in der
Diplomatie war es bis in die neueste Zeit zumeist die französische. Jetzt ist die betreffende Landessprache auch in der
Diplomatie die Geschäftssprache, und es kann sich derselben jede
Regierung zu ihren Äußerungen bedienen, muß jedoch die Mitteilungen andrer
Regierungen ebenfalls in deren
Sprache
[* 2] entgegennehmen. In
Staaten mit
Bevölkerung
[* 3] verschiedener
Nationalitäten
gibt die
Wahl der Geschäftssprache leicht zu
KlagenAnlaß, so in
Österreich
[* 4] und in den preußisch-polnischen Landesteilen.
die den jedesmaligen
Geschäften angemessene Art des schriftlichen
Ausdrucks. Man unterscheidet einen
höhern Geschäftsstil (Kurial-,
Kanzleistil), der wieder in Hofstil und Gerichtsstil zerfällt, und gemeinen oder niedern
Geschäftsstil für das gewöhnliche Geschäftsleben unter
Privaten. Die früher sehr gebräuchlichen nutzlosen Förmlichkeiten sind in der
neuern Zeit aus dem Geschäftsstil meist verschwunden, als dessen Hauptregeln
Kürze und
Klarheit anzusehen sind. Neuere
Verordnungen haben
vielfach den Behörden die
Führung eines möglichst einfachen und klaren Geschäftsstils zur
Pflicht gemacht, und der
Ausdruck Kurial- oder
Kanzleistil wird jetzt nicht selten in tadelndem
Sinn gebraucht, um eine mit veralteten
Floskeln belastete,
ungenießbare Schreibweise zu bezeichnen.
(franz.
Chargés d'affaires accrédités auprès des ministres chargés des affaires étrangères),
Bezeichnung derjenigen
Gesandten (s. d.), welche nicht bei dem Staatsoberhaupt selbst, sondern nur
bei dem
Minister der auswärtigen Angelegenheiten beglaubigt sind.
von seiten eines Beamten für eine in sein
Amt einschlagende,
an sich nicht pflichtwidrige
Handlung wird
nach dem deutschen
Reichsstrafgesetzbuch (§ 331) mit
Geldstrafe bis zu 300
Mk. oder mit Gefängnis von einemTag
bis zu sechs
Monaten bestraft. Nach gemeinem deutschen
Strafrecht war eine derartige Geschenkannahme nicht kriminell strafbar, während
die Partikulargesetzgebung einzelner deutscher
Staaten, namentlich das preußische
Strafgesetzbuch, dieselbe mit öffentlicher
Strafe bedrohte.
Das deutsche
Strafgesetzbuch zählt die Geschenkannahme zu den
Verbrechen und
Vergehen im
Amte. Dabei ist aber zu beachten, daß
die Geschenkannahme nur dann als strafbar erscheint, wenn das
Geschenk gerade für die
Handlung gegeben wurde, also die
Handlung mit dem
Geschenk in einem ursachlichen Zusammenhang steht, so daß also namentlich die an Unterbeamte gelegentlich dienstlicher
Verrichtungen derselben verabfolgten
Trinkgelder nicht unter den § 331 des
Strafgesetzbuchs zu subsumieren sind.
Wird dagegen ein
Geschenk für eine Diensthandlung eines Beamten gegeben, angeboten oder versprochen, resp.
angenommen oder gefordert, welche eine
Verletzung derAmts- oder
Dienstpflicht enthält, so geht die
Handlung in das schwerere
Verbrechen derBestechung (s. d.) über. Das Empfangene oder der Wert desselben ist bei
der strafbaren Geschenkannahme für den
Staat verfallen zu erklären.
(lat.
Historia), ein viel umfassender
Ausdruck, mit dem im gewöhnlichen
Leben (seiner Abstammung von »geschehen«
entsprechend) jede nach irgend welchen
Gesichtspunkten zu einer
Einheit zusammengefaßte
Summe von in der Zeit sich vollziehenden
Begebenheiten bezeichnet wird. Allein für den technisch-wissenschaftlichen
Gebrauch erhält das
Wort eine
viel tiefere Bedeutung. Hier steht im
Gegensatz zu der Geschichte die
Natur, und mit den beiden
WortenNatur und Geschichte umfassen wir die
Gesamtheit aller
Erscheinungen.
Diese beiden
Ausdrücke aber verhalten sich zu einander wie die umfassendsten unserm
Geist eigentümlichen
Formen unsrer
Anschauung,
wie
Raum und Zeit. In der einen
Reihe von
Erscheinungen tritt unserm
Geiste das
Moment des Nebeneinanderseins,
das Räumliche, in einer andern das des Nacheinanderseins, das Zeitliche, näher. Ersteres ist bei den
Erscheinungen der
Natur
der
Fall, wo die
Bewegung sich in stetigem
Wechsel, in periodischer Wiederkehr vollzieht, wo, wie bei den
Umläufen der
Himmelskörper, die gleiche
Bewegung sich immer aufs neue wiederholt; letzteres da, wo in der
Bewegung ein kontinuierlicher
Fortschritt hervortritt. Ein solcher vollzieht sich aber (unserm
Geist erkennbar) nur in den
Erscheinungen des Menschenlebens;
nur von ihnen, nur von der menschlich-sittlichen
Welt wird deshalb der
Ausdruck in seinem wissenschaftlichenSinn
gebraucht. Dieses
Werden und Sichentwickeln der sittlichen
Welt forschend zu verstehen, die Vergangenheit zu begreifen aus
dem, was in der Gegenwart von ihr noch unvergangen ist, das ist die Aufgabe der
Wissenschaft der Geschichte.
Je nach dem
Umfang des Gewordenen, das die Geschichtsforschung zu verstehen sucht, kann man die Geschichte äußerlich
einteilen in
Spezial-,
Partikular- und
Universal- oder
Weltgeschichte. Die Spezialgeschichte oder
Monographie stellt danach eine
einzelne geschichtliche
Erscheinung ihren
Ursachen, ihrem Verlauf, ihrer
Stellung zu andern oder zu einer Gesamtheit solcher
und ihrer Bedeutung nach dar. Sie ist
Biographie oder
Lebensbeschreibung, wenn sie das
Leben eines Einzelnen
in seiner
Entwickelung, seinem
Thun und
Leiden
[* 7] und seiner Wechselbeziehung zur Zeit schildert. Die Partikulargeschichte führt
uns die für einen engern oder weitern Lebenskreis, eine Stadt, eine
Landschaft, ein
Volk, einen
Staat, wichtigen und folgenreichen
Begebenheiten vor
Augen.
¶
mehr
Die Universal- oder Weltgeschichte verarbeitet die in den Spezial- und Partikulargeschichten gewonnenen Ergebnisse zu einem
nach räumlichen und zeitlichen Verhältnissen wohlgeordneten Ganzen. Sie soll uns die Zustände des gesamten menschlichen
Geschlechts, wie sie sich im Lauf der Zeiten gestaltet haben, nach ihren wichtigsten Beziehungen und bedeutungsvollsten Erscheinungen
kennen lehren und so gleichsam die Krone bilden, in welcher alle Strahlen geschichtlicher Darstellung zusammenfließen.
Die Weltgeschichte ist hierdurch schon auf eine philosophische Betrachtungsweise hingewiesen, ja sie kann sich zu einer Philosophie
der Geschichte entwickeln, welche in der Geschichte eine aufsteigende Entwickelungslinie nach einem bestimmten
Ziel zu erkennen strebt. Diese teleologische Auffassung, als deren bedeutendste Vertreter Herder, Kant,
Fichte,
[* 9] W. v. Humboldt, Hegel u. a. zu nennen sind, wird freilich von denen bekämpft, welche, wie schon Machiavelli, dann Hellwald,
Schopenhauer, Hartmann u. a., die Geschichte nur als einen im ewigen Kreislauf
[* 10] sich bewegenden Naturprozeß, als ein Spiel blinder Naturkräfte
betrachten, während die religiöse Geschichtsbetrachtung in der Geschichte nur Veranstaltungen
Gottes sieht, um den Einzelnen zum Heil oder die Menschheit unter der Leitung der Kirche zur Einigung mit Gott zu führen. Eine
neuere Richtung der Geschichtsphilosophie strebt danach, die Gesetzmäßigkeit der geschichtlichen Erscheinungen aufzusuchen
und ihren Mechanismus zu studieren. Die Vertreter dieser letztern sind in Deutschland
[* 11] Herbart und Lazarus,
in FrankreichQuételet und Comte, in EnglandStuart Mill und Buckle. Diese wissenschaftlichen Studien sind freilich noch in ihren
Anfängen (s. unten Litteratur).
Schon aus dem Zweck der Universalgeschichte ergibt sich, daß nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der uns erhaltenen Nachrichten
den Stoff der Weltgeschichte bilden kann; denn die Weltgeschichte hat nur von denjenigen ThatsachenNotiz
zu nehmen, welche aus dem Kulturleben der Menschheit entweder direkt hervorgegangen sind, oder dasselbe unmittelbar betroffen,
oder wenigstens mittelbar in günstiger oder ungünstiger Weise beeinflußt haben. Man pflegt diejenigen Völker, welche das
Kulturleben der Menschheit vorzugsweise repräsentieren, im engern Sinn des Wortes geschichtliche Völker
zu nennen.
Soll nun die Weltgeschichte ein Bild der Menschheit vor uns aufrollen, so wird sie nicht umhin können, bei der besondern Entwickelung
der Hauptvölker, solange sie Träger
[* 12] der menschlichen Kultur sind, zu verweilen und die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen
in dem Kulturleben der Völker zur Darstellung zu bringen. Die Universalgeschichte zerfällt aber in zwei
Hälften, in die alte und die neue. Der Grenzpunkt zwischen beiden, der natürlich nicht auf ein Jahr zurückgeführt werden
kann, ist da zu suchen, wo das Christentum unter den die damalige Kultur repräsentierenden Völkern zur Herrschaft gelangt
und damit die Entwickelung dieser Völker nach allen Beziehungen eine wesentlich andre Richtung erhält.
Die neue Geschichte teilt sich wieder in zwei Hälften, in die mittlere und in die neuere Geschichte im engern
Sinn, deren Scheidepunkt das Ende des 15. und der Anfang des 16. Jahrh. mit den damals
eintretenden, die bestehenden Verhältnisse erschütternden und zum Teil umgestaltenden großen Weltbegebenheiten
bildet. Keine dieser Perioden der Geschichte bildet aber in dem Sinn ein für sich abgeschlossenes Ganze, daß die eine etwa ohne die
Kenntnis der andern verstanden werden könnte; vielmehr ist die Geschichte des menschlichen Geschlechts ihrer Natur nach nur eine einheitliche,
jede Epoche derselben wird
durch die ihr vorangehenden ebenso bestimmt, wie sie selbst die ihr folgenden
bedingt. Die Einteilung der in Perioden hat daher eben nur den Zweck, die erdrückende Fülle des Stoffes in leichter zu übersehende,
weil einen kleinern Zeitraum umfassende Gruppen zu sondern.
Die Bedeutung der Geschichte für das praktische Leben leuchtet ein. Wie für den einzelnen Menschen, so ist nicht
minder für jede Gesamtheit von solchen (für das Volk, den Staat, das Heer, die Kirche etc.) Selbsterkenntnis die erste Bedingung
gedeihlicher Thätigkeit. Ein richtiges Bild ihrer selbst aber erlangt jede solche Gemeinschaft nur in dem Spiegel,
[* 13] den ihr
die Geschichte vorhält. Darum ist es das Studium der Geschichte, dessen vor allem der Staatsmann bedarf, den man mit
Recht den praktischen Historiker genannt hat.
Nicht in dem äußerlichen Sinn freilich darf der Staatsmann die Geschichte studieren, um daraus Analogien zu ziehen, um unter gewissen
gegebenen Verhältnissen etwa ebenso zu verfahren, wie man unter äußerlich ähnlichen (ihrem Wesen nach
aber vielleicht grundverschiedenen Verhältnissen) einst mit Glück verfahren ist: das würde zu schädlichem Doktrinarismus
in der Politik führen. Vielmehr ist für den Politiker das Verständnis der Gegenwart die erste Vorbedingung ersprießlicher
Wirksamkeit, und ebendarum bedarf er der Geschichte, denn nur sie vermag ihm dies Verständnis
zu gewähren.
Die Thätigkeit des Geschichtsforschers beginnt mit der Herbeischaffung des historischen Materials, welches uns ermöglicht,
die Vergangenheit zu verstehen. Dieses Material läßt sich in zwei große Klassen teilen. Entweder es ist aus jener Vergangenheit,
mit welcher der Forscher sich beschäftigt, unmittelbar erhalten, ohne daß es in der Absicht geschaffen
wurde, von dieser Vergangenheit spätern Geschlechtern Kunde zu geben (Überreste), oder es verdankt seine Entstehung der
ausgesprochenen Absicht, der Nachwelt eine Überlieferung von dem Geschehenen zu geben (Quellen).
Zwischen diesen beiden Klassen in der Mitte stehen die Denkmäler, welche Überreste und Quellen zugleich sind. Die Überreste
können sehr mannigfaltiger Art sein. Zu ihnen gehören die Ruinen geschichtlich merkwürdiger Städte, wie die von Palmyra,
Theben, Pompeji,
[* 14] die erhaltenen Kunstwerke alter Zeiten, die in Gräbern und an andern Orten gefundenen Waffen
[* 15] und Geräte, dann
auch Gesetze, Volksrechte, Beschlüsse von Versammlungen und Behörden, ja alle aus der Vorzeit stammenden
Sitten und Gebräuche eines Volkes als Produkte seines staatlichen und sozialen Lebens: ferner das, was uns von dem geistigen
Leben eines Volkes, seiner Sprache, seiner Religion und seiner Litteratur erhalten ist.
Und von welcher Bedeutung für die Erkenntnis des Kulturlebens einer Nation die Beschäftigung mit seiner Litteratur ist, das
bedarf kaum einer weitern Ausführung. Daß zu den Überresten endlich auch die in den Archiven aufbewahrten
Akten, Korrespondenzen, Gesandtschaftsberichte, Rechnungen etc. gehören, versteht sich von selbst.
Allen diesen Überresten ist eins gemeinsam: sind sie überhaupt echt, so bedürfen sie nur des richtigen Verständnisses,
um unmittelbar verwertbare, objektive Zeugnisse für die Vergangenheit zu sein, der sie entstammen.
Gerade dadurch unterscheiden sie sich von den Quellen, welche nicht die Dinge selbst, sondern nur eine subjektive, durch das
Medium menschlicher Auffassung gehende und von ihm getrübte Überlieferung von den Dingen geben. Ob die Quellen mündlich oder
schriftlich überliefert sind, ist kein prinzipieller Unterschied.
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