Dichter und darstellende
Künstler dasselbe zum Gegenstand genommen. Den übriggebliebenen
Söhnen und Enkeln
Ugolinos gelang
es, bald wieder zu
Glanz und Ansehen zu kommen, wie denn schon 1316 Gaddo und 1329 Rieri Donoratico Gherardesca wieder an der
Spitze derVerwaltung in
Pisa
[* 2] standen.
Bonifazio Gherardesca war
Capitano von
Pisa, als die
Republik das
Joch des berühmten
Castruccio Castracani
und des
KaisersLudwig des
Bayern
[* 3] abwarf (1329), erwarb sich durch seine weise
Verwaltung das Vertrauen seiner Mitbürger und
schloß einen ehrenvollen
Frieden mit der guelfischen
Ligue. Eine
Verschwörung des
Adels gegen die
Freiheit der
Bürger unterdrückte
er (1335). Er starb -
Sein Sohn Rainerio, den die Pisaner zum
Capitano ernannten, starb schon
1348, worauf die
Familie ihre politische Bedeutung verlor. Mitglieder derselben leben noch in
Florenz.
[* 4]
delTesta,Tommaso, ital. Lustspieldichter, geb. 1818 zu Terriciuola im
Gebiet von
Pisa, studierte die
Rechte zu
Pisa und ließ sich dann als
Advokat in
Florenz nieder. Im J. 1848 kämpfte
er gegen die
Österreicher bei Montanara, dann bei
San Silvestro, wo er in die
Hände der Kroaten fiel, und wurde eine Zeitlang
auf der
Festung
[* 5]
Theresienstadt gefangen gehalten. Einen schon vor
Ausbruch der
Revolution begonnenen
Roman: »Il figlio del bastardo«,
gab er nachher zu
Florenz heraus.
Fortan aber wendete er sich dem
Lustspiel zu. Die Lebhaftigkeit,
Frische und Natürlichkeit des
Dialogs bei toscanischer Reinheit
der
Sprache
[* 6] sowie die kecke
Laune und der glückliche
Humor seiner
Erfindungen verschafften den ersten
Versuchen sogleich einen
bedeutenden Erfolg. Am populärsten sind aus dieserEpoche geworden: »Il sistema di
Giorgio«, »Cogli uomini
non si scherza«, »Il padiglione delle mortelle«, »Il
regno di
Adelaide«,
[* 7] »Il sistema di Lucrezia«. Späterhin gab er seinen
Komödien eine größere Vertiefung und verfolgte ernstere
Zwecke, ohne von der ursprünglichen
Wirkung seiner frischen Begabung
etwas einzubüßen.
Auch gestattete die nationale
WiedergeburtItaliens
[* 8] seit 1859 seinem
Witz eine freiere
Bewegung in politischer
Richtung. »Le
[* 9] false letterate«, »La
moda e la famiglia«, »Le scimmie«, »La
carità pelosa«, »Le coscienze elastiche«, »Oro
ed orpello«, besonders aber »Il vero blasone« und
»Vita nuova« gehören dieser
Richtung an. Seine ungemein zahlreichen
Stücke
erschienen gesammelt unter demTitel: »Teatro comico«
(Flor. 1856-58, 4 Bde.). Außerdem schrieb Gherardi die
Romane: »La farina del diavolo« und »La
povera e la ricca« (1858), ein Sittengemälde, das hier und da an
Gil Blas erinnert, sowie eine Anzahl sehr gelungener politischer
Gedichte in der
WeiseGiustis. Gherardi starb auf seiner
Villa bei
Pistoja, wo er seit
Jahren seinen
Wohnsitz hatte.
Giovanni, ital. Sprachforscher, geb. 1778 zu
Mailand,
[* 10] war erst als praktischer
Arzt daselbst ansässig, beschäftigte
sich aber mehr mit litterarischen und philologischen
Studien, war 1806-14
Redakteur des »Giornale italiano«, später Mitherausgeber
der
Mailänder Sammlung italienischer
Klassiker und starb daselbst.
Sein Hauptwerk ist das umfassende
»Supplemento al vocabolari italiani«
(Mail. 1850-57, 6 Bde.),
das in neuer
Ausgabe unter dem
Titel: »Vocabolario della lingua
italiana, proposto a supplimento a tutti i vocabolari finora pubblicati« (das. 1878, 6 Bde.)
erschien. Von seinen zahlreichen übrigen
Arbeiten seien genannt: »Elementi di poesia ad uso delle
scuole«
(Mail. 1816, 3. Aufl. 1847) und »Appendice alle
grammatiche italiane« (das. 1843, 2. Aufl. 1862). Auch als
Dramatiker versuchte er sich, doch ohne Erfolg.
(Getto, ital.), Judenviertel, Judengasse, in italienischen und orientalischen
Städten der den
Juden zur
Wohnung
angewiesene Stadtteil, wo sie abends eingeschlossen wurden.
Pietro
Leone, ital.
Maler, Radierer und Zeichner, geb. 1674 zu
Rom, gest. 1755 daselbst,
Schüler seines
Vaters
Giuseppe, war auch auf dem Gebiet der Fresko- und
Emailmalerei thätig.
im
Mittelalter seit der Zeit der staufischen
Kaiser Parteiname der Anhänger des
Kaisers,
im
Gegensatz zu den
Guelfen (s. d.) oder
Welfen, den Verfechtern der päpstlichen
Interessen. Über den Ursprung dieser Benennungen
gibt es verschiedene Angaben. Nach italienischem
Bericht sollen dieselben von zwei deutschen
Brüdern in
Pistoja,
Guelf und Gibel,
von denen es jener mit der päpstlichen, dieser mit der kaiserlichen
Partei gehalten habe, herzuleiten
sein.
Dies ist gewiß unrichtig, aber ebensowenig verbürgt ist auch die Angabe späterer deutscher Chronisten, daß 1140 in der
Schlacht bei
Weinsberg zwischen König
Konrad III., dem
Staufen, und dem
HerzogWelf VI. im
Heer des erstern
»HieWaiblingen« (staufisches
Hofgut im Remsthal),
DerKampf zwischen beiden
Parteien, der ganz Oberitalien
[* 19] in zwei feindliche Heerlager spaltete, überdauerte
die Herrschaft der
Staufen, und dieselben Benennungen wurden nun auch für
Gegensätze üblich, die mit ihrer ursprünglichen
Bedeutung nichts zu thun hatten; häufig, z. B. in
Florenz, ward der
Adel als ghibellinisch und die
Volkspartei als guelfisch
bezeichnet. Erst lange nach dem
Untergang derStaufen kamen im 14. Jahrh. die
Namen mehr und mehr außer
Gebrauch.
Lorenzo, ital. Goldschmied, Erzgießer und Bildhauer, geb. 1378 zu
Florenz, Sohn des
Cione di
Ser Buonaccorso, lernte die
Goldschmiedekunst
[* 20] bei dem zweiten Mann seiner
Mutter,
Bartolo Ghibérti, und daneben
die
Malerei, da er 1400,
vor derPest fliehend, nach
Rimini ging, wo er für Pandolfo
Malatesta Freskogemälde
auszuführen begann. Im J. 1401 eilte er auf die Nachricht hin, daß eine
Aufforderung an die ersten italienischen Bildhauer
ergangen sei, sich durch eine Probearbeit um den Auftrag zu der nördlichen Bronzethür am
Baptisterium in
Florenz zu bewerben, nach seiner Vaterstadt zurück. Ghibérti trug den
Sieg über
¶
Bald nach Beendigung der ersten Bronzethür (1424) erhielt er den Auftrag zu einer zweiten, an welcher er und zuletzt sein
Sohn Vittorio bis 1452 arbeiteten (s. Tafel »Bildhauerkunst
[* 23] V«,
[* 24] Fig. 11). Dies herrliche Werk, von dem Michelangelo sagte, es
sei würdig, die Pforte des Paradieses zu schmücken, enthält in zehn FeldernSzenen aus dem Alten Testament
und in den Einrahmungen derselben zahlreiche Figuren und Köpfe, darunter die Ghibertis und seines Sohns, nebst einer trefflichen,
den Stil der italienischen Frührenaissance vorbereitenden Ornamentik.
Doch ging in seinem Streben, das Relief von der bloß andeutenden Darstellungsweise, die er noch in seiner ersten Thür einhielt,
zu befreien, über die Grenzen
[* 27] des plastischen Stils zu vollkommen malerischer Behandlung und Wirkung hinaus. Die Reliefs seiner
zweiten Thür sind daher mehr plastische Gemälde, welche auf die Folgezeit verführerisch eingewirkt
und zu manchen Ausschreitungen, namentlich in der Barockperiode, verleitet haben. Er war auch schriftstellerisch thätig;
Manuskripte von ihm befinden sich noch in der Biblioteca Magliabechiana zu Florenz; interessant darunter sind namentlich seine
Mitteilungen über FlorentinerKünstler und sich selbst. Hagens »Künstlergeschichten, oder die Chronik
seiner Vaterstadt vom FlorentinerLorenz Ghibérti« (Leipz. 1833, 2 Bde.)
sind nicht von Ghibérti selbst geschrieben, sondern ein Roman, worin die bei Vasari zerstreuten Notizen zu einem ansprechenden Ganzen
verbunden sind. - Sein Sohn, der erwähnte Vittorio, geb. 1418, wurde 1447 »Konsul der niedern Zünfte«, zeichnete 1454 das
Muster für einen Teppich der Rednerbühne vor
dem Palast der Signori, goß 1478 für den Dom einen bronzenen Reliquienkasten
und starb 1496.