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folgenden Schöpfung der Differentialrechnung [* 2] durch den Deutschen Leibniz (1646-1716) und den Engländer Newton (1642-1727). Auf der von diesen Neuern eingeschlagenen Bahn schritten unzählige andre fort. Wir nennen die acht Mitglieder der Familie Bernoulli, Leonhard Euler (1707-83), den Begründer der analytischen Trigonometrie, [* 3] Cotes (1682-1716), dessen Name in der Lehre [* 4] von der Kreisteilung fortlebt, Clairaut (1713-65), welcher zuerst über doppelt gekrümmte Kurven schrieb, Parent (1666-1716), der des Cartesius Geometrie von der Ebene auf den Raum ausdehnte, Cramer (1704-52), der ein meisterhaftes Lehrbuch der Kurventheorie lieferte, sowie Maclaurin (1698-1746), Simson (1687-1768) und Stewart (1717-85) als Vertreter der synthetischen Geometrie. Der Schweizer Lambert (1728-77) bearbeitete wissenschaftlich die Perspektive.
An der Schwelle des 19. Jahrh. treten uns entgegen Lagrange (1736-1813), Laplace (1749-1827), Legendre (1752-1833) und Monge (1746-1818), der Begründer der deskriptiven Geometrie. Um jene Zeit begann jene schon früher vorhandene Spaltung der Raumlehre in synthetische und analytische Geometrie bestimmtere Formen anzunehmen. Während Carnot (1753-1823), Poncelet (1788-1867), Steiner (1796-1863), v. Staudt (1798-1868) und M. Chasles vor allen die erstere Richtung pflegten, ward auch die analytische Richtung nicht vernachlässigt.
Möbius (1827) schrieb seinen »Baryzentrischen Kalkül«, der neue Bahnen für jene eröffnete; in einer Reihe von Werken lehrte Plücker (1801-68) die Theorie der algebraischen Kurven und Oberflächen allgemein behandeln, und durch eine Reihe schwieriger zahlentheoretischer Untersuchungen gelang es Poinsot (1777-1859), die Stereometrie durch vier neue regelmäßige Körper, die sogen. Sternpolyeder, zu bereichern. In der neuesten Zeit hat sich der erwähnte Unterschied zwischen synthetischer und analytischer Geometrie zu verwischen begonnen, besonders infolge der zusammenfassenden Arbeiten von Clebsch (1833-72). Die Geodäsie verdankte dem von Newton ausgehenden Streit über die eigentliche Gestalt der Erde neue Anregung.
Die dadurch veranlaßten Gradmessungen, unter denen besonders die von Maupertuis (1698-1759) und Bouguer (1698-1758) veranstalteten hervorragen, nötigten zur Verbesserung der vorhandenen und zur Erfindung neuer Hilfsmittel; die theoretische Seite der Wissenschaft fand reiche Förderung durch Männer wie Oriani (1752-1832), Gauß (1777-1855) und Bessel (1784-1846). Was diese Disziplin zu leisten vermag, davon liefert die gegenwärtig in der Vollendung begriffene europäische Gradmessung [* 5] das sprechendste Zeugnis.
[Litteratur.]
Die Elementargeometrie behandeln: Kunze, Lehrbuch der Geometrie (2. Aufl., Jena [* 6] 1851);
Lübsen, Ausführliches Lehrbuch der Geometrie (12. Aufl., Leipz. 1885);
Schlömilch, Grundzüge einer wissenschaftlichen Darstellung der Geometrie des Maßes (6. Aufl., das. 1883, 2 Tle.);
Baltzer, Die Elemente der Mathematik, Bd. 2 (6. Aufl., das. 1883).
Für Trigonometrie seien erwähnt die Lehrbücher von Dienger (3. Aufl., Stuttg. 1867), Lübsen (14. Aufl., Leipz. 1884), Brockmann (2. Aufl., das. 1880); für darstellende Geometrie die Lehrbücher von Gugler (4. Aufl., Stuttg. 1880), Klingenfeld (Nürnb. 1871-74, 2 Bde.), Fiedler (3. Aufl., Leipz. 1883), Schlesinger (Wien [* 7] 1870), v. Peschka (das. 1883-84, 3 Bde.), Wiener (Leipz. 1884 ff., 2 Bde.). Unter dem großen Reichtum von Lehrbüchern der analytischen Geometrie mögen hervorgehoben werden: Fort und Schlömilch, Lehrbuch der analytischen Geometrie (5. Aufl., Leipz. 1883-86, 2 Bde.);
Joachimsthal, Elemente der analytischen Geometrie der Ebene (2. Aufl., Berl. 1871);
Salmon, Analytische Geometrie der Kegelschnitte [* 8] (deutsch von Fiedler, 4. Aufl., Leipz. 1878);
Derselbe, Analytische Geometrie der Kurven im Raum und der algebraischen Flächen (3. Aufl., das. 1880), letztere zwei umfassende Handbücher, welche besonders die neuern Anschauungen berücksichtigen;
Baltzer, Analytische Geometrie (das. 1882).
Die neuere Geometrie endlich behandeln: v. Staudt, Geometrie der Lage (Nürnb. 1860);
Reye, Geometrie der Lage (2. Aufl., Hannov. 1877-1880, 2 Tle.);
Zech, Höhere in ihrer Anwendung auf Kegelschnitte und Flächen zweiter Ordnung (Stuttg. 1856);
Chasles, Traité des sections coniques (Par. 1865);
Cremona, Einleitung in eine geometrische Theorie der ebenen Kurven (a. d. Ital. von Curtze, Greifsw. 1865);
Steiner, Vorlesungen über synthetische Geometrie (Leipz. 1867, 2 Tle.);
Gretschel, Organische Geometrie (das. 1868);
Schröter, Theorie der Oberflächen zweiter Ordnung etc. (das. 1880).
Für ein zusammenhängendes Studium der analytische und synthetische Betrachtungsweisen zusammenfassenden geometrischen Auffassung eignen sich am besten die klassischen Lehrbücher von Hesse: Ebene Geometrie der geraden Linie und des Kreises (Leipz. 1865) und Analytische Geometrie des Raums (3. Aufl., das. 1877);
Clebsch, Vorlesungen über Geometrie (das. 1876).
Die Geschichte der Geometrie behandelt Chasles in seinem »Aperçu historique« (Par. 1837, 2. Aufl. 1875; deutsch von Sohnke, Halle [* 9] 1839); für die neuern Fortschritte der Wissenschaft ist desselben Autors »Rapport sur les progrès de géométrie« (Par. 1870) zu vergleichen. Für die ältere Geschichte der Geometrie sind maßgebend: Bretschneider, Die Geometrie und die Geometer vor Euklides (Leipz. 1870);
Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik (das. 1880).
Wer schließlich die neuern Versuche der Geometrie, sich von der gewöhnlichen Raumanschauung zu emanzipieren, d. h. die nicht Euklidische Geometrie, kennen lernen will, greift am besten zu folgenden beiden Schriften: Frischauf, Absolute Geometrie (Leipz. 1872);
Derselbe, Elemente der absoluten Geometrie (das. 1876);
vgl. ferner: J. C. ^[Johann Carl] Becker, Abhandlung aus dem Grenzgebiet der Mathematik und der Philosophie (Zürich [* 10] 1870);
Killing, Die nicht euklidischen Raumformen (Leipz. 1885).
Alle in das Gebiet der praktischen Geometrie einschlagenden Fragen behandeln Bauernfeinds »Elemente der Vermessungskunde« (6. Aufl., Stuttg. 1879).