gewöhnlich mäßige
Reinertrag ist wesentlich Arbeitsertrag. In der Gesamtheit der
Unternehmungen überwiegt beim
Personal
die Zahl der selbständigen Gewerbtreibenden; das
Gros der
»Handwerker« gehört hierher. In großen
Unternehmungen erfordert
dagegen die eigentliche Unternehmerarbeit die Zeit und
Kraft
[* 2] eines
Menschen, nicht selten sogar mehrerer
Personen. Die manuelle
technische
Produktion geschieht durch Hilfspersonen. Diese sind stets in einer
Mehrzahl und in der
Regel
in so großer Zahl vorhanden, daß schon
Direktion und
Kontrolle der Thätigkeit derselben eine oder mehrere
Personen
(Direktoren,
Aufseher, Werkmeister,
Polierer etc.) beschäftigen. In allen
Fällen ist ein größeres
Kapital erforderlich, die
Produktion
beruht stets auf
Arbeitsteilung, der normale
Reinertrag erreicht oft eine beträchtliche
Höhe.
In der Gesamtheit der
Unternehmungen, die teils Einzelunternehmungen, teils gesellschaftliche
Unternehmungen sind, überwiegt
beim
Personal stark die Zahl der Hilfspersonen. Diese sind zum größten Teil »Lohnarbeiter«,
von den oft gut bezahlten
Dirigenten durch eine soziale
Kluft geschieden; nur ein kleiner Teil derselben gelangt zu
der
Stellung eines Aufsehers, Vorarbeiters, Werkmeisters oder Unternehmers. In der Mitte zwischen beiden stehen die mittlern
Unternehmungen. In ihnen nehmen die Unternehmer (größere
Handwerker, kleine Fabrikanten) in der
Regel auch noch, aber nur
in geringerm
Grad als der kleine, an der ausführenden
Arbeit teil. Hilfspersonen sind stets in ihnen thätig,
Kapital ist für
Anlage und Betrieb mehr als bei der kleinen
Unternehmung erforderlich. Die
Unternehmungen sind in der
Regel Einzelunternehmungen,
seltener offene
Gesellschaften und kleine
Produktivgenossenschaften.
Eine
Reihe von Gewerbsprodukten können technisch nur in großen
Unternehmungen hergestellt werden, weil Herstellung und
Absatz
derselben die Kooperation zahlreicher Arbeitskräfte in geteilterArbeit und die Anwendung von großem
Kapital, namentlich von
Maschinen, unbedingt fordern (z. B.
Lokomotiven,
eiserne Brücken, eiserne
Dampfschiffe, schwere Gußstahlkanonen,
schwere
Panzerplatten, Dampfhämmer, größere
Dampfmaschinen,
[* 3] zahlreiche andre
Maschinen etc.). Die meisten gewerblichen Erzeugnisse
sind jedoch
an sich technisch sowohl in großen als in kleinen
Unternehmungen herstellbar.
Allerdings hat der
Großbetrieb vor
Mittel- und
Kleinbetrieb unter gewissen Voraussetzungen wichtige Vorzüge,
indem er nicht allein bessere
Kräfte und
Mittel
(Werkzeuge,
[* 4] Geräte, insbesondere kostspielige
Maschinen) verwenden, dieselben
vollständiger auswerten
(Arbeits- und Kapitalteilung,
Heizung,
[* 5]
Beleuchtung),
[* 6] billiger beschaffen
(Rohstoffe, Leihkapitalien
etc.) und mit geringern
Kosten ausnutzen kann, sondern auch oft bessere Erzeugnisse (Form,
Stoff etc.) herzustellen
und seine
Produkte bei pünktlicher Lieferung auf
Bestellung,
Haltung von Vorräten zur Auswahl, geringern Transportkosten,
ausgiebiger Beherrschung des
Marktes
(Annoncen, eignes
Studium des
Marktes) vorteilhafter abzusetzen vermag.
Sind auch infolgedessen schon viele kleinere
Unternehmungen im
Kampf gegen den
Großbetrieb zu
Grunde gegangen, so machen sich
jene Vorzüge doch nicht überall und in gleichem
Maß geltend, sei es, daß die
Technik, oder daß die
eigentümliche Gestaltung der Absatzverhältnisse einen Betrieb im großen nicht gestatten. Es bleibt darum für jetzt noch,
wahrscheinlich auch für die Zukunft, demKlein- und Mittelbetrieb ein großes, vielleicht das größere
Arbeits- und Absatzgebiet
gesichert.
Diese
beidenBetriebsarten sind konkurrenzfähig: zunächst für das große, viele Arbeitskräfte erfordernde
Gebiet der Reparatur und Unterhaltung schon vorhandener Gewerbsprodukte, dann für die Herstellung neuer Gewerbsprodukte,
1) wenn das
Produkt am
Ort seines
Absatzes hergestellt werden muß, der
Großbetrieb aber wegen der Kleinheit des Marktgebiets
nicht genügenden
Absatz hat
(Metzger,
Bäcker,
Schmiede, Sattler,
Baugewerbe etc., auch
Schuhmacher,
Schneider
in kleinern
Städten und auf dem Land);
2) wenn weder Arbeitsvereinigung und
-Teilung noch größere
Kapital- (namentlich
Maschinen-) Benutzung anwendbar und ebensowenig
hohe Unternehmungsintelligenz verwertbar ist;
4) wenn das
Produkt wesentlich Handprodukt ist und seine Herstellung eine höhere technische Arbeitsqualität
des Unternehmers erheischt, wie bei zahlreichen kunstgewerblichen
Produkten.
Streitigkeiten zwischen Gewerbtreibenden (resp. Geschäftsleitern)
und ihren Arbeitern können sich entweder auf bestehende
Rechts- und Vertragsverhältnisse und die daraus
erwachsenen
Forderungen und Verbindlichkeiten oder auf Änderungen des bisherigen Arbeitsvertrags und seiner
Bedingungen beziehen.
Schiedsrichterliche
Organe zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten der letztern Art sind die
Einigungsämter (s. d.).
Wenn zur
Entscheidung von Streitigkeiten der erstern Art besondere
Gerichte bestehen, als Sondergerichte
im
Gegensatz zu den allgemeinen ordentlichen
Gerichten (mit gelehrten
Richtern), aber doch als ordentliche
Gerichte, denen im
Gegensatz zu den freiwilligen
Schiedsgerichten die
Entscheidung dieser Streitigkeiten vom
Staat und ausschließlich
übertragen
ist, so bezeichnet man solche
Gerichte als Gewerbegerichte. Für jene Streitsachen genügen die gewöhnlichen ordentlichen
Gerichte mit gelehrten
Berufsrichtern nicht. Es bedarf hier der
Entscheidung durch sachkundige, das Vertrauen der streitenden Teile genießende
Richter
sowie einer schleunigen Erledigung ohne erhebliche
Kosten. Zu dem Ende muß das Gewerbegericht aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern
und zwar je aus einer gleichen Zahl unter dem Vorsitz einer
Person, die weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer
ist, bestehen. Über die zweckmäßigste Art der Bestimmung der
Beisitzer (ob durch
Wahl der Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder
der Gemeindebehörde oder durch Auswahl der
Staatsgewalt etc.) gehen die
Ansichten auseinander. Am
¶
mehr
besten dürfte dies ortsstatutarischer Bestimmung überlassen werden, um den an sich so verschiedenen örtlichen Verhältnissen
gebührend Rechnung zu tragen. Diese Gerichte existieren noch nirgends in erwünschter Weise. Am meisten entsprechen die französischen
Conseils des prud'hommes, welche zuerst für Lyon
[* 9] (Gesetz vom eingerichtet, bald darauf (Dekret vom Gesetz vom zu einer allgemeinern, seitdem aber durch eine größere Zahl von Gesetzen mannigfach veränderten Einrichtung
wurden (s. darüber Block, Art. Prud'hommes im »Dictionnaire de l'administration française«).
Die heutige Organisation derselben ist folgende: Sie werden auf Antrag oder doch mit Zustimmung der Gemeindebehörden von dem
Handelsminister errichtet und bestehen aus einer gleichen Zahl von Arbeitgebern (patrons) und Arbeitern (mindestens je drei),
einem Präsidenten und Vizepräsidenten. Das Errichtungsdekret bestimmt nach örtlichen Verhältnissen die dem betreffenden
Konseil unterstellten Gewerbe und die Zahl seiner Mitglieder. Die Mitglieder, welche wenigstens 30 Jahre alt sein müssen,
werden gewählt, zur Hälfte von den Arbeitgebern, zur Hälfte von den Arbeitern.
Wahlberechtigt sind solche, welche 25 Jahre alt, mindestens 5 Jahre im Gewerbe beschäftigt und 3 Jahre im Bezirk des Konseils
domiziliert sind. Die Mitglieder wählen den Präsidenten und Vizepräsidenten (auf ein Jahr), der eine muß Arbeitgeber,
der andre Arbeiter sein. Der Konseil wird alle drei Jahre zur Hälfte erneuert. Für die Rechtsprechung
im einzelnen Fall wird aus dem Konseil ein Bureau particulier (aus einem Arbeitgeber, einem Arbeiter und dem Präsidenten, resp.
Vizepräsidenten bestehend) gebildet, vor welches zunächst der Streitfall zu bringen ist, und welches den Vergleich zu versuchen
hat, und, falls keine Einigung zu stande kommt, ein Bureau général (aus mindestens je zwei Arbeitgebern
und Arbeitern und dem Präsidenten, resp. Vizepräsidenten bestehend). Die Entscheidungen dieses Bureaus sind endgültig in
Streitsachen bis zu 200 Frank; in höhern ist die Berufung an das Tribunal de commerce zulässig, aber das Büreau kann auch
in diesen die sofortige Exekution bis zur Höhe von 200 Fr. verhängen. Die Ablehnung von prud'hommes als
Richtern ist zulässig, soweit die Ablehnung von juges de paix (nach dem Code depr. civ., Art. 44, 45, 46) statthaft ist.
In Deutschland
[* 10] wurden auch in der preußischen Rheinprovinz
[* 11] unter französischer Herrschaft Conseils des
prud'hommes in den wichtigsten Industrieplätzen errichtet und 1815 von der preußischen Gesetzgebung beibehalten. Diese Konseils
bestehen aber nur aus Fabrikanten, Werkmeistern u. selbständigen Handwerkern. Die Zuständigkeit derselben bezieht sich teils
auf Zivilstreitigkeiten aus dem gewerblichen Arbeitsverhältnis, ohne Rücksicht auf die Höhe der Streitsummen, teils auf
geringere Strafsachen, Kontraventionen gegen die Gewerbepolizei, Ruhestörungen in den Werkstätten etc.
Auch diese Gewerbegerichte bilden eine Vergleichskammer und ein Gewerbegericht im engern Sinn.
Jene hat zunächst den Vergleich zu versuchen. Die Entscheidungen sind endgültig bis zu 80 Mk., in höhern Sachen ist Berufung
an das Handelsgericht zulässig, die aber nur dann Suspensivwirkung hat, wenn der Streitgegenstand 240 Mk.
beträgt. Im übrigen Preußen
[* 12] wurden seit 1815 ganz vereinzelt, teils in Berlin,
[* 13] teils in Westfalen,
[* 14] Gewerbegerichte (sogen. Fabrikgerichte)
angeordnet; dieselben waren jedoch wesentlich nur Bagatellkommissionen der ordentlichen Gerichte. Die Gewerbeordnung von 1845 behielt
diese besondern Gewerbegerichte, wo sie
bestanden, bei, übertrug aber in Ermangelung solcher die Entscheidung teils
an die Innungsvorsteher unter dem Vorsitz eines Mitgliedes der Kommunalbehörden, teils an die Ortspolizeibehörde, vorbehaltlich
der Beschreitung des Rechtswegs binnen präklusivischer Frist.
Die Verordnung vom betreffend die Errichtung von Gewerbegerichten, stellte die Bildung besonderer Gewerbegerichte frei, schrieb
für diese aber eine Zusammensetzung aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern vor mit der Maßgabe, daß ein
Mitglied mehr aus der Klasse der Arbeitgeber sei und einer von diesen den Vorsitz habe. Solcher Gewerbegerichte kamen aber nur wenige
zu stande, und auch diese wurden bald wieder aufgehoben. Die Reichsgewerbeordnung von 1869 bestimmte in § 108 (jetzt 120a),
daß die fraglichen Streitigkeiten, sofern für dieselben besondere Behörden bestehen, durch diese,
sonst durch die Gemeindebehörden (vorbehaltlich der Berufung auf den Rechtsweg) zu entscheiden seien, daß aber auch durch
Ortsstatut besondere Gewerbegerichte (Schiedsgerichte) durch die Gemeindebehörden unter gleichmäßiger Zuziehung von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern gebildet werden können.
Der Entwurf zur Novelle von 1878 wollte neue Gewerbegerichte obligatorisch machen, welche aus einem Richter als Vorsitzendem
und aus Beisitzern bestehen sollten, die von der Gemeindevertretung aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu wählen gewesen
wären. Der Entwurf kam indes nicht zu stande. Durch das Innungsgesetz vom haben die neuen Innungen Rechtsstreitigkeiten
zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen an Stelle der Gemeindebehörde zu entscheiden (§
97), und sie können Schiedsgerichte errichten (§ 97 a, 100 d, 100 e), welche solche Streitigkeiten auch zwischen Innungsmitgliedern
und ihren Gesellen entscheiden.
Die Zuständigkeit der Innungen kann sogar auch auf Streitigkeiten ausgedehnt werden, welche zwischen Lehrlingen und der Innung
nicht angehörenden Arbeitgebern aus dem Lehrverhältnis entstehen. Die Innungsschiedsgerichte müssen
mindestens aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern bestehen, die Beisitzer müssen zur Hälfte aus den Innungsmitgliedern
und zur Hälfte aus deren Gesellen entnommen sein. Der Vorsitzende wird von der Aufsichtsbehörde bestimmt, er braucht der
Innung nicht anzugehören; die Beisitzer werden von den Innungsmitgliedern, resp. den Gesellen gewählt.