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Satz an, daß die unterlagernde Schicht die ältere, die höher gelegene die jüngere sei, ein Satz, welcher nur in seltenen Fällen, wenn Schichtsysteme durch spätere Prozesse (Verwerfung) senkrecht aufgerichtet wurden, kein Resultat ergibt und ein falsches in den noch seltenern Fällen, wenn Überstürzungen (Überkippungen) von Schichtsystemen stattgefunden haben, so daß die ursprünglich untere Schicht nunmehr die über ihr abgelagerte bedeckt und dadurch das Verhältnis der zeitlichen Folge geradezu umgekehrt wird, d. h. die ältere Schicht jünger erscheint als die nach ihr gebildete.
Gewinnt man so das relative Alter einer Mehrzahl an einem Beobachtungsort vorkommender Schichten, so führt die Identifizierung einer oder mehrerer Schichten des Systems des einen Beobachtungsortes mit solchen eines zweiten Beobachtungsortes, welche an dieser zweiten Stelle von wesentlich andern Schichten über- oder unterlagert werden, zu einer Vermehrung der Kenntnis weiterer Schichten in Bezug auf ihr relatives Alter. Die hierzu notwendige Identifizierung fern voneinander entwickelter Schichten würde nur auf dem mitunter undurchführbaren, immer leicht trügerischen Vergleich der Gesteinsbeschaffenheit des geschichteten Materials beruhen, wenn sich nicht der Erfahrungssatz ergeben hätte, daß sich innerhalb einer jeden Entwickelungsperiode der Erde über die ganze Oberfläche derselben stets ein gemeinsamer Charakter der Tier- und Pflanzenwelt nachweisen läßt. So führen in der Regel gleichalterige Schichten übereinstimmende Reste dieser Tier- und Pflanzenwelt (Versteinerungen, Petrefakten), [* 2] welche sich dann, wenn sie charakteristisch und zugleich nicht zu selten sind, praktisch als Erkennungsmittel für die Gleichalterigkeit ausnutzen lassen (Leitfossilien). Wo Petrefakteneinschlüsse (wie namentlich in den ältesten Schichten) fehlen, da ist man auf den Versuch, nach Gesteinsmaterial zu identifizieren, ausschließlich angewiesen.
Durch die Übertragung dieser angedeuteten Beobachtungsprinzipien auf eine große Menge von Beobachtungsstellen ist man (immer zunächst nur für die geschichteten Gesteine) [* 3] zur Aufstellung eines großen Profils gekommen, in welchem jede charakterisierbare Schicht nach ihrem relativen Alter oder, wie man es nennt, nach ihrer bathrologischen Stellung (von bathron, griech., »Stufe, Sitz«) eingetragen ist. Des öftern wird sich bei dieser Operation herausstellen, daß, wenn von drei Schichten oder Schichtsystemen des einen Beobachtungsortes die obere und die untere sich nach der Gesteinsbeschaffenheit und den Leitfossilien identifizieren läßt mit der obern und untern einer Dreizahl von Schichten oder Schichtsystemen an einem zweiten Ort, für die mittlern Schichten beiderorts eine solche Übereinstimmung fehlt.
Man schließt dann auf zwar gleichzeitige, aber unter verschiedenen Verhältnissen gebildete Schichten (Faciesbildung, s. Facies). Freilich wird oft genug über das relative Alter ganzer Schichtsysteme Unbestimmtheit herrschen, dann nämlich, wenn dieselben, an sich versteinerungsleer, von Schichten über- und unterlagert sind, welche ihrer bathrologischen Stellung nach zwar vollkommen bekannt sind, aber zwischen sich einen zu großen Spielraum für das relative Alter des eingeschlossenen Materials übriglassen.
Ein mit den geschilderten Hilfsmitteln entworfenes ideales Normalprofil aller Schichten, welche sich irgendwo beobachten und einordnen lassen, ist nun in verschiedene Abteilungen gebracht worden, für welche man auf dem internationalen Geologenkongreß folgende, immer größere Schichtenkomplexe umfassende Ausdrücke festgestellt hat:
Schicht (franz. couche, strate, engl. stratum, ital. strato). | |
Schichten (franz. couches, assise, engl. beds). | |
Unterstufe (franz. sous-étage). | |
Stufe, Etage (franz. étage, engl. stage, ital. piano, span. piso). | |
Serie, Sektion, Abteilung. | |
System. | |
Gruppe. |
Da diesen Lagerungsbegriffen Zeitbegriffe entsprechen müssen, so hat man sich über folgende Parallelbezeichnungen geeinigt:
Stufe - Alter | |
Abteilung - Epoche | |
System - Periode | |
Gruppe - Ära, Zeitalter. |
Am wenigsten hat sich bisher in
Deutschland
[* 4] das
Wort
»System« eingebürgert. Es ist hier deshalb die gebräuchliche Bezeichnung
»Formation« in Anwendung gekommen, welche allerdings der internationale
Kongreß für die Art und
Weise der
Bildung (sedimentäre,
marine etc.
Formation) angewandt wissen will. Der
Begriff der
Formation
(System) ist als die geologische
Einheit zu betrachten
und die Abgrenzung der
Formationen voneinander als die wichtigste Aufgabe aufzufassen.
Häufig bieten sich nun für eine naturgemäße Abgrenzung wichtige Merkmale dar und zwar entweder paläontologischerseits durch wesentlich voneinander abweichende Versteinerungen in zwei aufeinander folgenden Schichten oder durch die Lagerung dann, wenn eine folgende Schicht der untern diskordant (s. Schichtung) aufgelagert ist. Da nämlich nach den jetzt allgemein in der Geologie [* 5] herrschenden Ansichten sich die Schichtenstörungen, wie sie der Diskordanz [* 6] in der Auflagerung der jüngern Schicht vorausgegangen sein müssen, nicht plötzlich vollzogen haben, so ist eine solche Diskordanz das Signal eines bedeutenden Zeitintervalls zwischen der Bildung der tiefern und der höhern Schicht.
Demungeachtet bleibt die Abgrenzung der einzelnen
Formationen nur zu oft eine willkürliche
Handlung, und
auch die folgende Übersicht der geschichteten
Formationen kann sich nur den am weitesten unter den Geologen verbreiteten,
nicht aber unbestreitbaren und unbestrittenen
Ansichten über die Abgrenzung der einzelnen
Formationen anschließen. So unterliegen
namentlich die beiden Schichtenkomplexe, welche in der
Tabelle durch die Numerierung als sogen. Zwischenformationen
gekennzeichnet
sind, häufig einer wesentlich andern Auffassung, indem die
rätische Formation als oberste
Stufe zur
Triasformation
[* 7] gestellt wird, während man die
Wealdenformation halbiert, das Wealden im engern
Sinn der
Kreide
[* 8] und die
Purbeckschichten dem
Jura zuzählt.
Indem hinsichtlich allen Details der Etagierung auf die Tabelle und auf die in der Tafel gegebenen Beispiele der Auflagerungen geschichteter Formationen verwiesen wird, sei noch in betreff der vier Formationsgruppen erwähnt, daß sich die älteste oder bathrologisch tiefste, die archäische, von den übrigen drei scharf durch den Mangel an Versteinerungen abtrennt. Sie entbehrt damit auch des wichtigen Merkmals, daß sich, wie für die übrigen Formationsgruppen, die Begriffe geschichtet und durch Absatz oder Niederschlag aus Wasser gebildet (»sedimentär«) decken, führt vielmehr Gesteine, welche vorläufig als »kryptogen« (vgl. Gesteine) bezeichnet werden müssen. Trotz dieses bedeutenden Unterschieds empfiehlt es sich aber doch nicht, die Versteinerungslosigkeit zur Bezeichnung der ältesten Gruppe zu gebrauchen und sie azoische zu nennen, da ja immerhin die Möglichkeit der Entdeckung organischer Reste nicht ausgeschlossen ist, wie man denn vorübergehend in dem Eozoon (daher ¶
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eozoische Formationsgruppe) solche nachgewiesen zu haben glaubte. Die Namen der übrigen drei Formationsgruppen wurden nach dem Vergleich der in ihnen eingeschlossenen Reste der Tier- und Pflanzenwelt (zoon, griech., »Lebewesen«, Tier und Pflanze) gewählt, ein Vergleich, welcher im allgemeinen ein um so fremdartigeres Bild in Bezug auf Fauna und Flora ergibt, je weiter rückwärts die Zeit der Bildung der einschließenden Schichten liegt.
Außer um die Altersbestimmung des geschichteten Gesteinsmaterials, handelt es sich noch um diejenige des massigen, eruptiven (s. Gesteine). Hier gelten folgende aus der Art des Bildungsprozesses sich direkt ergebende Sätze. Das eine Schicht gangförmig durchsetzende (s. Gang) [* 10] oder dieselbe als Decke [* 11] oder Strom (s. Gesteine) bedeckende Eruptivgestein ist jünger als die betreffende Schicht, aber älter als diejenige, welche ihrerseits das Eruptivgestein überlagert, ohne von ihm durchsetzt zu werden. Zu einer genauen Altersbestimmung führen solche Beobachtungen nur dann, wenn an einer Stelle von zwei Schichten, deren Ablagerungszeit nicht weit voneinander entfernt ist, die eine durch das eruptive Material durchsetzt wird, während die andre dasselbe überlagert. So kann man an einzelnen Orten das Rotliegende (s. Übersicht) in eine anteporphyrische und eine postporphyrische Stufe trennen.
Nur die untern Schichten werden von Porphyrgängen durchsetzt, die obern nicht; diese haben sich vielmehr zum Teil aus Trümmergesteinen des Porphyrs (Breccien, Konglomeraten, Tuffen, letztere mit den für das Rotliegende charakteristischen Versteinerungen) gebildet; dieser selbst schiebt sich in Form von Decken zwischen die beiden Schichtsysteme: alles Beweise, daß die Eruptionszeit des Porphyrs in die Periode der Ablagerung des Rotliegenden hineinfällt.
Fehlt eine solche enge Verknüpfung, so ist die Altersbestimmung des Eruptivgesteins nicht genau durchführbar. Wenn z. B. im Odenwald der Nephelinit den Buntsandstein (s. Übersicht) durchsetzt und eine Kuppe über demselben bildet, so kann daraus nur geschlossen werden, der Nephelinit sei jünger als dieses geschichtete Gestein, ohne daß sich ein Anhaltspunkt für die Abgrenzung des Termins der Eruption nach den jüngern Perioden zu darböte. Aber in ähnlichem Sinn, wie der Satz von der Übereinstimmung der Leitfossilien in gleichzeitig gebildeten Schichten bei der Altersbestimmung der sedimentären Gesteine die direkte Beobachtung der Lagerung ergänzt, so hier der Erfahrungssatz, daß die mineralogische Zusammensetzung der Eruptivgesteine für verschiedene Perioden wechselt, wodurch sich dieselben nicht nur als ältere (platonische) und jüngere (vulkanische) unterscheiden lassen, sondern auch, wenigstens im allgemeinen (mit Herübergreifen in ältere und jüngere Perioden für den einzelnen Fall), bestimmten Formationen geschichteter Gesteine bestimmtes Eruptivmaterial entspricht, wie dies aus den Einträgen in der beigegebenen Übersicht ersichtlich ist. Es ergibt sich dabei, daß jede Periode der Entwickelung unsrer Erde geschichtetes und eruptives Material geliefert hat, daß das letztere in allen Perioden Repräsentanten von siliciumreichen und siliciumarmen (sauren und basischen) Gesteinen aufzuweisen hat, und endlich, daß das Eruptivmaterial der frühsten Perioden mit den gleichzeitig geschichtet abgesetzten Gesteinen im wesentlichen übereinstimmt, eine Identität, welche nicht geeignet ist, das Rätselhafte dieser ältesten Bildungen zu vermindern.
Die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse von geschichteten und eruptiven Formationen erläutern die drei Profile der Tafel »Geolog. Formationen«. So zeigt Profil I (Nordamerika), [* 12]
daß die als »jüngere« bezeichneten Eruptivgesteine die sämtlichen
Sedimentgesteine bis einschließlich zu den »tertiären« durchbrechen;
dies ist nicht der Fall mit den »ältern« Eruptivgesteinen, welche die tertiären und
mesozoischen Formationen nirgends durchbrechen, und für welche außerdem die Analogie mit ebensolchen Gesteinen andrer Lokalitäten
beweist, daß sie früher entstanden sein müssen. In Profil II (Thüringer Wald und Harz) lassen sich außer den jüngern Eruptivgebilden
der Rhön, die andern Orts die Tertiärformation
[* 13] vielfach durchbrechen, mehrere ältere Eruptivformationen
unterscheiden; zunächst die Diabase, welche älter sind als die Steinkohlenbildung, dann die Porphyre, meist jünger als diese,
höchstens mit ihr gleichzeitig, und die Melaphyre, fast alle jünger. In Profil III, Arthur's Seat bei Edinburg
[* 14] mit seinen Kohlenschichten
etc. darstellend, sind gleichfalls jüngere Eruptivgesteine im Gegensatz zu mehreren Arten älterer zur
Anschauung gebracht. Obgleich an dieser Lokalität ihr Alter nur allgemein als jüngeres zu ersehen, ist durch Übereinstimmung
mit den Basalten der tertiären Distrikte andrer Gegenden ihr Ursprung zeitlich ziemlich genau fixiert.
Die der Tafel beigegebene Übersicht gibt auch technisch besonders wichtiges Material an, welches den betreffenden Schichten entweder selbst in Schichten oder Lagern eingeschaltet ist, oder dasselbe gangförmig durchsetzt, wobei hinsichtlich der letztern Lagerungsform daran erinnert werden muß, daß es sich dabei nicht um ein Vorkommen, gleichzeitig mit den betreffenden Schichtsystemen gebildet, handeln kann, sondern daß der Gang die Bildung der Gangspalte, diese die Ablagerung des durchsetzten Gesteins zeitlich voraussetzt (vgl. Gang). - Zur Ergänzung der »Übersicht« vergleiche man die Spezialartikel über die einzelnen Formationen, ferner Geologie und Gesteine, wo auch die Litteratur über die Formationslehre nachzusehen ist.