Solche
Fälle werden als bösartige Gelbsucht
(Icterus gravis, perniciosus) bezeichnet. Auch in den leichtern
Fällen kommt ein höchst
lästiges Hautjucken vor, auf welches die Kranken durch
Kratzen und Zerkratzen der
Haut
[* 3] reagieren. Die
Haut ist spröde und trocken, mit kleienartigen Schüppchen bedeckt. Die Kranken haben einen garstigen bittern
Geschmack im
Mund. Zuweilen besteht
Gelbsehen, weil die brechenden
Medien des
Auges gelb gefärbt sind. Sehr charakteristisch ist bei der
Gelbsucht das Verhalten des
Pulses.
Derselbe ist auffallend selten, macht manchmal nur 40
Schläge in der
Minute. Es ist durch
Versuche festgestellt, daß diese
Verlangsamung des
Pulses auf den im
Blut vorhandenen
Gallensäuren beruht, welche reizend auf den Herznerv (nervus vagus) einwirken.
Die
Körpertemperatur bei der Gelbsucht ist niedrig, die
Respiration verlangsamt. Die hat eine verschieden lange
Dauer; bald hält sie nur einige
Tage, bald mehrere
Wochen und
Monate, selbst bis zum
Tod an. Es hängt dies ausschließlich
von den
Ursachen der Gelbsucht, bez. der Gallenresorption ab. Sind diese
Ursachen vorübergehende, wie beim Dünndarmkatarrh, so schwindet bald danach auch die Gelbsucht, indem die
Galle wieder frei in den
Darm
[* 4] abfließt und der in den Säften und
Geweben des
Körpers angehäufte Gallenfarbstoff allmählich
aus dem
Körper mit dem
Harn ausgeschieden wird.
War die Gelbsucht sehr stark, so gehen gewöhnlich mehrere
Wochen darüber hin, bis aller
Farbstoff aus den
Geweben des
Körpers entfernt
ist. Wenn dagegen die der Gelbsucht zu
Grunde liegende
Störung des Gallenapparats derart ist, daß monatelang
keine
Galle in den
Darm gelangt, diese vielmehr sich im
Blut anhäuft, so magert der Kranke in hohem
Grad ab und geht schließlich
an Erschöpfung zu
Grunde. Die bösartigen
Fälle von Gelbsucht, welche sich durch schwere typhusartige
Symptome
von seiten des
Nervensystems auszeichnen, pflegen schon nach wenigen
Tagen mit dem
Tod zu endigen. - Die als Blutikterus (hämatogener
Ikterus) aufgefaßten
Arten der Gelbsucht, bei welchen die Gallenwege offen sind, entstehen, wenn bei normaler Leberthätigkeit durch
erhöhten Zerfall farbiger Blutkörper (bei Neugebornen und schweren fieberhaften
Krankheiten, z. B. biliösen
Lungenentzündungen, biliösem
Typhoid) mehr
Galle gebildet wird, welche dann bei Erlahmung der
Herzthätigkeit und Sinken des
Blutdruckes in die
Lymphgefäße und das
Blut übertritt.
Die Behandlung der hat sich zunächst immer gegen das Grundleiden zurichten, welches die Gallenresorption veranlaßt. In der
Regel sind wir ganz ohnmächtig gegenüber der primären
Störung im Gallenapparat. Indessen wird man z. B.
durch entsprechende Behandlung eines Duodenalkatarrhs oder durch
Entfernung von
Gallensteinen aus den Gallenwegen mittels einer
Trinkkur in
Karlsbad etc. oft genug eine
Heilung der Gelbsucht bewirken können. Vermag man die örtlichen
Ursachen der Gelbsucht nicht zu
entfernen, so wird die Behandlung sich nur gegen einzelne
Symptome der
Gelbsucht richten können, ohne das Übel
selbst zu beseitigen.
Man wird z. B. durch leichte Abführmittel den verzögerten Stuhlgang unterstützen, die
gestörte
Verdauung durch bittere
Mittel, durch Ochsengalle, durch auflösende
Mineralwässer zu verbessern suchen, durch lauwarme
Bäder das lästige Hautjucken etc. bekämpfen. Leute, welche an Gelbsucht leiden,
brauchen zwar nicht immer notwendig das
Bett
[* 5] zu hüten, dürfen vielmehr unter gewissen Voraussetzungen die freie
Luft aufsuchen;
aber sie dürfen sich körperlichen Anstrengungen und angestrengter geistiger Thätigkeit nicht aussetzen.
IhreDiät muß
eine leichtverdauliche, vorzugsweise vegetabilische sein. Die Gelbsucht der Neugebornen bedarf gar keiner besondern
Behandlung, sie geht nach wenigen
Tagen ganz von selbst vorüber.
derPflanzen
(Icterus), eine
Krankheit, bei welcher die sonst grün gefärbten Teile gelb erscheinen. Sie ist
nicht zu verwechseln mit dem vor dem natürlichen
Tod vieler
Kräuter eintretenden Gelbwerden sowie mit der herbstlichen Entfärbung
des
Laubes. Wie das bei Lichtmangel erfolgende Ausbleiben der grünen Färbung
(Vergeilen, Etiolieren,
s.
Etiolement), beruht die Gelbsucht, welche sich auch bei hinlänglicher
Beleuchtung
[* 6] entwickelt, auf einer unvollständigen
Ausbildung
der Chlorophyllkörner und zwar vorzugsweise infolge eines Mangels an
Eisensalzen in der
Nahrung der
Pflanze (s.
Chlorophyll).
Durch
Kultur von
Pflanzen in völlig eisenfreien Nährlösungen läßt sich die Gelbsucht hervorrufen. Gelbsucht der
Fichten, s.
Rostpilze.
Ist das Lupinenfutter schädlich, so wird es von den
Schafen nicht gern aufgenommen. Nur anfangs verzehren
die
Tiere größere
Quantitäten, in den folgenden
Tagen empfinden sie wegen des dem
Futter anhaftenden unangenehmen
Geschmacks
einen Widerwillen gegen dasselbe.
MancheSchafe gehen nur nach längerm
Hungern an das Lupinenfutter. Wenn sie große
Quantitäten
verzehrt haben, so zeigen sich schon 2-3
Tage nachher die ersten Krankheitserscheinungen. Bei der fortgesetzten
Aufnahme kleiner
Mengen entwickelt sich die Gelbsucht erst nach 5-8
Tagen und zuweilen selbst noch später.
Die
Krankheit bekundet sich durch
Fieber; die Bluttemperatur erreicht nicht selten eine
Höhe von 40-40,5,° und man zählt
bis zu 130
Pulsen und darüber in einer
Minute. Das Atmen ist anfangs normal, später etwas beschleunigt,
Futteraufnahme gering oder selbst ganz verweigert; die im leichten
Grad erkrankten
Tiere verzehren noch schmackhaftes
Stroh
oder
Heu und
Hafer
[* 9] in geringen
Mengen.
Wasser wird im Anfang der
Krankheit getrunken, in den spätern Stadien und bez. bei
einem tödlichen
Grade der Erkrankung nicht mehr. Dabei besteht eine starke
Depression des
Bewußtseins, zuweilen förmliche
Betäubung. Die
Tiere lassen den
Kopf hängen, stemmen sich mit demselben auch wohl gegen die Stallwand oder die
Krippe; sie
liegen
¶
mehr
anhaltend und strecken dann den Kopf auf dem Boden nach vorn. Wiederkäuen wird nicht mehr beobachtet. Die Schafe bewegen den
Unterkiefer häufig, aber langsam und erzeugen mit den Backenzähnen ein knirschendes Geräusch. Die Schleimhäute der Maul- und
Nasenhöhlen,
[* 11] besonders aber die Bindehaut und die undurchsichtige Hornhaut der Augen, oft auch die äußere
Haut, sind gelb gefärbt. Aus der Nase
[* 12] entleert sich nicht selten ein wässerig-schleimiges Sekret. Ebenso wird von der entzündeten
Bindehaut der Augen eine zähe, die Augenwinkel verklebende Schleimmasse abgesondert. Am ersten Krankheitstag ist die Entleerung
der Darmexkremente gewöhnlich verzögert.
An den folgenden Tagen haben die Dejektionen des Darms zuweilen eine teerartige Konsistenz, eine durch blutige
Beimischungen bedingte dunkelbraune Farbe und penetranten Geruch. In einzelnen Fällen stellt sich schon am zweiten Tag der offenbaren
Erkrankung Diarrhöe ein. Bei langsamem Krankheitsverlauf wird dieselbe erst am 3.-5. Tag beobachtet. Wenn die Krankheit nur
in einem niedrigen Grad besteht, so verläuft sie ohne Durchfall, oder der Durchfall hört wieder auf, und
die Tiere genesen allmählich, sobald ihnen gutes und schmackhaftes Futter gegeben wird. Bei hochgradiger Erkrankung nimmt
die Körperschwäche gradatim zu; die Schafe liegen anhaltend und können, selbst wenn sie emporgehoben werden, sich vor Mattigkeit
kaum auf die Beine stellen. Futter und Getränk werden gar nicht mehr angenommen, und die Krankheit endet
nach einer Dauer von 3-10 Tagen mit dem Tod.
Bei der Obduktion der Kadaver finden sich geringe Mengen von gelblich-klarer Flüssigkeit in der Bauchhöhle und im Herzbeutel,
starke Gelbfärbung im Unterhautgewebe und der Bauchhaut, namentlich am Netz und Gekröse. Die Leber ist
geschwollen, blutleer, mürbe und durchweg hellgelb, zitronenfarben, nicht selten auch rotgelb, die Gallenblase mit gelber
Gallenflüssigkeit angefüllt. An den drei ersten Magenabteilungen finden sich keine Veränderungen; oft enthält der erste
Magen
[* 13] viel Futter, weil während der Krankheit eine Wiederkäuung nicht stattgefunden hat. Im Darmkanal wird außer der Gelbfärbung
gewöhnlich keine Veränderung angetroffen.
Nur wenn die Krankheit langsam verläuft, zeigt die Schleimhaut des vierten Magens und des Dünndarms eine entzündliche Röte.
Das in den großen Venen des Körpers und im Herzen befindliche Blut ist dunkel und flüssig. An der Luft gerinnt es binnen kurzer
Zeit, und die oberflächlichen Schichten bekommen durch die Einwirkung des Sauerstoffs eine hellrote Färbung.
Milz nicht verändert; Nieren von normaler Größe und Konsistenz; die Kapsel und die Umkleidungsmembran, ebenso das Nierenbecken
gelblich gefärbt.
Die Harnblase wird gewöhnlich leer gefunden; zuweilen enthält dieselbe eine geringe Menge von gelblich-klarem Urin, in welchem
Gallenfarbstoff nachgewiesen werden kann. Das Brustfell gelblich gefärbt; die Lungen von gelblich-klarem
Blutwasser infiltriert. Am Herzbeutel und am Endocardium zahlreiche minimale blutige Herde. Die Schleimheit der Luftröhre, des
Kehlkopfes und der Nase gerötet; die Schleimhaut des Schlundkopfes cyanotisch. Das Gehirn
[* 14] erscheint in allen Teilen auf der
Schnittfläche feucht-glänzend und normal gefärbt; in den Hirnkammern eine geringe Menge gelblich-klarer
Flüssigkeit; die Adergeflechte und zum Teil auch die größern Venen des Gehirns reichlich mit Blut gefüllt. Nach diesen Eigenschaften
ist die Gelbsucht als eine Vergiftung der Tiere zu betrachten. Das
Gift bildet sich in den Lupinen unmittelbar nach dem Abmähen, wenn
die Pflanze bei schlechter Witterung nicht schnell genug abtrocknet. Ist das Lupinenheu einmal trocken
geworden, so kann es im Feld bis zum Winter stehen bleiben und sich auch ziemlich stark mit Schimmelpilzen überziehen, ohne
deshalb den Tieren gefährlich zu werden.
Die Heilung der kranken Schafe ist davon abhängig, daß beim offenkundigen Hervortreten der Symptome statt der
verdorbenen Lupinen ohne Verzug gesundes Futter gereicht wird. Geschieht dies nicht, so gehen die Tiere zu Grunde. Die vollständige
Genesung vollzieht sich nach mehreren Tagen. Einzelne Schafe machen eine verschleppte Rekonvaleszenz durch und erholen sich erst
nach 2-3 Wochen. Zur Behandlung der kranken Tiere ist neben leichtverdaulichem, schmackhaftem Futter und
guter Ventilation des Stalles das Eingeben von abführenden und bittern (tonisierenden) Arzneimitteln zu empfehlen.
Vgl. Kühn
und Liebscher, Untersuchungen über die Lupinenkrankheit der Schafe (Dresd. 1884).