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lossteuerte, und die sich auch über Spanien [* 2] verbreitete. Ebenfalls im Gegensatz zu den französischen Karbonari entstand unter der Leitung Mazzinis das Junge Italien, [* 3] dem sich ein Junges Deutschland, ein Junges Polen, ein Junges Spanien und eine Junge Schweiz [* 4] anschlossen, Vereine, die indes niemals viele Mitglieder zählten und niemals Erfolge zu verzeichnen hatten. In Spanien gingen neben den genannten Vereinen aus den verschiedenen Parteien zahlreiche andre Geheimbünde hervor.
Mehr oder minder radikale Ziele hatten darunter die Freimaurer und die Comuneros, die Hohen Templer und die Isabellinos vor Augen; dem Karlismus huldigten die Sonnenritter, gemäßigte Liberale waren die Jovellanisten. Auch in Portugal fehlte es nicht an Geheimbünden mit politischer Tendenz, die sich, wie die Miguelisten, die Chartisten und die Septembristen, in der Regel durch ihre Namen charakterisieren. Griechenland [* 5] ferner hatte die 1814 zu Wien [* 6] gegründete Hetärie, die für die Befreiung von der Türkenherrschaft wirkte und auch unter den Rumänen verzweigt war.
Sehr groß war die Zahl der geheimen Verbindungen, die nacheinander unter den Polen den Versuch machten, die revolutionären Kräfte zum Aufstand gegen Rußland zu organisieren und die Republik zu errichten. Kurz nach 1815 entstanden die Wahren Polen; 1818 erhob sich die Nationale Freimaurerei, die besonders auf die Gewinnung von Offizieren und Beamten ihr Augenmerk richtete, aber nach einigen Jahren an Uneinigkeit zu Grunde ging; 1821 bildete sich der Bund der Sensenträger, der bald nachher den Namen der Patriotischen Gesellschaft annahm und sich dann mit dem masovischen Orden [* 7] der Neuen Tempelritter verband, der mit den drei untersten Graden der Freimaurerei noch einen vierten verband, in welchem die Einzureihenden schwören mußten, alles, was in ihrer Macht stehe, zu thun, um das Land von den Fremden zu befreien.
Diese Geheimbünde haben dazu mitgewirkt, daß 1830 die Revolution ausbrach. Die nach dem Mißlingen des Aufstandes auswandernden Polen setzten teilweise die alten geheimen Genossenschaften fort, teilweise schlossen sie sich an die französischen Karbonari an, bis 1834 das Junge Polen entstand, welches sich durch Emissäre von der Schweiz nach Russisch-Polen, dem Posenschen und Galizien verbreitete und unter dem Adel und dessen Anhang eine große Menge Mitglieder warb.
Ein hervorragender Chef dieses geheimen Vereins war Simon Konarski, der in Litauen eine Anzahl Klubs stiftete, aber 1838 von der russischen Polizei entdeckt und ein Jahr darauf zu Wilna [* 8] hingerichtet wurde. Die Verschwörungen gingen aber fort und führten wiederholt zu Aufständen, z. B. zu dem von 1862, der ganz Polen ohne Erfolg mit allerlei Greueln überschwemmte. Noch 1872 wurde in Krakau [* 9] und Lemberg [* 10] von geheimen Verbindungen fleißig fortkonspiriert. Auch Rußland blieb von der Krankheit der geheimen politischen Sekten nicht verschont.
Nach Beendigung der Feldzüge gegen Napoleon drangen die politischen Ideen Westeuropas namentlich in die Kreise [* 11] der Offiziere ein, und es entstanden Vereine, welche im stillen den Umsturz des bisherigen Regierungssystems anstrebten, aber nur in den höhern Ständen Anhänger fanden. 1822 verbot die Regierung alle geheimen Gesellschaften mit Einschluß der Freimaurerei. Dieses Verbot hielt Alexander Murawjew nicht ab, den der Maurerei nachgebildeten Sicherheitsverein zu gründen.
Bald nachher entstand der
Orden der
Russischen
Ritter, der eine liberale
Verfassung
anstrebte und dann mit der
Murawjewschen
Gesellschaft zur
Union für das öffentliche
Wohl zusammenwuchs. Als Meinungsverschiedenheiten den
Verein veranlaßten,
sich aufzulösen, trat
an seine
Stelle die
Union der
Bojaren, deren
Programm zuerst nur auf Verminderung der
Gewalt des
Kaisers
und
Auflösung der Reichseinheit in eine Anzahl föderierter Kleinstaaten, zuletzt aber auf Ermordung des
Zaren und
Ausrufung der
Republik hinauslief.
Nachdem auch dieser Gemeinbund durch Uneinigkeit zerfallen war, stiftete Pestel 1834 die Gesellschaft Der Norden, [* 12] die sich zum Zweck der Errichtung einer russischen und einer polnischen Republik mit der Patriotischen Gesellschaft zu Warschau [* 13] in Verbindung setzte. Daneben existierte, von dem Artillerieleutnant Borisow gegründet, der Bund der Vereinigten [* 14] Slawen, der auf eine große Konföderation aller slawischen Völkerschaften hinsteuerte. 1825 brach beim Ableben des Kaisers Alexander in Petersburg [* 15] ein von Mitgliedern dieser Vereine hervorgerufener Militäraufstand aus, der indes rasch unterdrückt und mit der Hinrichtung der Haupträdelsführer und der Verbannung der übrigen bestraft wurde.
Trotzdem kam es später wiederholt zu Verschwörungen ähnlicher Art, und noch 1838 wurde in Moskau [* 16] eine Fortsetzung der 1825 aufgehobenen Geheimbünde entdeckt. In der neuesten Zeit ist durch Bakunins Einwirkung in gewissen Schichten Rußlands ein Radikalismus Mode geworden, der bei der absoluten Negation aller Menschlichkeit angelangt ist. Aus ihm ging die geheime Sekte der Nihilisten hervor, deren Programm sich kurz als Revolution um der Revolution willen und Verwirklichung des universellen Kommunismus bezeichnen läßt.
Die geheimen Verbindungen der Liberalen, Radikalen und Unitarier in Deutschland [* 17] haben niemals große Bedeutung gehabt. Die innern Kränzchen der Burschenschaft, der in und bei Frankfurt [* 18] bestehende, meist aus Handwerkern zusammengesetzte Männerbund, das Junge Deutschland, zuletzt eine kommunistische Verschwörung, die den Anfang der spätern Internationale bildete, machten eine Zeitlang der Polizei zu schaffen und träumten sich allerlei; Erfolge aber erhielten sie nicht. In Frankreich entstanden seit der Mitte der 30er Jahre zahlreiche geheime Vereine mit sozialistischer und kommunistischer Tendenz, die Gesellschaft der Jahreszeiten [* 19] z. B., die Egalitaires und der Verein der Familien. In England gab es in der neuesten Zeit keine politischen Geheimbünde, mit Ausnahme der durch die Reibungen mit Irland hervorgerufenen Orangistenlogen.
Irland dagegen, einerseits von
England
Generationen hindurch geknebelt, bedrückt und ausgesogen, anderseits von
Rom
[* 20] aus vergiftet
und durchwühlt, ist seit länger als hundert
Jahren und bis auf den heutigen
Tag ein wahres Brutnest geheimer
politischer
Sekten und
Verschwörungen gewesen.
Ältere
Verbindungen zum
Zweck der
Rache an den Bedrückern waren: die
White
Boys
oder
Levellers, die
Right
Boys, die 1772 entstandenen
Hearts of
Steel, die
Defenders, die Corders in
Westmeath, die Shanavests
und Caravats in
Tipperary,
Cork und
Limerick, die aus katholischen
Bauern bestanden, welche sich vorzüglich gegen die
Härte der
englischen
Grundherren, die
Zehnten, die man den englischen
Pfarrern zu zahlen hatte, und andre Unbilligkeiten auflehnten. Auch
die
Protestanten
Irlands hatten unter der englischen Tyrannei zu leiden, und so entwickelten sich auch
unter ihnen geheime
Verbindungen, wie die Oak
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Boys und die Threshers, welche gegen die Fronen und Steuern ankämpften, die jene ihnen zumutete. 1781 trat
der Bund der United
Irishmen zusammen, der auch viele Gebildete zu seinen Mitgliedern zählte und 1798 eine große Empörung hervorrief, welche
von den Engländern in Strömen von Blut erstickt wurde, da die von Frankreich gehoffte Hilfe ausblieb. Die
Bildung geheimer
politischer Sekten hörte aber damit nicht auf. Die Ribbon Men entstanden und nach ihnen die St. Patrick Boys,
die viel Unfug trieben und allerlei Unheil anrichteten.
Das letzte Erzeugnis der Sucht der Iren, auch nach Beseitigung des auf ihnen lastenden Druckes ihrer Abneigung gegen die Verbindung mit England durch Gewaltthaten Ausdruck zu geben, sind die Fenier, deren Bund in Amerika [* 22] von O'Mahoney und Michael Doheny gegründet wurde, aber sich dort wie in Irland durch ungeschickt unternommene Anläufe zu großen Thaten lächerlich und durch den gemeinen Eigennutz seiner Führer sowie durch heimtückische Handstreiche verächtlich machte.
Auch die Amerikaner selbst haben es zu einer Menge von politischen und unpolitischen Geheimbünden gebracht. Von den erstern
seien nur die Cincinnati, eine Militärverbindung mit aristokrat
ischer Tendenz, die im Revolutionskrieg des vorigen Jahrhunderts
auftrat
, die demokratischen Sons of Liberty, die Tammany Hall
[* 23] in New York, der Orden des Einsamen Sterns,
der Cuba durch Freischaren erobern wollte, und die Kuklux-Clans genannt, die in den Jahren nach 1864 in den Südstaaten die frei
gewordenen Neger und deren Freunde verfolgten.
Nicht politische geheime Vereine in den Vereinigten Staaten sind außer den hier sehr verbreiteten Freimaurern die in England um 1780 enstandenen ^[richtig: entstandenen] und hier ebenfalls Hunderttausende von Mitgliedern zählenden Odd Fellows, die in den letzten Jahren auch in Deutschland Logen und Lager [* 24] gegründet haben, die Foresters und die Gardeners, endlich die Druiden, die aber nichts andres als ehrsame Versicherungsanstalten oder Institute zu gegenseitiger Hilfe in Krankheitsfällen sind, welche bei ihren Versammlungen einige dem freimaurerischen Ritual nachgebildete Zeremonien beobachten. Die Geschichte verschiedener Geheimbünde, vornehmlich Frankreichs, behandelten A. Blanc (Par. 1846-47, 5 Bde.), Zaccona (das. 1847, 5 Bde., u. 1868), Graf Le [* 25] Couteulx de Canteleu (das. 1863) u. a.
Vgl. Henne-Am Rhyn, Buch der Mysterien (St. Gallen 1869);
Busch, Religiöse und politische Geheimbünde (Leipz. 1879).