mit großer
Wahrscheinlichkeit zugeschrieben wird, sind noch 725
Verse übrig; nach ihnen zu schließen, war Germanicus' Übersetzung
gelungener als die
Ciceros. Außerdem sind von Germanicus noch
Fragmente eines ähnlichen, nach dem
Griechischen bearbeiteten Gedichts
unter dem
Titel: »Diosemeia« oder »Prognostisa«
vorhanden. Auch sind noch einige lateinische und griechische
Epigramme erhalten, welche ihn vielleicht
zum Verfasser haben. Die Gedichte des Germanicus erschienen zuerst gedruckt
Bonn
[* 2] 1474, dann
Venedig
[* 3] 1488 und 1499. Der beste
Abdruck
ist von
Orelli besorgt, hinter dessen
Ausgabe des
Phädrus (Zür. 1831), und von Breyßig (Berl. 1867).
Nationalmuseum, ein deutsches Nationalinstitut, welches den Entwickelungsgang der deutschen
Kultur in
allen ihren
Richtungen anschaulich darlegen soll. Es wurde auf einer zu
Dresden
[* 5] unter dem Vorsitz
des spätern
KönigsJohann tagenden Versammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher auf
Antrag des
FreiherrnHans v.
Aufseß gegründet. Nach mancherlei
Verhandlungen wurde
Nürnberg
[* 6] zum Sitz des
Museums bestimmt.
Aufseß stellte seine große
Bibliothek und seine umfangreichen Sammlungen dem
Museum für zehn Jahre unentgeltlich zurVerfügung und
übernahm die Leitung der Anstalt.
Als er nach zehn
Jahren von der Vorstandschaft zurücktrat, welche seit 1866 der Baurat
Professor A.
Essenwein führt, wurden
seine Sammlungen für das
Museum angekauft. Die bayrische
Regierung erklärte die Anstalt für unverletzlich und verlieh ihr
die
Rechte einer juristischen
Person; sie überwacht als oberste Kuratelbehörde die
Stiftung, zu deren
Weiterentwickelung bisher die ganze deutsche
Nation, voran die
Fürsten und
Regierungen, ihnen folgend
Tausende aus allen
Ständen
ohne Unterschied des
Stammes, der politischen Parteistellung und des religiösen Bekenntnisses, durch ein- und mehrmalige
und durch Jahresbeiträge geholfen hat.
Der
Bundesrat des Norddeutschen
Bundes steuerte unter Beistimmung des
Reichstags eine
Dotation von jährlich
18,000 Mk. bei, welche
Summe vom deutschen
Reichstag auf 48,000 Mk. erhöht wurde. Im ganzen hat das
Museum gegenwärtig ein
Jahreseinkommen von etwa 120,000 Mk. Nach einer 1872 erschienenen, von
Essenwein verfaßten
Denkschrift über »die Aufgaben
und die
Mittel des
GermanischenMuseums« soll die Aufgabe desselben erreicht werden:
1) durch
Aufstellung möglichst reichhaltiger kunst- und kulturgeschichtlicher Sammlungen;
2) durch eine damit verbundene historische und archäologische
Bibliothek sowie ein
Archiv;
3) durch Katalogisierung und Nutzbarmachung der vorhandenen
Schätze sowie durch Repertorien in
Schrift und
Bild, in denen,
im Anschluß an die eignen Sammlungen, auch wichtiges anderwärts vorhandenes
Material aufgezeichnet ist;
4) durch Veröffentlichung gelehrter und populärer
Schriften. Eine zweite, 1884 erschienene
Denkschrift berichtet über den
seitherigen Fortgang und die Abrundung der Sammlungen, die noch einige
MillionenMark beansprucht.
Die kulturgeschichtlichen Sammlungen sind in 32
Gruppen zerlegt, von welchen der größte Teil dem großenPublikum
zugänglich ist, die andern für die Spezialforscher reserviert sind.
Manche Abteilungen sind noch relativ unbedeutend, während
andre, schon jetzt großartig, wohl ohnegleichen dastehen. Die
ersten 13
Gruppen umfassen Werke der
Architektur,
Skulptur,
Malerei
und der vervielfältigenden
Künste. Bei der Sammlung interessanter baulicher Überreste mußte man sich auf
Fragmente beschränken;
doch verdient die Sammlung von
Fußboden- und Wandbelegplatten, von
Öfen,
[* 7]
Ofenkacheln und Schlosserarbeiten
besondere Beachtung.
Die astronomischen, geographischen, mathematischen und chirurgischen
Instrumente formieren eine eigne Abteilung, die zu den
bedeutendsten ihrer Art gehört. Dazu ist eine
Reihe von Werken mit ausgestellt, welche jene
Instrumente aus der Vereinzelung
herausreißen und dem
Publikum eine gewisse Übersicht über
Umfang und Entwickelungsgang der verschiedenen
Wissenschaften geben.
Besonders wertvoll ist auch die Sammlung von
Geweben,
Spitzen und
Stickereien, welche den Entwickelungsgang
dieser
Technik von der römischen
Periode bis zum Beginn unsers
Jahrhunderts aufweist.
Die
Monumente der häuslichen Abteilung
(ca. 3500 Nummern) zeigen uns das häusliche
Leben in allen seinen Beziehungen. Die
Herstellung altdeutscher Wohnräume der verschiedenen Stilperioden und Gegenden ist zur Zeit im
Gange.
Die
Waffen
[* 12] sind durch
ca. 2000 Nummern vertreten. Außerdem findet sich in einer Modellsammlung auch
Material für das
Studium
des
Trains und der für
Marsch und Belagerung einem
Heer nötigen
Apparate. Die nächste
Gruppe bilden die
Denkmäler des
Staats-
und Rechtslebens.
Weitere zwei Abteilungen umfassen die
Denkmäler des
Handels,
Erwerbs- und Verkehrswesens, ferner
Post- und Botenanstalten, die
im deutschen Handelsmuseum, einer selbständigen
Stiftung des deutschen Kaufmannsstandes, vereinigt sind, sowie des
Zunftwesens.
Die letzte
Gruppe bilden endlich die vorchristlichen und frühmittelalterlichen
Denkmäler. Hervorzuheben
ist die Rosenbergsche Sammlung von Steingeräten und Steinaltertümern. Für mehrere Abteilungen sind Spezialkataloge (s.
unten), für das ganze
Museum ein
¶
mehr
»Wegweiser« vorhanden. Die Bibliothek enthält bereits gegen 80,000 Bände, das Archiv gegen 7000 Pergamenturkunden, 2500 Papierurkunden, 260 Urkundenbücher
u. Verwandtes, 2000 Aktenfaszikel und mehrere TausendAutographen. Im J. 1875 übergab die Stadt Nürnberg ihre ganze ca. 19,000
Nummern umfassende Kunstsammlung, welche besonders an Kupferstichen und plastischen Arbeiten des 15. und 16. Jahrh.
reich ist, ferner die Merkelsche Familienstiftung ihren gesamten Besitz an Büchern, Manuskripten, Kupferstichen etc. dem Museum
zur Aufbewahrung.
Das Lokal des Germanischen Nationalmuseums ist das ehemalige gotische Kartäuserkloster, welches nach und nach durch Essenwein
in würdigster Weise hergestellt und erweitert wurde. In jüngster Zeit wurde noch das ehemalige, in Ruinen
liegende Augustinerkloster als Anbau wieder aufgeführt. Organ des Museums ist der »Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums«.
Über das Museum vgl. die regelmäßig erschienenen »Jahresberichte«,
die verschiedenen »Führer« durch dasselbe, die Kataloge der kirchlichen Geräte, der Bauteile und Baumaterialien, der textilen
Sammlung, der Glasgemälde, der Gemälde, der Spielkarten und einige vom Direktorium ausgearbeitete »Denkschriften«.
Eine Sammlung der »Kunst- und kulturgeschichtlichen Denkmäler des Germanischen Nationalmuseums« gab Essenwein heraus (Frankf.
1877).