deren Anwesenheit in der betreffenden
Armee auf den Erfolg der
Waffen
[* 2] von Einfluß sein würde, die in die
Hände des Feindes
gefallenen Blessierten, selbst wenn sie nicht als unfähig zum Fortdienen erkannt werden, nach erfolgter Herstellung oder
noch früher in ihre
Heimat zurückzusenden sind (früher 'können') unter der
Bedingung, daß dieselben
während der Dauer des
Kriegs nicht wieder die
Waffen führen dürfen«: eine Erweiterung, welche die Ausführung dieses Zusatzartikels
absolut unmöglich macht.
Einflußreicher ist dagegen die im ersten Zusatzartikel enthaltene Neuerung, welche das im Art. 3 der
Konvention enthaltene
»können« beseitigt und in vorschreibender
Weise bestimmt: »Das Hilfspersonal fährt nach der Besetzung
durch den Feind fort, den Kranken und Verwundeten des
Feldlazaretts etc. seine Sorgfalt zuzuwenden. Sobald dieses
Personal
sich zurückzuziehen wünscht, hat der
Kommandant der Besatzungstruppen den Zeitpunkt des Abzugs zu bestimmen, den er jedoch
nur auf eine kurze Zeitdauer und zwar, sobald militärische
Notwendigkeiten vorliegen, hinausschieben kann.«
Diese Zusatzartikel sind niemals ratifiziert worden. Sie bilden daher kein geltendes
Recht; nur während
des deutsch-französischen
Kriegs haben sie vermöge eines ausdrücklichen Übereinkommens zwischen den kriegführenden
Staaten
in praktischer Geltung gestanden. Die damals gemachten
Erfahrungen werden nicht dazu beitragen, die Abneigung der Mächte
gegen eine staatsverbindliche
Ausdehnung
[* 3] der
Konvention von 1864 zu beseitigen.
1874 beschäftigte sich der in
Brüssel
[* 4] tagende völkerrechtliche
Kongreß über das gesamte internationale
Kriegsrecht auch
mit der genfer Konvention Die sieben auf die Verwundeten, das Sanitätsmaterial und
-Personal bezüglichen
Paragraphen der russischen
Vorlage
enthielten zwar eine ganz erhebliche Umgestaltung eines Teils des bisher geltenden
Rechts; sie wurden aber
gestrichen und folgender Beschluß gefaßt: »Die Verpflichtungen der Kriegführenden
in Bezug auf die Verwundeten- und
Krankenpflege werden durch die genfer Konvention vom geregelt, vorbehaltlich der Abänderungen,
die in Bezug auf dieselbe in Zukunft etwa vereinbart werden sollten«.
Die Beratungen und
Verhandlungen dagegen über den russischen
Entwurf und die von dem deutschen
Bevollmächtigten
und der belgischen
Regierung eingebrachten Gegenentwürfe, bei denen sich sehr weitgehende Meinungsverschiedenheiten ergaben,
und deren
Resultat in den Kommissionsprotokollen niedergelegt ist, enthalten für die Zukunft hochwichtiges
Material.
Der von 15
Staaten
und von allen europäischen Großmächten beschickte
Kongreß verfügte über ein reiches, bereits vielfach durchgearbeitetes
Material und konnte eingehende praktische
Erfahrungen berücksichtigen. Namentlich trat den früher gemachten
Erfahrungen gegenüber
die Auffassung der Vertreter
Deutschlands
[* 5] maßgebend in den
Vordergrund. In vielen schwierigen
Punkten ist in der
Kommission
eine Einigung erzielt worden; die Beschlüsse nehmen gebührend auf das kriegerische
Interesse Rücksicht; sie zeigen große
Sachkenntnis,
Schärfe, Gründlichkeit und praktischen
Blick und erstreben nur das wirklich Erreichbare
und Ausführbare.
Leider haben diese Kommissionsbeschlüsse praktische Geltung nicht erlangt; thatsächlich steht die
Konvention von 1864 allein
noch in
Kraft.
[* 6] Dieselbe bedarf aber ganz entschieden einer
Revision, denn sie enthält unausführbare und übertriebene Bestimmungen,
welche auf das oberste
Gesetz desKriegs, die unbedingte
militärische Aktionsfreiheit, nicht genügende
Rücksicht nehmen und daher notwendigerweise durch die allmächtige
Gewalt derThatsachen durchbrochen werden müssen.
Hieraus erklärt sich ein großer Teil der in den letzten
Kriegen beklagten sogen. Konventionsverletzungen, wenn auch nicht
geleugnet werden soll, daß in vielen
Fällen Unkenntnis der betreffenden Konventionsbestimmungen undböser Wille
zu wirklichen
Verletzungen geführt haben. Bei einer
Revision wird, abgesehen von den bereits
oben dargelegten
Gesichtspunkten,
vor allem darauf Rücksicht zu nehmen sein, den vagen und unrichtigen
AusdruckNeutralität durch den
Begriff Unverletzlichkeit
zu ersetzen und die Hauptbestimmungen des
Vertrags in die militärischen
Reglements und Sanitätsinstruktionen der kontrahierenden
Staaten aufzunehmen. In
Deutschland
[* 7] ist dieses
Ziel bereits teilweise erreicht, indem, ohne Bezugnahme auf
Gegenseitigkeit und internationale
Verträge, in § 5 der
Kriegssanitätsordnung vom bestimmt ist: »Kranke und verwundete
Kriegsgefangene nehmen gleich den
Soldaten des deutschen
Heers und den
Angehörigen verbündeter
Heere an der
Krankenpflege teil«.
Auch die genfer Konvention nebst den Zusatzartikeln vom ist der Sanitätsinstruktion
als Beilage D beigefügt.
Vgl.
Gurlt, Der internationale
Schutz der im
Felde verwundeten und erkrankten
Krieger (Berl. 1869);
Palasiano ^[richtig: Palasciano = Ferdinando Palasciano (1815-1891)], La neutralità dei feriti in tempo di guerra (Neap.
1861);
Moynier, Étude sur la convention de
Genève (Par. 1870);
See (bei denRömernLacus Lemanus, franz.
Lac deGenève,
Lac Léman, im
MittelalterLac Losannete
oder
Mer du
Rhône), der größte
See der
Schweiz,
[* 9] hat die Gestalt eines gegen S. gekrümmten
Halbmondes, dessen östliche
Spitze
jedoch im
Lauf der Jahrtausende von dem hier mündenden
Rhône durch Schuttablagerungen allmählich ausgefüllt wurde. Die
Länge beträgt 90 km, die größte
Breite,
[* 10] zwischen
Evian und St.-Sulpice, 15 km, der Flächeninhalt 573 qkm
(10,4 QM.). Er liegt 375 m ü. M.
Der Hauptteil hat (bei
Vevey-Meillerie) bis 309 m Tiefe; der westliche, kleinere, stromähnliche
Arm bis Genf
[* 11] heißt der
KleineSee
und ist höchstens 75 m tief.
Zwischen Versoix und Collonge streicht eine
Sandbank von
Ufer zu
Ufer (banc de travers), welche bei niedrigem
Wasserstand den
Dampfbooten hinderlich war und ausgebaggert werden mußte. Die Uferlandschaften sind wegen ihrer
Schönheit
berühmt. Im westlichen Teil sieht man den
Montblanc.
Fast das ganze Nordufer hat nur Hügelform. Der
Jorat, als höchster
Punkt,
erhebt sich nur 553 m über den
See. Der
Jura hält sich in ziemlicher
Ferne; selbst seine Vorstufen, die
Weinhalden von
La Côte, senden höchstens einen Hügelvorsprung an den
See heran.
Auch auf der Südseite sind die zwei westlichen Dritteile von Genf
bis
Evian eben, und erst 7 km südlich von
Yvoire steigt waldbewachsen der
HügelBoissy etwa 300 m über den
See empor; dahinter, weit nach S., die
Voirons (1456 m ü. M.),
das erste bedeutende Gebirgsglied. Weiterhin folgen großartige Gebirgsmassen, höher und höher bis zur majestätischen
Firnwelt. Während aber das schweizerische
Ufer das
Bild eines reichen, üppigen, dicht belebten Geländes darbietet,
geschmückt mit zahllosen saubern
Häusern,
¶
mehr
Kastanienwäldchen, heitern Obst- und Weingärten, Hafen- und Stapelplätzen, ist das savoyische Südufer eine Landschaft von
mehr ernstem und einsamem Charakter, die eine spärlichere Kultur zeigt und nur einen einzigen Hafen besitzt. Unter den zahlreichen
kleinen Zuflüssen (außer dem Rhône) sind die bedeutendern die savoyische Dranse, auf der Nordseite die Veveyse,
Venoge und Aubonne; den Abfluß bildet der Rhône bei Genf.
Die Niveaudifferenzen sind ziemlich bedeutend, durchschnittlich 1 ⅔
m, in einzelnen Jahrgängen weit mehr; der tiefste Stand fällt zumeist in den März, der höchste in den August.
Das Seewasser ist außerordentlich rein und von prächtiger bläulicher Farbe, dessen Transparentwirkung man
am besten beim Ausfluß
[* 13] in den dahinstürzenden Rhônewellen erkennen kann. Eine gewisse Strömung, von den Anwohnern Lardeyre
oder La Dière genannt, geht im Frühjahr und Herbst im östlichen See, nach verschiedenen Richtungen hin, oft so stark, daß
kein Ruder sie zu bewältigen vermag. Man glaubt, daß sie von unterirdischen Zuflüssen herrühre, die
dem See einen großen Teil (im Sommer ein Drittel, im Winter die Hälfte) seiner Wassermenge zuführen.
Ein andres eigentümliches Phänomen ist die mit einiger Regelmäßigkeit wiederkehrende Bewegung und Veränderung im Wasserstand
des Seespiegels, die Seiches, der »Ruhs« des Bodensees analog, an Ebbe und Flut erinnernd. Diese Erscheinung tritt
bei völlig windstiller Luft, ohne Wellenschlag und äußerlich sichtbare Strömung, ein; der See steigt 4-5 Minuten lang und
sinkt dann wieder in ebensoviel Zeit. Zu Genf
ist die Bewegung am stärksten; bisweilen erreicht sie 1½ m. Zu Morges, wo sie von
ProfessorDufour sorgfältig beobachtet ward, übersteigt sie kaum 12-15 cm. Die Ursache schreibt man dem
ungleichen Druck der Luftsäulen zu, welche gleichzeitig auf verschiedene Stellen der Wasserfläche einwirken.
Auch Wasserhosen treten periodisch auf. Ferner beobachtet man daselbst die Luftspiegelungen der Wüste (mirages) und die Fata Morgana
Unteritaliens. Erstere finden statt, wenn die Wasseroberfläche wärmer ist als die Luft; am prächtigsten
in den Morgenstunden des Septembers und Oktobers. Die andre Erscheinung tritt ein, wenn umgekehrt die Luft wärmer ist als das
Wasser (an heißen Nachmittagen im März bis Juni); dann sieht man Gegenstände, die sonst wegen der Wölbung der Erdoberfläche
nicht sichtbar sind, auftauchen, manche in entstellter Form oder beträchtlich vergrößert.
Die Temperatur des Wassers bei einem Wärmestand der Oberfläche von 24,4° C. betrug in einer Tiefe von 300 m
nur 8,2° C. Ein völliges Zufrieren wurde noch nie beobachtet; nur der westliche Teil überfriert
in kalten Wintern. Unter den Winden,
[* 14] die auf dem See herrschen, ist der kälteste die Bise, ein Nordostwind.
Der Vaudaire kommt aus dem Wallis
und treibt die Wellen
[* 15] zu bedeutender Höhe; der furchtbarste aber ist der aus den Schluchten Savoyens
unerwartet und heftig hervorbrechende Bornand.
Der Regen bringende Südwestwind heißt vorzugsweise der »Genfer«; ein austrocknender Südwind wird bezeichnend Séchard genannt.
Der angenehme Rébat bewegt an Sommermittagen die Oberfläche leicht kräuselnd. An Fischen ist der genfer See nicht
so reich wie andre SchweizerSeen. Man zahlt 21 Arten, von denen der Weißfelchen (Salmo fera), die große Seeforelle (20-25 kg
schwer), die Ritterforelle und die Kaulquappe die beliebtesten sind. Der Fischfang ist an den beiden Enden am
ergiebigsten. In der Tiefe des Sees hat man 35-40 Tierarten entdeckt, die sämtlich den niedern Tieren
angehören. Pflanzen
finden sich daselbst nicht vor. - Der genfer See bildet die große Straße, welche für drei SchweizerKantone und Savoyen den Warentausch
vermittelt.
Größere Frachtschiffe hatten sich von jeher zu den Kähnen und Fischerbarken gesellt; später kamen noch
die Dampfer hinzu, hier zuerst von allen SchweizerSeen der GuillaumeTell 1823. Doch steht hinsichtlich der Zahl der Dampfschiffe,
wie überhaupt als internationale Handelsstraße, der Léman weit hinter dem Bodensee zurück. Diese Bedeutung mußte sich noch
verringern, seit die ganze Schweizerseite entlang eine Uferbahn raschern Verkehr ermöglicht. Die verschiedenen
Dampfschiffahrtsgesellschaften haben sich im Januar 1873 vereinigt zur »Compagnie générale de navigation sur le lacLéman«,
die, ungerechnet die zwei der Ligne d'Italie gehörigen und außer Dienst befindlichen, zwölf Boote besitzt, darunter den schönen
Salondampfer Montblanc (1875 gebaut).
Vgl. Rey, Genève et les rives du Léman (3. Aufl., Par. 1875);