1) die gemeinsame, auf
Kosten der
Genossenschaft zu bewirkende
Wahrnehmung der
Rechte aller Mitglieder bezüglich der öffentlichen
Aufführung ihrer Werke;
2) die Erleichterung und
Sicherung des Geschäftsverkehrs der Mitglieder durch die Genossenschaftsagentur;
3) die allgemeine Einwirkung auf die Theatergesetzgebung und die Verkehrsverhältnisse mit den Bühnenvorständen
etc. Der Vorstand der
Genossenschaft besteht aus drei in
Leipzig wohnenden und drei auswärtigen Mitgliedern. Ein
LeipzigerSachwalter versieht als
Syndikus die juristische
Praxis, ein besoldeter
Direktor die Leitung des
Büreaus, welches die Agenturgeschäfte
betreibt. Mitglied der
Genossenschaft kann jeder
Urheber eines zur Aufführung bestimmten dramatischen
oder musikalischen Werkes werden (Eintrittsgeld 15 Mk., Jahresbeitrag 9 Mk.).
OffiziellesOrgan der
Gesellschaft ist »Die neue Zeit. Wochenschrift« (Leipz.,
seit 1872). 1884-85 betrug die Mitgliederzahl 229, das
Vermögen der Genossenschaft 11,683 Mk., der
Umsatz 88,145 Mk.
Die Zahl der Mitglieder solcher Genossenschaften ist von vornherein eine bestimmt gegebene, oder ihre durch
Teilungen oder Vereinigungen
von
Besitz hervorgerufene Veränderung hat keinen Einfluß auf den
Kreis
[* 4] der genossenschaftlichen Wirksamkeit.
Es gibt ferner Genossenschaften, bei denen die
Haftpflicht der Mitglieder von derjenigen der Mitglieder einer
Aktiengesellschaft sich überhaupt
nicht unterscheidet; solche, bei welchen die Genossen sich am genossenschaftlichen
Leben durch
Arbeit nicht mehr beteiligen
als der
Aktionär an der Aktienunternehmung; endlich freie Genossenschaften neben
Zwangsgenossenschaften, bei denen der
Wille der
Majorität oder des
Gesetzes den
Beitritt erzwingt, den
Austritt verhindert (Waldschutzgenossenschaften, landwirtschaftliche
Meliorations-,
Be-,
Entwässerungsgenossenschaften, Deichgenossenschaften oder Deichverbände).
Daher ist der
Begriff nur länderweise je nach den gesetzlichen Bestimmungen über die verschiedenen
Gruppen von Genossenschaften, dann auch
nach der Besonderheit der einzelnen Gebiete genossenschaftlicher
Wirksamkeit bestimmt zu geben. Allerdings
denkt man gewöhnlich, wenn von Genossenschaften schlechthin die
Rede ist, an solche, welche im
Gegensatz zu den alten
Zünften sich auf dem
Weg freiwilliger Vereinigung bilden, um durch ihre Vereinigung die Vorteile des Großbesitzes und des
Großbetriebes zu erreichen.
Das Genossenschaftsrecht.
Der Zahl und dem Geschäftsumfang nach stehen heute die gewerblichen
Zwecken dienenden, auch im Gebiet
des landwirtschaftlichen
Gewerbebetriebes anwendbaren Genossenschaften, insbesondere die
Kredit- oder
Vorschußvereine, in erster
Linie. In
Deutschland
[* 5] war der Rechtsboden derselben vor ihrer besondern gesetzlichen Regelung ein durchaus unsicherer.
Letztere erfolgte
durch Schaffung eines besondern Genossenschaftsrechts, um dessen Begründung
Schulze-Delitzsch sich hervorragende
Verdienste erworben hat.
Vor allem war es nötig, daß die Genossenschaften die
Rechte einer juristischen Persönlichkeit erlangen können. Dies ermöglicht das
norddeutsche Bundesgesetz vom (seit 1873 gültig für das ganze
Deutsche Reich).
[* 6] Nach demselben können
Gesellschaften
von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche dieFörderung des
Kredits, des Erwerbes oder der
Wirtschaft
ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken, die
Rechte einer eingetragenen
Genossenschaft erwerben.
Zur Erleichterung der Abfassung eines solchen Statuts hat
Schulze-Delitzsch Musterstatuten veröffentlicht. Das Geschäftskapital
ist ein nach der wechselnden Mitgliederzahl veränderliches. Dasselbe wird zunächst durch die
Geschäftsanteile
gebildet, welche jedes Mitglied bis zu statutenmäßig bestimmter
Höhe einzuzahlen hat. Diese
Anteile sind, um eine größere
Beteiligung kleiner Leute zu ermöglichen, meist niedrig bemessen; auch können sie in
Raten entrichtet werden. Im letztern
Fall werden jedoch Gewinnanteile nicht ausgezahlt, sondern dem
Geschäftsanteil so lange zugeschlagen,
bis derselbe seine statutenmäßige
Höhe erreicht hat.
Gewinn und Verlust werden bei
Vorschußvereinen in der
Regel nach
Höhe der
Geschäftsanteile verteilt, während bei andern Genossenschaften die
Gewinnverteilung nach dem
Umsatz die
Regel bildet. Die Mitgliedschaft erlischt durch
Tod, freiwilligen
Austritt oder durch
Ausschließung.
Die Genossenschaften haben Kaufmannseigenschaft, ihr Geschäftsbereich kann sich auf die Mitglieder
beschränken, jedoch auch auf Nichtmitglieder ausdehnen. Das deutsche
Gesetz verlangt ausschließlich unbeschränkte
Haftpflicht,
während andre
Länder sich für das
Wahlsystem entschieden haben und der
Gesellschaft überlassen, ob sie sich mit beschränkter
oder mit unbeschränkter Haftbarkeit konstituieren will. Dabei gilt im Zweifelsfall in
England undFrankreich
die beschränkte, in
Belgien,
[* 7] den
Niederlanden und der
Schweiz
[* 8] die unbeschränkte
Haftpflicht als normal.
Ehe die Genossenschaften rechtlich
anerkannt waren, waren ihre Mitglieder nach gemeinem
Recht solidarisch haftbar. Nach dem preußischen
Gesetz vom hafteten
sie mit ihrem
Vermögen solidarisch erst,
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insoweit das Gesellschaftsvermögen zur Erfüllung der Verbindlichkeiten nicht ausreichte. Auch nach jetzt gültigem Rechte
dient zunächst das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger. Wenn dasselbe nicht zureicht, so kommt, um Regreßprozesse
zu vermeiden, das die Härten derSolidarhaft mildernde Umlageverfahren in Anwendung, d. h. der Vorstand stellt einen Verteilungsplan
auf, in welchem berechnet ist, welche Beiträge jedes Mitglied zu leisten hat.
Dieser Plan kann gerichtlich als zwangsweise vollstreckbar erklärt werden, was jedoch dessen (freilich nicht mit Suspensivwirkung
verknüpfte) Anfechtbarkeit auf dem Weg der Klage durch die einzelnen Genossenschafter nicht ausschließt. Die Frage, ob nur
unbeschränkte Haft oder daneben auch nach freier Wahl der Gesellschaft mit Wahrung der nötigen Sicherheit
für Dritte die beschränkte Haft zulässig sein soll, bildete in den letzten Jahren in Deutschland einen Gegenstand lebhafter
Erörterung, die eine im allgemeinen der freien Wahl zuneigende Anschauung gefördert hat.
Übrigens bietet das Innungsgesetz vom in beschränktem Rahmen Gelegenheit, einzelne Aufgaben
von Genossenschaften zu lösen, ohne die durch das Genossenschaftsgesetz vorgeschriebene persönliche Haftung der
Mitglieder übernehmen zu müssen. Nach dem genannten Gesetz können die neuen Innungen zur Förderung des Geschäftsbetriebes
ihrer Mitglieder einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb einrichten. Nach § 99 der Gewerbeordnung haftet aber für alle
Verbindlichkeiten der Innung nur das Innungsvermögen. Die vor 1873 in Bayern
[* 10] gegründeten Genossenschaften, welchen
das Gesetz vom das Recht der beschränkten Haftpflicht zugestanden hatte, behalten dasselbe auch fernerhin bei. Die
Haftpflicht ist zeitlich beschränkt. Sie verjährt binnen zwei Jahren nach Auflösung einer Genossenschaft, bez. nach dem Ausscheiden
des einzelnen Genossenschafters.
Organe der Genossenschaften sind: der gesetzlich vorgeschriebene Vorstand, welcher aus den
Mitgliedern zu wählen ist, und der die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt, die Generalversammlung, in
welcher, wenn nichts andres bestimmt ist, jeder Genosse eine Stimme hat, der Aufsichtsrat, welchen die Genossenschaft zur Überwachung
der Geschäftsführung und Kontrolle dem Vorstand an die Seite setzen kann, sowie in besondern FällenBevollmächtigte,
welche zur Führung von Prozessen gegen Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrats etc. ernannt werden können.
Diejenigen Genossenschaften, deren Thätigkeit vorwiegend oder ganz dem Bereich des Handels und des Verkehrs angehört (Konsum-, Kreditvereine),
werden oft als Distributivgenossenschaften andern Genossenschaften, wie insbesondere den Produktiv- und Baugenossenschaften, deren Thätigkeit
auf die Güterproduktion gerichtet ist, gegenübergestellt. Den kleinen Leuten sollen durch die Verbindung die Vorteile des
Großbesitzes und Großbetriebes zugänglich gemacht werden. Innerhalb gewisser Grenzen
[* 12] ist dies immer möglich.
Die genossenschaftliche Verbindung kann nicht allein technisch-finanziell, sondern auch in sittlicher
und sozialer Beziehung einen segensreichen Einfluß ausüben (Interesse der selbständigen Genossen gegenüber dem von Lohnarbeitern,
erzieherische Wirksamkeit, Förderung der Sparsamkeit und des Gemeinsinns, Übung in Selbstverwaltung und Unterordnung, angemessenere
Einkommensverteilung etc.). Dagegen haben manche Genossenschaften im Anfang mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen (Mangel an Kapital und Geschäftserfahrung), und wenn einmal die Glut des ersten
Eifers sich abgekühlt hat, so drohen die Gefahren der durch Vielköpfigkeit hervorgerufenen Schwerfälligkeit, des Mißtrauens,
der Unbotmäßigkeit etc. Je inniger die Verbindung ist (insbesondere bei Produktivgenossen), um so mehr muß sich tüchtige
technisch-wirtschaftliche Bildung und Sach- und Menschenkenntnis mit einem hohen Maß moralischer Kraft
[* 13] bei
allen Genossen paaren, wenn die Verbindung Aussicht auf Bestand haben soll.
Infolgedessen haben denn auch diejenigen Genossenschaften, welche hohe Anforderungen in moralischer und wirtschaftlicher
Beziehung stellen, wie die Produktivgenossenschaften, in Deutschland bisher wenig Verbreitung gefunden, während die meisten
Genossenschaften auf den Gebieten sich gebildet haben, auf welchen der Möglichkeit einer zahlreichen
Mitgliedschaft mäßige Anforderungen an Leistungsfähigkeit und moralische Kraft der Genossen gegenüberstehen (Konsum- und
Kreditvereine).
In Deutschland hat sich das Genossenschaftswesen, angeregt und gefördert durch Schulze-Delitzsch, in kurzer Zeit außerordentlich
entwickelt. Es bestanden Genossenschaften, gegründet nach dem SystemSchulze-Delitzsch, der zuerst 1849 eine Einkaufsgenossenschaft
für Arbeitsmaterial von Handwerkern in Delitzsch
[* 14] ins Leben gerufen hatte, im J. 1876: 3080, 1881: 3481, 1884: 3822. Die Mitgliederzahl
wird für 1884 auf rund 1½ Mill. beziffert, die gesamten geschäftlichen Leistungen wurden auf 3000 Mill. Mk.
veranschlagt, denen 300 Mill. angesammelte eigne Kapitalien an Geschäftsanteilen und Reserven und etwa 500 Mill.
fremde Gelder als Betriebsfonds dienten. Dazu kamen noch ca. 800 RaiffeisenscheDarlehnskassen und andre landwirtschaftliche
Genossenschaften. Ein großer Teil der deutschen Genossenschaften gehört zum »Allgemeinen
Verband
[* 15] der auf Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- undWirtschaftsgenossenschaften«,
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