und die
Tiere durch Erzeugung eines luftverdünnten
Raums befähigen,
Mauern und steile
Wände zu erklettern. Bei den meisten
Arten sind scharfe, spitze, gewöhnlich auch zurückziehbare
Krallen vorhanden. Die äußere
Bedeckung besteht aus sehr kleinen
Schuppen, zwischen denen sich größere einfügen. Unter allen
Reptilien vermögen sie allein Kehlkopflaute auszustoßen. Sie
finden sich in allen warmen
Ländern, im Tiefland und
Gebirge, im
Wald, in der baumlosen Einöde und in
Ortschaften, sind sehr scheu und vollkommen harmlos; doch fabelt man von ihnen, daß sie durch einen an den Haftlappen ausgeschiedenen
scharfen Saft Gegenstände, über welche sie hinlaufen, vergiften, den
Aussatz erzeugen, durch ihren
Biß
töten etc. Sie bewohnen Felswände,
Bäume, Steingerölle, Gemäuer und sehr gern menschliche
Wohnungen, treten meist in großer
Zahl auf, sonnen sich am
Tag und beginnen ihre
Jagd auf
Insekten
[* 2] und kleine
Reptilien bei
Einbruch der
Nacht.
Sie laufen geschickt an glatten
Wänden und an der
Decke
[* 3] der
Zimmer, schießen schlängelnd sehr schnell
fort, sind sehr unruhig, erregbar, rauflustig und setzen sich bei Verfolgungen zur
Wehr. Nach der
Häutung verschlingen sie
die abgeworfene
Haut.
[* 4] Der Mauergecko (Ascalabotes fascicularisDaud.), 15
cm lang,
oben braun, gebändert oder einfarbig und
dann wie mit
Puder bedeckt, warzig, unten schmutzig gelb, schuppig glatt, findet sich in allen Mittelmeerländern,
besonders häufig in
Spanien,
[* 5]
Griechenland,
[* 6]
Dalmatien, Nordafrika.
Ebendaselbst lebt auch der Scheibenfinger
(HemidactylusverruculatusCuv.), nur 10
cm lang, mit undeutlich dreieckigen, in
Reihen
geordneten
Schuppen und körnigen Querbändern, auf der Oberseite fleischrot, graubraun gefleckt. Der Faltengecko
(PtychozoonhomalocephalonKuhl.) ist ausgezeichnet durch eine breite Hautfalte an jeder Körperseite, welche auch
den
Schwanz lappig säumt, auf der Oberseite fahlbraun, schwarz in die Quere gewellt, auf der Unterseite licht graugelb,
lebt auf
Java. In der Gefangenschaft sind die Geckonen sehr hinfällig. Die Alten fürchteten die Geckonen, von
ihnen Stelliones genannt, wegen ihrer angeblichen Giftigkeit und verachteten sie, da sie aus Mißgunst
gegen den
Menschen die abgeworfene
Haut, ein treffliches
Mittel gegen die
Epilepsie, fräßen. So wurde das
TierSinnbild des
Neides,
der
Arglist, des
Betrugs (daher Stellionatus, ein arglistiger
Betrug).
(spr. dschedd),William, Erfinder der
Stereotypie, war Goldschmied in
Edinburg,
[* 7] bemühte sich seit 1725, Schriftsatz
in
Gips
[* 8] abzuformen und nach dieser Form Druckplatten zu gießen. Er verband sich 1729 mit dem Schriftgießer
Fenner und dem
ArchitektenJames in
London
[* 9] und erhielt von der
UniversitätCambridge ein
Patent für den
Druck von
Bibeln und
Gebetbüchern.
Das Unternehmen scheiterte aber am Übelwollen der
Arbeiter. Ged kehrte nachEdinburg zurück, und nur durch
List und unter Mithilfe seines
Sohns, der die Buchdruckerei erlernt hatte, gelang die Herstellung eines Sallust (1736) und
des Werkes »The life of
God in the soul of man« (1742). Ged starb
(Memoria), Erinnerungsvermögen, die Fähigkeit, Sinneseindrücke, einfache oder zusammengesetzte
Empfindungen,
Vorstellungen und Gemütszustände auch dann noch, wenn sie aus dem
Bewußtsein entschwunden sind, möglichst
unverändert aufzubewahren, so daß sie auf gegebene Veranlassung teils unwillkürlich wiederkehren, teils mit Absicht wieder
hervorgerufen werden können; jenes heißt sich erinnern, dieses sich besinnen. Das Gedächtnis beruht zunächst auf
der
Thatsache, daß jeder äußere
Reiz je nach seiner
Stärke
[* 10] einen mehr oder minder lebhaften
Eindruck
hinterläßt, der in einer bleibenden organischen Veränderung bestehen muß und durch öftere Wiederholung an Tiefe und
Nachhaltigkeit gewinnt
(Wirkung der Übung und Wiederholung).
Über das innere
Wesen dieser Veränderung, die man bildlich als eine Einprägung bezeichnet, kann die
Wissenschaft natürlich
nur Mutmaßungen aufstellen, und es liegt nahe, an gewisse molekulare Veränderungen zu denken, die das
Organ geeignet machen, eine schon einmal ausgeführte
Bewegung
(Schwingung
[* 11] etc.) zum zweitenmal leichter zu vollführen, wie
eine Muskelfaser dem elektrischen
Strom weniger
Widerstand leistet, wenn er zum zweitenmal hindurchgeleitet wird.
Als einfachsten
Fall haben wir das unbewußte Gedächtnis zu betrachten, welches sich unter anderm in der
allbekannten
Anpassung des
Muskel- und Nervenapparats an oft wiederholte Körperbewegungen offenbart, z. B. in der
Erwerbung mechanischer Fertigkeiten durch Übung
(Gehen,
Tanzen, Klavierspielen, Schreiben, Sprechen). Hierbei sind anfangs
mühsam mit Willensanstrengung und
Aufmerksamkeit eingelernte
Bewegungen schließlich dem Körpergedächtnis so einverleibt
worden, daß sie völlig unbewußt und automatisch ausgeübt werden.
Die Reflexbewegungen (s. d.), durch welche ein
Organ irgend einem
Reiz mit einer zweckentsprechenden
Bewegung antwortet, z. B.
der sich beim
Fallen
[* 12] vorstreckende
Arm, sind ähnliche
Wirkungen eines unbewußten Gedächtnisses, dessen Sitz hier nicht im
Gehirn,
[* 13] sondern im
Rückenmark und in den
Nervenknoten zu suchen ist. Da nun ferner völlig nervenlose
Wesen,
z. B.
Protisten, oder der unentwickelte
Keim eines organischen
Wesens, indem er die Entwickelungsweise seiner
Ahnen wiederholt,
Spuren von unbewußtem Gedächtnis zeigen, so hat
Hering das Gedächtnis als eine »allgemeine
Funktion der lebenden
Materie« bezeichnet, die demnach
nicht ausschließlich an
Nerven- und Gehirnapparate gebunden ist und im lebenden
Körper beständig eine
große
Rolle spielt. Auch das Geistesleben der niedern
Tiere, der sogen.
Instinkt (s. d.), dürfte großenteils auf Anpassungserscheinungen
des unbewußten Gedächtnisses beruhen.
Die höhere
Stufe des bewußten Gedächtnisses stellt eine viel zusammengesetztere, wahrscheinlich nur den höhern
Tieren und
dem
Menschen eigentümliche Fähigkeit dar, auf welcher vor allem das Identitätsgefühl
(Ich), d. h. die
Kontinuität unsers
Bewußtseins, beruht, wie sich dies bei gewissen Erkrankungen sogleich ergibt. Ebenso wie unsre
Vorstellungen
aus kombinierten
Ideen entstehen, muß es sich bei der Wiederbelebung derselben um die
Kombination von
Eindrücken handeln,
weshalb auch die
Erinnerungen durch ähnliche
Gesetze
(Ähnlichkeit,
[* 14]
Gegensatz, Verknüpfung der
Ideen) ins
Leben gerufen werden wie die
Vorstellungen selbst (vgl.
Ideenassociation).
Das
Organ des bewußten Gedächtnisses, als welches wir das
Gehirn anzusehen haben, nimmt in der
Jugend, solange es noch nicht
mit
Eindrücken überlastet ist, dieselben am willigsten auf und bewahrt sie am treuesten, worauf die Lernfähigkeit
der
Jugend, die mit den
Jahren erheblich nachzulassen pflegt, und die
Festigkeit
[* 15] der Jugendeindrücke beruhen.
AlleEindrücke
erblassen, wenn sie nicht öfters erneuert werden, mit fortschreitender Zeit. Das Gedächtnis ist also gleichsam einer
Registratur oder der
Walze eines
Phonographen zu vergleichen, in welcher niedergeschriebene oder eingeprägte
Vorstellungen
bis zu ihrer Wiedererweckung ruhen. Oft mangelt dem
Bewußtsein nur der Zugang zu einem noch vorhandenen
Eindruck, indem wir nicht die zu ihm überleitenden
Eindrücke zu
¶
mehr
erwecken im stande sind, wenn wir uns z. B. lange vergeblich auf einen Namen oder auf eine Thatsache besinnen, die uns doch
später einfallen oder durch eine zweite Person zurückgerufen werden können. Erst wenn der Eindruck ganz verblaßt ist, können
wir von einem wirklichen Vergessen sprechen. Sehr fest pflegen Eindrücke zu haften, die sich unter gleichzeitigen
starken Gemütsbewegungen einprägten, und daraus entstehen häufig Erinnerungen, die man gern vergessen möchte, aber nicht
vergessen kann.
Die Vorzüge eines guten Gedächtnisses bestehen in der Leichtigkeit, die zur Aneignung des zu Behaltenden keiner öftern
Wiederholung, noch künstlicher Mittel bedarf;
in der Zuverlässigkeit, d. h. in der Treue unveränderten
Wiedergebens der Vorstellungen;
in der Dauerhaftigkeit, durch welche das Gemerkte auch für längere Zeit gesichert wird;
endlich in der Dienstbarkeit, vermöge deren das Gedächtnis auf Verlangen des Willens und bei gegebenem Anlaß ohne langes Besinnen das
Gewünschte reproduziert.
Ein solches Gedächtnis nennt man ein »gutes«, »treues«,
»sicheres« Gedächtnis, während man von einem
»schwachen« Gedächtnis spricht, wenn die eben angegebenen Merkmale
fehlen. Die Erscheinung, daß das Gedächtnis nicht bei jedem ein und dasselbe ist, daß der eine Namen, der andre Zahlen, der dritte
Sachen etc. (daher Namen-, Zahlen-, Sachengedächtnis), und zwar bestimmte Sachen und Namen, leichter merkt, erklärt sich
teils aus der Art und Weise, wie beim Auffassen sich die Vorstellungsreihen gebildet und miteinander verknüpft haben, vor
allem aber aus der Aufmerksamkeit und dem Interesse für bestimmte Gegenstände, durch welche das Gedächtnis mehr ausgebildet und empfänglicher
wird.
Daher die Erfahrung, daß jeder das am leichtesten merkt, was mit seinen Lieblingsbeschäftigungen, mit
seinem Berufskreis etc. zusammenhängt, während äußere Vorgänge, die unsre Aufmerksamkeit nicht erregen, spurlos an uns
vorübergehen, was auch geschieht, wenn das klare Bewußtsein einer Person durch Krankheitszustände, Rausch etc. herabgemindert
ist. Das bewußte Gedächtnis ist für das geistige Leben des Einzelnen, was die Geschichte für jenes der Menschheit;
ohne dasselbe wäre ein fortlaufender Faden
[* 17] stetiger Geistes- und Kulturentwickelung unmöglich.
Dasselbe wird als allgemein-menschliche Anlage, aber als bildungsfähig, betrachtet. Selbst dem Schwachkopf muten wir zu, daß
er eine gewisse Summe von Kenntnissen behalte; wer nicht im stande ist, zu urteilen und zu schaffen, soll wenigstens merken.
Während dies aber dem einen schwerer wird, erregt der andre durch sein vorzügliches Gedächtnis Bewunderung,
obgleich dies noch keine besondere Art geistiger Begabung erweist. Im Deutschen gebraucht man für das gedächtnismäßige
Lernen den Ausdruck auswendig lernen, womit angedeutet zu werden scheint, daß die bloß auf diese Art aufgefaßten und nicht
mit Hilfe der eignen Denkkraft verarbeiteten Vorstellungen gleichsam nur auf der Oberfläche haften und
nicht einmal ein volles Verständnis voraussetzen, wie z. B. Tiere durch bloße Klangnachahmung einzelne Worte und Sätze nachsprechen
lernen.
die MathematikerWallis
und Dase, welche lange Zahlenreihen nach
einmaligem Ansehen oder Anhören zu merken und schwierige Rechnungsoperationen, wie das Ausziehen von Quadrat- und
Kubikwurzeln
aus Zahlen mit 50 und mehr Zifferstellen, im Kopf mit erstaunlicher Geschwindigkeit zu vollziehen im stande
waren.
Anweisung zur Erleichterung der gedächtnismäßigen Auffassung gibt die Mnemotechnik oder Mnemonik (s. d.).
Das Gedächtnis ist, wie alle geistigen Thätigkeiten, gewissen Schwankungen und Erkrankungen unterworfen, von denen
die Gedächtnisschwäche (griech. Amnesie) die wichtigste, weil am häufigsten auftretende ist. Sie kommt
bei geistig schlecht beanlagten Personen und Idioten gewissermaßen angeboren vor; überaus häufig beruht aber der Verlust
der Erinnerung auf einer nachweisbaren Erkrankung des Seelenorgans und zwar der grauen Rindensubstanz des Gehirns, in welcher
deshalb mehrere Physiologen die Erinnerungsbilder der verschiedenen Sinnessphären lokalisiert annehmen.
Bei herdweiser Erkrankung derselben, z. B. bei Schlaganfällen oder Vereiterungen,
geht zuweilen nur ein Teil der Erinnerung, z. B. bestimmte Redeteile oder die Bedeutung einzelner Wörter, verloren (vgl. Aphasie),
und diese partielle Gedächtnisschwäche ist mitunter heilbar; auch bei der Melancholie, bei Tobsucht und andern Geisteskrankheiten
kehrt die Erinnerung wieder zurück. Dauernd wird die Gedächtnisschwäche bei greisen Personen, welche
namentlich Erlebnisse der letzten Jahre leicht aus dem Gedächtnisschatz verlieren, während nicht selten Bilder aus früher
Jugendzeit noch in alter Lebendigkeit erhalten sind.
Hier wie beim Schwachsinn und Blödsinn liegt der Gedächtnisschwäche unheilbarer Gehirnschwund (s. d.) zu Grunde. Verschwindet
das Gedächtnis aus frühern Zeiten gänzlich, so erfolgt damit eine Unterbrechung des Zusammenhanges der geistigen
Individualität, und die betreffende Person kann sich für eine ganz andre halten, z. B. für eine solche, für die sie sich
früher lebhaft interessiert hat. Besonders merkwürdig sind die schon vonHaller, dem ältern Darwin und von vielen neuern
Ärzten beobachteten Fälle von periodischer Amnesie, die ein alternierendes Bewußtsein zur Folge haben,
d. h. von zweierlei miteinander abwechselnden Zuständen des geistigen Lebens, die gegenseitig keine Erinnerungen miteinander
gemein haben.
Von solchen Zufällen heimgesuchte Personen führen ein Doppelleben, in welchem hypnotische Zustände mit wachen Perioden abwechseln,
ohne daß ein Faden der Erinnerung diese beiden Phasen ihres geistigen Daseins miteinander verknüpfte.
Sie erinnern sich nur während der nächsten Anfälle, was sie in den frühern gethan, gedacht und erfahren haben, nicht
in den dazwischenliegenden wachen Zuständen. Als Ursache hat man ein Alternieren der Geistesthätigkeit in den beiden Hemisphären
des Großhirns angenommen.
Einen andern anormalen, aber von vielen Beobachtern beschriebenen Zufall bildet die plötzliche Wiederkehr
ganzer Bestandteile der verschwundenen Erinnerung in bestimmten Krankheiten, die eine Erregung bestimmter Gehirnteile zur Folge
haben. Sogar gänzlich verlorne Sprachfähigkeiten sollen in derartigen Fällen wieder aufgelebt sein. Hierher gehört auch
die Erinnerungsflut bei künstlicher Erregung des Organs durch erregende oder narkotische Genußmittel, wie Wein, Opium
oder Haschisch.