verschwindend gering ist gegen die
Elektrizität,
[* 2] welche dem
Prozeß der Wolkenbildung ihre Entstehung verdankt. Jedenfalls
ist zuweilen die Elektrizitätsspannung so stark, daß die Spitzenwirkung, welche ein
Blitzableiter ausübt, zur Neutralisierung
der beiden entgegengesetzten
Elektrizitäten nicht ausreicht. Aber wenn dann auch eine Entladung durch einen
Blitz stattfindet,
so wird doch nur der
Blitzableiter, sobald derselbe gut angelegt ist, davon betroffen, und das Gebäude
selbst wird um so mehr vor Zerstörung geschützt sein, je größer die
Leitungsfähigkeit des
Blitzableiters ist.
Den bekannten
Thatsachen gemäß kommt die verteilende
Wirkung, welche eben geschildert wurde, nur dann merklich zum Vorschein,
wenn der betreffende Teil der Erdstrecke, der noch von der Gewitterwolke beeinflußt werden kann, auf
ausgedehnten Wasserstrecken ruht; dagegen kommen Blitzschläge in solchen Gegenden, wo das unterirdische
Wasser sehr tief
unter der Oberfläche liegt, entweder gar nicht oder wenigstens nur dann vor, wenn durch heftige Regengüsse eine leitende
Verbindung mit dem
Grundwasser
[* 3] schon hergestellt worden ist.
Der Weg also, den ein Blitzschlag gewöhnlich nimmt, ist in der
Regel schon durch die Terrainbeschaffenheit sowie durch die
Leitungsstrecke zwischen dem unterirdischen
Wasser und dem hervorragendsten Teil des oberirdischen
Objekts vorgeschrieben.
Von großer Wichtigkeit ist es, daß man sich stets davon überzeugen kann, ob sich der
Blitzableiter in
gutem Zustand befinde. Denn da das
Metall, zumal das
Eisen,
[* 4] der Zerstörung durch
Atmosphärilien ausgesetzt ist, so gibt der
Umstand, daß der
Blitzableiter einmal tadellos war, keine
Garantie, daß er nach einer gewissen Zeit noch in demselben guten
Zustand sich befinde. Im J. 1869 wurde sogar in Oberleitensdorf beobachtet, daß der
Blitz, welcher in
die auf einer Schlosserei errichtete Auffangestange des
Blitzableiters fuhr, 8
cm vom Erdboden von der starken Ableitungsstange
absprang, die 60
cm dicke
Mauer durchbohrte und durch den Arbeitssaal fuhr, ohne andre
Spuren zu hinterlassen, als einige
Arbeiter
umzuwerfen. Das Abspringen des
Blitzes von der vor kurzer Zeit mit großer Sorgfalt hergerichteten Leitung
kann nur durch die in der Werkstätte aufgehäuften Eisenmassen hervorgebracht sein. Ein
Mittel zu einer
Prüfung der
Blitzableiter
liefert uns der galvanische
Strom (s.
Blitzableiter).
In neuerer Zeit ist vielfach konstatiert worden, daß die Blitzschläge in Gebäude gegen früher zugenommen haben; diese
Zunahme der Blitzgefahr für Gebäude ist nach Holtz viel mehr tellurischen als meteorologischen Einflüssen
unterworfen und kann durch vermehrte Entwaldung, durch
Vermehrung derEisenbahnen und
Telegraphen,
[* 5] durch
Entfernung einzelner
hoher
Bäume aus der nächsten Umgebung der
Häuser und durch die Verwendung von eisernen
Balken und
Stützen beim
Bau derHäuser
erklärt werden.
Die Zunahme der Blitzgefahr ist nach Holtz für
Deutschland
[* 6] von 1854 bis 1880 gewachsen im
Verhältnis von 1:2,75. Auf 1 Mill.
Gebäude kommen durchschnittlich im Gothaischen 47 jährliche Blitzschläge, im
KönigreichSachsen
[* 7] 322, in
Westfalen
[* 8] 365, im
Osnabrückschen 443. Die außerordentlich zahlreichen Blitzschläge in
Schleswig-Holstein
[* 9] sind vonWeber untersucht, und
dabei hat sich herausgestellt, daß überragende
Bäume und Gebäude nur einen geringen
Schutz gewährten, und daß die Blitzgefahr
nur durch einen in gutem Zustand sich befindenden
Blitzableiter beseitigt werden konnte.
Auch die seit 1874 in den lippeschen Staatsforsten angestellten Gewitterbeobachtungen und die
Zahl der an
Bäumen der
Wälder
konstatierten Blitzschläge lassen eine Zunahme der Blitzgefahr in den letzten
Jahren erkennen. Diese
Beobachtungen haben außerdem auch gezeigt, daß die Blitzgefahr für die einzelnen
Bäume sehr verschieden ist. Setzt man
die der
Buche = 1, so ist die der
Eiche = 34, die der andern
Laubhölzer = 12 und die derNadelhölzer
[* 10] = 9.
ist die durch öftere Wiederholung derselben Thätigkeit entstandene
Disposition zu derselben,
welche zur andern
Natur geworden ist. Dieselbe ist als solche jederzeit natürlich, da sie auf einer natürlichen
Ursache,
der Verstärkung
[* 15] durch Wiederholung
(Mechanismus), beruht; dagegen kann dieselbe, je nachdem die Thätigkeit selbst, die durch
Wiederholung zur Gewohnheit wird, der
Natur (des
Menschen, des
Sittengesetzes, der
Sitte) angemessen oder zuwider ist,
eine naturgemäße oder naturwidrige (sittliche [gute] oder unsittliche [schlechte], gesittete [manierliche] oder ungesittete
[unmanierliche]) Gewohnheit sein.
Erstreckt sich die Gewohnheit auf eine Mehrheit von Individuen, so wird sie zum Brauch; dehnt sich dieselbe auf eine
Folge von
Generationen aus, so wird sie zum Herkommen; betrifft dieselbe die
Anerkennung und Einhaltung
gewisser Willensschranken
(Rechte und
Pflichten), die, einem
Volk zur andern
Natur geworden, weder der ausdrücklichen Kundmachung
(ungeschriebenes
Gesetz) noch der von außen kommenden Einschärfung (eingebornes
Gesetz) bedarf, so heißt sie
Gewohnheitsrecht
(s. d.), welches als solches dem Gesetzesrecht (dem geschriebenen) und dem
Juristenrecht (gelehrten
Recht) gegenübersteht.
im weitern
Sinn s. v. w. ungeschriebenes
Recht oder der Inbegriff derjenigen Rechtsnormen,
welche ohne das ausdrückliche
Gebot der gesetzgebenden
Gewalt bestehen; im engern, eigentlichen
Sinn aber die Gesamtheit solcher
Rechtsnormen, welche unmittelbar in dem
Bewußtsein eines ganzen
Volkes leben und darum als direkt aus dessen
Willen herfließend
anzusehen sind. Unter
Gewohnheit versteht man hier im allgemeinen die aus mehrmaligen und längere Zeit
hindurch geübten
Handlungen hervorgehende Gleichförmigkeit derselben.
Diejenigen solcher
Gewohnheiten nun, welche eine bindende Rechtsnorm zur
Folge haben, heißen
Rechtsgewohnheiten, die auf diesem
Wege gebildete Rechtsnorm selbst aber ist ein Gewohnheitsrecht. Das Gewohnheitsrecht ist darum rechtsverbindlich,
weil es auf der allgemeinen Rechtsüberzeugung beruht, deren Geltendmachung der
Richter sich ebensowenig
entziehen kann wie der Anwendung eines logischen
Gesetzes. Die wiederholte Übung ist nur ein Zeichen der
Existenz eines Gewohnheitsrechts.
Im gemeinen
Recht ist die
Eigenschaft der
Rechtsgewohnheiten als Rechtsquelle ausdrücklich anerkannt und ihnen die Wirksamkeit
und
Kraft
[* 16] der von der bestehenden gesetzgebenden
Gewalt ausgegangenen gesetzlichen Vorschriften (vis legis)
beigelegt. Man teilt die
Gewohnheit ein in
¶
mehr
einführende (consuetudo introductiva s. constitutiva), d. h. eine
solche, welche eine neue, noch nicht bestandene Rechtsnorm einführt, und in abändernde (consuetudo abrogatoria), d. h.
eine solche, welche das bestehende Recht abändert. Letztere kann ihre Wirkung aus zweierlei verschiedene Arten äußern, nämlich
entweder im Weg eines bloßen Aufhebens, Entwöhnung (desuetudo), oder im Weg der Einführung einer entgegengesetzten
Gewohnheit (consuetudo correctoria).
Jede Gewohnheit kann ihre bindende Kraft und Wirksamkeit nur auf denjenigen Kreis
[* 18] oder diejenige Klasse von Personen erstrecken,
für welche sie sich unter dem Dasein ihrer rechtlichen Erfordernisse gebildet hat. Sie kann daher je nach dem äußern Umfang
ihrer Entstehung in geographischer Hinsicht bald als gemeine, bald als partikuläre, bald nur als lokale
Gewohnheit erscheinen und ebenso bald für alle, bald nur für gewisse Klassen von Personen bestehen. Innerhalb des Kreises aber,
auf welchen sich ihre Wirksamkeit bezieht, hat sie die volle Gültigkeit eines ausdrücklichen Gesetzes und zwar nicht bloß
für solche Rechtsfälle, die von den geschriebenen Gesetzen nicht entschieden werden, sondern auch als
abändernde Gewohnheit in den beiden vorhin bezeichneten Arten.
Eine Ausnahme erleidet das letztere dann, wenn die abzuändernde Rechtsnorm auf einem absolut gebietenden oder verbietenden
Gesetz beruht, indem durch Gewohnheit eine einem solchen Gesetz entgegenstehende Rechtsnorm nicht gebildet werden kann.
Damit eine Gewohnheit rechtsverbindliche Kraft erhalte, ist erforderlich: daß sie nicht unvernünftig sei;
daß sie längere
Zeit hindurch beobachtet worden sei;
daß dies mit dem Bewußtsein der Notwendigkeit, also weder zufällig noch aus irgend
einem andern Grund, geschehen sei;
daß eine Mehrheit von Handlungen vorliege, und daß endlich die Gewohnheit
ununterbrochen beobachtet worden sei.
Einige Rechtslehrer fordern noch landesherrliche Genehmigung, andre den Ablauf
[* 19] der Verjährungszeit.
Es sind jedoch diese Erfordernde in den Gesetzen nicht begründet, und ebensowenig bedarf es zur gesetzlichen Kraft eines Gewohnheitsrechts
des Umstandes, daß vor den Gerichten bereits auf dieselbe erkannt worden sei. Heutzutage pflegen Gewohnheitsrechte am
häufigsten im Staats- und Völkerrecht zu entstehen. Jedoch haben die neuern Kodifikationen, wie das preußische allgemeine
Landrecht, der Code Napoléon und das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, gegenüber dem Gewohnheitsrecht eine abwehrende
Stellung eingenommen. Am weitesten geht das bürgerliche Gesetzbuch für das KönigreichSachsen, welches das Gewohnheitsrecht überhaupt nicht
als Rechtsquelle anerkennt, und selbst das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch läßt das Gewohnheitsrecht nur beschränkt
zu. Auf dem strafrechtlichen Gebiet kann Gewohnheitsrecht nur noch in der Gestalt des Gerichtsgebrauchs zur Geltung kommen.
Vgl. Puchta,
Das Gewohnheitsrecht (Erlang. 1828-37, 2 Tle.);