Abzug erfolgt ist, wofür allerdings eine angemessene
Frist gesetzt werden kann; wird der Gesandte aber bei Fortdauer der freundschaftlichen
Verhältnisse abberufen, so verabschiedet er sich unter Überreichung des Abberufungsschreibens in ähnlicher
Weise, wie er
sich vorstellte, und erhält zur Bestätigung seines Verhaltens ein sogen. Rekredentialschreiben,
auch wohl
Geschenke, in der neuern Zeit in der
Regel einen
Orden.
[* 2]
Gaben ausbrechende Feindseligkeiten die
Veranlassung zur
Abberufung, so fordert oder erhält der Gesandte seine
Pässe.
Beim Ableben eines Gesandten wird die
Versiegelung
seines
Nachlasses durch seinen etwanigen Vertreter oder durch den Gesandten einer dritten befreundeten Macht vollzogen, und
nur im Notfall würde der beschickte
Staat sich derselben unterziehen.
Die von dem Gesandten vorzunehmenden
Geschäfte richten sich nach dem ihm mittels mündlicher oder schriftlicher
Instruktion
oder mittels ausdrücklicher
Vollmacht erteilten Auftrag, für dessen Vollziehung er selbstverständlich, wie jeder Staatsdiener,
seinem Auftraggeber verantwortlich ist. Die Verbindlichkeit seiner
Handlungen für diesen aber ist lediglich nach der
der auswärtigen Macht mitgeteilten
Vollmacht zu beurteilen, welcher gegenüber auf geheime
Instruktion sich zu beziehen ebenso
unredlich wie vergeblich wäre.
In der
Regel wird bei Vertragsschlüssen die Ratifikation vorbehalten, und es ist ein solcher Vorbehalt der
Vollmacht häufig
eingefügt. Gesandte mit
Vollmacht ohne diesen Vorbehalt heißen Plénipotentiaires. Die bei den Gesandtschaften
vorkommenden
Geschäfte zerfallen zunächst in Kabinettsarbeiten,
Verhandlungen mit dem beschickten
Staat und
Kommunikationen
mit der eignen
Regierung. Die
Verhandlungen mit dem beschickten
Staat betreffen entweder
Staats- oder Privatangelegenheiten und
werden bald unmittelbar (jedoch jetzt selten) mit dem Staatsoberhaupt selbst, bald mit dem
Minister der auswärtigen Angelegenheiten
oder mit besonders dazu erwählten
Kommissaren, zuweilen auch durch einen Dritten als Vermittler und,
hinsichtlich der Form, entweder schriftlich
(Noten,
Memoiren) oder mündlich
(Audienzen,
Konferenzen) gepflogen.
Über mündlich Verhandeltes wird in der
Regel eine
Verbalnote oder ein
Protokoll oder ein
Aperçu de conversation zu etwaniger
weitere ^[richtig: weiterer]
Kommunikation oder Auswechselung aufgesetzt. Die
Kommunikationen mit der eignen
Regierung sind teils regelmäßige, teils außerordentliche; erstere finden gewöhnlich in gewissen Zeitabschnitten,
z. B. alle
Monate,
Quartale etc., letztere bei besondern Veranlassungen statt. Beide geschehen entweder mündlich
(bei sehr einflußreichen Ereignissen), oder schriftlich durch
Berichte an das Staatsoberhaupt, regelmäßig jedoch an den
Minister des
Auswärtigen, oder mittels des
Telegraphen.
[* 3] In besonders wichtigen
Dingen bedient sich der Gesandte zu
seinen
Berichten, wie die
Regierung zu ihren Antworten, Aufträgen, Befehlen,
Instruktionen etc., der
Geheimschrift (s.
Chifferschrift).
Die gesandtschaftlichen
Korrespondenzen werden entweder durch die
Post, oder durch
Kuriere, oder durch den
Telegraphen mittels
chiffrierter
Depeschen besorgt. Diese
Korrespondenz genießt dieselbe Unverletzbarkeit und
Freiheit wie
die
Person des Gesandten selbst. Die zuweilen vorgekommene
Verletzung des Briefgeheimnisses ist des
Staats unwürdig. Über
die Verhandlungskunst der Gesandten s. den
ArtikelDiplomatie. - In seinen
Geschäften wird der Gesandte durch verschiedene von seiner
Regierung angestellte Hilfsarbeiter unterstützt.
Dazu gehören die
Botschafts- oder
Legationsräte (conseillers d'ambassade), die
Übersetzer (secrétaires
interprètes, déchiffreurs), der
Dolmetsch
(Dragoman, trucheman),
Subalterne (employés), die teils zur Unterstützung, teils
zur eignen Belehrung arbeitenden
Attachés (commis attachés), die erforderlichen
Kanzlisten, Rechnungsbeamten, Kanzleidiener
etc. Zur Vermittelung des
Verkehrs mit der
Heimat dienen
Kuriere und
Feldjäger. In neuerer Zeit werden häufig Militärbevollmächtigte
und zu besondern
Geschäften auch andre Fachmänner beigegeben.
Des Prunks halber wurde früherhin dem Gesandten ein Zeremonialpersonal, Gesandtschaftsmarschall, Gesandtschaftskavaliere
(gentilshommes d'ambassade), Edelknaben,
Haiduken,
Schweizer etc., beigegeben.
Alle diese
Personen, ingleichen der etwa beigegebene
Gesandtschaftsarzt, der
Geistliche (aumônier), die Hausoffizianten und Livreediener des Gesandten wie auch dessen
Familie,
stehen unter dem
Schutz desVölkerrechts und nehmen an der
Exterritorialität des Gesandten teil.
Die völkerrechtliche
Eigenschaft der außer den eigentlichen Gesandten vorkommenden
Agenten und
Kommissare (s.
oben) ist durchaus
unbestimmt; es läßt sich nur so viel sagen, daß denselben, insofern sie überhaupt in Staatsangelegenheiten mit den
Organen
des fremden
Staats verkehren, von diesem persönliche Unverletzbarkeit und ein sicherer Geschäftsverkehr
mit der
Heimat zugestanden werden.
ist
Steigerung des musikalischen
Elements (der
Vokalisation, des
Tonfalles) der
Rede. Je geringer der
Affekt ist,
welchen der Gesang zum
Ausdruck bringt, desto mehr wird derselbe der wirklichen
Rede noch nahestehen, so im
Parlando, im Rezitativ,
überhaupt in einer schlichten erzählenden oder beschreibenden Vortragsweise. Dagegen wird der gesteigerteAffekt
die
Melodie mehr oder weniger vom
Wort und seinem
Rhythmus emanzipieren und charakteristische, rein musikalische Ausdrucksformen
annehmen, so in den Jubilationen des Hallelujahgesangs der ältesten christlichen
Kirche, so im wortlosen
Jodler des Naturgesangs,
so im kolorierten Gesang der Kunstmusik, besonders in der
Oper.
Eine
Grenze zu ziehen, wie weit die
Steigerung gehen darf, ist nicht möglich. Ganz unberechtigte
Willkür
ist es, die
Koloratur zu verbannen; dagegen muß man allerdings eine übermäßig gehäufte Anwendung derselben von ästhetischen
Gesichtspunkten aus verwerfen. Die
Koloratur ist die höchste
Steigerung des
Accents und muß als solche behandelt werden
(Wagner
hat auch hier das
Rechte getroffen; wo bei ihm Melismen auftreten, kennzeichnen sie Höhepunkte der
Situation).
Die menschliche
Stimme ist das vollendetste und höchststehende
Musikinstrument, aber nur wenige Stimmbegabte haben von der
Natur gleich die rechte Art des
Singens mit erhalten, und auch die beste
Stimme ist nichts wert, wenn sie schlecht behandelt
wird. DasSingen ist eine
Kunst, die außer natürlicher Begabung auch
Schule voraussetzt. Bis zum 17. Jahrh.,
d. h. bis zum Aufschwung der weltlichen
Musik
(Oper), war die
Kirche fast allein die Stätte des Kunstgesangs. Bereits im frühen
Mittelalter sorgte sie für die
Ausbildung guter
Sänger, und schon
PapstHilarius (5. Jahrh.) soll zu
Rom
[* 4] eine Sängerschule errichtet haben. Die ältern
Kirchengesänge waren reich an
¶
mehr
Verzierungen und Koloraturen, welche den fränkischen Sängern gar nicht glücken wollten. Karl d. Gr. sandte daher wiederholt
Sänger zur Ausbildung nach Rom und ließ sich Gesanglehrer vom Papst schicken; so wurden zu St. Gallen und Metz
[* 6] die ersten Sängerschulen
nach römischem Muster errichtet. Die Zahl der Sängerschulen wuchs später außerordentlich, und schließlich
war mit jeder Kirche, die einen Sängerchor unterhielt, eine Gesangschule verbunden.
Die Ausführung der Gesänge der Blütezeit des Kontrapunktes erforderte so viele Kenntnisse von den Sängern, daß eine Reihe
von Jahren erforderlich war, sie zu erlernen, d. h. Knaben mutierten, ehe sie ordentlich mitsingen konnten. So kam es, daß
die Knaben aus den Chören bald ganz verschwanden und entweder Falsettisten (tenorini) oder Kastraten an
ihre Stelle traten; den Gesang der Frauen verbot die Kirche. Noch mehr Kunstfertigkeit hatten die Sänger zu zeigen Gelegenheit
beim sogen. Contrapunto alla mente (Chant sur le livre, extemporierter Kontrapunkt über einen Tenor des Chorals), der
sich vom 13. bis ins 16. Jahrh. hielt; da ergingen sie sich in Läufen, Trillern etc. nach Herzenslust.
Die Sänger der päpstlichen Kapelle wie die der Hofkapellen in Wien,
[* 7] Paris,
[* 8] London
[* 9] etc. waren aber zugleich die bedeutendsten
Komponisten ihrer Zeit und daher wohl imstande, einen guten Kontrapunkt zu improvisieren. Die Oper bot den
sangeslustigen Italienern ein neues Feld, und da mit der Einführung des neuen Stils die alten Mensurbestimmungen der vereinfachten
heutigen Notierungsweise Platz machten, so war Sänger sein nicht mehr so schwer wie vordem. Die eigentliche Blüte
[* 10] der Gesangsvirtuosität
datiert daher seit der ersten Blüte der italienischen Oper (Mitte des 17. Jahrh.).
Die älteste Anleitung zum Singen ist die Vorrede Caccinis zu seinen »Nuove musiche« (1602); die trilli, gruppi und giri
spielen darin bereits eine große Rolle. Ein noch heute in hohem Ansehen stehendes Werk sind Tosis »Opinioni de' cantori antichi
e moderni« (1723; deutsch von Agricola, 1757). Wie der virtuose Gesang selbst, so fand nun auch die Schulung
für denselben ihre Stätte außerhalb der Kirche, und es waren teils berühmte Sänger selbst, teils berühmte Opernkomponisten,
welche Gesangschulen errichteten.