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Hauptunterstützung der englischen Gewerkvereine) nur von ganz wenigen Vereinen und in geringem Maß gewährt wird. Die Unterstützungen der Gewerk- und Ortsvereine beschränken sich wesentlich auf die Krankenunterstützung (26 Wochen lang, je nach dem Beruf 15-24 Mk. pro Woche) und die Begräbnisunterstützung. Daneben besteht (seit eine Verbandsinvalidenkasse, zu welcher alle Gewerk- und Ortsvereine außer dem Gewerkverein der deutschen Maschinenbau- und Metallarbeiter sich vereinigt haben.
Dieser Verein, überhaupt der bedeutendste der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine (1886 über 11,000 Mitglieder mit 250 Ortsvereinen, Vermögen ca. 200,000 Mk.), hat seine eigne Invalidenkasse. Dieselbe gewährt jetzt den Mitgliedern bei eintretender dauernder Erwerbsunfähigkeit nach fünfjähriger Karenzzeit eine einmal zu zahlende Unterstützungssumme in der Höhe, wie sich ein Mitglied versichert hat: 225 Mk., resp. 450 Mk., resp. 900 Mk. Beiträge pro Woche im Eintrittsalter bis zu 30 Jahren 5, resp. 10, resp. 20 Pf., im Eintrittsalter von 30-40 Jahren 8, resp. 15, resp. 30 Pf., im Eintrittsalter von 40-45 Jahren 10, resp. 20, resp. 40 Pf. Die Verbandsinvalidenkasse gewährt bei wöchentlichen Beiträgen von 14-47 Pf. (je nach dem Alter des Eintritts) eine Invalidenpension von 2,25 Mk. pro Woche.
Diese Gewerkvereine haben in den letzten Jahren einen starken Aufschwung genommen: im J. 1886 an ca. 600 Orten in 1029 Ortsvereinen über 51,000 Mitglieder gegen ca. 20,000 Mitglieder an 270 Orten in 521 Ortsvereinen im J. 1881. Hervorzuheben sind die verdienstlichen Bestrebungen, namentlich auch des Anwalts, zur Verhinderung von Streiks, zur Ausgleichung von Streitigkeiten zwischen Arbeitern und ihren Arbeitgebern, zur Erleichterung des Arbeitsnachweises, zur Herbeiführung einer Arbeitsstatistik, zur Gewährung von Reiseunterstützungen, zur Vertretung der Arbeiterrechte bei der Gesetzgebung und Verwaltung wie in der Öffentlichkeit überhaupt, zur Hebung [* 2] der Arbeiter in moralischer und intellektueller Hinsicht etc. Eine Sonderstellung nehmen die beiden Gewerkvereine der Buchdrucker (seit 1878 Unterstützungsverein deutscher Buchdrucker, im J. 1885 ca. 12,000 Mitglieder gegen 5000 Nichtverbandsbuchdrucker) und der Hutmacher ein; beide sind nach der Art der englischen Gewerkvereine zentralisiert und unterstützen außer Kranken, Invaliden etc. auch Arbeitslose.
Frankreich, Italien, Nordamerika.
In Frankreich war die bisherige restriktive Vereinsgesetzgebung der erfolgreichen Wirksamkeit von Gewerkvereinen, Arbeitersyndikaten (syndicats ouvriers, professionnels etc.) hinderlich. Erst durch Gesetz vom sind das Associationsverbot (Gesetz vom 14.-17. Juni 1791) und der Art. 416 des Code pénal aufgehoben und die Gründung von gewerblichen Associationen, auch von Gewerkvereinen, mit einigen Beschränkungen freigegeben (die Syndikate sind unter anderm nur verpflichtet, ihre Statuten einzureichen, die Namen der Mitglieder, der Vorsteher etc. anzugeben, haben aber dann das Recht der juristischen Person).
Eigentliche Gewerkvereine entstanden erst nach Aufhebung der Koalitionsverbote (1864), von der liberalen kaiserlichen Regierung geduldet, seit 1867; ihre Zahl war aber nur eine geringe, ihre Thätigkeit eine verhältnismäßig unbedeutende. Größer wurde die Zahl und erheblicher die Wirksamkeit seit 1872. Von den englischen und deutschen unterscheiden sie sich sehr wesentlich dadurch, daß sie das eigentliche Hilfskassenwesen bisher nicht zu ihrem unmittelbaren Wirkungskreis rechneten (die ausführliche Geschichte der französischen Gewerkvereine bei Lexis, s. Litteratur). - In Italien [* 3] sind Gewerkvereine seit dem Anfang der 70er Jahre entstanden, der bedeutendste ist der der italienischen Buchdrucker. Eine Enquete im J. 1881 konstatierte damals ca. 400 Gewerkvereine. - In den Vereinigten Staaten [* 4] von Nordamerika [* 5] hat die Gewerkvereinsbewegung durch die eigentümlichen, für die Arbeiter im allgemeinen günstigern Verhältnisse der dortigen Volkswirtschaft einen besondern Charakter.
Die dortigen Gewerkvereine (trades' unions, Gewerkschaften) konzentrierten und beschränkten ihre Bestrebungen wesentlich nur auf die Erzielung günstiger Arbeitsbedingungen, insbesondere Verkürzung der Arbeitszeit und Erhöhung des Arbeitslohns, waren deshalb zumeist nur Kampfvereine und häufig nur temporäre Vereine. Nur ganz wenige hatten und haben Unterstützungskassen, außer für Streiks. Bei den Gewerkvereinen, welche ausnahmsweise auch Kranken- und andre Unterstützungen gewähren, existieren dafür besondere Kassen neben der Gewerkvereinskasse, und der Zutritt zu jenen Kassen steht den Vereinsmitgliedern gegen Bezahlung besonderer Beiträge frei.
Die ersten Gewerkvereine entstanden in den 30er und 40er Jahren, es waren aber nur lokale Vereine, die meisten nicht von langer Dauer. Erst in den 50er Jahren bildeten sich auch nationale (auf mehrere Orte sich erstreckende) und internationale (auch über Kanada sich erstreckende) Gewerkvereine, viele gingen in der Krisis von 1873 bis 1879 zu Grunde. Seit 1880 ist ein neuer Aufschwung wahrzunehmen. Nach einer Statistik von 1885 (bei Sartorius, s. Litteratur) existierten im Januar 1885: 15 nationale und 26 internationale Gewerkvereine mit 434,550 Teilnehmern. Daneben bestehen aber noch zahlreiche lokale Gewerkvereine (mit ca. 75,000 Mitgliedern) und außerdem allgemeine teils lokale, teils über das Land einheitlich organisierte und zentralisierte Arbeiterverbände (der bedeutendste die »Ritter der Arbeit, knights of labor«, seit 1869, ca. 600,000 Mitglieder) mit ähnlichen Bestrebungen wie die Gewerkvereine. Die achtstündige Arbeitszeit ist jetzt auch dort das Hauptziel der Arbeiterbestrebungen.
Vgl. L. Brentano, Die Arbeitergilden der Gegenwart (Leipz. 1871-72, 2 Bde.);
Derselbe, Das Arbeitsverhältnis gemäß dem heutigen Recht (das. 1877);
Crompton, Industrial conciliation (Lond. 1876);
Schönberg, Die (in der Tübinger »Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft« 1871);
Holyoake, History of the cooperation in England (3. Aufl., Lond. 1885, 2 Bde.);
H. Polke, Die deutschen Gewerkvereine (Stuttg. 1879);
Max Hirsch, [* 6] Was bezwecken die G.? (8. Aufl., Berl. 1885);
Derselbe, Die Perle der deutschen Gewerkvereine (3. Aufl., das. 1880);
Derselbe, Die deutschen Gewerkvereine und ihr neuester Gegner (das. 1879);
Walcker, Die Arbeiterfrage mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Gewerkvereine (Eisenach [* 7] 1881);
»Zur Arbeiterversicherung. Geschichte und Wirken eines deutschen Gewerkvereins 1866-81« (Leipz. u. Stuttg. 1882);
W. Lexis, Gewerkvereine und Unternehmerverbände in Frankreich (Leipz. 1879);
Farnam, Die amerikanischen Gewerkvereine (das. 1878);
A. v. Studnitz, Amerikanische Arbeiterverhältnisse (das. 1877);
A. Sartorius v. Waltershausen, Die nordamerikanischen Gewerkschaften etc. (Berl. 1886).