(Kommune), im allgemeinen Bezeichnung für jedes räumlich begrenzte Gemeinwesen, namentlich Gemeinwesen politischer
Art. Doch werden auch Vereinigungen zu andern
Zwecken und auf andern Gebieten nicht selten als Gemeinden
bezeichnet, wie man denn z. B. von einer akademischen Gemeinde, als der korporativen
Vereinigung des akademischen Lehrkörpers und der studierenden
Jugend, zu sprechen pflegt. In der
Regel versteht man jedoch
unter Gemeinde das politische Gemeinwesen, welches innerhalb des Staatsgebiets und für einen bestimmten Teil desselben
zurFörderung und Verwirklichung örtlicher Gemeinzwecke besteht.
Spricht man von Gemeinde schlechthin, so ist damit die politische Ortsgemeinde, d. h.
dasjenige Gemeinwesen, welchem die Verwirklichung politischer Aufgaben in der kleinsten örtlichen Begrenzung obliegt, gemeint.
Diese räumliche Begrenzung unterscheidet die Gemeinde wesentlich von dem
Staate, der ein mehr oder weniger großes Gebiet umfaßt.
Dazu kommt, daß der
Staat alle politischen Aufgaben in den Bereich seiner Thätigkeit zieht, während
die Gemeinden als Unterabteilungen des Staatsganzen nur mit gewissen politischen Aufgaben befaßt sind. In dieser Hinsicht
erscheint die Gemeinde als ein
Bezirk der staatlichen Lokalverwaltung.
Den Gemeinden ist insbesondere die
Ortspolizeiübertragen, abgesehen von den größern Stadtgemeinden,
für welche besondere staatliche Polizeiverwaltungen (Polizeipräsidien) bestehen. Sodann ist den Gemeinden die
Verwaltung
des öffentlichen
Schulwesens, namentlich des Volksschulwesens, in gewissem
Umfang überlassen. Die Gemeinde ist ferner das hauptsächlichste
Organ der
Armenpflege. Die
Krankenversicherung der
Arbeiter ist ihr subsidiär
übertragen.
Dazu kommen die
Fürsorge für den
Wegebau und für sonstige gemeinnützige Anstalten, die Verpflichtung
zu
Kriegs- und Friedensleistungen für die bewaffnete Macht, das Gewerbewesen und die zahlreichen Angelegenheiten, welche
mit der örtlichen Polizeiverwaltung zusammenhängen. Auf der andern Seite hat die Gemeinde als die Grundlage des
Staats aber auch einen wirtschaftlichen
Charakter. Sie stellt sich als ein Gemeinwesen zurFörderung gemeinsamer
Vermögensinteressen der Gemeindeangehörigen dar, indem sie, als
juristische Person mit gemeinsamem
Vermögen, vielfach auch
besondere
Gemeindeunternehmungen ins
Leben ruft und unterhält (s.
Gemeindehaushalt).
Dies schließt nicht aus, daß innerhalb einer Gemeinde noch besondere
Korporationen mit gesonderter Vermögensverwaltung bestehen.
Insbesondere haben sich in
Deutschland
[* 3] Überreste der alten Markgemeinden erhalten, welch letztere gemeinsames
Land gemeinschaftlich besaßen und bewirtschafteten. So erklärt sich in manchen Gegenden und in einzelnen Gemeinden der
Unterschied zwischen der politischen Gemeinde und einer
Allmand-,
Alt-,
Nutzungs-,
Realgemeinde etc., indem die letztere diejenigen
Flurgenossen umfaßt, welche in ausschließlicher
Weile an dem
Vermögen dieser
Sondergemeinden beteiligt sind (s.
Allmande).
Aber auch da, wo solche Sondergemeinden nicht bestehen, sind nur die eigentlichen Gemeindebürger zur
Teilnahme an den vermögensrechtlichen Gemeindenutzungen berechtigt, und so besteht der wichtige
Gegensatz zwischen der Bürgergemeinde
und der Einwohnergemeinde, zu welch letzterer außer jenen Berechtigten alle sonstigen
Personen gehören, die sich in dem
betreffenden Gemeindebezirk niedergelassen haben. Zur Erfüllung jener staatlichen Aufgaben reichen indessen
auf manchen Gebieten die
Kräfte der Einzelgemeinde nicht aus, und ebendarum erscheinen die vielfach bestehenden
Gemeindeverbände
für besondere
Zwecke, wie die
Kirchen- und Schulgemeinden, Wege-,
Armen-, Deichverbände etc., als gerechtfertigt. Zu der politischen
Einzelgemeinde aber treten die Kommunalverbände höherer
Ordnung hinzu, wie sie sich insbesondere in der
preußischen Dreiteilung in
Provinz,
Bezirk und
Kreis
[* 4] darstellen (s.
Kreis).
Auch zur Ausübung der
Ortspolizei bestehen in
Preußen
[* 5] besondere
Gemeindeverbände, indem für die sogen. Amtsgemeinde zu ebendiesem
Zweck ein
Amtsvorsteher (s. d.) bestellt ist.
Analoge Einrichtungen wie die preußischen Kommunalverbände bestehen übrigens
auch in den meisten andern deutschen
Staaten. Die politische Ortsgemeinde deckt sich räumlich nicht immer
mit einer einzelnen Ortschaft. Sie kann vielmehr mehrere
Dörfer,
Vororte,
Weiler,
Höfe etc. mit umfassen; sie kann ferner einfach
oder zusammengesetzt sein. So werden in großen Gemeinden
Bezirke mit einer gewissen korporativen Selbständigkeit abgegrenzt,
während umgekehrt mehrere kleinere Gemeinden ohne Aufhebung ihrer Sonderpersönlichkeit für gewisse
kommunale
Zwecke zu einer Samtgemeinde vereinigt sind. Dies ist namentlich in
Rheinland und
Westfalen
[* 6] der
Fall, wo das platte
Land aus der französischen Zeit her in
Bürgermeistereien und
Ämter organisiert ist. Der wichtige Unterschied zwischen Stadt-
und Landgemeinde hat sich im
Lauf der Zeit wesentlich abgeschwächt (s.
Bürger); manche
Gesetzgebungen
kennen übrigens in den
Märkten oder
Flecken auch noch eine Zwischengattung zwischen Stadt- und Landgemeinde.
Während die in dem modernen Staatswesen eine Doppelstellung einnimmt, insofern sie Grundlage und
Glied
[* 7] eines höhern
Organismus
(des
Staats) und zugleich ein
Organismus für sich ist, fiel im
Altertum der
Begriff des
Staats mit demjenigen
der Gemeinde zusammen. Bei den Griechen und
Römern war die Stadt zugleich ein
Staat.
Später, nachdem sich das römische Stadtwesen
eine Weltherrschaft errungen hatte, war von der
Entwickelung eines Gemeindewesens in unserm
Sinne nicht mehr die
Rede.
Dagegen beruht bei den germanischen Völkern alle staatliche
Organisation auf der Gemeinde. Es währte geraume
Zeit, bis sich Einzelgemeinden zu einer Volksgemeinde zusammenfanden und Völkerbündnisse die Anfänge eigentlicher Staatsbildungen
wurden.
In den ersten
Zeiten des
Mittelalters bestand in
Deutschland ein freies Gemeindewesen, bis die
Entwickelung des
Lehnswesens
und des Patrimonialsystems die
Freiheit der Landgemeinden mehr und mehr beseitigte (s.
Bauer). Zu hoher
Blüte
[* 8] entfaltete sich auf der andern Seite das mittelalterliche Städtewesen, indem die
Städte fast durchweg nur einer monarchischen
Schutzherrschaft, sei es des
Kaisers oder einzelner Landesfürsten, unterworfen, im wesentlichen aber freie Gemeinwesen waren.
Die
Schwäche des Kaisertums und das Erstarken der
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mehr
Landeshoheit der Dynasten untergruben jedoch die städtische Freiheit und Gemeindeselbständigkeit. Dieselbe Erscheinung findet
sich auch in andern Staaten des europäischen Kontinents, während in England die historische Gemeindefreiheit, unbeschadet
der Entwickelung eines zentralen Staatswesens, gewahrt wurde. Am weitesten ging die staatliche Zentralisation in Frankreich,
woselbst die Gemeinde lediglich zu einem staatlichen Verwaltungsbezirk herabsank, eine Erscheinung, welche auch
auf die angrenzenden westdeutschen Landschaften nicht ohne Einfluß bleiben konnte. Gleichwohl boten in Deutschland die alten
Gemeindeverfassungen die Grundlage und die Möglichkeit zu einer Neubelebung des Bürgertums dar, und auf der Basis der Gemeinde baute
sich eine neue staatliche Organisation auf, die Verjüngung des deutschen Gemein- und Gemeindewesens. Für
die Emanzipation der Gemeinde war namentlich die preußische Städteordnung des Freiherrn vom Stein (vom bahnbrechend.
Von dieser hochwichtigen Schöpfung datiert die freiheitliche Entwickelung des deutschen Bürgertums in Preußen und in Deutschland,
die Hebung
[* 10] des deutschen Gemeindewesens durch die ihm verliehene Selbstverwaltung und Selbstverantwortung.
Seitdem hat das deutsche Gemeindewesen je nach der Ab- oder Zunahme der politischen ReaktionPerioden des Obsiegens oder der
Unterdrückung durchgemacht. Die Bewegung des Jahrs 1848 machte sich auch auf diesem Gebiet geltend.
Die verschiedenen Strömungen im politischen Leben der Nation haben auf die Gemeindegesetzgebung in den einzelnen deutschen
Staaten den merkwürdigsten Einfluß ausgeübt. Die deutsche Gemeindegesetzgebung ist daher nichts weniger als eine einheitliche,
und gerade in dem größten deutschen Staat fehlt es an einer einheitlichen Gemeindeordnung. Insbesondere haben in Preußen
die sieben östlichen Provinzen keine vollständige Landgemeindeordnung, nur eine Ergänzung des allgemeinen Landrechts und
provinzieller Gesetze und Herkommen durch ein Gesetz vom das aber durch die Kreisordnungen von
1872, 1884, 1885 und 1886 mannigfach modifiziert ist.
Die Bildung einer Gemeinde kann nur mit staatlicher Genehmigung erfolgen; in Baden, Braunschweig
[* 18] und andern Ländern ist sogar ein Gesetz
hierzu erforderlich. Die Gemeindeangehörigkeit, welche im weitesten Sinn in dem Recht besteht, an den
öffentlichen Gemeindeanstalten teilzunehmen, Unterstützungswohnsitz zu erwerben, und in der Pflicht,
die Gemeindelasten mit
zu tragen, ist entweder die von Rechts wegen eintretende Folge der unter bestimmten polizeilichen Voraussetzungen jedem gestatteten
Niederlassung, oder sie wird durch Aufnahme erworben, welche jedoch seit dem Freizügigkeitsgesetz vom nur unter
genau bestimmten Voraussetzungen, z. B. wegen Nahrungsunfähigkeit, verweigert werden darf
(s. Freizügigkeit).
Mit der Gemeindeangehörigkeit ist aber nicht immer auch das sogen. aktive Bürgerrecht (Ortsbürgerrecht, Gemeinderecht) gegeben,
d. h. das Recht, in Gemeindeangelegenheiten abzustimmen, zu wählen und gewählt zu werden und am Gemeindevermögen teilzunehmen;
vielmehr knüpfen viele Gemeindegesetze das aktive Bürgerrecht an die Aufnahme durch die Gemeindebehörde
und die Aufnahmeberechtigung an gewisse Bedingungen, z. B. Heimatsrecht oder zweijährigen Wohnsitz in der Gemeinde, verbunden mit
Steuerzahlung. In manchen Ländern kann die Gemeinde für die Verleihung des Bürgerrechts auch eine Abgabe (Bürger-, Einzugs-, Nachbargeld)
erheben, so in Sachsen, Hessen,
[* 19] einigen thüringischen Staaten und im rechtsrheinischen Bayern.
Für die Teilnahme an dem Bürgernutzen (Allmande) muß meistens noch ein besonderes Einkaufsgeld bezahlt werden. Wo diese Teilnahme
an den Besitz von Grundstücken gebunden ist, bleibt dies Verhältnis unberührt. In Preußen, Baden und in der bayrischen Pfalz
besteht das System, wonach unter den gesetzlichen Voraussetzungen das Gemeinderecht durch bloße Niederlassung
und Aufenthalt im Gemeindebezirk erworben wird ohne besondere und ausdrückliche Aufnahme in den Gemeindeverband.
Nach der preußischen Städteordnung ist das Bürgerrecht die Folge der Gemeindeangehörigkeit, wofern letztere ein Jahr gedauert
hat, mit preußischer Staatsangehörigkeit, Selbständigkeit und einem Alter von 24 Jahren verbunden ist und entweder der Besitz
eines Wohnhauses, oder der selbständige Betrieb eines Nahrungsgewerbes, oder eine bestimmte Steuerveranlagung,
oder doch ein entsprechendes Einkommen hinzutritt. In den preußischen Landgemeinden besteht für die westlichen Provinzen dasselbe
System, während in den östlichen Provinzen die besondern Ortsstatuten maßgebend sind. Im rechtsrheinischen Bayern ist zur
Erwerbung des Gemeinderechts befähigt jeder volljährige und selbständige, in der Gemeinde besteuerte
Einwohner, berechtigt jeder Befähigte, welcher in der Gemeinde entweder das Heimatsrecht besitzt, oder zwei Jahre gewohnt und Steuern
bezahlt hat, ohne Armenunterstützung empfangen zu haben oder sonst unwürdig zu sein; verpflichtet endlich zur Erlangung
des Gemeindebürgerrechts ist jeder Befähigte, welcher seit fünf Jahren in der Gemeinde wohnt und zu einem
bestimmten Steuersatz veranlagt ist. Die Staatsangehörigkeit ist in allen Staaten Voraussetzung des Erwerbs des Bürgerrechts.
Frühere Einteilungen der Bürger in ungleich berechtigte Klassen, wie Groß- und Kleinbürger, Voll- und Schutzbürger u. dgl.,
sind fast allenthalben hinweggefallen.
Die Gemeindeverfassung ist in den verschiedenen Staaten und in den einzelnen Landesteilen der größern
Staaten eine außerordentlich verschiedene; auch fehlt es zum Teil an einer scharfen Unterscheidung zwischen der Gemeindeverwaltung,
d. h. zwischen den vollziehenden, und der Gemeindevertretung, den beschließenden Organen der Gemeinde. Die Verwaltung der Gemeinde repräsentiert
der Gemeindevorstand, sei es ein einzelner Gemeindevorsteher (Bürgermeister, Schulze,
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