Von dem ursprünglichen
Kern der Gewerbeschulen blieben nur an einigen dieser Anstalten sogen. technische
Fachklassen übrig, die sich mit zwei Jahresstufen an die durchlaufene Untersekunda der
Oberrealschulen
(Berechtigung zum einjährigen
Dienst) anschließen. Sie bilden nicht mehr Bautechniker vor, wofür die
Baugewerkschulen (s. d.)
eintraten, sondern je nach örtlichem
Bedürfnis Maschinentechniker, Chemiker, Hüttenleute. Doch hat sich nur an wenigen
Anstalten ein regerer Besuch dieser
Klassen eingestellt. Im außerpreußischen
Deutschland
[* 3] versteht man unter Gewerbeschulen meist
gewerbliche
Fortbildungsschulen (s. d.). Doch hat das
KönigreichSachsen
[* 4] eine höhere Gewerbeschule in
Chemnitz,
[* 5] die zum
EintrittReife für Obersekunda eines
Realgymnasiums oder einer
Oberrealschule (s.
oben) voraussetzt und parallel nebeneinander in drei
aufsteigenden
Klassen (1, 1 und 1½ Jahre) Maschinentechniker und Chemotechniker ausbildet. Sonst gibt es in
Sachsen wie
in
Württemberg,
[* 6]
Baden,
[* 7]
Hessen
[* 8] nur
Real- und höhere
Bürgerschulen einer-, Werkmeister- oder
Fachschulen anderseits. In
Bayern
[* 9] entsprechen den frühern preußischen Gewerbeschulen mit ihrer doppelten Aufgabe, höhere
Techniker für die
Hochschule und mittlere unmittelbar
fürs praktische
Leben vorzubilden, die vier
Industrieschulen zu
München,
[* 10]
Augsburg,
[* 11]
Kaiserslautern,
[* 12]
Nürnberg.
[* 13] - In
Österreich
[* 14] zerfallen die höhern Gewerbeschulen nach dem
Lehrplan vom in drei einjährige Klassenkurse der
Länge und
in drei Abteilungen (maschinentechnische, bautechnische, chemische) der
Breite
[* 15] nach.
Mit vier Gewerbeschulen sind seit 1878 Vorklassen verbunden, in welche die
Schüler nach durchlaufener
Volksschule eintreten.
Dann hat sie Zahl, örtliche Verteilung,
Größe und Art der Betriebe festzustellen, wobei die Zahl der beschäftigten
Personen
als
Maßstab
[* 19] zur Unterscheidung von Groß- und
Kleinbetrieb dienen kann.
Ferner hat sie sich Kenntnis zu verschaffen
von Zahl und Art der verwandten mechanischen
Kräfte
(Motoren,
Werkzeugmaschinen) sowie von Art und
Menge der verbrauchten
Roh- und
Hilfsstoffe, der gewonnenen Erzeugnisse etc. Bei praktischen
Aufnahmen
ist freilich Beschränkung geboten, wie denn auch die
Gewerbezählungen gewöhnlich nicht alle hierher gehörigen statistischen Verhältnisse und
Thatsachen in den Bereich ihrer
Untersuchungen ziehen.
Große Schwierigkeiten macht die Unterscheidung und Gruppierung der
Gewerbe, weil dieselben nicht allein außerordentlich zahlreich
und mannigfaltig, sondern auch sehr verschieden eingerichtet sind, bei gleichen oder ähnlichen Produktionsmitteln verschiedenen
Zwecken dienen (Verarbeitung von
Holz,
[* 20]
Metall,
Leder) oder gleiche
Zwecke mit
Hilfe verschiedener
Mittel erfüllen
(Stühle aus
Holz,
Stühle aus
Eisen).
[* 21] Örtliche
Gewohnheiten,
Entwickelung von
Verkehr und
Handel können die verschiedensten
Gliederungen und Vereinigungen gewerblicher Verrichtungen bewirken.
Infolgedessen wird auch die Unterscheidung zwischen Hauptgeschäft und Nebenbetrieb eine schwankende sein und jede Gewerbezählung
je nach der Zeit, zu welcher sie vorgenommen wird, verschiedene Ergebnisse liefern, wie z. B.
im
DeutschenReich die im
Dezember 1875 in
Verbindung mit der
Volkszählung ausgeführte Gewerbezählung und
die im Juli 1882 stattgefundene Berufszählung. Bei Vergleichung gewerblicher Verhältnisse verschiedener
Zeiten und
Orte ist
deshalb große Vorsicht nötig, insbesondere aber, wenn es sich um Vergleichung verschiedener
Länder mit ihren verschiedenen
Begriffen und Benennungen handelt.
Nach der amtlichenStatistik desDeutschenReichs, welche die
Gewerbebetriebe in 20
Gruppen eingeteilt hat
(näheres s.
Gewerbe), zählte man 1875 in 3,230,311 Betrieben 6,470,630
Personen, worunter 2,945,084 Geschäftsleiter und
3,525,546 Hilfspersonen. Auf einen Betrieb kamen 2 beschäftigte
Personen, auf 100
Personen 45,5 Geschäftsleiter und 54,5
Hilfspersonen.
Mehr als 5
Gehilfen beschäftigten 84,195 Betriebe mit 2,311,399
Personen im ganzen. An
Dampfmaschinen
[* 22] waren 35,031 verwendet mit 885,582
Pferdekräften. 1882 wurden gezählt:
eine Ertragssteuer, welche die aus selbständig betriebenen gewerblichen
Unternehmungen fließenden
Reinerträge trifft. Der hierbei von der Gestaltung des Steuersystems abhängig zu machende
¶
mehr
Begriff der der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbe (Abgrenzung gegen liberale Berufe, Landwirtschaft und deren Nebenbetriebe, gesellschaftlicher
Betrieb) ist durch Gesetz festzustellen. An und für sich ist die Gewerbesteuer als Glied
[* 24] eines Ertragssteuersystems vollständig berechtigt.
Eine andre Frage ist die, ob sie nicht in eine partielle Einkommensteuer umgebildet werden, also nur die
Bezüge treffen soll, welche dem Gewerbtreibenden wirklich als Einkommen verbleiben. Die Durchführung der Gewerbesteuer ist mit großen
Schwierigkeiten verbunden.
Zunächst ist es nicht leicht, eine richtige Grenze zwischen steuerpflichtigen und von Steuern zu befreienden Unternehmungen
überhaupt sowie zwischen den den verschiedenen Steuerarten einzureihenden zu finden. Dann ist der nach örtlichen,
persönlichen und Zeitumständen oft stark und rasch wechselnde Ertrag sehr schwer zu bestimmen. Infolgedessen haben sich
in der Praxis sehr verschiedene Methoden der Veranlagung, Bemessung und Erhebung der Gewerbesteuer ausgebildet.
Der wirkliche Reinertrag läßt sich leicht bei solchen Unternehmungen direkt ermitteln und besteuern, welche unter öffentlicher
Kontrolle stehen und zur Rechnungsablegung verpflichtet sind (besonders bei Aktiengesellschaften, demgemäß
besondere Gesellschaftssteuern in Ungarn
[* 25] und Italien).
[* 26] In andern Fällen macht seine Ermittelung einen strengen Deklarationszwang
mit eingreifendem und für den Betrieb lästigem Kontrollrecht der Verwaltung erforderlich.
Aus diesem Grund begnügt man sich damit, äußere Merkmale aufzusuchen, aus denen auf die Höhe des Ertrags
geschlossen werden kann. Diese Merkmale, welche teils von den Steuerpflichtigen unter amtlicher Kontrolle angegeben, teils
von der Behörde (Kommissionen) ermittelt werden können, lassen meist im besten Fall nur einen Schluß auf den Rohertrag zu,
führen also zu Ungleichmäßigkeiten in der Besteuerung, welche noch dadurch erhöht werden, daß selbst diese Rohertragsschätzung
keine genaue ist.
Mit Rücksicht hierauf wird man die Höhe der Steuersätze immer mäßig greifen müssen. Die einfachste Methode ist die jenige
der Patentierung, welche die Erhebung an die Erteilung der Befugnis zum Gewerbebetrieb (Erteilung eines Gewerbepatents) anschließt
und die Steuer nach durch feststehende äußere Merkmale, wie Einwohnerzahl, Art des Gewerbszweigs, bestimmten
Klassen abstuft, in welche die Gewerbe eingereiht werden. Dieses einfache und für den Gewerbebetrieb schonende Verfahren, welches
nach Abschaffung der Zünfte in Frankreich 1791, in Preußen 1810 eingeführt wurde, war wohl früher bei größerer Gleichmäßigkeit
und Stetigkeit der gewerblichen Verhältnisse am Platz, wurde aber in der modernen Gesetzgebung als ungenügend
durch andre verdrängt oder doch unter Beachtung auch andrer schon mehr den wirklichen Ertrag andeutender Merkmale weiter
ausgebildet. Zu unterscheiden sind Gewerbe ausschließlich oder vorwiegend lokaler Art, welche nur für den Ortsbedarf produzieren,
und solche, welche einen weiter gehenden Absatz haben.
Bei den Lokalgewerben werden die Steuersätze nach durch die Einwohnerzahl bestimmten Ortsklassen abgestuft,
bei den Gewerbegattungsklassen nach der Bedeutung der Gewerbe, dem nötigen oder üblichen Bildungsstand der Unternehmer etc.
Innerhalb dieser Klassen werden weitere Unterschiede gemacht nach Größe und Art der gewerblichen Anlagen, Größe und Mietwert
der Räume, Größe, Zahl und Art der Werkvorrichtungen (Maschinen), Zahl und Art der Arbeiter, Menge der
verbrauchten Stoffe etc. oder auch nach dem offenkundigen Wohlstand oder bekannter Armut
der einen oder andern Klasse der Gewerbtreibenden.
Diese Merkmale geben Veranlassung zur Aufstellung von festen Steuersätzen (fixe Gebühr, droit fixe), welche mehr nach feststehenden
Merkmalen, und von veränderlichen, proportionalen Zuschlägen (droit proportionnel), welche nach von
Unternehmung zu Unternehmung oder von Zeit zu Zeit wechselnden Merkmalen abgestuft werden.
Eine nähere Anschmiegung der Steuer an die wirkliche Steuerfähigkeit läßt sich schon durch die in Preußen übliche Bildung
von Steuergesellschaften ermöglichen, welche zusammengehörige Gewerbtreibende eines Ortes oder Distrikts umfassen und die
ihnen auferlegten Gewerbesteuerhauptsummen (Mittelsatz der Steuer, vervielfacht mit der Zahl der Gewerbtreibenden)
mit Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse unter Kontrolle der Verwaltung und mit Appellationsrecht unter sich repartieren.
England hat ein doppeltes System der Gewerbebesteuerung. Bestimmte Gewerbe entrichten feste, allenthalben gleiche Sätze als
Lizenzen. Im übrigen ist die ein Teil der Einkommensteuer. Die Bemessung erfolgt auf Grund der Selbstschätzung
des Besteuerten vermittelst Ausfüllung der Schedula D der Income tax, indem vom Rohertrag gewisse durch Gesetz bestimmte Abzüge
gemacht werden. In Frankreich war die 1791 eingeführte Gewerbesteuer (contribution des patentes) ursprünglich eine reine Patentsteuer
mit fixem Satz. Im Lauf der Zeit hat man versucht, mehr die Steuerfähigkeit nach äußerlichen Merkmalen
zu erfassen, ohne dabei inquisitorisch zu verfahren.
Heute unterscheidet man die feste und die proportionale Abgabe. Die feste Abgabe (droit fixe) hat jeder zu entrichten, welcher
in Frankreich ein Gewerbe treibt. Für Bemessung derselben werden die Gewerbtreibenden in drei große Klassen eingeteilt. In der
ersten Klasse richtet sich der Steuersatz nach der Einwohnerzahl (neun Ortsklassen) und nach Größe und
Art des Gewerbes (acht Klassen, vom Grossisten bis zum Hausierer) und steigt von 1,60 bis 320 Mk. In der
zweiten Klasse bilden ebenfalls Einwohnerzahl und Art des Gewerbes den Maßstab für die Besteuerung (1,20-1600 Mk.). Doch wird
in derselben noch eine veränderliche Steuer (taxe variable) erhoben und ein tarifarisch bestimmter Satz von jedem über die
Zahl 5 hinaus im Geschäft angestellten Kommis etc. In die dritte Klasse gehören Gewerbe, bei denen die Volkszahl des Standortes
für die Rentabilität nicht entscheidend ist.
Die Steuer wird nach Arbeiterzahl, Umfang etc. bemessen. Die proportionale Steuer wird neben der fixen erhoben
und zwar zu 1 2/3-10 Proz. des Mietwertes der benutzten Räume. Bayern erhebt einen festen, nach der Normalanlage des Gewerbes
bemessenen Satz, dazu veränderliche Sätze, welche nach dem für bestimmte Zeitabschnitte ermittelten Betriebsumfang bemessen
werden. Baden erhebt Zuschläge zum Steuerkapital des persönlichen Verdienstes nach Art und Zahl der Arbeitsgehilfen
und nach der Werthöhe des Betriebskapitals.
Auch Württemberg unterscheidet den persönlichen Arbeitsverdienst des Gewerbtreibenden, welcher je nach der Betriebsweise
und dem Umfang des Gewerbes (Gehilfenzahl, Betriebskapital) nach Klassentafeln eingeschätzt wird, und den nach Prozenten zu
schätzenden Ertrag aus dem in das Gewerbe gesteckten, nach seinem mittlern Stand und Wert zu berechnenden
Betriebskapital. Preußen bildet elf Steuergruppen, indem die Großgeschäfte nach der Industrialität der einzelnen Regierungsbezirke,
die Mittel- und Kleingeschäfte nach vier Ortschaftsklassen abgestuft werden.
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