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die Edelleute, welche zugleich die reichsten Handelsherren und die Anführer in den zahlreichen Kriegen waren. Seit dem 12. Jahrh. hatte das in sechs Kompanien geteilte gesamte Volk die Feldherren, die Beamten und Richter zu wählen; indem die vornehmsten Geschlechter dabei besonders berücksichtigt wurden, bildete sich mit der Zeit ein Beamtenadel aus, der alle Gewalt an sich riß, die übrigen Bürger von allen Staatsgeschäften ausschloß und sie zu Unterthanen herabdrückte.
Auch der Große Rat (consiglio) ging aus jenen Geschlechtern fast ausschließlich hervor und berief nur in seltenen Fällen die Volksgemeinde. Die höchsten Behörden hießen anfangs Konsuln, bis man 1217 einen Podesta einsetzte, der auf kurze Zeit gewählt, oft auch aus der Fremde geholt wurde, damit er frei von Parteieinflüssen um so gerechter und rücksichtsloser herrschen könne. Nicht immer aber konnten die von auswärts berufenen Podestas ihre Autorität zur Geltung bringen, da das von Faktionen zerrissene Volk zwar die Früchte der Ruhe und des Friedens, aber nicht die Mittel dazu, die eiserne Strenge einzelner Podestas, die öfters in tyrannische Willkür ausartete, nach seinem Geschmack fand.
Daher mochte sich wohl ein kühner Volksführer der Gewalt bemächtigen, wie dies z. B. um 1260 dem Guiglielmo Boccanera gelang, der sich, auf die Zünfte gestützt, mehrere Jahre hindurch nach Beseitigung des Podestats als Capitano del Popolo behauptete; die Adelsfraktionen stürzten ihn indes und stellten das Podestat wieder her. Nun begannen die Parteien, in welche die herrschenden Geschlechter zerfielen, die Ghibellinen (Doria, Spinola u. a.) und die Guelfen (Fieschi, Grimaldi u. a.), welche sich aufs heftigste bekämpften, äußern Beistand zur gegenseitigen Unterdrückung herbeizurufen.
Nachdem die Ghibellinen lange Zeit die Oberhand gehabt, unterlagen sie 1319 den von Carlo de' Fieschi, Grafen von Lavagna, geführten Guelfen, die sich auf den König von Neapel [* 2] stützten. Erst 1331 wurde der Kampf unter Vermittelung König Roberts von Neapel dahin beendigt, daß beide Parteien sich fortan in den Besitz der städtischen Ämter teilen sollten. Da erhob sich das durch die Adelsparteien hart bedrückte Volk und erzwang die Wahl eines Dogen 1339. Der erste Doge war Simone Boccanera aus dem Geschlecht jenes Guiglielmo.
Diesem wurde ein Rat von 12 Männern, 6 aus dem Adel und 6 aus dem Volk, zur Seite gestellt. An die Stelle der bisher als Grundlage dienenden Compagnae traten die Zünfte, die Constabulae oder Konstaffeln. Viele, besonders guelfische, Adlige wurden zur Sicherung der neuen Verfassung aus der Stadt verbannt. Nach Boccaneras Rücktritt (1344) wurde Giovanni di Murta zum Dogen gewählt. Unter ihm wurde festgesetzt, daß die Ämter zur Hälfte aus dem Adel, zur Hälfte aus dem Volk besetzt werden sollten.
Vorübergehend wurde die Dogenwürde aufgehoben, indem 1353 dem Fürstbischof Visconti von Mailand [* 3] die Gewalt übertragen wurde; doch kehrte man 1361 wieder zur Dogenverfassung zurück und wählte nochmals Boccanera, der jetzt den Adel von allen Ämtern ausschloß und, ausschließlich auf einen Rat von Popolaren gestützt, streng und entschieden regierte. Aber auch die Popolaren teilten sich bald in zwei Parteien, die Guelfen und Ghibellinen, die sich erbittert bekämpften. Als Boccanera im März 1363 von seinen Feinden aus dem Adel durch Gift beseitigt worden war, wurde das eine guelfische Haupt der Popolaren, der reiche Handelsherr Gabriele Adorno, zum Dogen erhoben unter Kontrolle von sechs popolaren Consiglieri; doch 1370 bereits ward er von seinem Gegner unter den Popolaren, dem ghibellinisch gesinnten Domenico de' Fregoso, Haupt der reichen, ausgedehnten Familie der Campofregosi, gestürzt.
Da die innern Streitigkeiten kein Ende nahmen und die Republik durch die Niederlage bei Chioggia auch in ihrer Macht mehr und mehr bedroht war, so übertrug man nach einem Vorschlag des Antoniotto Adorno dem König Karl VI. von Frankreich die Herrschaft über Genua, [* 4] welche derselbe durch einen Governatore ausüben sollte. Mehrfache Versuche, die französische Herrschaft durch Waffengewalt wieder zu stürzen, unterdrückte der französische Marschall Jean le Maigre de Boucicault, den der König 1402 als lebenslänglichen Governatore nach Genua sandte.
Unter ihm wurde 1407 die Bank von St. Georg gegründet, ein von den Inhabern der Staatsschuldscheine (luoghi) gewähltes Kollegium von acht Räten, welche die für die Verzinsung der Staatsschulden verpfändeten Güter und Einkünfte unter ihrer Verwaltung hatten. Diese Bank war von der eigentlichen Staatsverwaltung unabhängig und wurde nur von der Gesamtheit der Staatsgläubiger kontrolliert, hatte aber die Finanzen, welche sie trefflich verwaltete, ganz in ihrer Gewalt und erlangte daher große Bedeutung.
Der französische Statthalter erregte indessen bald durch eine, wie ihm vorgeworfen wurde, selbstsüchtige Politik Unzufriedenheit, und während er dem Herzog Johann Maria Visconti von Mailand zu Hilfe zog, entsetzten ihn die Genuesen, ermordeten bei der Annäherung des französischen Heers im September 1409 alle Franzosen, erklärten die französische Herrschaft für abgeschafft und wählten einen Senat von zwölf »Anzianen« (aus dem Adel, den Popolaren, Ghibellinen und Guelfen), an deren Spitze der Markgraf von Montserrat als Generalkapitän (capitano generale) stand; viele französisch gesinnte Guelfen mußten die Stadt verlassen. Boucicault, der vergebliche Versuche machte, sich Genuas wieder zu bemächtigen, verließ die ligurische Küste 26. Sept., und die französische Herrschaft hatte hiermit zunächst ein Ende.
Indessen war auch die neue Regierung nicht von Dauer; der Markgraf wurde schon 1413 vertrieben, und nun stritten sich wieder die Parteien um die Dogenwürde. Zugleich aber drohten Gefahren von außen, da die Republik in Kämpfe mit Mailand verwickelt wurde. Im Sommer 1421 besetzte ein mailändisches Heer unter Guido Torella und den Häuptern der Ausgewanderten die Thäler bei Genua, während ein andres Heer des Herzogs von Mailand unter Francesco de' Carmagnola an der Westküste erschien.
Die genuesische Flotte wurde geschlagen, und der Doge Fregoso sah sich gezwungen, mit dem Herzog Philipp Maria de' Visconti von Mailand einen Vergleich zu schließen, in welchem er die Herrschaft über Genua dem Herzog unter denselben Bedingungen übergab, unter denen sie früher dem König von Frankreich übergeben worden war. Unter dem mailändischen Governatore Carmagnola hatte Genua eine Zeitlang Ruhe, und Handel und Schiffahrt hoben sich wieder. Als jedoch 1435 der von den Genuesen im Kampf um Gaeta gefangen genommene König Alfons von Aragonien von dem Herzog Philipp Maria de' Visconti freigelassen wurde und so die Genuesen alle Früchte ihres Siegs verloren, ermordeten sie den Governatore, vertrieben die Mailänder aus Genua (1436) und wählten wieder einen Dogen, womit die alten Parteikämpfe indes von neuem begannen. Während dieser Unruhen erlitt Genuas Einfluß im Orient den ¶
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ersten Stoß durch die Eroberung Konstantinopels durch die Türken (1453). Da die Republik weder Kaffa noch Corsica [* 6] mehr behaupten konnte, so trat sie beide der Bank von St. Georg ab, welche die Verteidigung der bedrohten Kolonien übernahm. Um aber den Kämpfen der Parteien ein Ende zu machen, stellte sich die Republik abermals unter die Herrschaft des Königs von Frankreich, und nahm der als Statthalter des Königs nach Genua gesandte Herzog Johann von Lothringen die Stadt für Frankreich in Besitz.
Aber auch diesmal dauerte die französische Herrschaft nicht lange: als 1461 der Herzog einen Zug gegen Neapel unternahm, wurde sein Stellvertreter von den vereinigten Adorni und Fregosi zum Abzug genötigt, und der Erzbischof Paolo da Campo Fregoso, welcher den Aufstand angestiftet hatte, ließ sich hierauf 1463 selbst zum Dogen wählen und vereinigte so die höchste geistliche und weltliche Würde Genuas in Einer Person. 1464 trat jedoch der König Ludwig XI. von Frankreich seine Ansprüche auf an den Herzog Franz Sforza von Mailand ab, und dieser eroberte mit Hilfe der genuesischen Großen die ganze Küste und endlich auch die Stadt.
Trotz wiederholter Unruhen blieben die Sforza Herren von Genua, bis 1499 mit Mailand auch Genua wieder unter die Botmäßigkeit der Franzosen kam. Ein unter dem zum Dogen gewählten Seidenfärber Paolo von Novi 1506-1507 gemachter Versuch, die Franzosen zu vertreiben, wurde von Ludwig XII. hart bestraft. Nach mannigfachen Verwickelungen wurde Ottaviano da Campo Fregoso 1515 von König Franz I. als sein Statthalter anerkannt. Dieser stand in dem Krieg Frankreichs gegen die Liga von Venedig [* 7] auf seiten des erstern, zog aber Genua dadurch eine Belagerung durch die Kaiserlichen (1522) zu, in deren Folge es von dem Marquis von Pescara und Prospero Colonna erobert und geplündert ward.
Der Doge ward gefangen und starb im Kerker. Nun verband sich Genua 1523 mit Kaiser Karl V., welcher die Wahl eines neuen Dogen in der Person Antoniotto Adornos gestattete. Zwar mußte Genua 1527 sich wieder dem König Franz I. unterwerfen; allein der Plan der Franzosen, in Savona eine Rivalin für Genua aufzustellen und den Mittelpunkt des Handels dorthin zu verlegen, veranlaßte den genuesischen Admiral Andrea Doria 1528, sich für Karl V. zu erklären, worauf die Franzosen Genua und Savona räumten. Karl V. erkannte Genua als unabhängigen Staat an und dehnte seine Hoheit über Savona und die ganze ligurische Küste aus.
Hierauf wurde unter Leitung Dorias die Verfassung reformiert. Die alten Adelsvereine wurden aufgelöst und an ihre Stelle 28 Zechen (alberghi, Herbergen) gesetzt, in welchen die Vertreter der einander befehdenden Geschlechter und Parteien gemischt waren; doch war das niedere Volk von den Zechen und somit auch von politischen Rechten ausgeschlossen. Aus diesen Zechen sollte ein Senat von 400 Mitgliedern gewählt werden, der neben der Wahl aller Staatsbehörden die Kontrolle über die gesamte Staatsleitung üben sollte.
Neben diesem Senat gab es noch einen engern Rat von 100 Mitgliedern. Dem Dogen stand die Signorie als fördernder, resp. beschränkender Beirat zur Seite. Sie bestand aus acht Mitgliedern, von denen stets je zwei im Dogenpalast, in unmittelbarer Nähe des Dogen, wohnen sollten. Die acht Procuratori del commune leiteten unter des Dogen Vorsitz die innere Staatsverwaltung kollegialisch; fünf Sindaci oder Zensoren hatten die Kontrolle der Exekutive und die Wahrung der neuen Verfassung zu üben.
Andrea Doria, den seine Mitbürger zum lebenslänglichen Dogen machen wollten, schlug die Würde aus, wie er früher des Kaisers Anerbieten, ihm fürstliche Gewalt in Genua zu verschaffen, zurückgewiesen hatte, und setzte es durch, daß die Amtsdauer des Dogen auf zwei Jahre beschränkt wurde. Der erste Doge wurde Uberto Lazario de' Cattanei. Indessen beherrschte doch Doria als auf vier Jahre gewählter Zensor Dogen und Rat. Er schaffte und erhielt lange Ruhe, konnte aber den Faktionsgeist doch nicht völlig bannen.
Derselbe fand Nahrung in der Vorliebe des alternden Andrea für seinen herrschsüchtigen Neffen Gianettino Doria, von dem man fürchtete, er möchte mit Andreas Reichtümern auch dessen Macht erben. Dazu kam, daß in Genua, obwohl es von der Verbindung mit Spanien [* 8] große Vorteile zog, doch noch eine französische Partei unter dem Adel bestand, welche die Republik Frankreich wieder zuführen wollte. Dies und den Sturz Dorias hatte die Verschwörung Fieschis (s. d.) zum Zweck, welche in der Nacht vom 1. zum zum Ausbruch kam.
Die Verschwörung schlug fehl, und Andrea Doria behielt seinen Einfluß bis an seinen Tod (1560). Ein Krieg mit den Franzosen um Corsica endigte zu gunsten Genuas, dagegen ging 1566 Chios für Genua durch die Türken verloren. Da auch Cypern [* 9] an die Venezianer verloren ging, so blieb Ägypten [* 10] das einzige Land im Orient, nach welchem sich Genuas Handel richtete, der überdies durch die Entdeckungen der Spanier und Portugiesen einen starken Stoß bekam. Konflikte, welche allmählich wieder zwischen den alten und den unter Doria aufgenommenen Adelsfamilien entstanden, wobei die erstern an Spanien, die letztern an Frankreich sich anlehnten, führten zu einer neuen Verschwörung gegen den alten Adel, der eben im Begriff war, seine frühern Prärogativen fast unmerkbar wieder zu erringen.
Die Einmischung Spaniens und das Erscheinen Don Juan d'Austrias mit der spanischen Flotte (1575) verhinderten den Ausbruch der Verschwörung. Nachdem sich die Signorie von Genua einer schiedsrichterlichen Entscheidung durch den Papst, den Kaiser und den König von Spanien unterworfen, kam endlich als Resultat langer Unterhandlungen eine neue Verfassung zu stande, welche die Interessen beider Parteien ausgleichen sollte. Der alte Adel wurde seiner 1574 erzwungenen Prärogativen wieder beraubt und nun für immer der Unterschied zwischen altem und aggregiertem Adel aufgehoben und zugleich bestimmt, daß der Adel auch ferner einzelnen Würdigen als Belohnung erteilt werden konnte. Die 400 Senatoren sollten ohne Unterschied aus dem gesamten Adel gewählt und durch sie die Staatsämter besetzt werden. Die neue Verfassung war also eine streng aristokratische. Ganz getrennt von den Staatsstellen war die Verwaltung der St. Georgsbank.
Nun folgte eine längere Zeit der Ruhe, während welcher sich die Bürgerschaft dem Handel und der Industrie widmen konnte. 1624 erwarb Genua das Marquisat Zuccarello, auf welches auch der Herzog Karl Emanuel von Savoyen, mit Frankreich und Venedig verbündet, vergeblich Ansprüche erhob. Zu derselben Zeit wurde nach dem Beispiel Venedigs auch zu Genua das Tribunal der Staatsinquisition eingeführt. Eine Verschwörung, welche der Herzog von Savoyen 1628 durch Vachero, einen reichen Bürger, gegen den Adel erregte, wurde noch zeitig entdeckt. Vachero büßte sein Vorhaben, den Nichtadligen den ihnen durch die Verfassungen von 1528 und 1576 geraubten Anteil am Regiment gewaltsam zurückzuerobern, mit dem Tod. Zwischen dem Herzog und ¶