In der
Pflanzenanatomie sind Gefäße
Röhren
[* 2] mit eigner Wand, welche meist auf weite
Strecken hin die Pflanzenteile durchlaufen und
nur stellenweise blind endigen; sie gehen aus
Reihen von
Zellen hervor, deren trennende Querwände ganz oder teilweise aufgelöst
werden, so daß kontinuierliche
Röhren daraus entstehen. Die Gefäße sind ein
Bestandteil der
Gefäßbündel,
[* 3] speziell des
Gefäß- oder Holzteils dieser letztern, und laufen daher durch die
Wurzeln,
Stengel
[* 4] und
Blätter, und wo, wie in
den
Bäumen und Sträuchern, die
Gefäßbündel zur
Bildung eines Holzkörpers zusammentreten, da sind sie auch in dem letztern
meist in großer Zahl vorhanden, mit Ausnahme der
Koniferen,
[* 5] derenHolz
[* 6] nur aus
Tracheiden und
Holzparenchym
zusammengesetzt ist. Im
Holz sind die Gefäße die weitesten
Elementarorgane und auf glatten Holzquerschnitten mittels der
Lupe
[* 7] oder,
wie bei der
Eiche, schon mit unbewaffnetem
Auge
[* 8] als feine, punktförmige
Poren zu erkennen.
Die
Membran der Gefäße ist stets verholzt und auf der Innenfläche durch ungleiche Verdickung
gezeichnet. Nach der Form dieser
Zeichnung unterscheidet man:
1) Ringgefäße (vasa annularia), bei denen die
Membran durch übereinander stehende, quer umlaufende
Ringe verdickt ist;
2)
Spiral- oder Schraubengefäße (vasa spiralia), deren verdickte
Stellen spiralförmig herumlaufende
Fasern oder
Bänder sind,
u. in denen bald nur ein einziges, bald zwei oder mehrere gleichgerichtete
Spiralbänder vorhanden sind (s.
»Gefäßbündel«, Fig. 5 Bss');
3) netzförmige Gefäße (vasa reticularia) mit einer in mehrfache, untereinander netzartig zusammenfließende
Verzweigungen geteilten Verdickungsfaser von meist vorwiegend spiraligem Verlauf;
4)
Leiter- oder Treppengefäße (vasa scalariformia), d. h. netzförmige Gefäße, bei
denen die von den Verdickungsfasern frei bleibenden Zwischenräume schmal spaltenförmig sind und in
geraden oder schiefen
Reihen übereinander liegen, so daß das
Bild einer
Leiter oder
Treppe
[* 9] entsteht (s. nebenstehende
[* 1]
Figur
und
»Gefäßbündel«, Fig. 5
Bl);
5) poröse oder Tüpfelgefäße (vasa porosa), deren
Membranen bis auf punkt- oder spaltenförmige, kleine
Stellen verdickt
sind, wobei in den benachbarten
Gefäßen die Tüpfel genau aufeinander passen
[* 1]
(Fig. 5 Bgtt');
6) Querbalken führende Gefäße (vasa trabeculata), bei denen die Zellwandverdickungen in Form zapfen- oder
balkenartiger Vorsprünge in den innern Gefäßraum hineinragen. Bei der
Bildung der Gefäße verschwinden die Querwände der übereinander
stehenden
Zellen entweder vollständig, wie bei den
Ring-,
[* 10]
Spiral- und netzförmigen
Gefäßen, oder sie
bekommen nur ein oder mehrere große, runde oder ovale
Löcher, wodurch die
Kommunikation von einer Gefäßzelle zur andern
hergestellt wird. Die Gefäße sind fast immer, nur die Zeit der größten Saftfülle mancher
Holzgewächse im
Frühling abgerechnet,
mit
Luft gefüllt und erscheinen daher als
Organe, welche die innere Verbreitung der
Luft in der
Pflanze
vermitteln.
[* 1]
^[Abb.: Leiterförmiges
Gefäß von
Pteris (durch Maceration isoliert).]
prähistorische.Unter den prähistorischen Altertümern nehmen die Gefäße, insbesondere Thongefäße,
als oft fast einzige Reste mancher
Zeiten eine höchst wichtige
Stellung ein. Die ältesten Gefäße, stellenweise allerdings
auch nur in kleinern Bruchstücken erhalten, sind Thongefäße, deren Vorhandensein sich bis in die Renntierzeit,
d. h. die Zeit, wo das
Renntier in Mitteleuropa heimisch war, nachweisen läßt, und nach deren Vorkommen oder Fehlen bei
Funden der
Renntierzeit man eine jüngere Renntierzeit, in welcher der
Mensch bereits verstand, Thongefäße zu fertigen, und
eine ältere unterscheidet, wo der
Mensch dieseErfindung noch nicht gemacht hatte.
Ein so hervorragender und aus einer leicht bildsamen
Masse hergestellter Gebrauchsgegenstand wurde vielfach mit
Verzierungen
geschmückt, und dies ist ein weiterer
Grund für den Prähistoriker, den Thonscherben besondere
Aufmerksamkeit zu widmen;
denn das
Ornament stellt eine Art handschriftlicher
Urkunde dar, welche uns über den Kulturzustand und
die Geschmacksrichtung des
Volkes, dem es angehört, Aufschluß gibt. Wenn auch die
Gleichheit der Benutzung, des
Materials
und der
Technik der Herstellung einen gleichartigen
Charakter des
Ornaments bedingt, so ist doch dem
Geschmack des einzelnen
Individuums bei der Herstellung eines Gefäßes ein weiter Spielraum gelassen, der wieder durch die ihm
von seinen Vorfahren überlieferte Geschmacksrichtung und die auch seine Umgebung beherrschende
Sitte in
Schmuck und
Tracht
in einen bestimmt abgegrenzten Formenkreis eingeengt wird.
Letzterer ist einem
Stamm allein oder auch einigen andern verwandten
und benachbarten eigen, und dadurch wird es möglich, nach gewissen
Typen der Form und des
Ornaments der
Thongefäße auf die
Ausdehnung
[* 11] eines Stammesgebiets und auf die
Verwandtschaft räumlich und zeitlich entfernterer
StämmeSchlüsse zu ziehen. Die Thongefäße bilden somit also auch ein wichtiges Unterstützungsmittel für die ethnologischen
Bestimmungen.
Die
Masse, aus der die Gefäße gefertigt sind, ist verschiedenartig hergerichtet. Zum größten Teil und namentlich bei
den Gefäßen der
Steinzeit
[* 12] ist der
Thon mit grobem Quarzsand oder fein gestoßenen Granitbrocken gemengt,
um das Zerreißen der Wandungen beim
Trocknen des
Thons und bei Feuereinwirkung zu vermeiden. In späterer Zeit, aber schon
in der ältesten
Metallzeit,
[* 13] finden sich Gefäße aus einem ziemlich feinen
Thon. In manchen Gegenden, z. B. imGouvernementPerm, ist die
Masse der Gefäße mit kleinen Muschelbrocken gemengt, und in
Böhmen,
[* 14]
Mähren, Süddeutschland etc. ist dem
Thon
häufig eine größere
MengeGraphit zugesetzt. Um die Rauhigkeiten, welche infolge dieser Beimengungen sich an der Oberfläche
zeigen, zu beseitigen, ist dieselbe häufig mit einer dünnen
Schicht feinen
Thons überzogen und nachträglich
mit
Steinen oder Knochenwerkzeugen geglättet.
Die bei weitem größte Zahl der Gefäße ist aus freier
Hand
[* 15] gearbeitet. Erst die La
Tène-Zeit zeigt die ersten
Spuren des
Gebrauchs der
Töpferscheibe, die in der römischen
Periode in dem römischen
Reich unterworfenen Gebieten allgemein zur Anwendung
kommt, während außerhalb derselben noch nach der alten
Weise weiter gearbeitet wird. Erst zur Zeit der
fränkischen Herrschaft dringt die Kenntnis und Anwendung der
Töpferscheibe auch weiter vor. Die
Sachsen
[* 16] (besonders die
Angelsachsen)
bedienen sich noch mit der
Hand geformter Gefäße bis vielleicht zur Karolingerzeit, und die
Wenden scheinen ebenfalls erst
mit der
Ausdehnung des fränkischen
Reichs die
Töpferscheibe kennen gelernt zu haben, wie
Technik und Ornamentik
ihrer Gefäße andeuten. Bei Herstellung der alten Gefäße wurde zuerst eine den
Boden bildende
Platte geformt, um deren
Rand
dann ein dünner runder Thoncylinder gelegt wurde, den man an den
Boden fest andrückte und durch Kneten dünner machte, bis
er ungefähr die
¶
mehr
Stärke
[* 18] der dem Gefäß zu gebenden Wandung hatte; alsdann wurde ein neuer Thoncylinder aufgelegt, in gleicher Weise behandelt
und hierin fortgefahren, bis das Gefäß die erforderliche Höhe hatte. Manche Gefäße, namentlich die kannenförmigen, sind
aus mehreren Teilen zusammengesetzt, von welchen ursprünglich jeder besonders geformt wurde. In Westpreußen
[* 19] wurden bis vor
kurzem noch Gefäße aus freier Hand hergestellt, und in Jütland geschieht dies zum Teil heute noch.
Die uns erhaltenen Gefäße sind sämtlich im Feuer gebrannt, wenn auch mehr oder minder stark, und zwar die hellen bei hellem,
die schwarzen in Schmauchfeuer, wobei der Thon mit Ruß imprägniert wurde. Die Ornamente
[* 20] sind entweder
vertieft, oder plastisch aufgelegt, oder farbig aufgemalt. In der Steinzeit wurden teils lineare Zeichnungen mit einem Knochengriffel
eingestochen und die auf diese Weise hergestellten Linien mit einer weißen Masse, Kalk oder Kreide,
[* 21] ausgefüllt, teils aber auch
durch Eindrücken von Haarschnüren die Linien hergestellt.
Die plastischen Ornamente bestehen in aufgelegten horizontalen, ringförmigen und bogenförmigen Leisten,
in Knöpfen und Buckeln, welche zum Teil an die Form der Weiberbrust erinnern (Buckelurnen), oder es sind einzelne Teile des
Gefäßes figürlich entwickelt, indem der obere Teil des Halses ein Gesicht
[* 22] und der darauf passende Deckel eine Kopfbedeckung
darstellt (Gesichtsurnen). Ja, sogar die Form von Häusern wurde manchen zur Aufnahme der verbrannten Gebeine
dienenden Gefäßen gegeben (Hausurnen).
Die aufgemalten Ornamente bestehen, abgesehen von der Färbung der Wandungen durch Schwärzung in Rußfeuer, Beimengung oder
Auftragung von Graphit, Auftragung weißer kreideartiger oder rötlicher ockerhaltiger Schichten, aus Linien und Figuren, welche
rot auf weißem Grund, rot auf Graphitgrund, schwarz auf gelblichem oder rotem Grund angebracht sind. Es
sind meist schraffierte Dreiecke, schachbrettartige Muster, senkrechte, gerade und Zickzacklinien und Kreise;
[* 23] aber auch die
[* 17]
Figur des Triquetrums und sogar Tierfiguren kommen vor.
Die Formen der Gefäße sind sehr mannigfaltig. In der Steinzeit trifft man bereits Formen mit bauchigem, kugeligem
Körper und steilem, cylindrischem Halse, sogar kleinere, flaschenförmige Gefäße mit sehr engem Hals, daneben allerdings
auch einfachere mit weiter Öffnung und einfach becherförmige. In der Metallzeit und namentlich unter den Gefäßen des sogen.
LausitzerTypus, die nach ihrem häufigsten Vorkommen in der Lausitz benannt sind, finden sich die mannigfaltigsten Formen:
einfache, runde, flache Untersätze und Deckel, kleine Teller mit reichverziertem Boden, schüssel- und napfförmige Gefäße,
einhenkelige Schalen und Tassen, Kannen, Krüge,
[* 24] Räuchergefäße, große, weitbauchige Urnen und Vorratsgefäße. Je nach der
Gebrauchsweise sind dieselben entweder ganz roh gehalten, oder sauber ornamentiert, gehenkelt und ungehenkelt.
In der La Tène-Periode werden die Thongefäße wieder einfacher, vielleicht weil Metall- und Holzgefäße,
die uns aber aus dieser Zeit nicht erhalten sind, häufiger werden. Vorwiegend finden sich große, weitbauchige Gefäße
und napfförmige Deckelgefäße. In der römischen Periode finden wir in den ehemals römischen Provinzen natürlich eine große
Mannigfaltigkeit vorzüglich gearbeiteter Gefäße aus feinster Thonmasse und mit künstlerisch vollendeten
Dekorationen, in den nicht provinzialen Gebieten dagegen noch die in alter Weise gefertigten Gefäße, aber von meistens sehr
einfachem Charakter.
Erst in der fränkisch-merowingischen Zeit
zeigt sich wieder eine zum Teil sogar sehr reiche Verzierungsweise, während die
Formen meist einfach sind und nur weitmundige und weitbauchige, terrinenähnliche Bildungen zeigen. Die
eigentlich wendischen Gefäße sind höchst einfach, ohne Henkel, in Form von tiefen Schalen oder Bechern und zeigen meist
ein mit einem Rastral hergestelltes horizontales Wellenornament (das sogen. Burgwallornament) oder einfache,
horizontale Furchen oder gekreuzte Liniensysteme. Ihr Boden ist häufig mit einem Stempeleindruck versehen, der ein Hakenkreuz
oder auch eine Hand oder ein vierspeichiges Rad darstellt.
Die Gefäße des sogen. LausitzerTypus, deren charakteristischte Formen die sogen. Buckelurnen sind, erstrecken sich von Brandenburg
[* 31] durch Posen
[* 32] und Schlesien
[* 33] bis nach Ungarn hinein. Vereinzelte wurden im Elsaß gefunden. Die Gesichtsurnen finden sich auf dem
linken Weichselufer, in Westpreußen, Hinterpommern und Posen. Die von Schliemann in Hissarlik, dem alten
Troja,
[* 34] entdeckten sind nur der Idee nach ihnen verwandt, der Zeit und dem Formencharakter nach jedoch sehr verschieden, denn
die nordischen Gesichtsurnen gehören der La Tène-Zeit an, während die trojanischen sehr viel älter sind.
Auf Cypern
[* 35] wurden auch ähnliche Gefäße gefunden, jedenfalls aber auch einer sehr alten Zeit angehörig.
Neben den Thongefäßen sind die Metallgefäße (Bronzegefäße) von hervorragender Bedeutung in der prähistorischen Archäologie.
Sie kommen bereits in der ältesten Metallzeit vor und sind größtenteils Importartikel. Die ältesten Formen sind getrieben
oder aus dünn gehämmerten Blechen zusammengenietet. Besondere Wichtigkeit haben die Bronzecisten (manchmal
auch situlae genannt), horizontal gerippte, eimerförmige Gefäße mit einem oder zwei Henkeln, welche sehr häufig in Etrurien
gefunden sind, aber in größerer Zahl auch zu Hallstatt in Oberösterreich, Kärnten und vereinzelt auch in Ungarn, Böhmen,
Sachsen, Posen, Belgien
[* 36] und in der Gegend von Lübeck
[* 37] gefunden wurden.
Eigentlich eimerförmige Gefäße (situlae) kommen in Hallstatt und Mähren sehr häufig vor, vereinzelt
auch in Ungarn, Böhmen, Westpreußen und Dänemark. In der La Tène-Zeit kommen eimerförmige Gefäße häufiger vor, am häufigsten
jedoch in der römischen Zeit, wo dieselben denn auch nicht nur aus Bronze,
[* 38] sondern nicht selten auch aus gediegenem Silber
bestehen. Namentlich zeigt sich in der spätrömischen Zeit ein großer Reichtum an Gefäßen aus Edelmetallen, Silber und Gold,
[* 39] wenngleich auch goldene Gefäße schon in der ältesten Metallzeit im Norden
[* 40] vorkommen. Ein andres Material, das zur Gefäßbildung
reichlich verwandt wurde, ist das Glas.
[* 41] Perlen aus Glas lassen sich im Norden teilweise schon aus dem 3. und 4. Jahrh.
v. Chr. nachweisen, aber
¶