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zu fördern und zu wahren; die letztern betreffen im wesentlichen Gegenstände, welche mit der allgemeinen Gewerbeordnung noch nicht gleichzeitig erledigt werden konnten oder schon im Weg der Spezialgesetzgebung erledigt waren. Die abändernden Gesetze sind: das Gesetz vom betreffend die Abänderung einiger Strafbestimmungen der Gewerbeordnung;
das Gesetz vom betreffend gewerbliche Anlagen;
die Gesetze vom 7. und betreffend gewerbliche Hilfskassen (Titel 7 der Gewerbeordnung);
das Gesetz vom betreffend den Gewerbebetrieb der Maschinisten auf Seedampfschiffen;
die sogen. Gewerbeordnungsnovelle vom welche Titel 7 der Gewerbeordnung ersetzte, mit den auf Grund der im § 139 a ergangenen Verordnungen des Bundesrats (zwei vom vom vom
das Gesetz vom betreffend die Unternehmer von privaten Heilanstalten, die Gast- und Schankwirtschaft und den Branntweinkleinhandel und das Pfandleihgewerbe;
das Gesetz vom betreffend die Schauspielunternehmen;
das Gesetz vom betreffend Krankenversicherung der Arbeiter;
das Gesetz vom betreffend insbesondere den Gewerbebetrieb im Umherziehen;
das Gesetz vom betreffend die Anfertigung von Zündhölzern;
das Gesetz vom betreffend die Abänderung des Gesetzes über eingeschriebene Hilfskassen vom
das Gesetz vom gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen;
das Unfallversicherungsgesetz vom
das Gesetz vom betreffend den Feingehalt der Gold- und Silberwaren;
das Gesetz vom betreffend die Ergänzung des § 100 e (Halten von Lehrlingen);
das Gesetz vom betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter;
das Gesetz vom betreffend die Ausdehnung [* 2] der Unfall- und Krankenversicherung, sowie das Gesetz, betreffend die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen, vom Zu den die Gewerbeordnung ergänzenden Gesetzen sind zu rechnen: das Patentschutzgesetz vom
das Gesetz vom betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste;
das Photographienschutzgesetz vom
das Gesetz vom betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen;
das Fischereigewerbegesetz vom
das Gesetz vom betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften;
Die allgemeinen Bestimmungen der Gewerbeordnung (Titel 1) stellen an die Spitze den Satz, daß der Betrieb eines Gewerbes jedermann gestattet ist, soweit nicht durch Reichsgesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Jeder Unterschied zwischen Stadt und Land in Bezug auf den Gewerbebetrieb und dessen Ausdehnung ist aufgehoben. Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe sowie desselben Gewerbes in mehreren Betriebs- oder Verkaufsstätten ist gestattet.
Eine Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf selbstgefertigter Waren findet nicht statt. Den Zünften, Innungen, kaufmännischen Korporationen steht ein Recht, andre von dem Betrieb eines Gewerbes auszuschließen, nicht zu. Alle ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, Zwangs- oder Bannrechte, Realgewerbeberechtigungen sind aufgehoben und können nicht mehr begründet werden. Das Geschlecht, das Glaubensbekenntnis und die Staatsangehörigkeit begründen keinen Unterschied in der Gewerbeberechtigung.
Der Gewerbebetrieb ist in keiner Gemeinde und in keinem Gewerbe von dem Besitz des Bürgerrechts abhängig, jedoch kann, wo dies in der betreffenden Gemeindeverfassung begründet ist, die Verpflichtung zum Erwerb desselben binnen drei Jahren ausgesprochen werden. Der Gewerbebetrieb bleibt jedoch allen in den Gesetzen begründeten oder auch örtlich geltenden Polizeivorschriften sowie den durch Zoll-, Steuer- und Postgesetze im fiskalischen Interesse ausgesprochenen Beschränkungen unterworfen.
Die deutsche Gewerbegesetzgebung unterscheidet zwischen stehendem Gewerbebetrieb und Gewerbebetrieb im Umherziehen. Bei stehendem Gewerbebetrieb ist 1) das Recht auf den selbständigen Betrieb im allgemeinen nur an die Verpflichtung der Anzeige des zu beginnenden Gewerbes bei der nach den Landesgesetzen zuständigen lokalen Behörde geknüpft. Eine solche Gewerbeanmeldung hat auch durch diejenigen zu erfolgen, welche zum Gewerbebetrieb im Umherziehen befugt sind. Die Behörde bescheinigt den Empfang der Anzeige durch Erteilung des Gewerbeanmeldescheins. (Feuerversicherungsagenten müssen außerdem der Behörde ihres Wohnortes Anzeige machen, und Buch- und Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern müssen ihr Gewerbelokal angeben.) Ausnahmen bestehen für folgende Gewerbe: für Ärzte und Apotheker ist erforderlich Prüfung und Approbation, für Hebammen, Seeschiffer, Seesteuerleute, Maschinisten der Seedampfschiffe, Lotsen Prüfung, für den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes kann durch die Landesgesetzgebung Prüfung vorgeschrieben werden;
konzessionspflichtig sind die Herstellung und der Vertrieb von Sprengstoffen, Unternehmer von Privatkranken-, Privatentbindungs- und Privatirrenanstalten, Apotheken, Schauspielunternehmer, der Betrieb von Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus, [* 3] die gewerbsmäßige Veranstaltung von Singspielen, Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen, Schaustellungen von Personen oder von theatralischen Vorstellungen, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, das Pfandleihgewerbe und das gewerbsmäßige öffentliche Verbreiten von Druckschriften oder andern Schriften oder Bildwerken;
außerdem können Landesgesetze den Handel mit Giften, das Lotsengewerbe und das Gewerbe der Markscheider konzessionspflichtig machen;
in einer Reihe von Gewerben (darunter Erteilung von Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht, Betrieb von Badeanstalten, Trödelhandel, gewerbsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten, Gesindevermieter, Stellenvermittler, Auktionatoren etc.) ist der Betrieb zu untersagen, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbtreibenden in Bezug auf seinen Gewerbebetrieb darthun.
Handlungsreisende bedürfen einer Legitimationskarte. Das Gewerbe der Feldmesser, der Auktionatoren, derjenigen, welche den Feingehalt edler Metalle oder die Beschaffenheit, Menge oder richtige Verpackung von Waren irgend einer Art feststellen, darf zwar frei betrieben werden; jedoch sind die verfassungsmäßig dazu befugten ¶
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Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen berechtigt, Personen, welche diese Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der bestehenden Vorschriften zu beeidigen und öffentlich anzustellen. Der Regelung durch die Ortspolizeibehörde unterliegt die Unterhaltung des öffentlichen Verkehrs innerhalb der Orte durch Wagen aller Art, Gondeln, Sänften, Pferde [* 5] und andre Transportmittel sowie das Gewerbe derjenigen Personen, welche auf öffentlichen Straßen oder Plätzen ihre Dienste [* 6] anbieten. Das Münzgewerbe ist Staatsregal.
2) Die Art der Anlage gewerblicher Unternehmungen ist in der Regel dem freien Ermessen der Gewerbtreibenden überlassen. Eine Ausnahme besteht für einzelne Gewerbeanlagen aus Gründen des öffentlichen Interesses: gewisse gesetzlich (§ 16 der Gewerbeordnung) bestimmte Anlagen, welche durch die örtliche Lage oder durch die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, sowie die Anlage von Dampfkesseln bedürfen der Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde; die Errichtung und die Verlegung solcher nicht schon genehmigungsbedürftiger Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusch verbunden ist, muß der Ortspolizeibehörde angezeigt und kann untersagt, resp. normiert werden; die Unternehmer sind ferner verpflichtet, alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebs und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherung gegen Gefahr für Leben und Gesundheit notwendig sind; der Bundesrat, eventuell die nach den Landesgesetzen zuständigen Behörden können die erforderlichen Bestimmungen treffen; allgemein endlich kann wegen überwiegender Nachteile für das Gemeinwohl die fernere Benutzung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde gegen Ersatz des erweislichen Schadens untersagt werden.
3) Auch der Betrieb der Unternehmungen unterliegt in der Regel keinen Beschränkungen. Ausnahmen bestehen nur: a) im Interesse von Leben, Gesundheit, Moral, Einkommen, Ausbildung schutzbedürftiger Lohnarbeiter (s. Fabrikgesetzgebung, S. 1002); b) im Interesse der Ausbildung von Lehrlingen; c) zur Durchführung des Patent-, Muster-, Marken- und Firmenschutzes (s. die betreffenden Artikel), des Schutzes von Photographien gegen unbefugte Nachbildung und des Urheberrechts an Werken der bildenden Künste; d) im Interesse der Konsumenten zur Verhinderung des Verkaufs gesundheitsschädlicher, nachgemachter oder verfälschter Nahrungs- und Genußmittel und gesundheitsschädlicher Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirre; e) bei der Anfertigung und dem Verkauf der Gold- und Silberwaren insofern, als der auf ihnen angegebene Feingehalt (s. d.) nach den Vorschriften des Gesetzes vom erfolgen muß; f) für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und eingetragene Genossenschaften durch die für diese Unternehmungsformen erlassenen Normativbestimmungen; g) im fiskalischen Interesse für gewisse Unternehmungen (z. B. Branntweinbrennereien, Bierbrauereien, Rübenzuckerfabriken etc.) durch Zoll- und Steuergesetze, h) für Apotheker (s. Apotheke); eventuell i) für Bäcker und Verkäufer von Backwaren (dieselben können durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, die Preise und das Gewicht ihrer verschiedenen Backwaren für gewisse von derselben zu bestimmende Zeiträume durch einen von außen sichtbaren Anschlag am Verkaufslokal zur Kenntnis des Publikums zu bringen, und wo dies geschieht, kann die Polizeibehörde die Bäcker und Verkäufer zugleich anhalten, im Verkaufslokal eine Wage [* 7] mit den erforderlichen geeichten Gewichten aufzustellen und die Benutzung derselben zum Nachwiegen der verkauften Backwaren zu gestatten); k) für Schornsteinfeger (die Landesgesetze können die Einrichtung von Kehrbezirken gestatten, und in diesem Fall können von der Ortspolizeibehörde im Einverständnis mit der Gemeindebehörde oder, wenn der zugewiesene Bezirk mehr als eine Ortschaft umfaßt, von der untern Verwaltungsbehörde Taxen aufgestellt werden); l) die Ortspolizeibehörden können die Gastwirte anhalten, das Verzeichnis der von ihnen gestellten Preise einzureichen und in den Gastzimmern anzuschlagen, ferner (in Übereinstimmung mit der Gemeindebehörde) für Lohnbediente und andre Personen, welche auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder in Wirtshäusern ihre Dienste anbieten, sowie für die Benutzung von Wagen, Pferden, Sänften, Gondeln und andern Transportmitteln, welche öffentlich zum Gebrauch aufgestellt sind, Taxen festsetzen; die Zentralbehörden können ebenso Taxen für Ärzte festsetzen.
Der Gewerbebetrieb im Umherziehen unterliegt manchen Beschränkungen. Erforderlich ist für den Betrieb ein Wandergewerbeschein, der gewissen Personen (§ 57 der Gewerbeordnung) unbedingt, andern (§ 57 a) in der Regel zu versagen ist und außerdem unter bestimmten Voraussetzungen (§ 57 b) versagt werden kann. Eine Reihe von Waren, resp. Leistungen (§ 56 u. 56 a) sind von diesem Gewerbebetrieb ausgeschlossen. Minderjährigen Personen kann in dem Wandergewerbeschein die Beschränkung auferlegt werden, daß sie das Gewerbe nicht nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Geschlechts die weitere, daß sie dasselbe nur auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, nicht aber von Haus zu Haus betreiben dürfen etc. -
Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbständigen Gewerbtreibenden und ihren Gesellen, Gehilfen und Lehrlingen (Arbeitsvertrag) ist Gegenstand freier Übereinkunft. Das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den Gesellen und Gehilfen kann, wenn nicht ein andres verabredet ist, mit 14tägiger Kündigungsfrist durch jeden der beiden Teile aufgelöst werden. Vor Ablauf [* 8] dieser Frist darf die Lösung nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen (§ 111 u. 112) erfolgen.
Jede andre einseitige Auflösung ist Kontraktbruch (s. d., vgl. auch Arbeitsbücher und Gewerbegerichte). Über das Lehrlingswesen vgl. Lehrling, über die besondern Verhältnisse der jugendlichen Arbeiter und Frauen vgl. Fabrikgesetzgebung, S. 1001 f. Über die Bestimmungen bez. der Innungen, der gewerblichen Hilfskassen und des Trucksystems s. die betreffenden Artikel.
Vgl. Gewerbegesetzgebung Schönberg im »Handbuch der politischen Ökonomie« (dort auch weitere Litteratur);
Mascher, Das deutsche Gewerbewesen etc. (Potsd. 1866);
Jacobi, Die Gewerbegesetzgebung im Deutschen Reich (Berl. 1874);
Seydel, Das Gewerbepolizeirecht nach der Reichsgewerbeordnung (in Hirths »Annalen des Deutschen Reichs« 1878);
Gewerbegesetzgebung Meyer, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts, Teil I (Leipz. 1883);
Bödiker, Das Gewerberecht des Deutschen Reichs (Berl. 1883);
Höinghaus, Gewerbeordnung für das Deutsche Reich [* 9] in der Fassung des Gesetzes vom (8. Aufl., das. 1884);
Engelmann, Die deutsche Gewerbeordnung ¶