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gen Grundriß, wenn dieselben nicht parallel sind. Wird ein Tonnengewölbe durch zwei lotrechte, über den beiden Diagonalen a d und b c [* 1] (Fig. 2) seines Grundrisses errichtete Ebenen geschnitten, so entstehen an den beiden Stirnseiten zwei sogen. Kappen K K und an den beiden Widerlagerseiten zwei sogen. Wangen oder Walme W W. Die erstern besitzen je ein Gewölbschild a b g und c d f, je eine Scheitellinie e g und e f und je zwei Widerlagspunkte a, b und c, d, die letztern je eine Widerlagslinie a c und bd und je einen Scheitelpunkt e. Die Durchschnittslinien a e d und bec jener senkrechten Ebenen mit der Leibung des Tonnengewölbes nennt man Gratbogen.
Werden die beiden Wangen jenes Tonnengewölbes durch zwei Kappen mit gleichem Gratbogen ersetzt [* 1] (Fig. 3), so entsteht das Kreuzgewölbe; werden die beiden Kappen jenes Tonnengewölbes durch zwei Wangen mit gleichem Gratbogen ersetzt [* 1] (Fig. 4), so entsteht das Klostergewölbe. Ein Kreuzgewölbe besitzt mithin vier Schildbogen agb, ahc, cfd, bid, zwei Scheitellinien gf und hi, vier Widerlagspunkte a, b, c, d und vier innen erhabene Grate a e, b e, c e, d e; ein Klostergewölbe einen Scheitelpunkt e, vier Widerlagslinien a b, b d, d c, c a und vier innen vertiefte Grate a e, b e, c e, d e. Schließt man die Enden eines Tonnengewölbes durch zwei halbe, ihm entsprechende Klostergewölbe ab, so entsteht das Muldengewölbe [* 1] (Fig. 5). Wird das Muldengewölbe unterhalb seiner Scheitellinie e e' durch eine wagerechte Ebene geschnitten, dessen Scheitellinie also durch eine wagerechte Fläche a' b' c' d' ersetzt, so entsteht das zur Plafondmalerei geeignetere Spiegelgewölbe [* 1] (Fig. 6). Das Kuppelgewölbe läßt sich als ein Klostergewölbe über polygonalem oder kreisförmigem Grundriß betrachten, indem es ebenfalls nur einen Scheitelpunkt und den ganzen Umfang seines Grundrisses zur Widerlagslinie hat. Wird ein Kuppelgewölbe mit kreisförmigem Horizontalschnitt über einem quadratischen Grundriß aufgeführt, so entsteht die Hängekuppel mit vier dreieckigen Zwickeln a h g, b g i, d l f, c f h [* 1] (Fig. 7) in den Ecken (Pendentifs, s. d.). Sehr flache Hängekuppeln nennt man böhmische Gewölbe. [* 2] Ihre Form gleicht der eines an vier Zipfeln in gleicher Höhe festgehaltenen, nach oben aufgeblähten Tuches. Wird die Kuppel im Scheitel e nicht vollkommen geschlossen, sondern über der verbliebenen Öffnung ein oben besonders abgeschlossener Lichtschacht aufgeführt, so erhält man die Kuppel mit Laterne. Das Sterngewölbe [* 1] (Fig. 8 u. 9) erscheint als ein Kreuzgewölbe, worüber die einzelnen im Grundriß dreieckigen Gewölbeflächen nach demselben Prinzip überwölbt werden. Wird nämlich über einem solchen dreieckigen Gewölbefeld a b e [* 1] (Fig. 8) ein Scheitelpunkt i angenommen und aus den drei Eckpunkten Grate zweiter Ordnung a i, b i, e i nach demselben hingeführt, so entsteht ein weiteres Kreuzgewölbe. Durch Einschaltung solcher sekundären Kreuzgewölbe auch in die übrigen Gewölbefelder h, f, g entsteht die mehr oder minder gleichmäßige Sternform, welche diesem Gewölbe den Namen gegeben hat. Durch reichere Kombinationen der Gewölberippen entstanden die Netzgewölbe [* 1] (Fig. 10). Denkt man sich die vier Grate eines Kreuzgewölbes um vier durch ihre Widerlagspunkte ab cd [* 1] (Fig. 12) gefällte Lotrechte gedreht, so entstehen vier kelchartige Gewölbeflächen, welche einen in vier Spitzen auslaufenden Zwischenraum offen lassen. Werden nach jenen vier Flächen Gewölbe ausgeführt und jener Zwischenraum durch ein scheitrechtes Gewölbe geschlossen, so entstehen die sogen. Fächer- oder Trichtergewölbe [* 1] (Fig. 11 u. 12).
Die Gewölbe werden meist entweder in Hausteinen, in Backsteinen, in Bruchsteinen oder in Hausteinen in Verbindung mit einem der beiden letztern Mate-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Tonnengewölbe.
Fig. 3. Kreuzgewölbe.
Fig. 4. Klostergewölbe.
Fig. 5. Muldengewölbe.
Fig. 6. Spiegelgewölbe.
Fig. 7. Hängekuppel.]
Fig. 9. Sterngewölbe.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 10. Netzgewölbe.] ¶
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rialien, seltener in Gußmörtel ausgeführt. Sehr leichte Gewölbe stellt man aus Tuffsteinen oder hohlen gebrannten, sogen. Topfsteinen her (Tuffgewölbe, Topfgewölbe). In den erstgenannten Fällen werden die Lagerfugen der Wölbsteine meist senkrecht auf die innere Wölbfläche angeordnet. Tonnengewölbe bedürfen vor ihrer Schließung interimistischer Unterstützungen, der Lehrgerüste [* 4] (s. d.), während Kuppelgewölbe, deren einzelne Mauerringe in sich geschlossen sind, ohne Gerüst ausgeführt werden können.
Kreuzgewölbe werden entweder aus einfachem oder gemischtem Material und im letztern Fall mit Graten aus Haustein und Gewölbeflächen aus Back- oder Bruchstein hergestellt. Leichte und billige Gewölbe dieser Art, besonders zur Überdeckung von Kirchen und Kapellen, wo dieselben nicht zugleich als Fußboden, sondern nur als Decke [* 5] dienen, lassen sich schon mit hohlen Backsteinen von 6 cm Stärke [* 6] anfertigen, wenn sie durch 12/12 cm starke Gurte und Gratbogen verstärkt werden. Eine ähnliche Anordnung erhalten die Sterngewölbe. Schiefe [* 7] Tonnengewölbe werden teils in Haustein, Backstein und Bruchstein, teils mit Anfängern u. Stirnbogen aus Haustein u. mit Gewölbefeldern aus Back- oder Bruchstein ausgeführt. Man unterscheidet schiefe Gewölbe mit veränderlichem und unveränderlichem Lagerfugenwinkel. Über deren Konstruktion etc. s. Brücke, [* 8] S. 496. - Die Gewölbekonstruktion war schon den Ägyptern und Assyrern bekannt, wie neuere Untersuchungen ihrer Denkmäler ergeben haben, und wurde von den Etruskern in die Praxis des Abendlandes eingeführt.
Hier waren es besonders die Römer, [* 9] welche dieselbe weiter ausbildeten und auf die Herstellung der Tonnen-, Kreuz- und Kuppelgewölbe verwandten. Die höchste Ausbildung erfuhren die Kreuzgewölbe in der gotischen, die Kuppelgewölbe in der altchristlichen Baukunst [* 10] und Renaissance (s. Baukunst), die Tonnengewölbe im Brückenbau (s. Brücke).
Vgl. Scheffler, Theorie der Gewölbe etc. (Braunschw. 1857);
Schwedler, Theorie der Stützlinie (»Zeitschrift für Bauwesen«, Berl. 1859);
Derselbe, Die Konstruktion der Kuppeldächer (das. 1866);
Culmann, Graphische Statik [* 11] (2. Aufl., Zürich [* 12] 1875);
Dupuit, Traité de l'équilibre des voûtes (Par. 1870);
Ringleb, Lehrbuch des Steinschnittes der Mauern, Bogen, [* 13] Gewölbe etc. (Berl. 1844);
Schubert, Theorie der Konstruktion steinerner Bogenbrücken (Leipz. 1847);
Breymann, Allgemeine Baukonstruktionslehre, Bd. 1 (5. Aufl., das. 1880);
Gottgetreu, Lehrbuch der Hochbaukonstruktion, Teil 1 (Berl. 1880);
Menzel-Heinzerling, Der Steinbau (Karlsr. 1885);
weitere Litteratur bei Brücken. [* 14]
^[Abb.: Fig. 11. Trichtergewölbe.]