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Gemmen
(Daktyliotheken, s. d.) an.
Pompejus brachte die
Daktyliothek des
Königs
Mithridates nach
Rom und
[* 2] stellte sie in einem
Tempel
[* 3] auf.
Julius Cäsar stiftete sechs
Daktyliotheken in dem
Tempel der
Venus Genitrix. Man trieb nun großen
Luxus mit Gemmen
,
[* 4] besetzte
damit sogar
Kleider,
Gefäße,
Kandelaber
[* 5] und Geräte aller Art. Der bedeutendste Gemmen
schneider dieser
Zeit war Dioskurides. Damals entstanden auch die sehr großen, überaus kostbaren
Kameen, die jetzt in den Sammlungen zu
Wien,
[* 6] Paris,
[* 7]
Petersburg
[* 8] u. a. aufbewahrt werden. Die berühmtesten sind: der schon in alexandrinischer
Zeit entstandene
Cammeo
Gonzaga in
Petersburg (s. Tafel,
[* 1]
Fig. 15), die
Gemma Augustea mit der
Darstellung der
Familie
des
Augustus in
Wien, der
Pariser
Cammeo mit demselben Gegenstand (s. Tafel,
[* 1]
Fig. 17) und der niederländische
mit der
Familie des
Claudius im
Haag.
[* 9] Man fertigte selbst ganze
Gefäße aus
Edelstein und versah sie mit künstlerisch ausgebildeten
Reliefs, wovon die hervorragendsten
Beispiele das
Mantuanische Gefäß (s. d.) in
Braunschweig,
[* 10] die
Farnesische
Schale aus
Sardonyx in
Neapel
[* 11] u. ein
Becher
[* 12] in
Paris sind.
Antike Gemmen
aller Art, auch antike
Nachbildungen derselben in
Glas,
[* 13] sogen.
Pasten, oft von vorzüglicher
Arbeit, sind uns noch in
sehr großer Anzahl erhalten. Zu Ende der römischen Kaiserzeit artete die Glyptik aus, wurde roh und diente häufig
dem
Aberglauben. Im
Mittelalter verlor sich die
Kunst beinahe, und erst gegen das Ende desselben erwachte zunächst in
Italien
[* 14] das
Interesse für antike
Münzen
[* 15] und Gemmen
wieder. Es entstanden damals die Grundlagen der noch heute bestehenden großen Sammlungen
im
Besitz des italienischen
Adels und in den
Museen zu
Berlin,
[* 16]
Wien,
Petersburg,
Paris,
London,
[* 17]
Florenz,
[* 18]
Neapel,
Gotha,
[* 19]
Dresden,
[* 20]
Kassel,
[* 21]
Kopenhagen,
[* 22]
Haag.
Die Liebhaberei dafür war besonders im 18. Jahrh. weit verbreitet. Damals entstand die große Sammlung des Barons Ph. v. Stosch (s. d.), welche nachmals an das Berliner [* 23] Museum überging; ferner die Sammlung des Herzogs von Marlborough, die 1875 für 35,000 Guineen (735,000 Mk.) an den englischen Kohlenbergwerksbesitzer David Bronslow überging. Auch Kopien der in Glas und Abdrücke in Schwefel, Gips [* 24] etc. wurden gefertigt und fleißig gesammelt. Am bekanntesten sind die Lippertschen Abdrücke, welche unter dem Namen Lippertsche Daktyliothek (3000 Abdrücke) noch heute benutzt werden.
Daneben sind die
Abdrücke von Tassie
(Katalog von
Raspe, 1792) und die »Impronte gemmarie del Istituto
archeologico di
Roma«
[* 25] hervorzuheben. Mit dem
Interesse für antike Gemmen
entstand auch das
Bedürfnis, sie nachzuahmen, woraus
sich dann allmählich ein neuer Kunstzweig entwickelte, welcher im 16. Jahrh. zu hoher
Blüte
[* 26] gelangte. Die bedeutendsten
Gemmen
schneider des
»Cinquecento« sind:
Vittorio
Pisano, Compagni,
Caradosso,
Giovanni delle Carneoli, Marmitta
Vater und Sohn,
Belli,
Daniel Engelhart und etwas später
Caraglio,
Cesari, Mondella, Nassaro
[* 1]
(Fig. 24),
Pescia, Saracchi, Trezzo,
Coldoré
[* 1]
(Fig. 30),
Kilian und
Schwaiger und im 17. und 18. Jahrh. Pilaja,
Torricelli, Tortorino,
Höfler,
Antonio,
Giovanni und
Luigi
Pichler
[* 1]
(Fig. 21, 28 u. 29), Amastini,
Cades, Cerbara
[* 1]
(Fig. 22), Costanzi, Santarelli,
Dorsch,
Hecker,
Natter,
Brown
[* 1]
(Fig. 32),
Busch, Marchant
[* 1]
(Fig. 23), Guay
[* 1]
(Fig. 31), Jeuffroy
[* 1]
(Fig.
33), Berini,
Morelli,
Girometti und
Calandrelli
[* 1]
(Fig. 27). Im Anfang unsers
Jahrhunderts hatten besonders
Goethe, dann
Kestner
in
Rom, der
Herzog von
Luynes und der
Herzog von
Blacas eifrig antike Gemmen
gesammelt.
Seitdem
ist aber das
Interesse für sie wesentlich erlahmt, trotz der wissenschaftlichen Anregung dazu, namentlich durch die
Forschungen von
Köhler und
Brunn (»Geschichte der griechischen
Künstler«, Bd. 2, S. 441 ff.).
Doch ist noch in letzter Zeit eine bedeutende, über 1000 Gemmen
von allen Völkern zählende
Privatsammlung von
Tob. Biehler
(Baden
[* 27] bei
Wien) angelegt worden.
Vgl. O. Müller, Handbuch der Archäologie (3. Aufl., § 313-315);
Frischholz, Lehrbuch der Steinschneidekunst [* 28] (Münch. 1820);
Krause,
Pyrgoteles
(Halle
[* 29] 1856, woselbst auch fast die gesamte Litteratur
über
Kunde antiker Gemmen
angegeben ist);
King, Antique gems and rings (3. Aufl., Lond. 1872);
Derselbe, Handbook of engraved gems (2. Aufl., das. 1885);
Bucher, Geschichte der technischen Künste, Bd. 1 (Stuttg. 1875);
Kluge, Handbuch der Edelsteinkunde (Leipz. 1860).