und anhaltend drängende
Wehen treiben endlich den
Kopf so hervor, daß, indem der Hinterkopf sich am Schoßbogen anstemmt,
das
Gesicht
[* 2] über das
Mittelfleisch hervorgleitet; man sagt: »der
Kopf ist im Durchschneiden«. Jetzt sind die
Wehen am schmerzhaftesten
und die Gebärenden in größter Aufregung, bisweilen werden sie auch besinnungslos.
Endlich drängt die
Wehe den
Kopf gänzlich durch die Schamspalte hervor.
Nun lassen die
Schmerzen etwas nach, und es tritt eine
Pause ein.
Bald aber
folgen neue, minder schmerzhafte
Wehen, welche den übrigen
Körper meist schnell und leicht austreiben, wobei auch das übrige
Fruchtwasseraustritt. - Nach einer kurzen Ruhezeit tritt jetzt die Nachgeburtsperiode auf.
Die
Gebärmutter
[* 3] zieht sich zusammen, es zeigt eine mehr oder weniger starke
Blutung aus den
Geschlechtsteilen die
Lösung der
Nachgeburt an, und es stellen sich wieder
Wehen ein, die Nachgeburtswehen, welche zum Ausstoßen der
Nachgeburt führen. Hiermit
ist die ganze Geburt vollendet, und es beginnt dasWochenbett (s. d.). Die Dauer der Geburt wie ihrer einzelnen
Perioden ist höchst verschieden. Die mittlere Dauer einer normalen Geburt dürfte auf etwa 6
Stunden zu veranschlagen sein. Oft
dauert die Geburt aber viel länger, 12-24
Stunden, namentlich bei Erstgebärenden. S.
Geburtshilfe.
Bei
Tieren gehen der Geburt verschiedeneAnzeigen vorher: Anschwellen der
Scham mit Erweiterung
der Schamspalte, Ausfluß
[* 4] einer schleimigen
Flüssigkeit,
Erschlaffung der Kreuzsitzbeinbänder,
Einfallen der
Kruppe neben der
Schwanzwurzel, Anschwellung der
Milchdrüsen und
Austritt einer zähen gelben
Flüssigkeit aus den Zitzenöffnungen. Stuten
legen sich gewöhnlich einige
Tage vor dem Gebären nicht mehr. Der
Eintritt der Geburt gibt sich durch
Unruhe
des
Tiers, öfteres Hin- und Hertreten, öfteres Niederlegen,
Wedeln mit dem
Schweif etc. kund, welche
Erscheinungen, durch schmerzhafte
Zusammenziehungen der
Gebärmutter (Vorwehen) hervorgerufen, in kürzern oder längern Zwischenräumen wiederkehren.
Beim Beginn der Geburt legen sich Stuten meistens auf die rechte Seite,
Schafe
[* 5] entfernt von andern mit demRücken
gegen die Wand;
Sauen pflegen sich ein
Lager
[* 6] zu bereiten. Dann folgen die vorbereitenden
Wehen, wobei der
Muttermund geöffnet
wird und ein Teil der Eihäute in die
Scheide eintritt und in dieser wie eine
Blase erscheint.
Beim weitern Vordrängen der
Jungen platzt die
Blase, und das
Fruchtwasser fließt ab (Wassersprung). Darauf werden die Zusammenziehungen
der
Gebärmutter stärker, auch das
Zwerchfell und die Bauchmuskeln kontrahieren sich stark, und durch diese eigentlichen Geburtswehen
wird die
Frucht durch
Muttermund und
Scheide nach außen befördert.
Bei normaler
Lage der
Frucht treten erst beide Vorderfüße und auf und zwischen diesen liegend der
Kopf hervor. Das
Durchtreten des
Kopfes verursacht den
Tieren die größten
Schmerzen.
Wenn derKopf herausgetreten ist, halten die
Wehen gewöhnlich
einen
Augenblick an, kehren jedoch bald wieder, wenn das
Tier nicht zu sehr erschöpft ist. Bei Stuten wird die Geburt meist sehr
schnell, oft in 5-10
Minuten vollendet. Der
Nabelstrang reißt in der
Regel bei der Geburt oder, wenn das Muttertier
nach der Geburt aufsteht, ab;
Fleischfresser beißen auch wohl den
Nabelstrang ab. Die Oberfläche der
Jungen bedeckt eine nasse
käsige
Masse (vernix caseosa), welche von der
Mutter abgeleckt wird.
Werden von einem
Tier mehrere
Junge geboren, so treten bald nach der Geburt des ersten neue
Wehen ein; die folgenden
Jungen werden leichter geboren. Bei Stuten
folgt bei einer Zwillingsgeburt das zweite
Junge nach etwa 10
Minuten, bei
Schafen
und
Ziegen nach etwa ½
Stunde, bei
Kühen nach 1-2
Stunden; bei
Schweinen folgen die einzelnen
Ferkel gewöhnlich in Zwischenräumen
von ¼Stunde, bei
Fleischfressern noch schneller aufeinander. Ausnahmsweise werden von
Kühen und von
Schafen
die einzelnen
Jungen in Zwischenzeiten von mehreren
Tagen geboren.
Die Muttertiere erholen sich nach dem Gebären bald wieder und belecken das
Junge. Wenn die Eihäute nicht sofort mit den
Jungen ausgeworfen wurden, so treten bald nach vollendeter Geburt wieder
Wehen
(Nachwehen) ein, um die Eihäute
auszustoßen
(Nachgeburt). Bei Stuten,
Schafen,
Schweinen und
Fleischfressern folgt die
Nachgeburt gewöhnlich sehr bald nach
der Geburt, bei
Kühen 1-2
Stunden, mitunter aber erst mehrere
Tage nachher. Dieselbe ist, namentlich bei
Schweinen, schnell zu beseitigen,
weil sie sonst zuweilen von den
Tieren verzehrt wird.
Sauen, welche die
Nachgeburt verzehrt haben, fressen
hinterher oft die
Ferkel. Die Geburt wird beiden
Tieren durch Regelwidrigkeiten in der
Lage oder
Entwickelung der
Jungen oftmals sehr
erschwert.
(Geburtstag, Wiegenfest),
Fest, welches alljährlich am
Geburtstag eines
Menschen zu dessen
Ehren gefeiert
wird. Als »erster«
Geburtstag kann nicht der
Tag der
Geburt selbst, sondern nur die erste Wiederkehr dieses
Tags, wenn das
Kind sein erstes Lebensjahr vollendet hat, gerechnet werden.
Schon die Alten pflegten dergleichen
Tage feierlich
zu begehen. In
Gesellschaft von
Freunden überließ man sich heitern
Scherzen, kleidete sich in weißes Gewand, bekränzte und
salbte die
Laren, umduftete sie mit
Wohlgerüchen und brachte ihnen, besonders dem erwählten
Genius,
Opfer
dar.
Frauen wandten sich damit vorzugsweise an
Juno. Auch die
Geburtstage der
Götter,
Kaiser und andrer verdienter und angesehener
Männer wurden festlich begangen. Die Katholiken begehen statt des
Geburtstags meist den
Namenstag (s. d.).
(franz.
Accouchement). Der Inbegriff aller bei der Behandlung der Schwangern, Gebärenden und Wöchnerinnen
anwendbaren
Regeln stellt den
Inhalt der Geburtshilfe als
Kunde (Geburtshilfekunde), und die Anwendung dieser
Regeln auf die bestimmten
Fälle den
Inhalt der Geburtshilfe als
Kunst oder die Geburtshilfekunst dar. Durch die Vereinigung beider kommt alsdann die eigentliche
Hilfe beim Geburtsakt selbst zu stande.
Zu einem regelmäßigen Verlauf der
Geburt ist es nötig, daß mehrere
Bedingungen sowohl von seiten der
Mutter als von seiten
der
Frucht und ihrer Umgebung vereint erfüllt werden. Diese sind von seiten der
Mutter einerseits die Regelmäßigkeit der
Wehen in Bezug auf ihreKraft
[* 8] und Aufeinanderfolge, anderseits der regelmäßige
Bau der Geburtsteile sowie
die natürliche
Beschaffenheit der in den Geburtsteilen, insbesondere in dem
Becken, befindlichen
Organe; von seiten der
Frucht
deren normale
Bildung und Gestaltung sowie deren regelmäßige
Lage im mütterlichen
Körper. In Bezug auf die
Lage der
Frucht
(Kindslage) im Mutterleib kurz vor
Eintritt der
Geburt kommen die meisten
Abweichungen vor, und durch sie
wird meistens die Regelwidrigkeit einer
Geburt bedingt. Die regelmäßige
Lage der
Frucht ist daher eins der Haupterfordernisse
zu einer natürlichen
Geburt. Die normale
Lage ist die Schädellage. Dabei steht der
Kopf entweder im linken schrägen Beckendurchmesser,
der
Rücken des
Kindes links
¶
mehr
nahe der Wirbelsäule oder vorn am Bauch
[* 10] der Mutter, oder der Kopf steht im rechten schrägen Durchmesser, der Rücken hinten rechts
oder wieder am Bauch der Mutter, wonach man diese Stellungen als 1., 2., 3., 4. Schädellage bezeichnet. Bei Wehenschwäche,
engem Becken, Nabelschnurvorfall oder andern Umständen, welche eine Beschleunigung der Geburt wünschenswert
machen, geben diese Kindslagen Veranlassung zum Anlegen der Zange.
[* 11] Weniger normal, aber immerhin häufig und ohne Kunsthilfe
zu beenden ist die Geburt bei Steißlage.
Der Steiß tritt zuerst ins kleine Becken, er ist dem höchsten Druck ausgesetzt und zeigt häufig wie der Kopf bei Schädellagen
eine weiche Blutbeule oder Blutgeschwulst (Kopfgeschwulst, caput succedaneum, Steißgeschwulst). Erfordert
die Steißgeburt Kunsthilfe, so wird mit dem gekrümmten Finger oder mit stumpfem Haken das Kind in den Hüftbeugen erfaßt
und herausgezogen. Ähnlich ist die Fußlage, bei welcher zuerst ein Fuß durch den Muttermund tritt, welcher dann behufs der
weitern Entwickelung des Körpers gefaßt wird und als Handhabe zum Ziehen dient; sobald die Schultern eintreten,
müssen die Arme gelöst und hervorgezogen werden, worauf dann der Kopf den Schluß macht.
Verzögert sich die Geburt, nachdem schon fast der ganze Leib geboren ist, so treten zuweilen, durch den Reiz der Kälte bedingt,
vorzeitige Atembewegungen auf, welche durch Verschlucken von Fruchtwasser gefährlich werden können.
Entschieden abnorm ist die Querlage, bei welcher zuerst ein Arm in die Scheide vorfällt. In dieser Kindslage kann die Geburt
nur von statten gehen, nachdem die Querlage durch Eingehen des Geburtshelfers mit der Hand
[* 12] in die Gebärmutter in eine Schädel-,
Steiß- oder Fußlage umgewandelt ist.
Dieser Akt, der, wenn irgend thunlich, in der Chloroformnarkose ausgeführt wird, heißt Wendung. Am übelsten ist die Gesichtslage,
welche sich, wenn der Geburtshelfer rechtzeitig zur Stelle ist, in eine Schädel- oder durch Wendung in eine Fußlage verwandeln
läßt. Ist dagegen der Kopf des Kindes im Becken bereits festgekeilt, so bleibt nichts übrig, als den
Kopf zu durchbohren (Perforation) oder zu zerbrechen (Kranioklasis) und dann die Geburt mit der Zange zu beenden.
Die Ausführung der Wendung steht gesetzlich der Hebamme nur dann zu, wenn ärztliche Hilfe nicht binnen notwendiger Frist zu
erreichen ist. Das Anlegen der Zange oder gar das Töten des Kindes durch Perforation ist nur dem Arzt gestattet.
Der Mechanismus der Geburt bei der Schädellage kann als typisch angesehen werden. Er beruht darauf, daß der Kopf des Kindes
bei seinem Durchgang durch das Becken eine doppelte Bewegung erleidet, nämlich eine Drehung um seinen Querdurchmesser, wodurch
er eine solche Richtung erhält, daß seine großen Durchmesser stets den großen Durchmessern des Beckeneinganges
entsprechen und seine Achse (der Durchmesser von dem Kinn zur kleinen Fontanelle) mit der Beckenachse zusammenfällt; sodann
eine Drehung um seine Höhenachse, welche ihm für die Durchmesser der Beckenmitte und des Beckenausganges die angemessene
Richtung gibt, worauf wieder eine Drehung um seinen Querdurchmesser folgt. Auf diese Weise beschreibt das
Kind bei seiner Geburt gleichsam eine Spirallinie. Die regelmäßige Geburt ist ein Akt der Naturthätigkeit allein, und die
Thätigkeit des Geburtshelfers besteht daher mehr in bloßer Unterstützung, Erleichterung und Verhütung von Regelwidrigkeiten
als im Eingreifen in den Geburtsvorgang.
Die hat sich in den ältesten Zeiten auf die wenigen Hilfsleistungen beschränkt,
welche man ohne besondere Kenntnis vom Bau
und von den Verrichtungen des Körpers den gebärenden Weibern angedeihen lassen konnte. Ohne Zweifel wurden aber diese Hilfsleistungen
von Frauen ausgeübt. Wir finden in den heiligen Büchern bei den Israeliten und Ägyptern nur Wehmütter
genannt. Griechen und Römer
[* 13] hatten unter ihren Göttern, die dem Gebärungsakt vorstanden, nur weibliche Gottheiten.
Auch finden wir bei den alten römischen und griechischen Klassikern nur Hebammen erwähnt. Die Hippokratischen Schriften enthalten
allerdings viel auf die Geburtshilfe sich Beziehendes; wir ersehen daraus, daß Ärzte in schwierigen FällenRat
erteilten und auch wohl mit Händen und eignen WerkzeugenHilfe leisteten, deren nähere Auseinandersetzung indes nur auf eine
höchst beschränkte Einsicht in das ganze Geburtsgeschäft schließen läßt. Das erste Lehrbuch für Hebammen in Fragen und
Antworten schrieb Moschion um 220 n. Chr.; es behandelt die Anatomie der Geschlechtsteile, gibt den Hebammen
den nötigen Rat zur diätetischen und ärztlichen Behandlung der Schwangern, Gebärenden und Neugebornen und lehrt, was bei
der Geburt selbst zu beobachten ist. Durch die arabischen Ärzte ist für die Geburtshilfe wenig geschehen. Im christlichen Abendland
befand sich die Geburtshilfe nur in Händen ununterrichteter Weiber oder höchstens männlicher Pfuscher. Man begnügte
sich oft damit, in schwierigen FällenGeistliche zu Gebärenden zu rufen, welche durch abergläubische MittelHilfe zu leisten
versuchten. Nicht viel besser sind die Lehren
[* 14] des berühmtenMich. Savonarola in Padua,
[* 15] welche derselbe in seiner »Practica«
(Vened. 1497) vorträgt.
Erst mit dem 16. Jahrh. fing die an, eine bessere Gestalt anzunehmen.
Das erste geburtshilfliche Werk aus dieser Zeit ist das Hebammenbuch des Eucharius Rößlin: »Der
swangern Frawen und HebammenRosengarten« (1513, mit Holzschnitten). Obwohl auch hier manches von Frühern bereits Vorgetragene
benutzt ist, so finden wir doch manches Eigentümliche und Neue darin. So gedenkt der Verfasser der in
Vergessenheit geratenen Wendung auf die Füße wieder und empfiehlt diese da, wo die Wendung auf den Kopf nicht gelingt, erkennt
die Kopflagen als die natürlichsten an und räumt nach diesen der Fußgeburt die nächste Stelle ein. Wohlthätig mußte
auf die geburtshilflichen Lehren der damals wieder erwachende Eifer für die Anatomie wirken, und besonders
bemühten sich Vesal (gest. 1564), dessen Schüler Reald. Columbus (1559), Fallopia (gest. 1562) u. a., über alles, was sich
auf Anatomie und Physiologie des weiblichen Organismus wie der Leibesfrucht bezieht, Aufklärung zu geben. Da indessen immer nur
die schwersten Fälle der männlichen Hilfe anheimfielen, auch diese selbst nur durch Anwendung von mechanischen
Mitteln geleistet wurde, so finden wir die in genauer Vereinigung mit der Chirurgie. Es ist vorzugsweise die operative Seite,
welche in den geburtshilflichen Werken P. Francos, Parés, Fabr. Hildanus' u. a. hervorgehoben wird; man verbesserte die ältern
Methoden, erfand neue, welche die Anwendung so mancher das Leben des Kindes gefährdender älterer Operationen
wenigstens beschränken sollten, und empfahl die Wendung des Kindes im Mutterleib auf die Füße (s. oben), welche einen enormen
Fortschritt bezeichnet und zu den glänzendsten Resultaten führte. So verschafften die Bestrebungen dieser Männer nach und
nach der männlichen Geburtshilfe mehr Eingang und Vertrauen. Der Umstand, daß Ludwig XIV. einen Wundarzt, Namens
J. Clément aus Arles, zur Entbindung der königlichen Geliebten,
¶