mehr
auch einen mehr oder weniger entwickelten Geruchssinn. Beständig im Wasser lebende Tiere können aber natürlich keine Geruchsempfindungen haben, welche denen der Lufttiere vollkommen entsprechen; dieselben werden mehr den Geschmacksempfindungen analog sein, wie denn überhaupt die Eindrücke beider Sinne manches Gemeinsame haben. Bei den Fischen ist aber das Geruchsorgan so deutlich ausgebildet, daß man bei ihnen auch wirklich Geruchsempfindungen voraussetzen muß, obwohl direkte Beobachtungen darüber noch nicht gemacht wurden oder wenigstens nicht entschieden haben.
Hühner
[* 2] und sperlingsartige
Vögel
[* 3] verraten einen stumpfen Geruchssinn, einen schärfern
die
Klettervögel,
[* 4] besonders die
Papageien,
die
Raub- und
Schwimmvögel,
[* 5] den schärfsten die
Sumpfvögel. Bei den
Säugetieren ist das Geruchsorgan weit
entwickelter als selbst bei dem
Menschen, und so äußern auch viele von ihnen unzweideutige
Spuren einer so hohen
Entwickelung
dieses
Sinnes, daß man selbst Bedenken tragen würde,
sie der
Wirkung desselben zuzuschreiben, wenn eine andre
Erklärung zulässig
und nicht die
Ausbildung ihrer Riechwerkzeuge dem entsprechend wäre. Man unterscheidet die
Säugetiere
hinsichtlich des Geruchssinns in solche, die spüren, und solche, die wittern. Bei dem
Spüren wird die
Luft willkürlich eingezogen,
und es geschieht mehr in der
Nähe; das Wittern wird mehr durch Einströmen der vom
Wind getriebenen
Luft in die Nasenlöcher
erregt und wirkt mehr in die
Ferne. Spürende
Tiere sind besonders die
Raub- und
Nagetiere.
[* 6] Zu den witternden
gehören die
Wiederkäuer,
[* 7]
Dickhäuter und
Einhufer.
Die Geruchsempfindungen besitzen keine definierbaren Qualitäten. Wir unterscheiden sie indes ziemlich scharf nach den einzelnen Stoffen, durch welche sie hervorgerufen werden, und wir pflegen sie auch nach diesen Stoffen zu bezeichnen. Eine Reihe von Empfindungen, welche durch die Nasenschleimhaut vermittelt werden, und welche man gewöhnlich für Geruchsempfindungen ausgibt, z. B. der stechende Geruch, sind nichts andres als Gemeingefühlsempfindungen, welche mit der spezifischen Energie des Riechnervs nichts zu schaffen haben.
Grundbedingung für die Geruchsempfindung ist natürlich ein vollkommen normales Verhalten der Endorgane des Riechnervs. Leichte katarrhalische Entzündungen der Nasenschleimhaut (Schnupfen) stören die Geruchsempfindung ganz erheblich. Wenn man, auf dem Rücken liegend, die Nasenhöhlen [* 8] mit Wasser gefüllt hat, so wird dadurch das Geruchsvermögen für einige Minuten vollständig aufgehoben. Ein gewisser Grad von Feuchtigkeit der Riechschleimhaut (er wird hervorgebracht durch die Schleimdrüsen) ist dagegen eine notwendige Vorbedingung für das Zustandekommen von Geruchsempfindungen.
Bei trockner
Nase,
[* 9] z. B. im Beginn des
Schnupfens, riechen wir entweder gar nichts, oder der Geruch ist wenigstens stark beeinträchtigt.
Geruchsempfindungen kommen ferner
nur dann zu stande, wenn die riechenden gasartigen
Stoffe in einem Luftstrom mehr oder weniger
rasch in die
Nase eingezogen werden. Stagniert dagegen die riechende
Luft in der Nasenhöhle, so haben
wir keine Geruchsempfindungen; ebensowenig dann, wenn der Luftstrom von der Mundhöhle her in die Nasenhöhle streicht.
Daß nur gasförmige Substanzen den Riechnerv zu erregen vermögen, beweist der Umstand, daß bei der Anfüllung der Nasenhöhle mit stark riechenden Flüssigkeiten, z. B. Eau de Cologne, keine Geruchsempfindungen wahrgenommen werden. Die Intensität der Geruchsempfindungen, welche durch verschiedene Stoffe hervorgerufen wird, ist außerordentlich verschieden. Je mehr die in die Nase eingezogene Luft von einem gewissen Riechstoff enthält, umso stärker ist natürlich die Empfindung davon; doch genügen außerordentlich geringe Mengen zur Hervorbringung einer Geruchsempfindung. So riecht die Luft noch nach Brom, wenn 1 ccm derselben nur noch 1/30000 mg Brom enthält, und nach Moschus, wenn der Nase noch weniger als 1/2000000 mg eines weingeistigen Moschusextrakts dargeboten wird; von Schwefelwasserstoff wird noch weniger als ein Milliontel in der Luft deutlich wahrgenommen.
Geradezu wunderbar erscheint die Feinheit des Geruchssinns in den Leistungen der Spürkraft mancher Tiere. Mit der längern Dauer des Geruchseindrucks ermüdet die Riechschleimhaut nach und nach. Wenn wir uns einige Zeit in einer riechenden Luft aufhalten, so verschwindet endlich die Geruchswahrnehmung für den beständigen Geruch, ohne daß dadurch die Fähigkeit für die Wahrnehmung andrer Gerüche abnimmt. Die Bezeichnung der Gerüche als angenehm oder unangenehm, die übrigens eine rein individuelle und willkürliche ist, beruht zum Teil auf Vorstellungen, die sich an die Geruchsempfindung anschließen.
Diese Vorstellungen wechseln schon mit den physiologischen Körperzuständen. Dem Hungrigen z. B. duftet eine Speise äußerst angenehm in die Nase, während bei dem Gesättigten dadurch Widerwille erregt wird.
Vgl. Cloquet, Osphresiologie oder Lehre [* 10] von den Gerüchen, von dem Geruchssinn etc. (Weim. 1824);
Bernstein, [* 11] Die fünf Sinne (Leipz. 1875);
v. Vintschgau, Physiologie des Geruchssinns (in Hermanns »Handbuch der Physiologie«, das. 1880);