mehr
in das
Rohr eingeführt, nach einer Rechtsdrehung um 60° in die Gewinde des
Rohrs eingreift und hierin den
Widerstand beim
Schießen
[* 2] findet.
Beim Herausziehen aus dem
Rohr gleitet sie auf den
Schlitten d, mit welchem sie seitwärts um den Scharnierbolzen
c herumgedreht wird. Die
Liderung wird durch einen kupfernen napfförmigen
Ring am
Kopf der Verschlußschraube
bewirkt.
Später wurde das Liderungssystem des Obersten de
Bange, welches auch in
England mit dem Schraubenverschluß bei Einführung
der Hinterladung zur
Annahme kam, besser befunden. Es besteht aus einem von zwei Metallplatten eingeschlossenen, vor dem
Kopf
der Verschlußschraube liegenden
Polster, einem Gemisch aus
Asbest mit Hammeltalg, welches, beim
Schießen
zusammengedrückt, die
Seele abdichtet. 1872 wurde ein neues Geschütz
system eingeführt, von dem die
Flotte 14, 19, 24, 27 und 32
cm
Kanonen erhielt.
Die
Geschütze
[* 3] sind
Hinterlader mit dem Verschluß
[* 1]
Fig. 6 und einer Art Broadwell-Ring. Die
Rohre aus grauem
Gußeisen sind mit
Ringen aus Puddelstahl bis vor das Schildzapfenstück bezogen. Bis auf etwa ⅓ Rohrlänge wird von
hinten eine Stahlseele, aus Bessemerstahl und in
Öl gehärtet, eingezogen. Die
Rohre haben 14-32
Züge mit Progressivdrall.
Das 14, 19, 24 und 27
cm
Rohr wiegt 2655, 7896, 14,418, resp. 20,940 kg. Das 27
cm
Rohr feuert mit 39 kg
Ladung eine Langgranate von 150 kg. Die Langgranaten sind 2,4
Kaliber lang, und alle
Geschosse
[* 4] haben zwei flache Kupferringe. In die
Festungs- und Belagerungsartillerie sind
Kanonen von 120,
138, 155 und 220
mm, Hinterladermörser von 220 und 270
mm
Kaliber eingeführt. Sämtliche
Rohre sind Stahlringgeschütze
mit
Kernrohren aus
Gußstahl,
Ringen aus
Martinstahl und dem Schraubenverschluß; die
Geschosse haben hinten
kupferne Führungsbänder, vorn einen eisernen Zentrierwulst.
Die italienische
Feldartillerie hat ihre frühern bronzenen Vorderladergeschütze
französischen
Systems nach dem Vorgang
Deutschlands
[* 5] durch
Hinterlader ersetzt, deren
Konstruktion sich ganz der der deutschen
Feldgeschütze anschließt, wie aus der
Tabelle S. 219 ersichtlich.
Die von
Krupp gefertigten 8,7
cm
Kanonen werden von den schweren, die 7,5
cm von den leichten
Batterien geführt;
letztere
Geschütze sind, wie die österreichischen, aus
Hartbronze gefertigt.
Für die Belagerungs- und
Festungsartillerie ist ein einheitliches Geschütz
system von gußeisernen beringten
Hinterladern
mit französischem Schraubenverschluß in der Einführung begriffen. Die
Küstenartillerie besitzt 24 und 32
cm
Rohre, hat 1886 auch 4 Kruppsche 35
Kaliber lange 40
cm
Kanonen von je 120
Tonnen
Gewicht erhalten und die
Marine in den 100
Tonnen-Kanonen
der Armierung des Duilio und
Dandolo die größten bis jetzt im
Gebrauch befindlichen
Geschütze.
Die Schweizer Feldartillerie führte gezogene Vorderlader nach dem La Hitte-System und Hinterlader verschiedener Kaliber, ähnlich dem ältern preußischen System, hat aber bei Krupp 8,4 cm Gußstahlrohre für die Feld- und 7,5 cm Gußstahlrohre für die Gebirgsbatterien beschafft, die den Kruppschen Rundkeilverschluß und Stahlblechlafetten haben.
Das ältere in der österreichischen Feldartillerie vertretene System (nach Lenk) gezogener Vorderlader ist aus dem Bestreben hervorgegangen, mit der Vorderladung eine feste, zentrale Geschoßführung zu verbinden. Es wurde durch Bogenzüge erreicht, deren Basis der Bogen [* 6] eines Kreises ist, dessen Mittelpunkt um die Zugtiefe seitlich der Rohrachse liegt [* 1] (Fig. 7). Die österreichische Feldartillerie führte 4 und 8pfündige Feld- und 3pfündige Gebirgskanonen dieses Systems, welches dem in Deutschland [* 7] eingeführten Feldgeschütz C/1873 erheblich nachstand.
Nachdem man die Überzeugung gewonnen, daß Gußstahlgeschütze
von befriedigender
Güte durch die inländische
Industrie nicht
geliefert werden konnten, entschied man sich für solche aus
Stahlbronze, nach dem von
Uchatius angegebenen
Verfahren im
Arsenal
zu
Wien
[* 8] hergestellt. Das
Material der
Festungs- und Belagerungs- ebenso wie das der
Küsten- und Schiffsartillerie
ist ganz nach deutschem
System reorganisiert; jedoch sind vorwiegend unter den ältern gußeiserne (9, 12, 15
cm
Kanonen, 17, 21
cm
Hinterladermörser) vertreten, an deren
Stelle in neuerer Zeit solche aus
Stahlbronze traten, in der
Küsten- und Schiffsartillerie
sind gußstählerne Ringrohre vorhanden.
In England waren bis 1871: 13 Kaliber, teils glatte, teils gezogene, in der Feldartillerie vertreten, letztere für Hinterladung nach Armstrongs System. 1871 wurden für die Feldartillerie in Indien bronzene, in England gezogene Vorderlader eingeführt, die aus einem Kernrohr von Gußstahl mit einer Anzahl übergeschobener Ringe von Schmiedeeisen bestehen. Die Züge sind die sogen. Woolwich-Züge mit bogenförmiger Basis. Das Geschoß erhält seine Führung durch Ailetten (System Maxwell).
Die Zahl der Kaliber in den Geschützen der englischen Land- und Schiffsartillerie ist so groß, daß eine Auszählung hier unthunlich. Zur gasdichten Abschließung und Führung durch die Züge hat man am Boden der Geschosse schwerer Geschütze einen kupfernen Expansionsring (gas check) befestigt und erwartete, durch ihn die Vorteile der Kompressionsführung der Hinterlader auf die Vorderlader übertragen zu können. Der Erfolg entsprach diesen Erwartungen nicht.
Dieser Mißerfolg wie das Springen einer 38 Tons-Kanone auf dem Thunderer und sodann die außerordentlichen Erfolge Krupps [* 9] bei den Schießversuchen Anfang August 1879 und 1882 haben die englische Behörde für die Annahme der Hinterladung definitiv bestimmt. Diese Rohre bestehen aus einer Seele von Martinstahl, die je nach der Größe des Kalibers eine oder mehrere Ringlagen haben. Man hat den französischen Schraubenverschluß gewählt. Die Versuche, das Bodenstück nach den Vorschlägen von Longridge mit Stahldraht oder Stahlband in großer Anzahl Lagen zu umgeben, hatten günstigen Erfolg in Bezug auf Widerstandsfähigkeit der Rohre. Eine Übersicht der Feldgeschütze der größern europäischen Staaten gewährt die Tabelle auf S. 219.
Die Anfertigung der Geschütze
geschieht in staatlichen Geschützgießereien oder Privatfabriken. Bronzene und eiserne Rohre werden gegossen, stählerne gegossen und geschmiedet. Für den Guß wird eine Form aus Lehm hergestellt, die, nachdem sie gebrannt ist, in eine Dammgrube senkrecht, mit der Mündung nach oben, eingesetzt wird. Die Rohre werden entweder voll oder über einen die Seele bildenden Kern und über der Mündung um 0,7-1 m länger gegossen, damit der obere Teil des Gußstückes, welcher in der Regel poröser ist, nicht einen Teil des Rohrkörpers bilde (der verlorne Kopf). Stahlrohre werden bei Krupp aus Tiegeln gegossen und
[* 1] ^[Abb.: Fig. 7. Bogenzüge.] ¶
mehr
Die Feldgeschütze der größern europäischen Staaten.
Deutschland | Frankreich | Italien | Österreich | Rußland | Spanien | England | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
leichtes C/73 | schweres C/73 | 80 mm C/77 | 90 mm C/77 | 7 cm C/74 | 9 cm C/76 | 8 cm C/75 | 9 cm C/75 | leichtes C/77 | schweres C/77 | 8 cm C/78 | 9 cm | 16-Pfünder C/74 | 13-Pfünder C/82 | 12-Pfünder | 22-Pfünder | |
Kaliber Millim. | 78.5 | 88 | 80 | 90 | 75 | 87 | 75 | 87 | 87 | 106.7 | 78.5 | 87 | 94.4 | 76.2 | 76.2 | 89 |
Aufbau des Rohrs | Mantelrohr | Ringrohr | Hartbronze | Mantelrohr | Hartbronze | Mantelrohr | Hartbronze | Gußstahl | Mantelrohr | |||||||
Rohrmetall | Gußstahl | Gußstahl, Ringe, Puddelstahl | Hartbronze | Gußstahl | Hartbronze | Gußstahl | Stahl, Mantel aus Schmiedeeisen | |||||||||
Verschlußsystem | Rundkeil | Schraubenverschluß | Rundkeil | Flachkeil | Rundkeil | Rundkeil | Vorderlader | Schraubenverschluß | ||||||||
Rohrgewicht Kilogr. | 390 | 450 | 425 | 530 | 300 | 492 | 299 | 487 | 438 | 617 | 372 | 516 | 609 | 406 | - | 545 |
Geschoßführung | Hartblei, Kupfer in der Einführung | Kupferband | Kupferringe | Kupferringe | Kupferband | Kupferringe | Bronze-Ailetten | Kupfer-Ailetten | Kupfer | |||||||
Art der Granate | Ringgranate | Doppelwand | Ringgranate | Ringgranate | Ringgranate | Ringgranate | einfache | Doppelwand | ||||||||
Gewicht der Granate Kilogr. | 5.07 | 7.0 | 5,825 | 8,015 | 4.20 | 6.70 | 4,309 | 6,397 | 6.9 | 12.5 | 4.60 | 6.40 | 7,343 | 5.89 | - | 9.98 |
Gewicht im Schrapnell Kilogr. | 5,439 | 9,002 | 5.97 | 8.16 | 4.20 | 6.70 | 4.66 | 7,082 | 6.9 | 12.5 | 4.60 | 7.10 | 7.84 | 5.19 | - | - |
Füllkugeln im Schrapnell Stück | 175 | 270 | 93 | 92 | 103 | 177 | 105 | 165 | 165 | 340 | 92 | - | 72 | 116 | - | 234 |
Geschützladung Kilogr. | 1.25 | 1.50 | 1.50 | 1.90 | 0.85 | 1.45 | 0.95 | 1.50 | 1,396 | 1,841 | 1.25 | 1.50 | 1,361 | 1.42 | 1,814 | 3.4 |
Anfangsgeschwindigkeit Meter | 465 | 444 | 490 | 455 | 421 | 454 | 422 | 448 | 442 | 373.4 | 490 | 455 | 411 | 486 | - | 538 |
Lebendige Kraft Meter | 55.9 | 70.4 | 68.5 | 83.9 | 58 | 71.0 | 39.2 | 65.6 | 68.7 | 88.6 | 56.3 | 65.3 | 63.1 | 73.2 | 78.7 | 149.4 |
Schußweite der Granate Meter | 6800 | 7000 | 7000 | 7000 | - | 5600 | 4500 | 4500 | 6400 | 5334 | 6000 | 6000 | 3800 | - | - | - |
Schußweite des Schrapnells Meter | 3500 | 3500 | 5000 | 5000 | 2600 | 2800 | 2250 | 2250 | 3414 | 3200 | 2400 | 2400 | 3800 | - | - | - |
Geschütze der Batterie | 6 | 6 | 6 | 6 | 8 | 8 | 8 | 8 | 8 | 8 | 6 | 6 | 6 | 6 | - | - |
Schußzahl der Batterie pro Geschütz | 152 2/3 | 134 2/3 | 161.5 | 150.5 | 142 | 130 | 146 | 123 | 165 | 126 | 120 | 103 | 100 | 144 | - | - |
dann unter dem Dampfhammer [* 11] geschmiedet. Das Ausbohren und Abdrehen der Rohre geschieht durch Bohrmaschinen [* 12] und Drehbänke, das Ausschneiden der Züge auf einer Ziehbank mit Teilscheibe. Vor ihrer Ablieferung werden die Rohre in Bezug auf Abmessungen und Beschaffenheit des Metalls sorgfältig nach festgesetzten Vorschriften untersucht, nächstdem angeschossen, d. h. es werden eine bestimmte Anzahl Schüsse mit bestimmten Ladungen und Geschossen aus dem Rohr gethan, wobei gleichzeitig die Trefffähigkeit festgestellt wird.
Die Bronze ist [* 13] ihrer bedeutenden Zähigkeit wegen ein sehr geschätztes Geschützrohrmetall; dazu kommt, daß unbrauchbare bronzene Rohre sich mit geringer Entwertung des Metalls zum Neuguß wieder verwenden lassen; dagegen sind sie leicht zu beschädigen, büßen auch infolge baldigen Ausschießens durch Ausschmelzen des Zinns aus der Bronze nach und nach an Treffsicherheit ein. Zur Vermeidung der Zinnausscheidungen beim langsamen Erkalten des Gußstückes gießt man jetzt die Rohre, damit sie schnell erstarren, in eisernen Schalen.
Der Herstellung von Geschützen nach dem Uchatiusschen Verfahren liegt gleichfalls der Guß in eisernen Schalen über einen Kern zu Grunde. Für die 8,7 cm Rohre wird die Seele auf 8 cm ausgebohrt und dann durch Hineinpressen von verschieden starken Stahlcylindern auf 8,7 cm erweitert. Die Bronze (92 Proz. Kupfer, [* 14] 8 Proz. Zinn) nahe der Seelenwand erhält durch diese Verdichtung eine Festigkeit [* 15] ähnlich dem Gußstahl, daher ihr Name Stahlbronze, und das Rohr in Bezug auf Widerstand beim Schießen ähnliche Eigenschaften wie die beringten Rohre (künstliche Metallkonstruktion). In Rücksicht auf ihre Billigkeit werden auch in Deutschland seit 1878 alle Bronzerohre nach diesem Verfahren hergestellt.
Die Bronze wird hier aber Hartbronze genannt. Gußeiserne Rohre sind sehr billig, bieten aber den gegen früher sehr gesteigerten Geschützladungen gegenüber ungenügende Widerstandsfähigkeit und werden daher nicht mehr gefertigt. Das beste Geschützmetall für alle Geschütze ist der Gußstahl; seiner so ausgedehnten Verwendung steht nur sein hoher Preis entgegen. Durch Versuche und Rechnung ist nachzuweisen, daß bei Massivrohren (d. h. aus Einem Stück bestehenden) die äußern Schichten der Wandung durch den Gasdruck in viel geringerm Grad in Anspruch genommen werden als die innern, und zwar um so weniger, je größer die Metallstärke im Verhältnis zum Seelendurchmesser ist.
Eine gleichmäßige Inanspruchnahme aller Schichten der Rohrwandung zum Widerstand gegen den Gasdruck wird dadurch erreicht, daß die äußern Rohrschichten die innere in einem von außen nach innen steigenden Druck zusammenpressen. Schiebt man auf eine cylindrische Röhre einen durch Erwärmen erweiterten Hohlcylinder, dessen innerer Durchmesser vorher (in kaltem Zustand) kleiner ist als der äußere der innern Röhre, so wird beim Erkalten diese zusammengedrückt, jener entsprechend ausgedehnt werden.
Zieht man in ähnlicher Weise noch einen dritten Cylinder auf, so wiederholt sich dieselbe Wirkung. Auf diese Weise läßt sich bei richtiger Bemessung der Schrumpfmaße die Spannung der innern Schichten den obigen Grundsätzen gemäß regeln. Theoretisch wäre es vorteilhaft, dem Rohr möglichst viele Ringlagen zu geben; aus technischen Gründen und praktischen Erfahrungen empfiehlt sich deren Beschränkung auf 1-3 Lagen. Diesen Rohraufbau hat man die künstliche Metallkonstruktion und die nach ihren Grundsätzen gefertigten Rohre Ring- [* 16] oder Mantelrohre genannt. Bei erstern bildet die ¶