Kasematten-,
Turm-,
Bug-,
Heck-, Breitseit-,
Batterie-, Oberdecksgeschütze sind solche, die in
Kasematten, in
Panzertürmen der
Landbefestigungen und
Schiffe,
[* 4] im
Bug,
Heck, auf den Breitseiten, in der
Batterie oder auf dem Oberdeck von
Schiffen ihre
Aufstellung finden. Gebirgsgeschütze werden zerlegt auf Tragtieren fortgeschafft und kommen im
Gebirgskrieg (s. d.)
zur Verwendung. Panzergeschütze sind
Geschütze schweren
Kalibers, in der
Regel erst von 21 (in
Deutschland
[* 5] schon von 15)
cm beginnend, welche vermöge der bedeutenden Durchschlagskraft ihrer
Geschosse
[* 6] geeignet sind, Eisenpanzerungen
zu durchdringen, die daher sowohl zur
Küsten- als zur Schiffsartillerie gehören.
Ausfallgeschütze sind
Feldgeschütze, die, zu
Batterien, ähnlich den Feldbatterien, formiert, bei den
Ausfällen aus einer
belagerten
Festung
[* 7] ihre Verwendung finden. Flankengeschütze sind
Geschütze kleinen
Kalibers, die zur Flankierung der
Gräben in
Festungen und auf den
Flügeln der Angriffsarbeiten bei Belagerungen aufgestellt und vorzugsweise mit
Kartätschen
gegen stürmende
Truppen ausgerüstet sind; auch werden
Revolverkanonen als solche verwendet.
Die
Geschütze werden aus
Gußeisen,
Bronze,
[* 9]
Gußstahl oder Schmiedeeisen, auch aus zweien dieser
Metalle zugleich
gefertigt, z. B. aus
Gußeisen mit schmiedeeisernen oder stählernen
Ringen (französische
Marinegeschütze) oder aus einem
Stahlkern, mit schmiedeeisernen
Ringen umgeben
(England). Die Bohrung des
Geschützes heißt
Seele, ihr
Durchmesser das
Kaliber.
Die Geschützrohre werden nach ihrem
Kaliber benannt, und man drückt dies entweder nach dem
Gewicht einer eisernen
Vollkugel
von gleichem
Durchmesser in
Pfunden, 4-, 6-, 12-, 24-Pfünder etc., oder nach dem
Durchmesser in
Zentimetern
aus, 8, 9, 12, 15
cm etc.
LetztereArt ist jetzt die gebräuchlichste. In
England werden die
Geschütze unter 7
ZollKaliber nach
dem Geschoßgewicht, darüber nach dem
Kaliber in
Zollen und über 5
Tonnen schwer
nach dem Rohrgewicht
in
Tonnen (à 1015,65 kg) benannt. Je nachdem die
Geschütze von vorn oder hinten geladen werden, nennt man sie Vorder- oder
Hinterlader; erstere können sowohl glatt als gezogen sein, letztere sind stets gezogen, d. h.
in die Seelenwand sind flache Vertiefungen,
Züge, spiralförmig, also Schraubengänge bildend, eingeschnitten, die
den
Zweck haben, dem
Geschoß eine Drehung um seine Längenachse zu geben (s.
Flugbahn).
Die Mittellinie der
Seele, Seelenachse, soll bei richtig gearbeiteten
Rohren mit der Rohrachse zusammenfallen. Zur
Verbindung
des
Rohrs mit der
Lafette dienen die
Schildzapfen, walzenförmige Angüsse zu beiden Seiten des
Rohrs, deren
Achse, Schildzapfenachse,
senkrecht zur Rohrachse stehen muß. Der Schnittpunkt beider heißt der Lagerpunkt; liegt derselbe unter
der Rohrachse, so heißt er versenkt, wie bei den ältern preußischen
Festungs- und den österreichischen
Feldgeschützen.
Die
Lage der
Schildzapfen gibt dem
Rohr entweder Hintergewicht, damit es auf der Richtsohle aufliege und ihren
Bewegungen folge,
oder hält das
Rohr im
Gleichgewicht,
[* 10] um den schädlichen Einfluß des Buckens (Abprallens des
Rohrs von der
Richtsohle beim
Schießen)
[* 11] auf die Richtmaschine abzuschwächen. Die Mündung des
Rohrs ist häufig verstärkt durch den Geschützkopf,
der bei ältern
Rohren eine bedeutende
Höhe erreicht, bei den neuern entweder nur klein ist, oder auch ganz fehlt,
weil er das Bucken vermehrt.
Der Teil des Geschützrohrs vom
Kopf bis zu dem Teil, an dem die
Schildzapfen sitzen,
Mittel- oder Zapfenstück: wird das Langefeld
genannt; an das Mittelstück schließt sich nach hinten das Bodenstück an, welches bei Vorderladern in der
Traube endigt,
die zur leichtern Handhabung desRohrs dient. Einen gleichen
Zweck haben die Henkel
(Delphine), welche über
dem
Schwerpunkt
[* 12] älterer bronzener
Rohre stehen. Bei ältern
Rohren sind die genannten Rohrteile durch
Karniese,
Bänder oder
Rundstäbchen abgegrenzt; die neuern
Rohre bestehen in der
Regel nur aus einem konischen vordern und cylindrischen hintern
Teil.
Bei den Hinterladungsgeschützen ist in das Bodenstück das
Keil- oder Quercylinderloch eingeschnitten,
bestimmt, die gleichnamigen Verschlußteile aufzunehmen, um die
Seele hinten abzuschließen, den Seelenboden herzustellen.
In der
Nähe des Seelenbodens befindet sich entweder senkrecht zur Rohrachse oder schräg von hinten nach vorn gehend das
Zündloch, Oberzündung; in neuerer Zeit wird es in der Rohrachse durch den
Keil geführt, Zentralzündung.
Weil
Bronze und
Gußstahl leicht ausbrennen, haben
Rohre aus diesem
Metall einen Zündlochstollen aus
Kupfer.
[* 13] Um dem Geschützrohr
die
Richtung geben zu können, ist entweder vorn auf dem
Kopf, auf den
Schildzapfen, oder seitlich derselben auf dem
Rohr ein
Korn angebracht. Der zweite Teil der Richteinrichtung am Geschützrohr ist der
Aufsatz (s. d.).
Die Züge sind bei allen von gleicher Einrichtung, 1,3-2,6 mm tief, hinten 16-18 mm breit, vorn 3-5 mm schmäler. Man nennt sie
ihrer ungleichen Breite
[* 20] wegen Keilzüge; deren Zweck ist, den Widerstand der Geschoßführung auf die ganze
Rohrlänge zu verteilen. Parallelzüge sind vorn und hinten gleich breit. Die zwischen den Zügen stehen gebliebenen Teile
heißen Felder. Die Anzahl der Züge steigt mit dem Kaliber von 12 bei der 8 cm bis zu 36 bei der 28 cmKanone. Krupps
[* 21] 40 cmKanone
hat 96 Züge.
Die Ansteigung der Züge (Drallwinkel) liegt zwischen 2½- 4½ Grad. Die Dralllänge ist das Maß für die
einmalige Umdrehung der Züge, man pflegt sie in Anzahl Kalibern auszudrücken; sie muß abnehmen mit dem Wachsen der Ladung und
der Länge des Geschosses und zwar um so mehr, je kleiner das Kaliber ist; sie beträgt bei KruppsKanonen
etwa 28-45 Kaliber, erstere bei 9 cm, letztere bei 40 cmKanonen. Der hintere Teil der Seele, der Ladungsraum, ist glatt, bei
neuern Geschützen gezogen (Züge von etwa der halben Tiefe der gezogenen Seele), dient zur Aufnahme desGeschosses und der Pulverladung
und hat deshalb einen größern Durchmesser als die Seele in den Zügen; er muß sich in Rücksicht auf
Pulververwertung zur Länge des Ladungsraums wie 1:3-4,5 verhalten, wächst also, wenn man die Ladung desselben Kalibers steigert.
Dieses Verhalten des erweiterten Ladungsraums ist wissenschaftlich noch nicht erklärt. Vom Ladungsraum zum gezogenen Teil
führt der Übergangskonus. Die Seele wird hinten durch den Verschluß geschlossen, der seiner Konstruktion
nach entweder Kolben- oder Keilverschluß ist.
Ersterer ist älterer Art (9 cm) und besteht aus dem Verschlußkolben a
[* 16]
(Fig.
1), in der Seelenachse liegend, der seine Führung in der Verschlußthür b erhält. Senkrecht zur Seelenachse wird durch das
Rohr und den Verschlußkolben der Quercylinder c gesteckt, der dem Stoß der Pulverladung Widerstand bieten muß.
Die Handhabung geschieht mittels der Kurbel
[* 22] d. Der Keilverschluß ist entweder Doppel-
[* 23] oder Einheitskeil. Ersterer ist die
ältere Konstruktion; sein Konstruktionsprinzip ist folgendes
[* 16]
(Fig. 2): Zwei rechtwinkelige Keile a und e liegen mit den
schrägen Flächen aneinander, so daß Vorder- und Hinterfläche parallel laufen. Je nachdem man nun die schrägen Flächen
von- oder übereinander schiebt, vermindert oder vermehrt sich der Abstand der parallelen Vorder- und Hinterfläche und gestattet
das Herausziehen und Hineinschieben des Verschlusses oder das Öffnen und Schließen des Rohrs. Die Knebelschraube i
begrenzt das Herausziehen, so daß die Ladeöffnungen k in die Seele treten. Bei den Panzergeschützen mußte der Doppelkeilverschluß
seiner ungenügenden Widerstandsfähigkeit wegen durch den Kruppschen Einheitskeil, nach Form der hintern Keilfläche Rundkeil,
bei einigen aptierten Geschützen Flachkeil genannt, ersetzt werden. Er
[* 16]
(Fig. 3) ist ein ungeteilter prismatischer
Körper a aus Stahl, dessen vordere Fläche i senkrecht, dessen hintere k aber schräg zur Rohrachse steht.
Eine gleiche Form hat das Keilloch. Der Keil erhält seine Führung durch Führungsleisten und Nuten auf der obern und untern
Keil- und Keillochfläche, die parallel der hintern schrägen Keilfläche laufen, wodurch es möglich ist, nach geringer
Lockerung den Verschluß aus dem Rohr zu ziehen. Das Bewegen und Feststellen des Keils geschieht durch eine Kurbel b, die eine
Schraubenvorrichtung von eigentümlicher Konstruktion, aus der Verschlußschraube f und der Spindel c bestehend, in Drehung
setzt. Bei den Panzergeschützen wird der Verschluß seiner Schwere wegen (der 28 cm Verschluß wiegt 675 kg)
im Rohr durch eine Transportschraube bewegt.
Um die Seele vollständig gasdicht abzuschließen, bedarf man eines besondern Liderungsmittels. Beim Kolbenverschluß dient
hierzu der Preßspanboden, ein flaschenbodenähnlicher Napf aus mehrfachen Lagen sehr fester Preßspanpappe. Beim Keilverschluß
ist in die Stahlplatte eine Kupferliderung
[* 16]
(Fig. 2: m