(authentische
Interpretation) oder auch das
Gewohnheitsrecht
(Usualinterpretation) sein. Die authentische
Interpretation hat
rückwirkende
Kraft,
[* 2] sofern nicht eine
Sache bereits durch rechtskräftiges
Urteil,
Vergleich etc. abgethan ist. Übrigens entsteht
durch jede Legalinterpretation ein neuer Rechtssatz, der nur zu einem frühern
Gesetz in die Beziehung gestellt ist, daß
er so behandelt werden soll, als wäre er schon durch dieses
Gesetz gegeben. Es kann daher auch in konstitutionellen
Staaten dem
Regenten das
Recht der einseitigen authentischen
Interpretation der mit Zustimmung der
Landstände erlassenen
Gesetze
nicht zugestanden werden.
Auf der andern Seite aber ist zu berücksichtigen, daß die
Worte nur dadurch Bedeutung haben, daß
sie denWillen des Sprechenden enthalten. So bestimmt denn auch das deutsche
Handelsgesetzbuch im Art. 278 ausdrücklich, daß der
Richter bei Beurteilung der
Handelsgeschäfte den
Willen der Kontrahenten zu erforschen hat und nicht an dem buchstäblichen
Sinn des
Ausdrucks haften soll.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Pandektenrechts:
Lang, Beiträge zur
Hermeneutik
des römischen
Rechts (Stuttg. 1857).
Gewalt (legislative
Gewalt), die
Staatsgewalt, insofern sie auf dem Gebiet der
Gesetzgebung in Thätigkeit
tritt. Eine veraltete
Theorie will die
Staatsgewalt einer Dreiteilung unterziehen, indem zwischen gesetzgebender, richterlicher
und
Exekutivgewalt unterschieden und indem für die gesetzgebende Gewalt eine
Teilung derselben zwischen dem Monarchen und der
Volksvertretung
in der konstitutionellen
Monarchie angenommen werden soll. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch dabei lediglich um verschiedene
Zweige der Thätigkeit der Staatsregierung und um die Mitwirkung der
Volksvertretung bei den wichtigern Regierungshandlungen,
insbesondere bei der
Gesetzgebung (s.
Staat).
Körper (franz.
Corps législatif) eine in
Frankreich durch die
Verfassung vom
(Konstitution
vom Jahr VIII der
Republik) eingerichtete
Körperschaft von 300 Mitgliedern, welche, aus gewählten Kollegien vom
Senat ausgesucht,
ohne
Diskussion die
Gesetze zu votieren hatte, nachdem über dieselben drei
Staatsräte und drei
Tribunen
gesprochen. Das Tribunat nämlich hatte über die
Gesetzvorschläge zu diskutieren, durfte aber nicht über sie entscheiden,
sondern nur seine Meinung dem
GesetzgebendenKörper vorlegen. Im zweiten Kaiserreich wurde durch die
Verfassung vom abermals
neben einem von der
Regierung ernannten
Senat ein gesetzgebender Körper von 262 Mitgliedern eingesetzt, die durch das allgemeine
gleiche
Stimmrecht auf sechs Jahre erwählt wurden. An seine
Stelle trat die Deputiertenkammer
(Chambre des députés) der
Republik.
Übrigens wird der
Ausdruck gesetzgebender Körper vielfach gleichbedeutend mit
Volksvertretung (s. d.) gebraucht.
bezeichnet sowohl den
Akt des Gesetzgebens als auch die
Resultate dieser staatlichen
Thätigkeit. So spricht man z. B. von der preußischen oder
von der deutschen Gesetzgebung. Ein
besonderes
Geschick in der Abfassung und in der Gestaltung der
Gesetze wird als Gesetzgebungskunst bezeichnet (s.
Gesetz).
die Befugnis zum
Erlaß allgemeiner Rechtsnormen für ein bestimmtes Staatsgebiet,
welche in konstitutionellen
Staaten durch die Staatsregierung unter Mitwirkung der
Volksvertretung ausgeübt wird. Vgl.
Gesetz,
S. 232.
der formulierte
Entwurf eines zu erlassenden
Gesetzes, welcher von einem
Organ der
Gesetzgebung ausgeht.
Die Befugnis und die
Pflicht, Gesetzvorschläge zu machen, kommt zunächst der Staatsregierung zu, welche dieselben derVolksvertretung
vorlegt, um mit der letztern das
Gesetz zu vereinbaren und zu stande zu bringen. Es hat aber regelmäßig auch die
Volksvertretung
das
Recht der gesetzgeberischen
Initiative, d. h. sie kann ebenfalls Gesetzvorschläge machen und ihre Beratung und
Annahme
im
Schoß der betreffenden parlamentarischen
Körperschaft herbeiführen.
Soll ein solcher Gesetzvorschlag Gesetzeskraft erlangen, so ist dazu freilich nicht bloß
die Zustimmung der
Volksvertretung und zwar beider
Kammern, wofern das
Zweikammersystem besteht, erforderlich, sondern ebenso
die Zustimmung der Staatsregierung. Nach der
Geschäftsordnung des deutschen
Reichstags bedürfen
Anträge von Abgeordneten,
welche Gesetzvorschläge enthalten, gleich den Regierungsvorlagen, einer dreimaligen
Lesung (Beratung). Ein solcher Gesetzvorschlag muß
von mindestens 15 Mitgliedern unterstützt und unterzeichnet sein. Von den Gesetzvorschlägen der
Volksvertretung
sind die von derselben ausgehenden
Resolutionen zu unterscheiden, deren
Zweck es vielfach ist, die
Regierung zur Vorlegung eines
Gesetzentwurfs aufzufordern. Die
Gesetzentwürfe der
Regierung sind regelmäßig mit einer schriftlichen Begründung
(Motive)
versehen, während bei den Gesetzvorschlägen der Abgeordneten zumeist nur eine mündliche Begründung
üblich ist.
[* 3]
(Angesicht,
Antlitz,
Facies, Vultus), der vordere Teil des
Kopfes (s. d.) bei den
Säugetieren.
BeimMenschen ist
es von Haupthaar frei und tritt infolge der größern
Ausbildung des
Gehirns weit mehr hervor, als es bei den übrigen
Säugetieren
der
Fall ist, derenNase
[* 4] und
Mund meist zu einer Schnauze verlängert sind. Darum bildet auch beim
Menschen
die
Stirn, obwohl sie anatomisch nicht zum Gesicht, sondern zum Schädelteil des
Kopfes gehört, einen Hauptteil des
Gesichts. Durch
die Verschiedenheit der Verhältnisse der einzelnen Gesichtspartien zu einander wird die Gesichtsbildung bedingt. Der je
nach der Gemütsstimmung wechselnde Gesichtsausdruck beruht im wesentlichen auf der Thätigkeit der Gesichtsmuskeln
(s. Tafel
»Muskeln«,
[* 5] Fig. 1) und wird besonders durch
Augen und
Mund als die beweglichsten Teile des
Gesichts hervorgebracht.
Die Gesichtsfarbe entspricht der übrigen Hautfarbe; bei den
Weißen zeichnet sie sich durch ein lebhafteres
Kolorit aus und
zwar vornehmlich an den
Backen, deren
Röte auf dem lebhaftern
Blutumlauf beruht.
GewisseNüancen der Gesichtsfarbe,
namentlich eine
¶
mehr
ins Gelbliche, Bläuliche, Bleifarbene gehende, sind die Wirkungen besonderer Krankheiten. Oft treten in der Gesichtsbildung
mehrerer Individuen gewisse Ähnlichkeiten hervor, so bei Familiengliedern (Familiengesicht). Außerdem zeigen nicht nur Volksstämme
und ganze Völker, sondern selbst Menschenrassen
[* 7] bei aller individuellen Verschiedenheit der Gesichtszüge eine gewisse Übereinstimmung
in denselben. Vgl. Gesichtslinien. - Bei den Insekten
[* 8] heißt Gesicht der obere oder vordere Teil des Kopfes.
(Gesichtssinn, Visus), das Vermögen, zu sehen, die Gesamtheit der Verrichtungen des Auges, vermöge deren wir
uns in der Außenwelt mittels des Lichts zu orientieren vermögen. Der Gesichtssinn hat eine unendlich viel größere Tragweite
als alle übrigen Sinne; während die Organe des Tast- und Geschmackssinnes (genau genommen auch die des
Geruchssinnes) mit dem Objekt, zu dessen Wahrnehmung sie uns verhelfen sollen, in unmittelbare Berührung gebracht werden müssen,
findet beim Gehör
[* 9] und Gesicht nur eine mittelbare Wahrnehmung statt, indem beim Gehör die von dem tönenden Objekt ausgehenden Schallwellen,
beim Gesicht die von dem leuchtenden Objekt ausgehenden Lichtätherwellen sich zwischen das wahrzunehmende
Objekt und das betreffende Sinnesorgan einschalten.
Das Auge
[* 10] verdankt die Fähigkeit der Lichtempfindung dem Sehnerv. Die Endapparate der Sehnervenfasern, nämlich die Stäbchen
und Zapfen
[* 11] der Netzhaut des Auges (s. Auge), haben die spezifische Eigenschaft, die Schwingungen des Lichtäthers in
einen Nervenreiz umzusetzen. ObjektivesLicht,
[* 12] welches auf die Stäbchen und Zapfen der Netzhaut auffällt, versetzt die mit
jenen zusammenhängenden Nervenfasern in einen Erregungszustand, welcher dem Zentralorgan der Empfindung zugeleitet wird und
hier den subjektiven Eindruck einer Lichtempfindung veranlaßt.
Zwar ruft ein jeder Erregungszustand der Sehnervenfasern subjektive Lichtempfindungen hervor, aber nur
von den Endapparaten der Netzhaut aus können die Sehnervenfasern durch objektives Licht in den Erregungszustand versetzt werden.
Für die Auffassung des Lichtreizes und für die Unterscheidung seiner Intensität (hell und dunkel) bedürfte das Auge (abgesehen
von dem zentralen Sinnesapparat im Gehirn,
[* 13] dessen Erregungszustand für uns ebensoviel wie Lichtempfindung bedeutet) nur
einer einzigen Nervenfaser, die mit einem die Lichtreizung vermittelnden Endorgan (mit einem Stäbchen) verbunden sein müßte.
Bei absolutem Lichtmangel würde diese eine Sehnervenfaser gar nicht erregt werden, mit der Steigerung der Intensität des
Lichts würden der Reizzustand und die Lichtempfindung an Stärke
[* 14] zunehmen. Auf dieser Entwickelungsstufe befindet sich das
Gesicht zahlreicher niederer Tiere, Würmer
[* 15] etc., deren sogen. Augenpunkte Pigmentablagerungen darstellen, welche
einen lichtempfindenden Nerv umgeben. Da wir aber auch die Fähigkeit besitzen, die Farben, d. h. die verschiedenen Qualitäten
des Lichts, als verschiedene Reize wahrzunehmen, so müssen spezifische Farbenempfindungsorgane vorhanden sein, welche nur
durch Licht von
bestimmter Wellenlänge erregbar sind.
Als solche spezifische, der Wahrnehmung des farbigen Lichts dienende Endorgane des Sehnervs sind nach neuern
Untersuchungen die Zapfen der Netzhaut anzusehen. Ihre gleichzeitige Erregung bringt den Eindruck des weißen Lichts, die Erregung
jedes einzelnen den Eindruck farbigen Lichts hervor. Die in das Auge eintretenden Lichtstrahlen werden durch ein System verschieden
brechender Medien (Hornhaut, wässerige Flüssigkeit, Linse,
[* 16] Glaskörper) so auf die Netzhaut projiziert, daß
auf dieser ein verkleinertes, umgekehrtes, reelles Bild der gesehenen Gegenstände entsteht, und zwar ganz ähnlich wie in der
Camera obscura.
[* 17]
Da man nun den Gang
[* 18] der Lichtstrahlen in einem optischen System, dessen brechende Oberflächen und Brechungskoeffizienten bekannt
sind, durch Berechnung der sogen. Kardinalpunkte genau bestimmen kann, so müßte man, um das Auge als
optischen Apparat beurteilen zu können, den Gang der Strahlen durch diese vier Medien, welche durch vier sphärische Flächen,
nämlich durch die beiden Seiten der Hornhaut und die beiden Grenzflächen der Linse, geschieden sind, berechnen. Da aber
sowohl die Hauptpunkte als die Knotenpunkte im Auge sehr nahe bei einander liegen, kann man ohne nennenswerten Fehler die erstern
wie die letztern in je einen Punkt zusammenziehen und die Wirkung des ganzen Systems durch ein brechendes Medium mit einer einzigen
an Stelle der Hornhaut befindlichen brechenden Fläche darstellen. So läßt sich das komplizierte natürliche
Auge in ein schematisches (Listings reduziertes Auge) umwandeln.
In
[* 3]
Fig. 1 ist die brechende Kugelfläche des reduzierten Auges durch den punktierten Bogen
[* 19] ll zwischen den beiden Hauptpunkten
h, h,, angedeutet; der Knotenpunkt x liegt zwischen den beiden wirklichen Knotenpunkten k, k,,; die Lage der
Brennpunkte F, F,, hat keine Verschiebung erfahren. Soll nun der Ort des Bildes auf der Netzhaut für einen bestimmten Punkt des
Objekts bestimmt werden, so genügt hierzu die Kenntnis der Lage des Knotenpunktes x vollständig. Man findet nämlich den Ort
des Bildes, indem man von dem leuchtenden Punkt eine gerade Linie durch x bis zur Netzhaut zieht. Da, wo
diese gerade Linie (z. B. G, G,,), welche man als Richtungslinie oder Sehstrahl bezeichnet, die Netzhaut trifft, liegt der
Ort des Bildes.
Es ist viel darüber gestritten worden, wie es kommt, daß wir die Objekte aufrecht sehen, obschon ihre Netzhautbilder umgekehrt
sind. Im Grunde genommen ist der Streit überflüssig, weil es sich dabei um eine falsche Fragestellung
handelt. Wir müssen nämlich daran festhalten, daß nicht das Auge selbst das Bild sieht, welches in demselben entworfen wird,
sondern daß sich der von dem leuchtenden Punkt hervorgebrachte Gesichtseindruck durch die Sehnervenfasern in das Gehirn
fortpflanzt und hier erst auf eine uns freilich nicht erklärliche Weise zum Bewußtsein kommt. Das Gehirn aber versetzt stets
die empfangenen Gesichtseindrücke nach den Gesetzen der Projektion,
[* 20] d. h. in