panslawistische Wühlereien und
Ränke gegen Deutschland und Österreich nicht hindern konnte, obwohl er friedliebend gesinnt war. Erst nach seiner wirklichen
Ernennung zum Minister des Auswärtigen im April 1882 und nach Ignatiews Rücktritt erlangte Giers die ausschließliche
Leitung der russischen auswärtigen Politik und konnte seine Friedensliebe durch Wiederherstellung der guten Beziehungen zu
Deutschland und Österreich bethätigen. Auch den afghanischen Konflikt mit England 1885 löste er in friedlicher Weise.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Hirschberg, am Fuß des Riesengebirges
und am Heidewasser, hat eine evang. Pfarrkirche, Holzstoff- und Pappen-, Mungo- und Shoddyfabrikation und (1885) 1456 Einw. In der
Nähe im Gebirge der Hainfall.
Max, poln. Maler, geb. zu Warschau, war anfangs Mechaniker, besuchte später die Universität seiner
Vaterstadt und widmete sich schließlich auf Veranlassung des Statthalters Grafen Berg in München bei A.
Wagner, F. Adam und E. Schleich der Malerei. Durch letztern beeinflußt, behandelte er das Soldatengenre in Verbindung mit reich
entwickelter Landschaft, und er hatte bereits mehrere Gemälde mit Figuren im Kostüm des vorigen Jahrhunderts geschaffen, welche
von großer Begabung zeugten, als ein Brustleiden in Reichenhall seiner Entwickelung ein frühzeitiges
Ziel setzte. Sein Hauptwerk, eine Parforcejagd im vorigen Jahrhundert, besitzt die Berliner Nationalgalerie.
1) Ludwig, Dichter, geb. zu Mirow in Mecklenburg-Strelitz, Sohn eines Pfarrers, studierte zu Berlin
und Greifswald, nahm im mecklenburgischen Husarenregiment 1813-15 teil an den Freiheitskriegen und war
seit 1816 als Professor am Gymnasium zu Stettin thätig. Im J. 1848 vertrat er Stettin in der Frankfurter Nationalversammlung;
er starb in Jasenitz bei Stettin. hat sich als Dichter und Schulmann einen geachteten Namen erworben. Er veröffentlichte:
»Zur Ottenfeier«, ein Gedicht (Greifsw.
1824);
»Epische Dichtungen« (Stettin 1827);
»Wendische Geschichten« (Berl. 1843, 3
Bde.);
die Zeitschrift »Damaris« (Stett: 1860-65, 5 Bde.) u. a.
Eine Sammlung seiner »Gedichte«, worin auch viele dialektische, erschien
zu Leipzig 1836 (2. Ausg., Stett. 1867, 2 Bde.),
eine Auswahl zu Stettin 1885.
Vgl. Kern, Ludwig Giesebrecht als Dichter,
Gelehrter und Schulmann (Stett. 1875),
welches Buch auch Giesebrechts Schrift »Ferdinand Calos Leben« enthält.
2) Friedrich Wilhelm Benjamin von, namhafter Historiker der Gegenwart, Neffe des vorigen, geb. zu Berlin, besuchte daselbst
das Joachimsthaler Gymnasium und widmete sich anfangs philologischen, sodann, durch Leopold Rankes geschichtliche Vorträge
bewogen, historischen Studien. Er schloß sich der Historischen Gesellschaft Rankes an und lieferte zu den von derselben unter
Rankes Leitung herausgegebenen »Jahrbüchern der Geschichte Deutschlands unter den sächsischen Kaisern« die ausgezeichnete »Geschichte
Ottos II.« Als erste selbständige Arbeit von ihm erschien die Wiederherstellung der verlornen, aber in einer großen Anzahl
Stellen der übrigen mittelalterlichen Geschichtschreiber bruchstückweise vorhandenen »Jahrbücher des Klosters Altaich« (»Annales
Altahenses«). Die Wiederauffindung der Annalen 1870 in dem Nachlaß Aventins durch Freiherrn E. v. Öfele (»Mon. Germ., Script.«,
XX, 772 ff.; übersetzt von Weiland, Berl. 1871) bestätigte
Giesebrechts Rekonstruktion. Inzwischen war er zum Oberlehrer des Joachimsthaler Gymnasiums ernannt worden.
Als Früchte eines längern Aufenthalts in Italien erschienen die Abhandlung »De litterarum studio apud Italos medii aevi« (Berl.
1845) und mehrere gründliche Aufsätze über die Echtheit und Glaubwürdigkeit der mittelalterlichen Lebensbeschreibungen
der Päpste.
Eine sehr gelungene Übersetzung der fränkischen Geschichte des Bischofs Gregor von Tours lieferte er 1851. Nach mehr
als 20jährigen Vorarbeiten schritt er hierauf an die Ausarbeitung seines Hauptwerkes, der »Geschichte
der deutschen Kaiserzeit« (Braunschw. 1855 ff.),
die mit dem 1880 erschienenen 5. Band bis zum Jahr 1164 gelangt ist, während die zwei ersten Bände bereits die 5. Auflage
erlebt haben. Namentlich der erste, 1855 erschienene Band fand durch patriotischen Schwung und glänzende
Darstellung wie durch gründliche Forschung allgemeinen Beifall; der letztere Vorzug ist in hohem Maß auch den spätern Bänden
geblieben, in denen jedoch die Darstellung sich mitunter zu sehr ins Einzelne vertieft und der Mangel einer scharfen politischen
Auffassung durch breite Erörterungen über die prinzipiellen Streitfragen, welche die Erzählung oft unterbrechen,
sich kundgibt. Giesebrecht ward 1857 als ordentlicher Professor der Geschichte nach Königsberg berufen und erhielt den zur Jubelfeier
des Verduner Vertrags gestifteten Preis. 1862 folgte er nach Sybels Abgang einem Ruf als Professor der Geschichte nach München und
wurde dort zum beständigen Sekretär der Historischen Kommission ernannt und durch Verleihung des Ordens
der bayrischen Krone 1865 in den Adelstand versetzt. Eine Sammlung akademischer Festreden erschien unter dem Titel: »Deutsche
Reden« (Leipz. 1871);
auch veröffentlichte er seinen wertvollen Vortrag über »Arnold von Brescia« (das. 1873).
1874 übernahm
er die Leitung der früher von Heeren und Ukert begonnenen »Europäischen Staatengeschichte« für den Verlag
von F. A. Perthes in Gotha.
Buchdrucker- und Schriftgießerfamilie. Christian Friedrich Giesecke begründete 1819 mit Johann Gottfried Schelter
eine Schriftgießerei zu Leipzig,
mehr
welche 1839 beim Austritt des letztern von allein übernommen und fortgeführt wurde; bei seinem erfolgten Tod ging
dieselbe auf seine beiden Söhne Karl Wilhelm Ferdinand Giesecke (geb. und Bernhard Rudolf Giesecke (geb. über. Unter
ihrer Führung hob sich das Geschäft außerordentlich, gewann aber erst seine jetzige große Bedeutung,
als der Sohn des letztern; Georg Giesecke (geb. 1876 die technische Leitung übernahm und die Gießerei nach amerikanischem
System reformierte, wofür er sich durch mehrjährige Thätigkeit in großen amerikanischen Schriftgießereien die Kenntnisse
erworben hatte. Mit der Gießerei ist eine Maschinenfabrik vereinigt, in welcher sowohl die eignen Gießmaschinen
als auch Hilfsmaschinen und Utensilien für den Buchdruckereibetrieb, mechanische Aufzüge etc. gebaut werden; erstere zählt
zu den bedeutendsten Deutschlands. Die neuesten Erzeugnisse des Geschäfts werden in einem eignen Organ: »Typographische Mitteilungen«,
veröffentlicht. - Hermann Giesecke, geb. u. Dr. Bruno Giesecke, geb. Söhne von Christian Friedrich
Giesecke, leiten die unter der Firma »Giesecke u. Devrient« zu Leipzig bestehende graphische Anstalt, die ersterer im Verein mit Alfons Devrient 1852 gegründet,
nach dessen Tod aber allein übernommen hatte, bis 1879 sein Bruder Bruno in das Geschäft trat,
an dessen Leitung jetzt auch ein Sohn des erstern, Raimund Giesecke, geb. teilhat.
Dasselbe pflegt vorzugsweise den feinen Werk- und Kunstdruck sowie den Druck von Wertpapieren, und wohl der größte Teil des
früher kursierenden Papiergeldes der deutschen Kleinstaaten ist aus seinen Pressen hervorgegangen. Auch eine Verlagshandlung
ist mit dem Geschäft verbunden. Als bedeutende Leistungen im artistischen Werkdruck verdienen genannt zu werden: Tischendorfs
»Codex Sinaiticus« der Bibel sowie der in lithographischem Faksimiledruck ausgeführte »Papyrus Ebers«. Auch auf kartographischem
Gebiet leistet die Firma Hervorragendes.