und die Verwendung von Artillerie und Kavallerie auf ein Minimum beschränkt. Einzelne Streif- und Freikorps finden im Gebirge
wohl ein günstiges Feld, um durch sogen. kleinen oder Guerillakrieg dem Gegner zu schaden, eine ernste Entscheidung aber lange
hinzuhalten. Für größere Heere handelt es sich stets um rasches Hindurchziehen durch das Gebirge und
Vereinigung jenseits zu neuen Operationen, für den Verteidiger aber um Erschwerung des Durchmarsches durch kleine Abteilungen
auf den einzelnen Straßen sowie um Verhinderung der Vereinigung der vereinzelt heraustretenden Kolonnen durch Angriff mit überlegenen,
hinter dem Gebirge versammelten Kräften.
Dieses sowie ein gutes Nachrichtenwesen, rechtzeitiges Besetzen und Befestigen der Pässe sind die Grundlage
der Verteidigung; richtige Berechnung von Raum und Zeit zu gleichzeitigem Debouchieren auf mehreren Punkten und rücksichtsloses
Erzwingen des Durchganges bei jedem Widerstand in den Defileen wie beim Heraustreten ist die Aufgabe des Angriffs. Episoden des
deutsch-österreichischen Kriegs 1866, des deutsch-französischen 1870/71 und des russisch-türkischen Kriegs 1877-78
haben dem Gebirgskrieg größere Aufmerksamkeit zugewendet.
Man hat erkannt, daß die Truppen für denselben einer besondern Schulung und Organisation bedürfen. Seit 1882 finden deshalb
in Frankreich jährlich Übungen größerer Truppenmassen in den Alpen und Pyrenäen statt. Am rationellsten aber ist Italien
in der Organisation seiner Alpenjäger und Gebirgsartillerie vorgegangen; diese Truppen rekrutieren sich
nur aus den Gebirgslandschaften, in denen sie dauernd Garnison haben, in denen sie also auch alle Marsch- und Gefechtsübungen
abhalten.
Gegenwärtig dürfte mit ihren Leistungen keine Truppe der Welt konkurrieren können. Mit Ausnahme Deutschlands haben alle europäischen
Großstaaten die Entwickelung einer Gebirgsartillerie gepflegt und derselben ein gegen früher viel wirkungsvolleres
Geschütz gegeben; England ging durch Einführung eines zerlegbaren Geschützrohrs hierin am weitesten. Jedenfalls hat der
Gebirgskrieg durch die materiellen und taktischen Fortschritte der Gebirgsartillerie sehr an Kampfkraft gewonnen.
die Gesamtheit der Zähne eines Wirbeltiers in ihrer natürlichen Anordnung; im weitern
Sinn auch die der zahnähnlichen Kauwerkzeuge niederer Tiere, z. B. der hornartigen Vorsprünge auf der Reibleiste (Radula)
der Schnecken. Von besonderer Wichtigkeit ist die Kenntnis des Gebisses, weil sich, namentlich bei Fischen und Säugetieren,
oft nur Kiefer oder einzelne Zähne versteinert erhalten haben und zu Schlüssen auf die Beschaffenheit ihrer
Träger verwendet werden müssen.
Auch in der Systematik der Säugetiere nimmt die Form des Gebisses eine hervorragende Stellung ein. Man unterscheidet das bleibende
Gebiß vom Milchgebiß. Die meisten Säugetiere nämlich (ausgenommen die Kloakentiere, Zahnlücker und Walfische) vertauschen das
Gebiß, mit welchem sie geboren werden, später gegen ein in mancher Beziehung verändertes; jenes
aber ist dem bleibenden Gebiß des Stammvaters des betreffenden Tiers sehr ähnlich, dessen Milchgebiß seinerseits noch weiter
zurückweist.
Hiernach läßt sich zuweilen ein Stammbaum mit einiger Sicherheit aufstellen. Das
vollständige Gebiß der Säugetiere besteht
aus 44 Zähnen (nur gewisse Beuteltiere haben eine größere Zahl), d. h. oben und unten rechts und links
je 11 (3 Schneidezähne, 1 Eckzahn und 7 Backenzähne). Die Schneidezähne (dentes incisivi) stehen oben im Zwischenkiefer
(s. Kiefer) und entwickeln sich mitunter (Elefant, Walroß etc.) zu großen Stoßzähnen. Die ersten 3 der auf den Eckzahn (dens
caninus) folgenden Backenzähne heißen falsche (dentes praemolares), weil sie schon im Milchgebiß vorhanden
sind, zum Unterschied von den erst später auftretenden 4 echten Backenzähnen (dentes molares).
Von den Prämolaren werden 1 oder 2 wohl zu besonders großen, zackigen Fleischzähnen (dentes lacerantes) und dienen zum
Zerreißen der Nahrung. Zur raschen Übersicht über den Reichtum des Gebisses an Zähnen bedient man sich
der Zahnformeln in Gestalt von Brüchen, in denen i die Schneide-, c die Eck-, p die falschen und m die echten Backenzähne bezeichnen
und die Angaben im Zähler sich auf den Ober- und Zwischen-, die im Nenner auf den Unterkiefer beziehen. Das Gebiß des Menschen und
der ihm nahestehenden Affen ist z. B. ^[img] oder kürzer ^[img], das der Wiederkäuer ^[img], das des
Känguruhs ^[img], der Beutelratte ^[img]. Vgl. Säugetiere und Zähne.
Vorrichtungen zur Hervorbringung eines Stroms gepreßter Luft, werden besonders
auf Hüttenwerken zur Beförderung von Verbrennungsprozessen beim Ausbringen der Metalle benutzt. Die Gebläse saugen
atmosphärische Luft an, vergrößern deren Dichtigkeit (Pressung) und führen sie als Gebläsewind zum Orte der Verbrennung
(meist Öfen) in Röhren (Windleitung), deren konische Ausströmungsöffnung in einen der Ofenwand eingefügten abgestumpften
metallenen Hohlkegel (Form, Eckeisen) mündet.
Die Güte eines Gebläses steht in direktem Verhältnis zu seinem Nutzeffekt (Wirkungsgrad = Verhältnis
der aufgewandten zur nutzbar gemachten Arbeit, welches häufig in Prozenten angegeben wird) und zu seinem Windeffekt (Verhältnis
der eingesogenen zur ausgeblasenen Luftmenge). Der Nutzeffekt wird besonders beeinträchtigt durch die Reibung der Maschinenteile
und durch den schädlichen Raum des Gebläses, worunter man den hohlen Raum versteht, in welchem bei unzweckmäßiger
Einrichtung des Gebläses die Luft wiederholt zusammengepreßt und wieder ausgedehnt wird, ohne ausgeblasen zu werden und
zur Wirkung zu kommen.
Der Windeffekt leidet durch die Reibung in langen Röhrenleitungen und deren Undichtigkeit, so daß zuweilen 25 Proz. und
mehr von dem eingesogenen Luftquantum bis zum Eintritt in den Ofen verloren gehen. Die Form der Gebläse ist
sehr verschieden und bildet von dem einfachsten Handblasebalg bis zu den kolossalsten Cylindergebläsen viele Übergänge.
Die Klassifikation derselben geschieht am zweckmäßigsten nach der Art und Weise der Druckwirkung, durch welche die Luft komprimiert
wird. Es kann zur Wirkung kommen:
A. Erste Hauptgruppe.
Direkter Druck, wobei die Kompression der Luft durch momentane Verkleinerung des lufteinschließenden Teils der Maschine hervorgerufen
wird, nachdem vorher durch Vergrößerung desselben Luft aufgenommen ist. Der Hauptteil der nach diesem Prinzip eingerichteten
Gebläse ist ein pyramidaler, kastenförmiger
^[Leere Seite]
mehr
oder cylindrischer Hohlraum, der vermöge der Beweglichkeit seiner Böden abwechselnd vergrößert und verkleinert wird. Zu
diesem Zweck sind entweder die Seitenwände aus biegsamem Material gemacht (Lederbälge), oder aber so eingerichtet, daß sich
die Böden darin verschieben können. Bestehen nun diese Böden aus festem Material (Kolbengebläse), so muß durch eine besondere
Vorrichtung (Liderung) ein luftdichtes Anliegen derselben gegen die Seitenwände herbeigeführt werden, eine Vorsichtsmaßregel,
die bei den hydraulischen Gebläsen, d. h. solchen mit Wasserböden, wegen der Beweglichkeit des Wassers nicht nötig ist.
Alle hierher gehörigen Gebläse arbeiten periodisch; in der ersten Periode wird Luft angesaugt, in der zweiten komprimiert und ausgestoßen.
Es erhellt daraus, daß die einfach wirkenden Gebläse, d. h. solche,
welche nur einen abwechselnd ansaugenden und ausstoßenden Teil haben, einen intermittierenden Windstrom entlassen. Aber
auch bei doppelt wirkenden Gebläsen, d. h. solchen, welche zugleich auf einer Seite saugen und auf der andern blasen,
ist der Windstrom kein gleichmäßiger.
Während die Gebläse dieser beiden Gruppen zur Ausgleichung der Windstöße der weiter unten behandelten Regulatoren
bedürfen, geben die mehrfach und kontinuierlich wirkenden Gebläse einen so gleichmäßigen Windstrom, daß Regulatoren überflüssig
werden. Zum Zweck des Ansaugens bedarf jedes unter direktem Druck arbeitende Gebläse eines oder mehrerer Saugventile, welche den
Hohlraum des Gebläses während der Saugperiode mit der äußern Luft kommunizieren lassen, dann aber durch
den bei der Kompressionsperiode erzeugten innern Druck geschlossen werden, während sich andre zur Windleitung führende Ventile,
die Druckventile, öffnen, sobald dieser Druck den in der Leitung herrschenden übersteigt. Sobald aber die folgende Saugperiode
beginnt, schließen sich die Druckventile wieder. Bei einigen Gebläsen fungieren die Kolben zugleich als
Ventile, z. B. bei rotierenden und Kapselgebläsen.
1) Gebläse mit biegsamen Seitenwänden. Die einzigen Vertreter derselben sind die Lederbälge (Blasebälge), welche einen bedeutenden
schädlichen Raum haben und wegen der Durchlässigkeit des Leders keine bedeutende Windpressung ergeben. Man unterscheidet
Spitzbälge und Kastenbälge je nach der drehenden oder parallel hin- und hergehenden Bewegung des Deckels,
beide Arten von Bälgen werden fast ausnahmslos nur einfach wirkend ausgeführt.
[* ]
Fig. 1 zeigt einen ledernen
Kastenbalg. DC ist ein fester Boden, darunter ein Ventilkasten mit nach innen sich öffnendem Saugventil V und nach außen
klappendem Druckventil W. AB beweglicher, mit CD durch einen faltigen Ledermantel verbundener Deckel,
X Windleitung.
2) Kolbengebläse. a) Hölzerne Bälge bestehen aus einem pyramidalen Holzkasten mit einem drehbaren Boden oder Deckel. Je
nachdem nun der Boden an dem feststehenden Kasten oder umgekehrt dieser an dem feststehenden Boden oder Deckel bewegt wird,
unterscheidet man hölzerne Bälge mit beweglichem Boden
(Windholmgebläse) von solchen mit beweglichem
Ober- oder Unterkasten. Großer Kraft- und Windverlust bei geringer Windpressung und häufigen Reparaturen haben diese Bälge
längst veralten lassen.
[* ]
Fig. 2 zeigt ein Windholmgebläse. ABDE fester Oberbalg, F der um die Achse C bewegliche Boden mit Ventil V, der durch eine
von unten wirkende Kraft (Menschenkraft oder bei größern Gebläsen Wasserkraft) im Oberkasten auf und
nieder bewegt wird; X Düse, yy Leistenliderung, d. h. eingeschnittene und durch Federn gegen die Innenwände des Oberkastens
gedrückte Holzleisten. b) Die Kastengebläse unterscheiden sich von den Holzbälgen nur durch ihre parallelepipedische
Form und die geradlinige Bewegung ihres Kolbens, sind aber jenen gegenüber wegen ihres etwas geringern
schädlichen Raums als Verbesserungen anzusehen, obgleich auch sie noch an dem Nachteil schlechter Dichthaltung und vieler
Reparaturen leiden.
Ihre Betriebskraft erhalten sie meist von Wasserrädern durch Vermittelung großer auf die Kolbenstange wirkender Exzentriks
oder Krummzapfen und sind durchweg einfach wirkend. Die jetzt ganz verlassenen Kastengebläse bilden den
Übergang zu c) den eisernen Cylindergebläsen, den gebräuchlichsten Gebläsen der Gegenwart, die namentlich da zu empfehlen
sind, wo es auf große Windmengen von starker Pressung ankommt (bei Hochöfen, Bessemeranlagen etc.).
Sie unterscheiden sich von den Kastengebläsen durch ihr dauerhafteres Material, durch ihre cylindrische Form, welche die
Kolbendichtung bedeutend erleichtert, durch die bessere Dichtung selbst, welche den Windverlust herabmindern hilft und größere
Windpressungen zuläßt, durch wesentliche Verbesserungen in der Konstruktion und Art der Anbringung der Ventile, ferner dadurch,
daß sie meist doppelt wirkend sind.
Die Holzliderungen der Kolben hat man verlassen und durch solche aus Leder, Segeltuch oder Metallringen
ersetzt. Die Kolbenstangen sind mit Stopfbüchsendichtung durch einen oder beide Cylinderdeckel geführt. Die Ventile werden
meist in großer Anzahl (besonders bei schnell gehenden Gebläsen, Schnellläufern) und dem innern Cylinderraum möglichst
nahe angebracht, zuweilen auch durch Schieber ersetzt. Diese Gebläse lassen sich klassifizieren entweder nach dem sie bewegenden
Motor (Wasserrad-, Turbinen-, Dampfgebläse) oder nach der Lage der Cylinderachse (stehende, liegende, oszillierende
und rotierende Gebläse), ferner in indirekt wirkende und direkt wirkende Gebläse, je nachdem die bewegende
Kraft mit oder ohne Vermittelung eines Balanciers auf den Gebläsekolben übertragen wird. Die größte Verbreitung haben, weil
das Brennmaterial zur Erzeugung des Dampfes durch Verwendung von Hochofengasen meist billig zu beschaffen
ist, die Dampfgebläse und unter diesen die stehenden, welche wenig Grundfläche einnehmen und nicht, wie die liegenden Gebläse, einer
durch einseitiges Aufliegen des Kolbens hervorgerufenen ungleichmäßigen Abnutzung ausgesetzt sind, allerdings aber
wegen ihrer oft außerordentlich großen Höhendimensionen weniger stabil und weniger bequem zu überwachen und zu warten
sind als diese. Für jeden einzelnen Fall ist jedoch bei der Wahl eines Gebläses auf lokale Verhältnisse Rücksicht zu nehmen.
I. Stehende Gebläse Fig. 3: stehendes, direkt wirkendes, doppeltes Wasserradgebläse.
A Wassergerinne, B oberschlächtiges eisernes Wasserrad, C Wasserradwelle mit zwei um 180° versetzten
Kurbeln, deren eine DE sichtbar ist, und durch deren Drehung die Kolben (einer von ihnen, K, im Durchschnitt sichtbar) mit Hilfe
der durch eine Stopfbüchse gehenden Kolbenstange H und der mit ihr durch das Querhaupt F verbundenen Bleuelstange FE auf und
nieder bewegt wird. Die dem Querhaupt als Führung dienenden Leitschienen GG sind an dem die Cylinder XX tragenden Gestell PQ
befestigt.
Jeder Cylinder hat auf beiden Seiten ein Saugventil (VV1 ) und Druckventil (WW1 ). Beim Aufgang des Kolbens
wird im untern Teil jedes Cylinders Luft angesogen (V öffnet sich, W ist geschlossen), im obern komprimiert
und ausgeblasen (W1 öffnet sich, V1 ist geschlossen). Beim Niedergang geht das umgekehrte Spiel vor
sich. Tafelfig. 4 zeigt ein stehendes, direkt wirkendes Dampfgebläse neuerer amerikanischer Konstruktion.
Auf einem turmartigen Gerüst aa steht der Gebläsecylinder b, bei cc mit Öffnungen zum Eintritt der Luft
zu den Saugventilen versehen; d Windleitungsrohr. Der Dampfcylinder e steht unter dem Gebläsecylinder, die Kolben beider sind
durch eine gemeinschaftliche (in der
[* ]
Figur nicht sichtbare) Kolbenstange verbunden, welche durch das Querhaupt g und Bleuelstangen
h (in der Figur ist nur eine sichtbar) die Schwungräder ii antreibt; f äußere Steuerung des Dampfcylinders,
l Dampfzuleitungs-, k Ausblaserohr. Um behufs Bedienung und Reparatur zu allen Teilen der Maschine gelangen zu können, hat
man sie bis obenhin mit Treppen und mehreren Podesten versehen. In Tafelfig. 5 ist ein indirekt wirkendes, stehendes Woolfsches
Dampfgebläse mit Balancier, von der Märkischen Maschinenbauanstalt zu Wetter a. d. Ruhr,
dargestellt. a
Gebläsecylinder mit Druckrohr b, c Balancier mit Horn d zum Betrieb der Schwungradkurbel e mit der Stange de, g und h ein Paar
Woolfsche Dampfcylinder, ii Steuerung derselben, k Kondensator. Mittels der Stangen L und M wird der Balancier von den Kolben der
Dampfcylinder hin und her bewegt und überträgt diese Bewegung am andern Ende durch die Stange auf den
Kolben des Gebläsecylinders.
II. Liegende Gebläse Tafelfigur 6: liegendes, direkt wirkendes Dampfgebläse (mit Schiebersteuerung). A Dampfcylinder
mit Steuerung B, C Gebläsecylinder mit Schieber F, P Kolbenstange der Dampfmaschine, K Kolbenstange des Gebläses, L M Bügel zur
Verbindung beider Stangen. In diesem Bügel kann sich die Schwungradwelle D, angetrieben durch die mit dem
Querhaupt M an die Kolbenstange P angeschlossene Bleuelstange MN, frei drehen. Auf der Schwungradwelle D sitzen drei Exzentriks,
E bewegt den Dampf-, H den Gebläseschieber, Q die Luft- und Warmwasserpumpe für den Kondensator der Dampfmaschine.
OO1 sind Ein- und Auslaßöffnungen für die Gebläseluft. Dieselben werden durch den zur Hälfte sichtbaren
Muschelschieber F abwechselnd mit der äußern Atmosphäre und mit der Windleitung in Kommunikation gesetzt.
III. Oszillierende Gebläse (Wackler) nehmen zwar wegen des Wegfalls der Bleuelstangen sehr geringen Raum ein, werden aber trotzdem
wenig (ausnahmsweise für Wasserrad- oder Turbinengebläse) angewandt, weil ihre Dichthaltung durch die
zur Verbindung des oszillierenden Cylinders mit der feststehenden Windleitung nötig werdende Stopfbüchse erschwert wird. IV)
Rotierende Gebläse wirken mittels rotierender Kolben oder mittels ineinander greifender zahnradartiger Körper. Die erstern sind
fast gar nicht, letztere zuweilen in Bergwerken als Wettermaschinen (Fabrysche Wetterräder), sehr häufig
im Gießereibetrieb im Gebrauch und zwar in Form von Kapselgebläsen, speziell des Rootschen Ventilators (Roots-Blower, s. Fig.
7). Die Körper A und B sind so profiliert, daß sie, während sie mittels
der Zahnräder HI (in der
[* ]
Figur punktiert) in umgekehrtem Sinn (s. die kleinen Pfeile) umgedreht werden, immer an einer Stelle
in Berührung bleiben (momentan bei E). Zugleich legen sie sich dicht gegen die halbkreisförmigen Teile des Gehäuses (momentan
bei F und G). Die bei C eintretende Luft wird, beiderseits zwischen der Gehäusewand und den Körpern AB
eingeschlossen, nach D gebracht, wo sich die Druckleitung anschließt. Tafelfig. 8 zeigt ein Rootsches in der äußern Ansicht.
3) Die hydraulischen Gebläse benutzen das Wasser entweder nur als Kolben (Wassertonnen-, Glockengebläse, Cagniardelle) oder zugleich
direkt als Beweger (Wassertrommel-, Kettengebläse); sie liefern feuchten, schwach gepreßten Wind und
frieren leicht ein, deshalb sind sie trotz ihrer meist einfachen Konstruktion nur noch wenig im Gebrauch.
[* ]
Fig. 9: Wassertrommelgebläse.
AB Stehende, mindestens 4 m hohe Röhre, welche aus einem Reservoir E mit Wasser gespeist wird.
Dieses reißt beim Niederfallen durch die Öffnungen A Luft mit fort, welche beim Aufschlagen des Wassers
auf dem Brechtisch K sich davon trennt, in dem Reservoir (Windkasten) R sich ansammelt und komprimiert durch die stehende Röhre
C, in welcher sich noch Feuchtigkeit absetzt, dann durch die Düse D strömt. Das Wasser fließt bei F aus R ab. Z Stopfen zur
Regulierung des Wassereinflusses. Das von Henschel erfundene Kettengebläse oder Paternostergebläse ist
eine Scheibenkunst (s. Paternosterwerke), deren Röhre mit dem untern Ende in einen von unten mit Wasserabschluß versehenen
Windkasten mündet. Am obern Ende der Röhre zufließendes Wasser setzt die Kette in Bewegung, füllt aber den Raum zwischen zwei
Scheiben nur zum Teil an, so daß die mit eingeschlossene Luft in den Windkasten und von da in die Windleitung
gedrückt wird.
Das Tonnengebläse sowie das Glockengebläse von Baader, welches wegen
seiner im Harz häufigen Verwendung zur Grubenventilation
auch Harzer Wettersatz hieß, sind veraltet.
[* ]
Fig. 10: Cagniardelle (Schrauben-, Spiral-, Waldhorngebläse), von Cagniard-Latour
erfunden. A Hohlwelle, durch vier blecherne Schraubengewinde C mit dem Blechmantel B verbunden und in
einem Wasserbassin G etwa 20° geneigt gelagert. Beim Umtrieb der Welle mittels des Getriebes FF nimmt die betreffende, über
dem Wasserspiegel befindliche Mündung des Schraubenganges Luft ein, welche durch den Spiralgang in den untern Raum des Cylinders
gepreßt wird und hier durch das Rohr H ausströmt. E Öffnung zum Wasseraustritt.
Auch dieses mit manchen Vorzügen ausgestattete Gebläse (Nutzeffekt bis 80 Proz.) leidet an den allen hydraulischen Gebläsen gemeinsamen
Übelständen. Neu ist Wellners Zellenradgebläse
[* ]
(Fig. 11 u. 12). Dieses beruht
darauf, daß in einem mit der Öffnung nach unten in Wasser eingetauchten, lufterfüllten Gefäß die Luft
entsprechend der Tiefe der Eintauchung durch den Wasserdruck komprimiert wird und beim Umkehren des Gefäßes unterhalb eines
unter Wasser befindlichen, unten offenen Reservoirs in letzteres entweicht.
Das Wellnersche Gebläse besteht aus einem über die Hälfte in Wasser tauchenden Rad R, an dessen Umfang nach
dem Radinnern zu offene Zellen angebracht sind, welche bei der Rotation im Sinn des Pfeils mit der Öffnung voran eingetaucht
werden und dadurch ihren Luftinhalt in die Wassertiefe hinabziehen, dabei der wachsenden, darüber lastenden Wassersäule
entsprechend verdichten u. schließlich unter Wasser in einen Windsammler W abblasen, von wo aus die Luft
ihrem Bestimmungsort durch das Rohr AD zugeführt wird. Die Zellen füllen sich dabei unten vollständig mit Wasser und gießen
dasselbe, sobald sie über dem Niveau des Wassers im Gefäß G hervor-
treten, aus, um neue Luft aufzunehmen, die wieder unter das Wasser herabgezogen und verdichtet wird. So wirkt Zelle um Zelle
kontinuierlich in gleicher Weise, so daß die Luftlieferung stetig andauert. Die Höhendifferenz H der beiden Wasserspiegel
in G und W gibt das Maß der gewonnenen Windpressung an. Der Antrieb des Gebläses erfolgt mittels des
kleinen in den Zahnkranz Z eingreifenden Zahnrades S.
B. Zweite Hauptgruppe.
Bei der zweiten Hauptgruppe der Gebläse wird der zur Kompression und Fortbewegung der Luft nötige Druck erzeugt durch eine ihr erteilte
heftige Bewegung mit Hilfe der angesammelten lebendigen Kraft. Hierher gehören 1) die Zentrifugalventilatoren, in der
Herstellung und Erhaltung billige, wenig Raum einnehmende Gebläse, welche zwar große Windmengen, jedoch von nicht hoher Pressung
ergeben bei einem Nutzeffekt von nur 20-30 Proz. (Kolbengebläse ca. 50, Cagniardelle ca. 80 Proz.). Ihre Anwendung erstreckt
sich auf Herd-, Flamm- und Kupolöfen, Schmiedefeuer, Gasgeneratoren etc.
[* ]
Fig. 13: Zentrifugalventilator (Flügelradgebläse).
D Gehäuse von Blech mit zentraler Lufteinströmungsöffnung A A und der Achse C, an welcher Blechflügel
B befestigt sind.
Bei schneller Rotation des Flügelrades wird Luft durch die zentrale Öffnung eingesogen und nach der Peripherie hin geschleudert,
wo sie im komprimierten Zustand durch das Rohr F ausströmt. Die Konstruktionen der Zentrifugalgebläse
sind, was die Stellung und Krümmung der Flügel, die Lusteinströmung, die Gehäuseform etc. betrifft, sehr verschieden. Eine
neuere Form, wie sie in Bergwerken zur Ventilation (Wetterführung) benutzt wird, ist der in Tafelfig. 14 abgebildete Schrauben-
und Zentrifugalventilator von Pelzer. Bei diesem sind die Flügel auf einem kegelförmigen Körper schräg aufgenietet,
so daß sie außer der Zentrifugalkraft auch eine schraubende Wirkung hervorbringen. Der Ventilator steht vor einer runden Maueröffnung,
in welche der Ventilationsschacht (Wetterschacht) des Bergwerks mündet, und saugt die Luft aus diesem ins Freie.
2) Dampfstrahlgebläse beruhen auf der physikalischen Erscheinung, vermöge deren ein in ein Rohr geleiteter Dampfstrahl die
angrenzende Luft mit sich fortreißt (s. Strahlapparate). Zu diesen gehören die Körtingschen Dampfgebläse und die Blasrohre
der Lokomotiven. Tafelfig. 15 zeigt einen Körtingschen Dampfstrahlventilator für Gruben. A Mündung des Wetterschachtes,
B Dampfzuführungsrohr, C Dampfregulierspindel. Der Dampf strömt aus dem konischen Endstück von B in einen etwas weitern
Konus und reißt dabei durch den zwischen beiden bleibenden ringförmigen Zwischenraum Luft mit. Der aus
dem zweiten Konus austretende Luft- und Dampfstrom bläst in einen dritten noch weitern Konus hinein, wieder Luft mitreißend
u. s. f. bis zu dem fünften Konus D, aus welchem der Luftstrom durch das sich erweiternde Rohr E ins Freie geführt
wird.
Die Windregulatoren bezwecken eine Umwandlung des von manchen Gebläsen (Bälgen, Cylindergebläsen etc.) stoßweise ausgehenden
Windes in einen möglichst kontinuierlichen Windstrom. Man unterscheidet:
1)
Regulatoren mit unveränderlichem Volumen, Sammelbehälter mit festen, unbeweglichen Wänden von dem vielfachen (zweckmäßig
40-60fachen) Volumen des Gebläsecylinders, seltener gemauert als in Gestalt blecherner Kugeln (Ballonregulator) oder
Cylinder, zuweilen auch langer und weiter Windleitungsröhren. Die an dem einen Ende stoßweise eintretende Luft strömt, indem
beim Durchgang durch den Regulator ihre Schwankungen sich ausgleichen, am andern Ende in um so mehr kontinuierlichem Strom aus,
je mehr die Größe des Regulators im Verhältnis steht zu der Stärke der Windpressung.
2) Regulatoren mit veränderlichem Inhalt. Dieselben, von geringerm Volumen, bestehen entweder in einem belasteten, auf den
stoßweise zuströmenden Wind drückenden und in einem offenen Cylinder oder Kasten gleitenden Kolben oder kolbenartig wirkenden
Körper (Trockenregulatoren), oder in einem das Reservoir nach unten abschließenden Wasserniveau, wobei die Windschwankungen
durch den Druck einer Wassersäule beseitigt werden. a) Trockenregulatoren. Dieselben kommen für mindere
Pressung als Leder-, für höhere als Kolben- oder Reibungsregulatoren in Anwendung.
Bei Schmiedefeuern sehr viel verwendet ist ein Lederbalg mit belastetem Deckel, der auf einem Wind erzeugenden Balg in der
Weise angebracht ist, daß der erzeugte Wind durch ein Ventil in den Regulator tritt. Der gleichmäßige
Druck auf den Deckel desselben bringt dann einen gleichmäßigen Windstrom hervor. Kolbenregulatoren, wegen Windlässigkeit
wenig gebräuchlich, sind wie stehende, einfach wirkende Gebläsecylinder eingerichtet mit Zu- und Abführungsrohr, aber
ohne Saug- und Druckventile.
Der unter Gewichtsbelastung stehende Kolben besorgt die Regulierung des Windstroms. b) Wasserregulatoren. Einfach
und billig in ihrer Konstruktion, eignen sich dieselben besonders für kleinere Gebläse, geben aber leicht feuchten Wind und machen
bei Frostwetter Schwierigkeiten. Volumen etwa ein- bis viermal so groß als dasjenige des Gebläsecylinders. Die Wasserregulatoren
sind in ihrer Einrichtung den Baaderschen Glockengebläsen ähnlich. Dadurch, daß die unter Gewichts- oder Federbelastung
stehende Glocke dem durch ein Einströmungsrohr erfolgenden Windstoß nachgeben kann, wird derselbe beinahe beseitigt, so
daß der Wind durch die Belastung der Glocke in regelmäßigem Strom aus einem Ausströmungsrohr hinausgepreßt wird.
Windleitungen, Düsen, Formen. Der vom Gebläse oder aus dem Regulator gelieferte Wind wird entweder direkt durch die Windleitung dem
betreffenden Ofen zugeführt, oder vorher noch erhitzt (s. Winderhitzungsapparate). Selten tritt der Wind aus dem Gebläse durch
eine Düse direkt in den Ofen (lederne und hölzerne Bälge), meist zuvor in eine meist aus Gußeisen-, seltener aus Eisenblechrohren
oder Mauerwerk bestehende Windleitung. Die konische Gestalt der Düse hat sich in Bezug auf Reibungs- und
Geschwindigkeitsverhältnisse des Windes am besten bewährt. Muß die Richtung der Düse öfters verändert werden, so macht
man sie bei kaltem Winde durch einen eingeschalteten Lederschlauch, bei heißem Winde
durch Kugelgelenke und teleskopartige Verschiebbarkeit beweglich.
[* ]
Fig. 16. Düseneinrichtung. a Hauptwindleitungsrohr;
b von demselben zur Form n abführendes Zweigrohr mit Regulierklappe c;
d Kniestück, durch Schrauben e an b zu befestigen,
mit Einsatzstück f behufs der Dichtung versehen;
g Düse, mit dem Rohr h durch ein Kugelgelenk i verbunden und
mit der Schraubenstange k zum Hinundherschieben des Rohrs h in d versehen, o Einsatzstück zum Anschluß der Düse;
l Federn
an der Düse zu deren Feststellung in Vertiefungen des Randes von h;
m Spähöffnung mit Glimmer- oder Glasdeckel.
Die Düse
erhält ihr Auflager in der Form n, einem abgestumpften Kegel aus Eisen, Kupfer oder Bronze, welcher in der
Ofenwandung eingemauert ist und bei hoher Ofentemperatur häufig mit Wasserkühlung versehen ist (Wasserform).
[* ]
Fig.
17: Wasserform. Kaltes Wasser tritt von oben in die Form ein und nimmt bis zu seinem unten erfolgenden Abfluß aus den Formwänden
Wärme auf.
Windberechnung. Es ist wichtig, die in einen Ofen etc. eingeblasene Windmenge zu kennen, da von deren
Sauerstoffgehalt die Verbrennung von mehr oder weniger Brennmaterial in einer Zeiteinheit und somit die Hitzeentwickelung abhängt.
Man bestimmt einmal die vom Gebläse eingesogene Luftmenge durch Multiplikation seines Rauminhalts mit der Anzahl der Auspressungen.
Aber die so gefundene Menge kommt nicht wirklich in den Ofen, weil in der Röhrenleitung durch Reibung und
Undichtigkeiten ein Verlust stattfindet. Es wird deshalb zweckmäßiger das das Düsenende verlassende Windquantum ermittelt,
indem man den Querschnitt der Düse mit der Geschwindigkeit des dieselbe verlassenden Windes, welche mit Hilfe von Manometermessungen
zu berechnen ist, multipliziert. Hilfsmittel bei der Windberechnung sind: Windtabellen, Diagramme und
Rechenschieber.
Geschichtliches. Daß den ältesten Kulturvölkern außer den Blasrohren auch eine Art Blasebalg bekannt war, ist aus vielen
Abbildungen zu ersehen; so stellt eine Abbildung aus Theben etwa vom Jahr 1500 v. Chr. einen Metallschmelzprozeß dar, bei
welchem Ledersäcke von zwei Männern abwechselnd niedergetreten (Blaseperiode) und an Stricken wieder
hochgezogen (Saugeperiode) werden. Lederbälge (speziell Spitzbälge) waren den Römern unzweifelhaft bekannt (vielleicht
auch schon den Griechen), ja Cylindergebläse wurden zur Zeit Vitruvs von ihnen für Orgelwerke benutzt. Im 16. Jahrh.
n. Chr. waren neben ledernen Spitzbälgen auch Kastenlederbälge in Gebrauch. In demselben wurden die ersten Holzbälge
und zwar in Deutschland verfertigt. Am Unterharz soll man dieselben bereits 1620 benutzt haben. Im 17. Jahrh.
wurde das Wassertrommelgebläse in Italien erfunden, welches schon 1665 in Tivoli bei Rom zum Messingschmelzen verwandt wurde.
Das erste eiserne Cylindergebläse wurde 1760 von Smeaton für ein schottisches Eisenwerk gebaut. 1769
findet man
schon Cylindergebläse zur Beschaffung von 1500 Kubikfuß Wind pro Minute. Das Glockengebläse stammt aus derselben Zeit; in
Spanien erfunden, war es bereits 1775 in der Bretagne in Anwendung und wurde später durch Baader in Deutschland bekannt gemacht
(daher Baadersches Gebläse). Die Cagniardellen wurden 1809 von Cagniard-Latour angegeben, um 1820 die Henschelschen
Kettengebläse erfunden und in Frankreich die Tonnengebläse bekannt.
Die zum Wasserpumpen schon im 17. Jahrh. verwendeten Kapselräder und die im 18. Jahrh. bekannten Zentrifugalpumpen wurden
erst im ersten Viertel unsers Jahrhunderts als Gebläse benutzt. Die Gebläse der Gegenwart sind die Cylindergebläse, Zentrifugalgebläse
und auch wohl die Kapselgebläse sowie die Dampfstrahlgebläse. Erstere sind da an ihrer Stelle, wo es
sich um die Erzeugung großer Windquantitäten von großem Druck handelt, also bei Hochöfen, Bessemereien etc. Sie erhalten
deshalb häufig ungeheure Dimensionen, z. B. Gebläsecylinderdurchmesser bis 3 m, und ergeben Wind von einer Spannung bis ⅓
Atmosphäre Überdruck.