durch besondere Größe ausgezeichnet sind. Bei den Säugetieren gleicht das Gehörorgan demjenigen des Menschen.
Vgl. Helmholtz,
Lehre von den Tonempfindungen (4. Aufl., Braunschw. 1878);
Bernstein, Die fünf Sinne (Leipz. 1875);
Hensen, Physiologie des Gehörs (in Hermanns »Handbuch der Physiologie«, Bd. 3, Teil
2, das. 1880);
Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie (2. Aufl., das. 1880).
(Obedientia), die Unterwerfung eines Willens unter einen andern;
unterscheidet sich von Folgsamkeit (s. d.)
dadurch, daß letztere das Gebotene freiwillig, ersterer dasselbe auch wider Willen thut.
Thätiger und
leidender Gehorsam (O. activa et passiva), in der altprotest.
Dogmatik Bezeichnung der beiden Stücke des Werkes Christi: die stellvertretende
Gesetzeserfüllung und das stellvertretende Erleiden der Strafe an unser Statt. S. Versöhnung.
Marktflecken im preuß. Regierungsbezirk Hannover, Kreis Linden, mit (1885) 1565 Einw.;
dazu
Neuwerk mit Zuckerfabrik. Im W. sind die Gehrdener Berge, eine 4 km lange und bis 158 m hohe Hügelreihe der Kreideformation.
(Gehrung), das Zusammentreffen zweier Flächen unter irgend einem Winkel (Gehrungswinkel), z. B. an Gesimsen. Gerade
ist die Gehre, wenn die Flächen unter einem rechten Winkel zusammentreffen, so daß die den Gehrungswinkel
halbierende Gehrungslinie mit ihren Kanten Winkel von 45° bildet; schief, wenn die Bauteile unter einem spitzen oder stumpfen
Winkel aneinander stoßen. Für die gerade Gehrung, die bei Holzarbeiten sehr oft vorkommt, hat man verschiedene Gerätschaften,
z. B. das Gehrmaß, ein Anschlaglineal, dessen Zunge mit dem Klotz einen Winkel von 45° bildet; die Gehrlade,
ein Brett, worauf ein Klotz befestigt ist, dessen innere Seite mit der Stoßkante des Brettes denselben Winkel von 45° bildet,
und an welches die zu bestoßende Gehre angelegt und mit dem Gehrhobel bearbeitet wird. Für schiefe Gehren bedient
man sich eines Anschlaglineals mit beweglicher, stellbarer Zunge. Sehr erleichtert wird die Arbeit durch die Gehrungsschneidemaschine,
welche mittels einer schmalen Säge, die sich innerhalb zweier verstellbarer Führungen bewegt, jede beliebige Gehre zuschneidet.
Sehr künstliche Gehren finden sich bei den Holz- und Steinhauerarbeiten aus dem Mittelalter.
(Amt-Gehren), Stadt im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, Oberherrschaft, 483 m ü. M., an der
Eisenbahn Ilmenau-Großbreitenbach, hat ein fürstliches Schloß, Eisengießerei, Fabrikation von Holzwaren und gestrickten Puppen,
Sägemühlen, bedeutenden Holzhandel und (1885) 2106 evang.
Einwohner.
Das nahe fürstliche Hüttenwerk Günthersfeld liefert vortreffliche Gußwaren.
Karl Gustav, Kriminalist, geb. 12. Aug. 1808 zu Lambsheim in der bayr. Rheinpfalz, studierte seit 1827 in
München, Heidelberg und Bonn, ging nach kurzer Praxis am Gericht zu Frankenthal 1832 mit Georg Ludwig v. Maurer als Regentschaftssekretär
nach Griechenland, wurde dort 1833 Ministerialrat im Justizministerium, kehrte aber schon im Sommer 1834 in die Heimat zurück.
Eine Frucht dieser Reise war sein Erstlingswerk: »Darstellung des
Rechtszustandes in Griechenland während
der türkischen Herrschaft und bis zur Ankunft des Königs Otto I.« (Heidelb. 1835). Er widmete sich nun der akademischen Laufbahn
und wurde in Zürich
1836 zum außerordentlichen, 1842 zum ordentlichen Professor für Kriminalrecht sowie Kriminal- und Zivilprozeß
ernannt. Bald darauf erschien seine »Geschichte des römischen Kriminalprozesses bis zum Tod Justinians«
(Leipz. 1842) und späterhin seine Schrift »Die Reform des deutschen Rechtslebens« (das. 1848). Im Herbst 1851 erhielt er einen
Ruf nach Tübingen, wo er 23. März 1864 starb. Sein bedeutendstes Werk ist das unvollendete »Lehrbuch des deutschen Strafrechts«
(Leipz. 1861-62, 2 Bde.).
Vgl. Lueder, Gustav Geib; sein Leben und Wirken (Leipz. 1864).
Emanuel, Dichter, geb. 18. Okt. 1815 zu Lübeck als Sohn eines Predigers, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt,
bezog dann die Universitäten Bonn und Berlin und wendete sich vom Studium der Theologie zu dem der klassischen und romanischen
Philologie. In Berlin trat er in freundschaftliche Beziehungen zu Chamisso, Gaudy und namentlich zu dem Kunsthistoriker
Franz Kugler, welche alle sein aufkeimendes poetisches Talent schätzten und förderten. 1838 nahm er die Stelle eines Erziehers
im Haus des russischen Gesandten zu Athen an, löste jedoch dies Verhältnis nach einem Jahr wieder, blieb aber während des
nächstfolgenden Jahres in Athen, um seine philologischen und poetischen Studien zu fördern, als deren
erste Frucht die Übertragungen griechischer Gedichte gelten durften, welche er gemeinsam mit seinem Freund Ernst Curtius unternahm,
und die als »Klassische Studien« (Bonn 1840) erschienen. Im Sommer 1840 kehrte Geibel nach Deutschland zurück, ließ bald darauf
zunächst die erste Sammlung seiner »Gedichte« (Berl.
1840; 100. Aufl., Stuttg. 1884) erscheinen und ging 1841 nach Escheberg
in Kurhessen, dem Gute des Freiherrn von der Malsburg, wo er die dort vorhandene reiche Bibliothek spanischer Werke für seine
Studien benutzte. Seine Absicht war, sich für romanische Sprachen an irgend einer deutschen Universität
zu habilitieren. Inzwischen aber siegten seine poetischen Neigungen und Stimmungen über die wissenschaftlichen Pläne. Er gab
seine »Zeitstimmen« (Lübeck 1841, 3. Aufl. 1846) heraus, mit denen er in die Reihen der »politischen« Dichter der 40er Jahre
trat, und in denen er sich im Gedicht »An Georg Herwegh« als leidenschaftlichen Gegner des poetisch-politischen
Radikalismus bekannte.
Während des Winters 1842/43, welchen in seiner Vaterstadt verlebte, entstand seine dramatische Erstlingsarbeit, die Tragödie
»König Roderich« (Stuttg. 1843), von regelmäßigem Bau, aber ohne dramatische Gewalt und Schlagkraft der Charakteristik. Im
J. 1843 erhielt Geibel von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen einen mäßigen Jahresgehalt, der ihm aber
gestattete, in Unabhängigkeit seinen poetischen Bestrebungen zu leben. Eben diese Bestrebungen begannen jetzt Teilnahme in
weitern Kreisen zu finden.
Größere Vertiefung und Selbständigkeit des Dichters zeigten schon diejenigen Dichtungen, durch welche er die neuen Auflagen
seines ersten Bandes Gedichte vermehrte. Noch energischer sprachen sich dieselben in seinen nächsten Veröffentlichungen,
den kräftigen »Zwölf Sonetten für Schleswig-Holstein« (Lübeck 1846) und dem kleinen farbenprächtigen Epos »König Sigurds
Brautfahrt« (Berl. 1846; 4. Aufl., Stuttg.
1877),
aus. Nachdem Geibel den Sommer 1843 in St. Goar am Rhein im
mehr
freundschaftlichen Verkehr mit Freiligrath verlebt, ging er 1844 nach Berlin, wo er für Mendelssohn-Bartholdy 1846 die Oper »Loreley«
(2. Aufl., Hannov. 1861) dichtete, welche wegen des frühen Todes des Komponisten leider unvollendet blieb, und veröffentlichte
bald darauf die zweite Sammlung seiner Gedichte, die »Juniuslieder« (Stuttg.
1848, 20. Aufl. 1873), die an poetischem Gehalt und künstlerischer Formvollendung die lyrischen und epischen
Darbietungen der ersten Sammlung weit überragten.
Blieb auch die Grundstimmung des Dichters weich und zuzeiten weichlich, so waren doch innige Empfindung, ein edler Ernst der
gesamten Lebensanschauung, Schwung der Phantasie und Reinheit der Form Vorzüge, die den Erfolg der »Juniuslieder«
zu einem vollberechtigten erhoben. Jene Kritiker, welche in Geibel nicht mehr erblicken wollten als den Lieblingslyriker junger
Damen, waren schon damals widerlegt und wurden es in der Zukunft noch mehr. 1851 ward Geibel durch König Maximilian II. von Bayern
als Honorarprofessor der Ästhetik und Poetik an die Universität München berufen.
Bald zum Kapitular des neugegründeten Maximiliansordens ernannt, in den persönlichen Adelstand erhoben, durch ein vertrautes
Verhältnis zu dem litteraturfreundlichen Herrscher ausgezeichnet, zum Mittelpunkt und Haupt jener poetischen Schule oder vielmehr
der dichterischen Genossenschaft erhoben, welche sich in den 50er Jahren in München sammelte, schien in seltener Weise vom Glück
begünstigt. Aber bereits 1855 verlor der Dichter seine geliebte jugendliche Gattin Ada, mit der er sich 1852 verheiratet hatte;
auch erwies sich das Klima von München seiner Gesundheit verderblich.
Schon vor dem Tode des Königs Max lebte Geibel wieder einen Teil des Jahrs in Lübeck; 1869 legte er alle seine
Stellungen nieder und nahm wieder in Lübeck seinen bleibenden Wohnsitz. Hier starb er, in den letzten Jahren seines Lebens vielfach
kränkelnd, 6. April 1884. Für die ihm entzogene Pension aus der bayrischen Kabinettskasse hatte ihm König Wilhelm von Preußen
einen entsprechenden Jahresgehalt verliehen. Geibels bedeutendster poetischer Aufschwung war während seines
Aufenthalts in München erfolgt. Mehr noch als seine Tragödie »Brunhild« (Stuttg. 1858, 4. Aufl. 1877) und das graziöse
Lustspiel »Meister Andrea« (das. 1855, 2. Aufl. 1874) erwiesen die »Neuen Gedichte« (das. 1857, 12. Aufl. 1872) Geibels Berechtigung
zu einer hervorragenden Stellung in der deutschen Poesie.
Sämtliche Gedichte dieser dritten Sammlung erschienen tiefer, ernster, gewichtiger, dabei so formschön
wie die besten der frühern Bände. Neben der Innigkeit echter Lyrik, die in den Gedichten des Cyklus »Ada« gipfelte, sprachen
lyrisch-epische Meisterstücke, wie: der »Mythus vom Dampf«, »Babel«, »Der Bildhauer des Hadrian«, »Der Tod des Tiberius«, die
tiefste Eigentümlichkeit des gereiften Dichters vollendet aus. Ein gleich ernster Gehalt zeichnete auch
die »Gedichte und Gedenkblätter« (Stuttg.
1864, 6. Aufl. 1875),
die vierte Sammlung der Geibelschen Gedichte, aus, während die Sammlung seiner letzten Gedichte: »Spätherbstblätter«
(das. 1877),
nur noch einzelne vollendet schöne Lieder und ergreifende Bilder enthält. Während seines Münchener Aufenthalts
hatte Geibel im Verein mit Paul Heyse das »Spanische Liederbuch« (2. Aufl., Berl. 1852),
mit F. A. v. Schack den
»Romanzero der Spanier und Portugiesen« (Stuttg. 1860),
mit Heinrich Leuthold »Fünf Bücher französischer Lyrik« (das. 1862)
übertragen, auch das »Münchener Dichterbuch«, eine Art Musenalmanach der in München lebenden Poeten (das. 1861, 3. Aufl.
1863),
herausgegeben. Seit seiner Rückkehr nach Lübeck veröffentlichte er noch die preisgekrönte Tragödie »Sophonisbe« (Stuttg.
1869, 3. Aufl. 1877),
die größtenteils dem deutsch-französischen Krieg entstammten schwungvollen Zeitgedichte »Heroldsrufe«
(das. 1871, 4. Aufl. 1872),
das »Klassische Liederbuch; Griechen und Römer in deutscher Nachbildung« (Berl. 1875, 4. Aufl.
1882) und die kleinere Dichtung »Echtes Gold wird klar im Feuer« (Schwer. 1882). Geibels Bedeutung als Dichter
liegt wesentlich darin, daß er in einer zerfahrenen, dem Extremen zuneigenden Zeit künstlerisches Gleichmaß und geläuterte
Schönheit erstrebte und damit das Gewicht seines von Haus aus begrenzten Talents außerordentlich steigerte. Seine »Gesammelten
Werke« erschienen in 8 Bänden (Stuttg. 1883); seine »Briefe an Karl Freih. v. d. Malsburg« gab Duncker (Berl.
1885) heraus.
Vgl. Gödeke, E. Geibel (Stuttg. 1869, Bd.
1);
Leimbach, E. Geibel (Gosl. 1877);
Scherer, E. Geibel, Rede (Berl. 1884);
Gaedertz, E. Geibel, Denkwürdigkeiten (das. 1885).