Substanzen. Bei trockner Destillation gibt die pathologische Gerbsäure Pyrogallussäure und Kohlensäure, die physiologische
meist Brenzkatechin; mit schmelzendem Kalihydrat liefert erstere ebenfalls Pyrogallussäure, letztere meist Protokatechusäure
und Essigsäure. Das Vorbild aller Gerbsäuren ist die Galläpfelgerbsäure (Gallusgerbsäure, Tannin). Sie findet sich in den Gallen der
Eichen- und Rhus-Arten (in aleppischen Galläpfeln 55-65, in istrischen 22-26, in chinesischen 65-75, in
japanischen 60-70, in Knoppern 28-33 Proz.). Zur Darstellung derselben extrahiert man Galläpfelpulver mit einem Gemisch aus
Äther, Wasser und Weingeist, schüttelt den sirupartigen gelben Auszug ein- oder zweimal mit dem doppelten Volumen Äther (um
Fett, Harze, Farbstoff aus der Lösung zu entfernen), läßt gut absetzen, wobei sich der Äther wieder von der
Gerbsäurelösung trennt, und verdampft letztere im Wasserbad zur Trockne. Es bildet ein amorphes hellgelbliches, geruchloses
Pulver, schmeckt stark zusammenziehend, ist leicht löslich in Wasser, in 3-4 Teilen Weingeist, weniger in Alkohol, kaum in reinem
Äther; die Tanninlösung wird durch Eisenchloridlösung dunkelblau gefärbt, durch Leimlösung gefällt,
tierische Haut entzieht ihr das Tannin vollständig.
Tannin bildet amorphe Salze, von denen die der Alkalien in Wasser löslich sind und sich unter Braunfärbung an der Luft zersetzen.
Durch Fermente, verdünnte Säuren und Alkalien zerfällt Tannin in Gallussäure und Zucker, und diese Zersetzung erleidet es z. B.,
wenn man Galläpfelpulver mit Wasser anrührt und längere Zeit stehen läßt. Beim Erhitzen auf 210-215° schmilzt es und
liefert Kohlensäure, ein Sublimat von Pyrogallussäure und einen Rückstand von Gallhuminsäure.
Die Lösung reduziert viele Metallsalze. Das auf angegebene Weise dargestellte Tannin enthält noch kleine Mengen von Ellagsäure,
Gallussäure u. Zucker; vollkommen gereinigt, verwandelt es sich beim Kochen mit verdünnten Säuren oder
Alkalien unter Aufnahme von Wasser in 2 Moleküle Gallussäure und kann aus dieser durch Behandeln derselben mit salpetersaurem
Silberoxyd künstlich dargestellt werden. Dies reine Tannin ist als Gallusgerbsäure (Digallussäure) C14H10O9 zu
betrachten.
In den Galläpfeln scheint dagegen ursprünglich ein leicht zersetzbares Glykosid dieser Digallussäure,
C27H22O17 , vorzukommen, welches großenteils auch noch im Tannin sich findet, und von dessen
Zersetzung der Zucker herstammt, der bei Behandlung des Tannins mit Säuren auftritt. Man benutzt Tannin als kräftiges adstringierendes
Mittel bei profusen Blutflüssen, Schleimflüssen, Durchfällen, Ruhr, Magenkrankheiten, chronischen Katarrhen, Keuchhusten, Diabetes,
Albuminurie etc., äußerlich bei Blutungen, Eiterungen, Wundsein, übermäßigem Hautschweiß (bei Fußschweiß
als Einstreupulver in die Strümpfe), dann zur Reinigung von Trinkwasser, zum Klären von Bier und Wein, zur Bereitung von Tinte,
zur Schwarzfärberei, zum Erschweren der Seide, als Beize in der Anilin- und Alizarinfärberei, auch in der Photographie. Nächst
der Galläpfelgerbsäure ist am wichtigsten die Eichenrindengerbsäure, welche man aus einer Abkochung
von Eichenrinde erhält, wenn man dieselbe mit Bleiessig fällt und den ausgewaschenen Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt.
Sie bildet eine amorphe gelbe Masse, färbt Eisenchlorid schwarzblau und gibt beim Kochen mit Säuren Zucker und amorphes Eichenrot.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Mansfelder Seekreis, mit
Amtsgericht, evang.
Pfarrkirche, Kupferbergbau und (1885) 4051 Einw. In der Gemarkung von Gerbstädt lag das Welfesholz (s. d.).
langgestreckte Pflanzenzellen, die als Ablagerungsorte des Gerbstoffs dienen, kommen bei Farnen,
im Mark von Sambucus, bei Aroideen, Musaceen, vielen Leguminosen, Rosifloren u. a. vor.
Dorf im bad. Amtsbezirk Tauberbischofsheim, war der Schauplatz eines Gefechts zwischen der preußischen 13. Infanteriedivision
unter General v. Goeben und drei Divisionen Bundestruppen unter dem Prinzen Alexander von Hessen, welcher sich
nach fast einstündigem Artilleriekampf in die Nähe von Würzburg zurückziehen mußte.
(Gerdhr), in der nordischen Mythologie die schöne Tochter des Riesen Gymir. Als sie einst von ihres Vaters Wohnung
in ihren Frauenzwinger ging und vom Glanz ihrer Schönheit Luft und Meer strahlten, erblickte Freyr sie und
erkrankte vor Liebessehnsucht. Derselbe sandte endlich seinen Diener Skirnir mit seinem Roß, das über die Flamme, welche Gymirs
Wohnung umloderte, hinwegsetzte, und seinem Schwerte, das sich von selbst gegen die Riesen schwang, an die Asin und bot ihr
elf goldene Äpfel und den wunderbaren Ring Draupnir, wenn sie ihn zum Gemahl nehme. Aber nur durch mächtige Zauberformeln
überwunden, beugte sich Gerda dem Willen des Gottes und ward nach neun Nächten im Hain Barri Freyrs Gemahlin. Das Ganze ist offenbar
eine Spielart der Brunhildsage, wie es auch annähernd schon Simrock zu fassen geneigt ist.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, an der Omet und der Linie Allenstein-Insterburg der Preußischen
Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, eine evang. Pfarrkirche, bedeutenden Getreidehandel etc., Tuchmanufaktur, Gerberei und (1885) 2887 meist
evang. Einwohner.
Dabei das gleichnamige Gut mit zwei Schlössern, von denen eins Sitz der 1325 begründeten
Deutsch-Ordenskommende war. Gerdauen ist der Geburtsort des Schriftstellers Th. v. Hippel.
heißt ein Jäger, welcher das Weidmannswerk gründlich versteht, besonders s. v. w. hirschgerecht,
ein Jäger, der den Hirsch nach seinen Zeichen sicher anzusprechen und den Schweißhund zu führen versteht.
(von recht, d. h. was mit dem Gesetz übereinstimmt), die (subjektive) Eigenschaft
eines Menschen oder eines Volkes, zufolge welcher dessen Handeln mit dem Rechten übereinstimmt. Im moralischen Sinn ist Gerechtigkeit die
von unsrer sittlichen Würde gebotene Übereinstimmung nicht bloß unsrer Handlungen, sondern auch unsrer Gesinnungen mit den
Pflichtgeboten, dergestalt, daß wir nicht bloß Rechte fordern, sondern auch unsre Pflichten im vollsten
Umfang erfüllen. Da aber die Gerechtigkeit oft an Härte streifen kann, so gilt die Forderung: sei nicht bloß gerecht, sondern auch billig
(vgl. Billigkeit). Wenn nun auch die gesellschaftliche oder juristische Rechtsidee aus der Moral stammt, so daß sie ohne diese
Ableitung ihrer höchsten Bedeutung bar sein würde, so hat doch das Recht in juristischem Sinn, das nur
Handlungen berücksichtigen kann, nichts mit Gesinnungen und Motiven zu thun. Deshalb
mehr
nimmt die moralische Idee der Gerechtigkeit auf dem Grund und Boden der Staatsgesellschaft notwendig einen andern Charakter an und entwickelt
sich nach dem Begriff eines nur äußerlich erkennbaren Rechts, während die Verwirklichung der moralischen Idee selbst dem
Gebiet der Volkserziehung anheimfällt. Die Kantianer betonen den Unterschied zwischen moralischer und juristischer
(legaler) Gerechtigkeit. Endlich versteht man unter Gerechtigkeit noch die Kardinaltugend des Richters, der gemäß er das Recht ohne Ansehen der Person
nach bestem Gewissen nach den bestehenden Gesetzen übt.