eintretende Sympton der
Lähmung ohne Rücksicht auf den
Umfang dieser
Lähmung oder ihre Bedeutung für das
Leben des
Individuums,
das vom
»Schlage gerührt« worden ist. Im
Gegensatz zu diesen ganz raschen, stürmischen
Symptomen der embolischen roten Gehirnerweichung bilden
sich die
Lähmungen,
Schmerzen oder die
Seelenstörungen bei der gelben Gehirnerweichung ungemein schleichend aus. Es
sind stets alte Leute, welche diesen
Leiden
[* 2] unterliegen; sie klagen über Kopfweh, über Unbesinnlichkeit, es gehen ihnen
ganze
Gruppen von
Eindrücken verloren, ihre
Züge werden schlaffer,
Hände und
Arme zittern stark und werden nach und nach gelähmt,
bis endlich die Zentralstätten für die lebenswichtigen Thätigkeiten derAtmung und der Herzpulsation
gleichfalls erlahmen und das kümmerlich flackernde
Licht
[* 3] erlischt.
Einer Behandlung bietet selbstverständlich keine Art der Gehirnerweichung einen direkten Angriffspunkt, es kann sich
immer nur um die
Herz- oder Gefäßkrankheiten handeln, welche das Grundübel bilden, um eine Verhütung fernerer
Gehirnblutungen
durch vorsichtigen Lebenswandel, Vermeiden aller
Exzesse in Trank,
Speise und körperlichen Anstrengungen
sowie geistiger Erregungen und endlich um eine
Heilung der
Symptome, sofern diese der
Sphäre des Bewegungsapparats angehören.
Die
Elektrizität
[* 4] leistet hierbei zuweilen erstaunliche
Dienste.
[* 5]
(Tumores cerebri), Kollektivbezeichnung sowohl für die von der Gehirnsubstanz selbst auftretenden
als für die von den Hirnhäuten ausgehenden
Geschwülste, sofernsie den für das
Gehirn
[* 6] bestimmten
Raum
der Schädelhöhle beeinträchtigen. Auch die
Blasenwürmer des
Gehirns
(Echinococcus und
Cysticercus) sowie die blutführenden
Säcke an den Gehirnarterien (s.
Aneurysma) pflegt
man in Rücksicht auf ihre klinischen
Erscheinungen zu den Gehirngeschwülsten
zu rechnen.
Die von der harten Hirnhaut ausgehenden
Geschwülste gehören der
Mehrzahl nach in die
Kategorie der
Sarkome.
Sie sitzen wie eine
Halbkugel an der Innenfläche der harten Hirnhaut und bilden sich durch
Druck eine tiefe
Grube an der Oberfläche
des
Gehirns. Die in der Gehirnmasse selbst sich entwickelnden
Geschwülste beruhen meist auf einer Wucherung der bindegewebigen
Bestandteile des
Gehirns, bieten aber in Bezug auf
Farbe,
Konsistenz und feinern
Bau die größten Verschiedenheiten
dar
(Sarkome,
Gliome, Myxome etc.). Sie sind gewöhnlich als örtliches Übel zu betrachten, kommen vereinzelt
vor, wachsen langsam und durchwuchern bei ihrem Wachstum die Gehirnsubstanz, stören die
Zirkulation des
Bluts und rufen die
als
Gehirndruck (s. d.) bekannten
Erscheinungen hervor.
Gehirntuberkeln findet man fast nur bei
Kindern, welche gleichzeitig an
Tuberkulose derLungen und
Lymphdrüsen
leiden. Auch krebsartige
Geschwülste, wasserhaltige
Balggeschwülste oder
Cysten,
Perlgeschwülste, syphilitische
Gummigeschwülste
etc. entwickeln sich gelegentlich im
Gehirn und rufen je nach ihrem Sitz, ihrer
Größe und der
Schnelligkeit ihres Wachstums
sehr wechselnde
Symptome hervor. Die Behandlung ist nur in äußerst seltenen
Fällen, bei denen das Schädeldach
durchwachsen ist, durch
Entfernung der Geschwulst möglich; alle bösartigen Gehirngeschwülste sind sonst als hoffnungslos zu beurteilen.
(Meningitis), von denLaien gewöhnlich schlechthin als
Gehirnentzündung bezeichnet,
tritt in mehreren
Formen auf, welche wegen ihrer verschiedenen
Ursachen, ihrer anatomischen und klinischen Eigentümlichkeiten
streng voneinander geschieden werden müssen. Wir unterscheiden folgende
Formen der Gehirnhautentzündung: 1) Die gewöhnliche, einfache Gehirnhautentzündung (M.
acuta, simplex) ist anatomisch dadurch charakterisiert, daß sich bei derselben ein mehr oder minder
reichliches, eiterähnliches
Exsudat in den
Maschen der weichen Gehirnhaut an der Hirnoberfläche ansammelt.
Diese Eiteranhäufung hat ihren Sitz vorzugsweise an der Konvexität der Großhirnhemisphären, doch wird sie auch an allen
andern
Stellen der Hirnoberfläche, z. B. an der
Basis, namentlich in der Gegend der
Brücke,
[* 9] der Sehnervenkreuzung etc., oft
genug beobachtet. Manchmal ist nur eine
Hemisphäre mit
Eiter überzogen und die andre frei davon, oder
es tritt die Eiterbildung an einer kleinen umschriebenen
Stelle auf. Das
Gehirn selbst ist bei dieser
Krankheit anatomisch nicht
auffallend beteiligt.
Die einfache Gehirnhautentzündung kommt bei vorher ganz gesunden
Menschen (wenn man von dem unten zu besprechenden
Genickkrampf
absieht) nur äußerst selten, etwas öfter dagegen bei Individuen vor, welche durch voraufgegangene schwere
Krankheiten bereits
geschwächt sind. Namentlich ist es die chronische
Brightsche Nierenkrankheit, welche nicht selten eine Gehirnhautentzündung im
Gefolge hat.
Als veranlassende
Ursachen der Gehirnhautentzündung werden gewöhnlich
Erkältung und Durchnässung des
Körpers, Einwirkung der
Sonnenstrahlen auf den unbedeckten
Kopf, übermäßiger
Genuß spirituoser
Getränke u. dgl. angegeben.
Häufig schließt sich die an eine
Verletzung der Schädelknochen, an entzündliche
Prozesse des
Schädels und der harten Hirnhaut
an, und vor allen
Dingen ist hier die eiterige Zerstörung der Mittelohrknochen zu nennen, welche nach
Entzündungen derPaukenhöhle
sich entwickelt und bis an die Hirnhäute sich ausbreiten kann, in welchem
Fall eben Gehirnhautentzündung eintritt. Die einfache Gehirnhautentzündung verläuft
akut und mit heftigem
Fieber; sie beginnt zuweilen mit einem heftigen
Schüttelfrost.
Der
Puls ist anfänglich sehr frequent, macht 120-140
Schläge in der
Minute, geht aber später trotz des anhaltenden
Fiebers auf 60-80
Schläge in der
Minute herab. Die Kranken klagen über heftigen
Kopfschmerz, sie greifen, selbst wenn das
Bewußtsein
bereits getrübt ist, unter leisem Wimmern nach dem schmerzenden
Kopf hin. Anfänglich sind sie aufgeregt und unruhig, entbehren
meist des
Schlafs völlig und fangen frühzeitig an zu delirieren. Sie sind lichtscheu, sehr empfindlich
gegen
Geräusche, klagen über
Ohrensausen, Funkensehen, knirschen mit den
Zähnen, es stellen sich Zuckungen einzelner
Muskeln
[* 10] oder, zumal bei
Kindern, ausgesprochene allgemeine Schüttelkrämpfe ein.
Dabei ist die
Pupille auffallend eng, es findet wiederholt
Erbrechen statt.
Bald jedoch ändert sich das Krankheitsbild: die
Kranken verfallen in
Schlafsucht und
Bewußtlosigkeit, werden völlig unempfindlich gegen äußere
Reize,
sind nicht im stande, die
Glieder
[* 11] zu bewegen, während doch von Zeit zu Zeit die Zuckungen und
Krämpfe sich wiederholen und
einzelne
Muskeln im Zustand bleibender
Kontraktion und Starrheit verharren. Die vorher engen
Pupillen werden jetzt sehr weit,
der
Puls weniger frequent. Unter andauernder
Bewußtlosigkeit stellen
¶
mehr
sich die Zeichen fortschreitender und zuletzt allgemeiner Lähmung ein, und die Kranken sterben meist schon nach wenigen Tagen,
seltener erst in der zweiten oder dritten Woche. Der Tod ist der fast regelmäßige Ausgang der Krankheit. Wenn man Fälle mit
den oben beschriebenen Symptomen in Heilung übergehen sah, so ist anzunehmen, daß es sich dabei nicht
um eine Gehirnhautentzündung, sondern nur um eine Blutüberfüllung des Gehirns gehandelt hat, welche bei kleinen Kindern sehr häufig vorkommt
und unter ähnlichen schweren Symptomen wie die Gehirnhautentzündung verläuft.
Durch energische Behandlung werden im Anfang der Gehirnhautentzündung zuweilen günstige Resultate erreicht. Man setzt 6-8 Blutegel an
die Stirn und hinter die Ohren, bedeckt den vorher kahl geschornen Kopf mit Eisbeuteln oder eiskalten Umschägen ^[richtig:
Umschlägen] und gibt ein starkes Laxans aus Kalomel und Jalappe. Im Stadium der Bewußtlosigkeit hat man durch reizende Salben
(Brechweinsteinsalbe), welche in die Kopfhaut eingerieben werden, oder durch große Blasenpflaster, welche man
am Nacken appliziert, ableitend zu wirken gesucht. Wirksamer als diese Mittel sind kalte Sturzbäder und Übergießungen des
Kopfes mit kaltem Wasser, welche alle 2-3 Stunden wiederholt werden müssen. Gewöhnlich kommen die Kranken durch die kalten
Übergießungen wieder zum Bewußtsein.
2) Die epidemische Cerebrospinal-Meningitis oder der Kopfgenickkrampf ist eine eiterige Infiltration der
weichen Hirn- und Rückenmarkshäute, welche in epidemischer Verbreitung auftritt und ohne eine für uns wahrnehmbare Ursache
vollkommen gesunde, kräftige Individuen, sowohl Kinder als junge Männer, befällt und fast immer schnell tötet. Das männliche
Geschlecht ist zu dieser Krankheit in viel höherm Grade disponiert als das weibliche. Als Ursache der Krankheit
glaubt man in neuester Zeit einen Mikroorganismus entdeckt zu haben, welcher als Erreger dieser Infektionskrankheit anzusehen
ist; jedoch sind die Untersuchungen hierüber noch nicht abgeschlossen.
In der neuesten Zeit ist die Krankheit keineswegs ganz erloschen, vielmehr trat sie noch im J. 1885 in
mehreren deutschen Städten, auch in Berlin,
[* 14] in allerdings nicht sehr ausgebreiteten Epidemien auf. Die anatomischen Veränderungen,
welche man in den Leichen der an Kopfgenickkrampf Verstorbenen antrifft, beschränken sich auf die weichen Häute des Gehirns
und Rückenmarks, welche in sehr verschiedenem, manchmal ganz unerheblichem Grad eiterig infiltriert und
mehr oder weniger blutreich sind.
Der Kranke ist sehr unruhig, wirft sich beständig im Bett
[* 15] umher, die Pupillen sind verengert, das Sensorium ist frei. Der Puls
macht 80-100 Schläge in der Minute, die Temperatur des Körpers ist nur mäßig erhöht, dagegen folgen sich die Atemzüge sehr
schnell aufeinander, 30-40 in der Minute. Schon am Ende des ersten oder zu Anfang des zweiten Tags bemerkt
man, daß die Nackenmuskeln steif werden und der Kopf etwas nach hinten gezogen ist; die Schmerzen verbreiten sich vom Kopf
aus über den Nacken und Rücken, die Unruhe des Kranken erreicht eine beängstigende Höhe. Im Lauf des dritten und
vierten Krankheitstags tritt der Starrkrampf der Nacken- und Rückenmuskeln, manchmal auch der Kaumuskeln, immer stärker und
deutlicher hervor.
Der Rumpf wird dabei bogenförmig nach rückwärts gekrümmt, ist steif und unbeweglich. Das Bewußtsein fängt nun an zu schwinden,
aber der Kranke wirft sich noch immer unruhig im Bett umher. Der Stuhlgang ist angehalten, der Leib eingezogen,
der Urin geht entweder unwillkürlich ab, oder er häuft sich in der Blase an und muß mit dem Katheter
[* 16] abgenommen werden. Endlich
verfällt der Kranke in die tiefste Bewußtlosigkeit, und es tritt unter rasselnden Atemgeräuschen ziemlich bald der Tod ein.
In besonders schweren Fällen drängt sich der ganze Krankheitsverlauf in den Zeitraum von 1-2 Tagen zusammen,
ja in einzelnen Fällen tötete die Krankheit schon nach Ablauf
[* 17] weniger Stunden (Méningite foudroyante).
Ist die Epidemie leichter, so tritt zuweilen Heilung ein; es läßt dann zunächst die große Unruhe nach, das Sensorium wird
klarer, allmählich bessern sich auch die Schmerzen und die Nackenstarre. Die Rekonvaleszenz pflegt einen
sehr langsamen Verlauf zu nehmen. Zuweilen bleibt die eintretende Besserung unvollständig, der Kopfschmerz, die Nacken- und
Rückenstarre bestehen fort, obschon in mäßigerm Grad, und es gesellen sich Erscheinungen von Lähmung in den willkürlichen
Muskeln und in den psychischen Funktionen hinzu.
Dadurch entsteht ein kompliziertes Krankheitsbild, unter welchem die meisten Patienten dieser Art erschöpft
und abgemagert nach einigen Wochen oder Monaten zu Grunde gehen. In seltenen Fällen zeigt die Krankheit einen intermittierenden
Verlauf, indem alle Erscheinungen derselben durch ein kurz dauerndes Wohlbefinden unterbrochen erscheinen. Die Behandlung
ist wie oben beschrieben, die Schmerzen sind mit dreisten Gaben von Morphium oder Chloroform zu lindern. Vorbauungsmaßregeln
gegen die weitere Verbreitung der epidemischen Cerebrospinal-Meningitis gibt es nicht.
3) Die chronische Gehirnhautentzündung (Leptomeningitis chronica fibrosa), eine Krankheit von sehr schleichendem Verlauf, kommt vorzugsweise
bei Säufern, aber auch sonst ohne genau bekannte Ursachen vor, geht mit anhaltenden Kopfschmerzen und
zunehmender Verminderung der Intelligenz einher und führt zur Bindegewebswucherung, Verdickung und sehnigen Trübung der
weichen Hirnhäute, welche in schweren Fällen ungewöhnlich fest mit der Hirnrinde verwachsen sind. Diese Form der Gehirnhautentzündung liegt
vielen Fällen von Geisteskrankheit zu Grunde, weil sich die Entzündung von den weichen Häuten auf die Hirnrinde
selbst fortsetzt und zur Verhärtung und Schrumpfung der letztern führt.
4) Die tuberkulöse Gehirnhautentzündung (Meningitis tuberculosa, Basilarmeningitis) kommt vorzugsweise u. ziemlich häufig bei
Kindern, seltener bei Erwachsenen vor. Bei der Sektion solcher Personen trifft man neben der Erkrankung der Hirnhäute noch
häufig
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