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welche die oktroyierte neue Verfassung genehmigte. Weitere reaktionäre Maßregeln, welche des Königs Günstling Borries ins Werk setzte, sollten den Bestand des Welfenreichs »bis zum Ende aller Dinge« sichern. Dabei übte auf den König seine unmittelbare Umgebung, in welcher Männer wie der katholisierende Historiker O. Klopp sich befanden, einen sehr verderblichen Einfluß. Erst die Bewegung, welche 1862 infolge der Oktroyierungen auf dem kirchlichen Gebiet entstand, führte zur Bildung eines liberalern Kabinetts. In seiner Haltung nach außen bekundete Georg stets eine Abneigung gegen Preußen; [* 2] dieselbe trat in der Bundesreformfrage, in der Angelegenheit wegen des Küstenschutzes, in der Zollvereinskrisis und bei manchem andern Anlaß zu Tage.
Nahrung empfing seine Preußen abgeneigte Stimmung in der letzten Zeit durch die Diskussionen über die Erbfolge im Herzogtum Braunschweig [* 3] sowie durch den Verlauf der schleswig-holsteinischen Angelegenheit, die neben der Niederlage, welche die deutschen Mittelstaaten überhaupt erfuhren, Georg eine besondere Demütigung brachte. Es war daher natürlich, daß er 1866 allen Mahnungen der preußischen Regierung wie eines Teils seiner eignen Umgebung zum Trotz in eigensinniger Verblendung sich auf die Seite Österreichs stellte.
Nach der Kapitulation bei Langensalza [* 4] begab er sich auf kurze Zeit nach Altenburg [* 5] und dann nach Hietzing bei Wien, [* 6] welches nun der Mittelpunkt der welfischen Agitation wurde. Sein Protest gegen die Einverleibung Hannovers in Preußen datiert Wien, In Paris [* 7] ließ Georg eine Zeitlang eine Zeitung, die »Situation«, erscheinen, welche täglich in den heftigsten Ausdrücken die neue Ordnung der Dinge in Deutschland [* 8] angriff und den Haß Frankreichs gegen Deutschland schürte.
Bei den im Frühjahr 1867 wegen der luxemburgischen Frage drohenden Verwickelungen ließ er auf französischem Boden eine Legion aus hannöverschen Flüchtlingen organisieren, um sein Reich wiederzuerobern. Nach langem Widerstreben ließ sich Georg endlich zur Unterzeichnung eines Vertrags mit Preußen, den der Landtag annahm, bereit finden. Danach sollte er 16 Mill. Thlr. als Entschädigung erhalten und ihm außerdem ein Betrag von etwa 4 Mill., die er nach England gebracht hatte, verbleiben.
Allein dieser Vertrag wurde noch vor seiner Ausführung durch die preußische Regierung suspendiert, da Georg bei der Feier seiner silbernen Hochzeit in Hietzing ganz offen seine Zuversicht auf baldige Restauration ausgesprochen hatte und die Welfenlegion nicht aufhob. Seitdem wird das genannte Vermögen (Welfenfonds) durch eine in Hannover [* 9] befindliche Kommission verwaltet. Georg lebte seit 1868 im Sommer zu Gmunden am Traunsee, in den letzten Jahren in Frankreich, teils zu Biarritz, teils zu Paris. Hier starb er seine Leiche ward in Windsor beigesetzt. Vermählt war Georg seit 1843 mit Prinzessin Maria von Altenburg. Sein Sohn Ernst August (geb. nahm nach Georgs Tod unter Wahrung aller seiner Rechte auf das Königreich Hannover den Titel eines Herzogs von Cumberland (s. d.) an; von den Töchtern ist die ältere, Prinzessin Friederike (geb. seit 1880 mit einem Freiherrn v. Pawel-Rammingen verheiratet und lebt in England, die zweite, Prinzessin Mary (geb. ist unvermählt.
Vgl. O. Klopp, König Georg V. (Hannov. 1878);
O. Theodor, Erinnerungen an Georg V. (Bremerhav. 1878);
v. Wehrs, Biographie und Gedächtnisschrift auf König Georg V. (Hannov. 1878);
Meding, Memoiren zur Zeitgeschichte (Leipz. 1881-84, 3 Bde.).
[Mecklenburg.]
16) Georg Friedrich Karl Joseph, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, dritter Sohn des Großherzogs Karl Ludwig Friedrich und der Prinzessin Friederike von Hessen-Darmstadt, geb. zu Hannover, folgte seinem Vater in der Regierung, verschönerte die Residenz, widmete auch dem Volksschulwesen seine besondere Fürsorge und hob die Leibeigenschaft auf. Sein Widerspruch aber gegen die liberale Verfassung Mecklenburg-Schwerins vom Jahr 1849 führte vornehmlich zur Wiederaufhebung derselben. Er starb Georg war seit mit der Prinzessin Marie von Hessen-Kassel vermählt, die ihm zwei Söhne gebar, den jetzigen Großherzog Friedrich Wilhelm (s. Friedrich 31) und den Prinzen Georg (geb. der als russischer General der Artillerie starb, und zwei Töchter, Luise, welche 1842 unvermählt starb, und Karoline (geb. die 1841 mit dem damaligen Kronprinzen, nachmaligen König Friedrich VII. von Dänemark [* 10] vermählt, aber 1846 von diesem geschieden ward und in Neustrelitz [* 11] starb.
Vgl. »Archiv für Landeskunde des Großherzogtums Mecklenburg«, [* 12] Jahrg. 1860.
[Preußen.]
17) Friedrich Wilhelm Georg Ernst, Prinz von Preußen, geb. Sohn des Prinzen Friedrich, des ältesten Neffen des Königs Friedrich Wilhelm III., verlebte seine Jugendjahre meist am Rhein und entwickelte dann auf Reisen in England, Frankreich und Italien [* 13] seine Neigung für Kunst und Litteratur. Bereits 1836 als Sekondeleutnant in die Armee getreten, durchlief er die militärischen Chargen und wurde 1861 zum Chef des 1. pommerschen Ulanenregiments Nr. 4, 1866 zum General der Kavallerie ernannt.
Kränklichkeit veranlaßte ihn jedoch, von seinen öffentlichen Stellungen sich mehr oder weniger fern zu halten. hat unter dem Pseudonym Georg Conrad eine Reihe dramatischer Dichtungen veröffentlicht, wie: »Phädra«, »Wo liegt das Glück?« (Lustspiel),
»Kleopatra«, »Don Sylvia«, »Die Marquise von Brinvilliers« (auch u. d. T.: »Katharina Voisin«),
»Yolantha«, »Elektra«, »Rudél und Melisande«, »Lurley«, »Der Talisman«, »Medea« oder: »Christine von Schweden«, [* 14] »Arion«, »Umsonst« u. a., die zum größern Teil mit günstigem Erfolg aufgeführt wurden und gesammelt in 4 Bänden (Berl. 1870) erschienen. Spätere Stücke sind: »Elfrieda von Monte Salerno« (1875),
»Adonia« (1877),
»Katharina von Medici«, historisches Drama (1884). Georg ist ein vorwiegend eklektisches Talent, dem die Nachempfindung und Nachahmung der verschiedensten dramatischen Stile glückt.
[Sachsen.]
18) Georg der Reiche oder der Bärtige, Herzog von Sachsen, der dritte Sohn Albrechts des Beherzten, geb. studierte, für den geistlichen Stand bestimmt, in Leipzig, [* 16] gab aber bald den geistlichen Stand auf, vermählte sich 1496 mit Barbara, der Tochter des Königs Kasimir von Polen, und trat nach dem Tod seines Vaters (1500) die Regierung der sächsisch-albertinischen Lande an; für die Abtretung der Statthalterschaft von Friesland überließ er 1503 seinem jüngern Bruder, Heinrich, die Ämter Freiberg [* 17] und Wolkenstein. Weil aber Friesland ein unruhiger Besitz war, so verkaufte er dasselbe an den Erzherzog Karl für 200,000 Gulden, worauf er seine Residenz in Dresden [* 18] nahm. Einfach, sparsam und gewissenhaft, war er dem geringsten seiner ¶
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Unterthanen zugänglich, dabei in seiner Erscheinung imponierend. Er besaß Gewandtheit in den Geschäften und einen großen Thätigkeitstrieb. Seine politische Stellung wurde durch die ererbte Spannung zu den ernestinischen Vettern bestimmt, und diese hat dazu mitgewirkt, ihn zu einem heftigen Gegner der lutherischen Reformation zu machen. Wenngleich er von der Notwendigkeit einer Reform der Kirche überzeugt war und derselben noch 1523 bei der Übergabe der 101 Gravamina in zwölf besondern Beschwerden das Wort redete, so wollte er sie doch nur durch die legitimen Gewalten vollzogen und nicht auf das Dogma, sondern nur auf die kirchlichen Mißbräuche bezogen wissen.
Der Leipziger Disputation zwischen Eck und Luther 1519 wohnte er als aufmerksamer Zuhörer bei und nahm großes Ärgernis an Luthers Erklärung, daß in den vom Konstanzer Konzil verdammten Lehren [* 20] Huß' sich viel Wahres finde. Er hielt sich nun zu strengen Maßregeln gegen die ketzerische Lehre [* 21] verpflichtet und ordnete eine Kirchenvisitation für sein Land an, der sich sogar die Universität Leipzig unterziehen mußte, welche zu seinem Verdruß durch die jüngere zu Wittenberg [* 22] verdunkelt wurde. In seinem Verfolgungseifer ließ er sich selbst zu harten Maßregeln fortreißen; vollends erbittert wurde er gegen die Reformation durch den Bauernkrieg, die Wiedertäufer und andre revolutionäre Erscheinungen jener Tage.
Seitdem war Georg eine Hauptstütze der altgläubigen Partei im Reich; in seinem Land wurden die Geistlichen, welche in die Ehe traten, und die, welche unter beiderlei Gestalt kommunizieren ließen, bestraft. Daher Luthers schonungslose Polemik gegen ihn als den »Meuchler zu Dresden«, den »Teufelsapostel und dummen Junker«. Die von ihm selbst versuchte Abstellung grober Mißbräuche fand nirgends Anklang, und Georg mußte sehen, wie trotz seiner strengen Maßregeln die Reformation sich immer mehr verbreitete.
Als vollends seine Söhne nacheinander starben, mußte er zu seinem tiefsten Schmerz erkennen, daß all sein Widerstand gegen die neue Lehre vergeblich gewesen sei; denn sein nunmehriger Nachfolger, sein Bruder Heinrich, bekannte sich zum Protestantismus; seine Versuche, denselben von der Nachfolge auszuschließen, blieben umsonst. Er starb Seit dem Tod seiner Gemahlin (1534) hatte Georg sich den Bart wachsen lassen, daher sein Beiname. Von seinen fünf Söhnen und vier Töchtern überlebte ihn nur die Prinzessin Christine, vermählt mit dem Landgrafen Philipp dem Großmütigen von Hessen. [* 23]
19) Prinz von Sachsen, [* 24] General der Infanterie, geb. zweiter Sohn des Königs Johann und der Königin Amalie, trat frühzeitig bei der Artillerie ein, ward 1856 Major im 3. Jägerbataillon, 1858 Oberstleutnant im Gardereiterregiment. Im Krieg von 1866 kommandierte er als Generalmajor die 1. Kavalleriebrigade, im deutsch-französischen Krieg 1870/71 anfangs die 1. Division der Sachsen, sodann das 12. (sächsische) Armeekorps an Stelle seines ältern Bruders, des Kronprinzen Albert, welcher das Oberkommando der Maasarmee erhalten hatte. Georg führte das Korps in den Vorgefechten bei Nouart und Beaumont und in der Schlacht bei Sedan [* 25] (s. d.), dann während der Zernierung von Paris und in den Ausfallsgefechten, welche gerade das sächsische Korps sehr mitnahmen. Nach dem Friedensschluß übernahm der Prinz wieder das Kommando der 1. sächsischen Division, während der Kronprinz wieder Kommandant des sächsischen Armeekorps wurde. Als aber letzterer den Thron [* 26] bestieg, wurde die Stelle eines kommandierenden Generals des sächsischen Korps 9. Nov. vom Kaiser dem Prinzen Georg übertragen. Er war seit 1859 mit der portugiesischen Infantin Maria Anna (geb. gest. vermählt; aus dieser Ehe sind vier Prinzen und zwei Prinzessinnen entsprossen.
[Sachsen-Altenburg.]
20) Georg Karl Friedrich, Herzog von Sachsen-Altenburg, zweiter Sohn des Herzogs Friedrich, geb. machte 1813 den Feldzug in Italien bis zur Eroberung von Turin [* 27] mit und trat darauf aus österreichischen in bayrische Dienste, [* 28] die er als Oberst verließ. Nach dem Abgang seines Hauses aus Hildburghausen [* 29] residierte er noch eine Zeitlang daselbst mit seiner Gemahlin Marie, Prinzessin von Mecklenburg-Schwerin, später abwechselnd in Eisenberg und Altenburg. Am folgte er seinem Bruder Joseph, der zu seinen gunsten zurücktrat, in der Regierung und starb auf dem Schloß Hummelshain.
[Sachsen-Meiningen.]
21) Georg I. Friedrich Karl, Herzog von Sachsen-Meiningen, zweiter Sohn des Herzogs Anton Ulrich, geb. zu Frankfurt [* 30] a. M., verlor schon in seinem zweiten Lebensjahr den Vater und wuchs unter der Obhut seiner Mutter Charlotte Amalie in Meiningen [* 31] auf. Den österreichischen Militärdienst, in den er 1781 getreten, verließ er schon 1782 wieder, um in Gemeinschaft mit seinem Bruder Karl sein Land zu regieren. Des letztern 1783 erfolgter Tod gab ihm die Regierung allein in die Hand. [* 32]
Weise Sparsamkeit und Eröffnung neuer Erwerbsquellen hoben den herabgekommenen Wohlstand des Landes und tilgten die bei seinem Regierungsantritt nicht unbedeutende Schuldenmasse. Georg starb Er war seit 1782 mit Luise Eleonore, Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg, vermählt und hinterließ außer dem Erbprinzen Bernhard Erich Freund zwei Töchter, Adelheid, vermählt mit dem Herzog Wilhelm von Clarence, nachmaligem König Wilhelm IV. von England, und Ida, vermählt 1816 mit dem Herzog Karl Bernhard von Weimar. [* 33]
22) Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen, Sohn des Herzogs Bernhard und Enkel des vorigen, geb. zu Meiningen, genoß eine vortreffliche Erziehung und trat, nachdem er in Bonn [* 34] studiert hatte, in das preußische Garde-Kürassierregiment ein, in welchem er bis zum Major avancierte. Nach seiner ersten Vermählung nach Meiningen zurückgekehrt, widmete er sich eingehenden, auf verschiedene Gebiete mit gleicher Sachkenntnis sich erstreckenden Kunststudien.
Nachdem sein Vater (s. Bernhard 4) abgedankt hatte, übernahm Georg die Regierung des Landes, die er in entschieden reichsfreundlichem Sinn leitet. 1863 zum Generalleutnant à la suite und 1868 zum General der Infanterie der preußischen Armee ernannt, begleitete er während des deutsch-französischen Kriegs 1870/71 das 32. Regiment, dessen Chef er ist, auf allen seinen Märschen und in seinen zahlreichen Schlachten [* 35] und Gefechten. Vor allem aber widmete er sich künstlerischen Bestrebungen, namentlich der Schöpfung eines durch Zusammenspiel und Ausstattung ausgezeichneten Schauspiels, und brachte es darin durch Aufwendung bedeutender Mittel zu großen Erfolgen. Er war seit 1850 vermählt mit Prinzessin Charlotte (gest. 1855), Tochter des Prinzen Albrecht von Preußen, deren ältester Sohn, Erbprinz Bernhard (geb. Major im preußischen Generalstab ist, dann seit 1858 mit der Prinzessin Feodore von Hohenlohe-Langenburg (gest. 1872), seit 1873 morganatisch mit Helene, Freifrau von Heldburg, geborne Franz. ¶