Theophilus (etwa um 1100 n. Chr.) gibt im dritten Buch seiner »Diversarum artium schedula« genaue Anweisung zum Treiben von Reliefs
und Gefäßen. Das 16. Jahrh. schuf in Gefäßen, Schmuckgegenständen, Rüstungen etc. die herrlichsten Werke in getriebener
Arbeit, worin Deutschland und Italien miteinander wetteiferten.
Vgl. B. Cellinis »Trattati dell' orificeria e della
scultura« (deutsch, Leipz. 1867).
(spr. schetro, auch Giétroz, Gétros), im französischen Teil des schweizer. Kantons Wallis
die generelle Bezeichnung, die einer Alphüttenkolonie beigelegt wird. Eine solche Häusergruppe im Val de Bagnes hat den Eigennamen
Gétroz, und nach ihr heißt einer der von den Firnfeldern des Mont Collon herabsteigenden Eisströme Glacier
de Gétroz. Auf dem Mont Pleureur lagernd, schiebt er beim Vorrücken seine Eismassen quer über den Thalgrund vor und staut so die
Wassermassen der Dranse zu einem See. Wenn dann die Sommerwärme den Eisriegel schmelzt und lockert, so kann es geschehen,
daß plötzlich ein Dammbruch erfolgt und die Gewässer verheerend zu Thal strömen. Am schlimmsten waren
die Verheerungen bei dem Dammbruch am 16. Juni 1818.
Dorf in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, Kreis Eckernförde, an der Eisenbahn Kiel-Flensburg, hat ein Amtsgericht,
eine evang. Kirche und (1885) 1358 Einw.
(spr. dschéttisbörk), Hauptstadt der Grafschaft Adams im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, in einer fruchtbaren
Ebene gelegen, mit einem lutherischen Seminar (seit 1826), dem Pennsylvania College und (1880) 2814 Einw. Hier 1.-3. Juli 1863 Sieg
des nordamerikanischen Generals Meade über die Konföderierten unter Lee.
(Geulingx), Arnold, holländ. Philosoph, geb. 1625 zu Antwerpen, studierte in Löwen Theologie und Philosophie
und wurde 1646 als Lehrer der Philosophie an der Universität daselbst angestellt, wegen seiner Angriffe auf die alte scholastische
Philosophie aber 1658 entsetzt, lebte darauf, zum Protestantismus übergetreten, in kümmerlichen Verhältnissen in Leiden,
wurde 1665 Professor der Philosophie daselbst, starb aber bereits 1669. hat als Anhänger des Cartesius
dessen Lehre von dem Verhältnis des Körpers zur Seele in folgerichtiger Fortbildung der dualistischen Unterscheidung der Materie
und des Geistes als zweier qualitativ verschiedener Substanzen durch das von ihm sogen. System der gelegentlichen Ursachen (Okkasionalismus)
ergänzt, dessen Wesen darin besteht, daß Gott auf unaussprechliche und unbegreifliche Weise (durch ein
Wunder) die Bewegungen des (materiellen) Leibes und die Willkür des (geistigen) Willens so untereinander verbunden habe, daß,
wenn der letztere will, in ersterm gerade diejenige Bewegung erfolgt, die jener will. Von seinen Schriften sind die »Saturnalia«
(3. Aufl., Leid. 1660),
»Logica« (das. 1662),
»Ethica« (Amsterd. 1666) bei seinen Lebzeiten,
die für sein Verhältnis zu Cartesius wichtigsten: »Annotata praecurrentia in Cartesium« (Dordrecht 1690) und »Metaphysica
vera« (Amsterd. 1691), aber erst nach seinem Tod erschienen.
Vgl. Grimm, Arnold Geulings' Erkenntnistheorie und Okkasionalismus (Jena
1875);
Pfleiderer, Geulings als Hauptvertreter der okkasionalistischen Metaphysik und Ethik (Tübing. 1882);
Samtleben,
ein Vorgänger Spinozas (Halle 1886).
L.
(Nelkenwurz, Erdrose), Gattung aus der Familie der Rosaceen, Kräuter mit ausdauerndem, häufig Ausläufer treibendem
Rhizom, unpaarig gefiederten oder fiederschnittigen Grundblättern, wenigen, meist dreizähligen oder brakteenförmigen
Stengelblättern, einzeln oder in lockern Trugdolden stehenden Blüten und mit dem verlängerten, geknieten
und gebarteten Griffel gekrönter Frucht. Gëum urbanumL. (echte Nelkenwurz, Benediktenkraut, Igelkraut), mit aufrechtem, oben ästigem,
bis 45 cm hohem Stengel, unterbrochen leierförmig gefiederten Wurzelblättern, meist dreiteiligen Stengelblättern und kleinen,
gelben Blüten, wächst besonders an feuchten Stellen durch ganz Europa ausdauernd. Die Wurzel war als Nardenwurzel, Nägeleinwurzel,
Weinwurzel offizinell; sie riecht schwach aromatisch-gewürznelkenartig, schmeckt bitter, etwas herb und
wirkt adstringierend-gewürzhaft. Gëum rivaleL. (Ufererdröschen), mit nickenden, hellgelben, rötlich überlaufenen Blüten,
auf feuchten Wiesen.
Gëum coccineum Sibth., im Kaukasus, mit scharlachroten Blüten, und Gëum montanumL., in Gebirgen, besonders
in den Alpen, mit großen, gelben Blüten, werden als Zierpflanzen kultiviert.
Name einer Verbindung niederländischer Edelleute und andrer mit der spanischen Herrschaft Mißvergnügten unter
Philipp II. Als auf Befehl des letztern die Inquisition auch in den Niederlanden eingeführt werden sollte, wurde bei einer
Zusammenkunft einer Anzahl damit unzufriedener Edelleute im Kuylenburgschen Haus zu Brüssel im November 1565 von
Philipp von Marnix, Herrn v. Sainte-Aldegonde, die unter dem Namen Kompromiß bekannte Bundesschrift verfaßt, worin man gegen
die beabsichtigte Einführung der Inquisition Protest erhob; dieselbe wurde von vielen angesehenen Männern aus dem Adel und
dem Bürgerstand unterschrieben und 5. April 1566 in diesem Sinn eine Bittschrift der Statthalterin, Margarete
von Parma, von über 400 Edelleuten, unter Anführung der Grafen Heinrich von Brederode und Ludwig von Nassau, in ihrem Palast zu
Brüssel feierlich übergeben.
Der Bescheid der Staathalterin ^[richtig: Statthalterin] war nicht ablehnend, und als die Edelleute 8. April ihren Sieg mit einem
Gelage feierten, hinterbrachte einer der Gäste, als die Statthalterin beim Anblick der mächtigen verbündeten
Schar in Bestürzung geraten, habe ihr der Präsident des Finanzrats, Graf Barlaimont, um sie zu ermutigen, zugeflüstert: »Ce
n'est qu'un tas de gueux!« (»Das ist nur ein Haufe Bettler«). Da schlug der Graf Brederode dieser Äußerung zum Trotz
gerade diesen Spottnamen als Bezeichnung für den neuen Bund vor; sein Vorschlag wurde mit Begeisterung angenommen, und so entstand
der Name der Geusen (Gueusen, Geuzen), d. h. Bettler.
Als Abzeichen trugen die zum Bund gehörigen Edelleute an ihren Hüten oder Gürteln silberne oder goldene Gerätschaften der
Bettler, oder sie kleideten sich in die graue Farbe der Bettelmönchsgewänder. Auch schlug man damals
die sogen. Geusenpfennige, eine ovale Denkmünze in Silber oder Gold, die auf der Hauptseite das Brustbild Philipps II. mit der
Umschrift: »En tout fidèles au roy« (»In
allem getreu dem König«) und auf der Kehrseite einen Bettelsack mit zwei verschlungenen Händen und den
Worten: »Jusqu'à porter la besace« (»Bis
zum Bettelsack«) zeigte. Im März hatte der Bund nur 2000 Mitglieder gezählt;
im Mai konnte Brederode schon sagen, daß die
Geusen zahllos seien wie Sand am Meer: so hatte
mehr
das Volkstümliche, was der neuen Bezeichnung anhaftete, gewirkt. Während Albas blutiger Gewaltherrschaft in den Niederlanden
rüsteten viele aus Holland Geflüchtete Kaperschiffe aus, mit welchen sie auf spanische Schiffe Jagd machten; dies waren die
sogen. Meergeusen oder Wassergeusen, welche sich den Spaniern bald furchtbar machten. Edelleute und Kaufleute gaben Summen
zur Ausrüstung der Schiffe her und teilten den Gewinn. Die englischen, französischen und selbst die deutschen
Nordseehäfen dienten ihnen als Zufluchtstätten. Da sie jedoch ohne Bestallung waren, so wurden sie als Seeräuber behandelt,
bis auf den Rat Colignys Prinz Wilhelm von Oranien sich mit ihnen verbündete, ihnen Kaperbriefe gab und den
Grafen von der Marck zum Admiral derselben ernannte. Am 1. April 1572 nahmen die Meergeusen Briel an der Mündung der Maas, und damit
beginnt der Krieg, den die Niederlande bis 1648 für ihre Unabhängigkeit führten. In neuerer Zeit ist der Name von einem politischen
Verein in Antwerpen wieder aufgenommen worden und wird als Bezeichnung der Liberalen in den vlämischen
Provinzen vielfach gebraucht.
Vgl. Moke, Les Gueux de mer (Brüss. 1885).