Intercellularsubstanz verhältnismäßig gering ist, die Zellen rundlich und groß sind; es kommt bei Wirbeltieren nur in der
Rückensaite, bei Weich- und Gliedertieren häufiger vor. b) Gallert- oder Schleimgewebe mit teils rundlichen, teils in die Länge
gezogenen Zellen und gallertartiger durchscheinender Zwischensubstanz; es findet sich bei höhern Tieren z. B. im Glaskörper
des Auges. c) Gewöhnliches oder faseriges (fibrilläres) Bindegewebe, dessen reichliche Zwischensubstanz in Fasern zerfällt,
während die Zellen spindelförmig sind und sich zum Teil gleichfalls in Fasern verlängern (sogen. Bindegewebskörperchen).
Aus ihm bestehen z. B. die Sehnen der Muskeln, die Häute um die Knochen, die Lederhaut; sind seine Zellen mit Fett erfüllt,
so entsteht das Fettgewebe; eine andre Modifikation ist das elastische Gewebe mit elastischen Fasern. d) Knorpelgewebe mit
meist runden Zellen und einer härtern Zwischensubstanz (s. Knorpel). e) Knochengewebe, dessen Intercellularsubstanz durch Aufnahme
von Kalksalzen einen großen Grad von Festigkeit erreicht, während die Zellen entweder mit ihrem ganzen Leib oder nur
mit ihren Ausläufern darin liegen (s. Knochen und Zähne).
Das Muskelgewebe zeichnet sich durch die Kontraktilität, d. h. die Fähigkeit, sich auf Reize zusammenzuziehen, aus; die kontraktile
Substanz ist umgewandelter Zellinhalt (Protoplasma, s. d.). Man unterscheidet a) glattes Muskelgewebe, bei
welchem die kontraktile Substanz gleichmäßig ist, und b) quergestreiftes, bei welchem sie in eigentümlicher
Weise quer gestreift ist. Ersteres zieht sich auf Reiz langsam, letzteres rasch zusammen (s. Muskeln). Das Nervengewebe endlich
empfängt und leitet die Reize, setzt sie in Empfindungen um und erzeugt Willenserregungen. Es gibt zweierlei Elemente dieses
Gewebes, nämlich a) Nervenfasern, welche zur Fortleitung dienen, sowie b) Nervenzellen oder Ganglienzellen,
welche durch Fortsätze sowohl unter sich als mit den Nervenfasern in Verbindung stehen (s. Ganglien und Nerven). Gewebe der Pflanzen,
s. Zellgewebe. Die Lehre von den Geweben heißt Histologie (s. d.).
[* ] (Zeuge, Stoffe) werden im allgemeinen durch Verschlingung eines oder mehrerer sich durchkreuzender Fäden zu einem
zusammenhängenden Ganzen erhalten. Die Art und Weise, wie die Fäden verbunden werden, ist außerordentlich
mannigfaltig, jedoch kann man unter den sämtlichen Zeugen drei Gruppen unterscheiden. Diese sind:
1) Der Stoff wird aus einem einzigen Faden erzeugt, der in wellen- oder schlangenförmigen Krümmungen fortläuft, so daß sich
durch eigentümliche Verschlingungen zusammenhängende Schleifen oder Maschen bilden, welche bei der Rückkehr
des Fadens die Maschen der folgenden Reihe aufnehmen und dadurch festhalten oder binden, wie bei gestrickter, gewirkter und
gehäkelter Ware
[* ]
(Fig. 1). 2) Das Zeug wird aus
zwei Gruppen von Fäden gebildet, die sich unter schiefem Winkel durchkreuzen:
Schnürriemen und ähnliche Bänder, gewöhnlicher Tüll etc.
[* ]
(Fig. 2). 3) Der Stoff wird aus zwei Systemen
von Fäden gebildet, die sich unter einem rechten Winkel kreuzen und so verschlingen, daß sie sich gegenseitig festhalten
oder binden.
Diese Art der Fadenverbindung ist die wichtigste und heißt Weben, das erzeugte Produkt ist das eigentliche Gewebe. Für verschiedene
Zwecke dienen auch Pferdehaare, Holzdraht, Stroh, Kautschuk, Glasfäden, Metalldraht u. dgl.
zu Geweben. Gewebe aus Garnen besitzen wegen ihrer geringen Dicke und der Geschmeidigkeit des Materials eine große Biegsamkeit, lassen
sich leicht in Falten legen und schmiegen sich deshalb, zu Kleidern verarbeitet, bequem an den Körper an. Die meisten Gewebe, besonders
aber jene, welche Kleidungsstücke zu liefern bestimmt sind, haben bei bedeutender Länge (20-50 m, auch
mehr) eine verhältnismäßig geringe Breite (1-2 m). Von den kreuzweise liegenden Fäden nennt man die, welche nach der Länge
des Gewebes laufen, Kette, Zettel, Werft, Schweif, Aufzug oder Anschweif und die, welche darauf senkrecht nach der
Breite des Gewebes liegen, Schuß, Einschuß, Einschlag, Eintrag.
Die Kettenfäden sind etwa so lang wie das Gewebe und je nach der Beschaffenheit der Garne und der Art des zu erzeugenden Gewebes
in verschiedener Zahl und Stärke vorhanden. Der Einschlag bildet einen ununterbrochenen Faden, welcher von den Breiteenden
des Gewebes beständig zurückkehrt, wodurch sich eine Kante, die Egge, Leiste, Sahlleiste, bildet, die
das Ausfasern der Fäden an den Langseiten hin verhindert. Faßt man bei den verschiedensten Arten von Geweben die Verbindungsweise
von Kette und Einschuß ins Auge, so kann man vier Grundformen von Geweben unterscheiden, nämlich:
1) Bei den glatten oder schlichten Stoffen geht der Einschußfaden abwechselnd über und unter Einen Kettenfaden;
er teilt somit die Kette in zwei Hälften, von der einen wird er bedeckt, die andre deckt er. Der nächste Einschußfaden
wechselt mit dem Vorgänger in den beiden Hälften der Kette in der Weise ab, daß jene Kettenfäden, welche
früher unter dem Einschuß lagen, jetzt über demselben liegen und umgekehrt. Es erhalten somit die Fäden 1, 3, 5, 7, 9 etc.
sowie die Fäden 2, 4, 6, 8, 10 etc. in Kette und Schuß immer die gleiche Lage
[* ]
(Fig. 3). Zu diesen Geweben gehören die Leinwand,
die meisten Baumwollzeuge, wie Kaliko, Nesseltuch, ferner Stramin, Seidentaft. Die glatten Gewebe sind die einfachsten
von allen, haben die meisten Bindungsknoten und sind somit verhältnismäßig am festesten. Durch Zusammenweben von zwei
Ketten erzeugt man die oft auf beiden Seiten verschieden gefärbten Doppelgewebe sowie auch hohle Gewebe, wie die Säcke ohne Naht,
Schläuche und hohlen Lampendochte.
geköperten, gekieperten oder kroisierten Stoffe unterscheiden sich vom glatten Gewebe hauptsächlich dadurch, daß jeder Einschlagfaden
durch zwei, drei oder mehr Kettenfäden bedeckt wird, bevor er auf die andre Seite des Gewebes tritt und Einen Kettenfaden
deckt. Dasselbe gilt auch von den Kettenfäden, und man unterscheidet demnach Kettenköper und Schußköper. Beim
Köpergewebe wechseln stets mehr als zwei verschiedene Lagen des Einschlags miteinander ab, aber nach einem so einfachen Gesetz,
daß das ganze Gewebe gleichartig, d. h. ohne
[* ]
Figur oder Muster, sich darstellt.
Die Anzahl der Kettenfäden (oder Schußfäden), welche der Einschlag (oder Kettenfaden) ohne Unterbrechung frei auf der Oberfläche
liegen läßt, bestimmt die Stärke des Köpers, und man spricht danach von einem dreibindigen (-fädigen),
vierbindigen bis acht- und zehnbindigen Köper.
[* ]
Fig. 4 zeigt einen vierfädigen Köper, bei welchem die Bindung immer auf dem
vierten Faden stattfindet. Das Köpergewebe gewährt im Vergleich mit dem glatten ein schöneres Ansehen, indem einerseits
die schief laufenden Bindungen besser aussehen, anderseits der schönste und beste Teil des verwendeten
Garns durch das Freiliegen auf größern Strecken (Flottliegen) besser hervortreten kann; auch fühlt es sich weicher und sanfter
an, und zu Kleidungsstücken verarbeitet, legt es sich in gefälligere Falten. Werden die Bindungsknoten über die Fläche
des Zeugs so unregelmäßig wie möglich verteilt, so daß sie sich fast dem Anblick entziehen, so erhält
man eine besonders schöne Art von Köper, nämlich Atlas (s. d.) oder Satin. Köpergewebe werden aus allen Garnen erzeugt.
3) Bei gemusterten oder façonnierten Stoffen werden Kette und Schuß so gebunden, daß auf dem Gewebe deutlich wahrnehmbare Figuren
entstehen. Am einfachsten erhält man solche Figuren, wenn man für einen bestimmt abgegrenzten Teil des Gewebes z. B. Köperbindung
und ringsum Leinwandbindung anwendet. In solche Muster kann man viel Abwechselung bringen durch die Wahl der Garne für Kette
und Schuß, die entweder gleich, oder nach Feinheit, Glanz und Farbe verschieden, oder auch aus verschiedenen
Faserstoffen erzeugt sein können. Zu den Stoffen, bei welchen das Muster durch stellenweise Änderung der Fadenbindung erzeugt
wird, gehören z. B. die aus Leinen- u. Baumwollgarn gewebten Zeuge mit Streifen (Marseilles) oder Quadraten (karierter Damast);
sodann die Stoffe mit Quadraten oder Rechtecken von verschiedener Größe (Servietten, Tischtücher etc.)
nebst dem eigentlichen oder geblümten Damast von Leinen, Baumwolle, Wolle, Seide,
Goldstoff (Brokat); endlich auch viele Bandsorten.
Bei diesen Geweben kann das Muster aus dem Stoff nicht entfernt werden, ohne daß dieser zerstört wird. Gemusterte Gewebe erhält
man auch durch regelmäßige Abwechselung von Gaze (ein Zeug mit gitterförmig weiten Maschen) mit Stoffen
von andrer Bindung, wobei dicht gewebte Figuren auf netzförmigem Grund erscheinen und umgekehrt, z. B. Fenstergardinen und
einige Damenkleiderstoffe. Große Abwechselung in farbigen Figuren erhält man durch Zusammenweben von zwei oder drei Ketten
von verschiedenen Farben und Eigenschaften, wobei bald die eine, bald die andre in bestimmt begrenzten Figuren
an die Oberfläche des Gewebes tritt.
Dahin gehören die schottischen oder Kidderminster-Teppiche, auch die einfachen schwarzroten Teppiche aus Wollgarn, endlich
Pikee etc. Eine andre Art gemusterter Gewebe entsteht dadurch, daß man in schlicht oder mit Köper- und Satinbindung gewebte Stoffe
Fäden von ganz andern Eigenschaften (z. B. verschieden in Glanz, Farbe, Feinheit etc.) bringt und zwar an
denjenigen Stellen, wo die
[* ]
Figur gebildet werden soll. Die
[* ]
Figur wird also hier für sich
erzeugt, bildet keinen unentbehrlichen Bestandteil des Grundgewebes und kann somit ohne Zerstörung des Gewebes entfernt werden,
wie bei mehreren Stoffen mit Blumen aus Seide und Kammgarn für Damenkleider sowie bei den gewöhnlichen
weißen Fenstergardinen mit scheinbar darauf genähtem Muster.
Sind die Figuren durch Einschlag entstanden, so nennt man die Stoffe broschiert, wenn die Einschlagfäden sich nicht über den
Umfang der
[* ]
Figur hinaus erstrecken, lanciert (überschossen) dagegen, wenn die figurmachenden Fäden über die ganze Breite
des Zeugs hinlaufen und dabei außerhalb der
[* ]
Figur auf der verkehrten Seite des
Zeugs entweder ganz flott liegen (Umschlagtücher), oder an einzelnen Punkten durch die Kette gebunden, oder um die
[* ]
Figur herum
abgeschnitten sind. Werden die Figuren aus gefärbten, zwischen der Kette liegenden Fäden gemacht, dann nennt man sie aufgelegte
oder aufgeschweifte Muster.
4) Die samtartigen Gewebe unterscheiden sich von allen andern Geweben durch eine eigentümliche
haarartige Decke, gewöhnlich auf einer, manchmal auf beiden Seiten des Gewebes. Die Haardecke entsteht durch eine Menge sehr
kurzer Faserenden, zuweilen auch durch kleine Noppen oder Litzen, die aus dem eigentlichen Stoff (Grund) hervorragen und eine
haarartige Decke (Pol, Poil, Flor) bilden, von welcher auf der Kehrseite nichts zu sehen ist. Der Grund ist
meist ein
Köpergewebe. Die Pole werden beim Weben befestigt und entweder durch eine besondere Kette (Polkette) oder einen besondern Schuß
(Polschuß) gebildet. Beim Weben bilden die Pole immer Noppen oder kurze, reihenweise angeordnete Schlingen, die man entweder
als solche bestehen läßt (Bastardsamt, ungeschnittener Samt), oder aufschneidet, so daß nur die Spitzen hervorstehen
(eigentlicher Samt, geschnittener Samt). Vielfach wechselt bei einem Gewebe. Samt mit gewöhnlichen Geweben ab und zeigt Blumen (gemusterter
Samt) oder Streifen (Kordmanchester).
Der echte Samt oder Samt im engern Sinn mit wenig hervorstehendem und gleichmäßigem Flor besteht immer im Flor und oft auch
im Grund aus Seide. Aus Baumwolle fertigt man den Manchester oder Baumwollsamt, aus Wollgarn den Möbelsamt.
Einige Sorten wollener Teppiche zeigen auf der Oberfläche Noppen (türkische, New Doorniksche, Brüsseler); andre (englische,
Patent) sind mit Flor bedeckt wie Samt.
[* ]
Fig. 5 zeigt ein Samtgewebe mit glattem Grund und Polkette, die Noppen sind zum Teil aufgeschnitten;
[* ]
Fig. 6 zeigt den Schnitt durch ein Samtgewebe mit glattem Grund und Polschuß, letzterer als Noppe, aufgeschnittene
Noppe und Haardecke.
5) Ein ganz eigentümliches Gewebe (Fig. 7) entsteht dadurch, daß je zwei Nachbarfäden
der Kette sich abwechselnd von links nach rechts übereinander legen und die Schußfäden zwischen diesen Kreuzungsstellen
festhalten. Man nennt sie Stoffe mit gekreuzter Kette, Gaze oder gazeartige Stoffe. Sie haben die bemerkenswerte
Eigenschaft, daß die zwischen den Ketten- und Schußfäden gebildeten viereckigen Öffnungen genau gleich groß sind, weshalb
sie so besonders geschätzt werden als Material zu Sieben in der Müllerei (Beutelgaze, Beuteltuch).