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seßhafter Ansiedelung der Völkerschaften, unabhängig von der Zahl hundert, den Gerichtsbezirk bezeichnet, der Ausdruck centena oder hunaria (althochd. huntari) gebraucht. In Frankreich dagegen ist Gau der weitere Bezirk, welcher in Hundertschaften zerfällt. Dem fränkischen Gau analoge Einteilungen finden sich in den meisten germanischen Reichen, so bei den Westgoten, Burgundern und Langobarden die civitates oder Stadtgebiete, bei den Angelsachsen die shires etc. Die Gaue hatten meist natürliche Grenzen, [* 2] welche durch Gebirge, Thäler, Flüsse [* 3] und Wälder gebildet wurden; ihren Namen erhielten sie bald von den bedeutendsten darin gelegenen Städten (z. B. Wormsgau, Speiergau etc.), bald von größern oder kleinern Flüssen (Rheingau, [* 4] Aargau etc.) oder Gebirgen (Eifelgau), bald von der Himmelsgegend (Nordgau, Westgau), bald von der Abstammung der Bewohner (Schwabengau, Hessengau) etc. In gleichem oder ähnlichem Sinn wie das Wort Gau wurden auch andre Endungen gebraucht, z. B. -bant (Brabant, Teisterbant), -eiba (Wettereiba, jetzt Wetterau etc.), -feld (Wormsfeld, Eichsfeld) u. a. Die Bestimmung der Lage und der Grenzen vieler Gaue bietet gegenwärtig große Schwierigkeiten dar, namentlich auch deswegen, weil die Worte pagus und in sehr verschiedener, bald engerer, bald weiterer Bedeutung gebraucht werden, so daß es oft genug innerhalb eines Gaues kleinere Bezirke gab, die den gleichen Namen führten. Bisweilen, aber durchaus nicht regelmäßig, schlossen sich die Grenzen der Gaue an die der kirchlichen Sprengel (Bistümer, Erzdiakonate) an. Insbesondere in Sachsen [* 5] ist der Name Go [* 6] für kleinere Distrikte üblich gewesen, die mehr den fränkischen Hundertschaften als den Gauen entsprachen. - An der Spitze der Gaue standen seit den ältesten Zeiten Grafen (Gaugrafen), welche anfangs bloße Verwaltungs-, später aber auch richterliche Beamte waren und an den einzelnen Hundertschafts-Malstätten ihres Gaues Recht sprachen.
Die Ausdrücke Gau (pagus) und Grafschaft (comitatus) sind daher in der frühern Zeit meist gleichbedeutend. Später aber verfiel die Gauverfassung, wozu mannigfache Umstände, z. B. das Erblichwerden der Grafenwürde und die damit zusammenhängende Teilung der Grafschaften, die Bildung geistlicher Immunitäten (s. d.), die Städteverfassung und vor allen Dingen die Ausbildung des Lehnswesens, beigetragen haben; seit der Mitte des 12. Jahrh. ist nur selten noch von Gauen die Rede.
Doch hat sich die
Erinnerung an die Gauverfassung bis auf unsre Zeit in
Namen, wie
Breisgau,
Rheingau,
Sundgau,
Aargau
etc., sowie auch in dem
Wort Gaudieb
(der im G. umherstiehlt) erhalten.
Vgl. Thudichum, Die Gau- und Markverfassung in Deutschland [* 7] (Gießen [* 8] 1860);
Leutsch, Markgraf Gero, nebst einer Gaugeographie von Thüringen und der Ostmark (Leipz. 1828);
Wersebe, Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale, Unstrut, Weser und Werra im 11. u. 12. Jahrhundert (Hannov. 1829);
v. Lang, Bayerns Gauen nach den drei Volksstämmen der Alemannen, Franken und Bojoaren aus den alten Bistumssprengeln nachgewiesen (Nürnb. 1830);
Derselbe, Bayerns alte Grafschaften und Gebiete (das. 1831);
v. Hammerstein-Loxten, Der Bardengau (Hannov. 1869);
Leyser, Zur Geschichte des Nahegaues (Birkenf. 1853);
Böttger, Diözesan- und Gaugrenzen Norddeutschlands (Halle [* 9] 1874-1876, 4 Bde.);
Baumann, Die Gaugrafschaften im wirtembergischen Schwaben (Stuttg. 1879).
Eine Beschreibung der deutschen Gaue begann 1855 der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, doch erschienen nur zwei Beschreibungen von Landau, [* 10] der Wettereiba (Kassel [* 11] 1855) und des Hessengaues (das. 1857). Man ist daher noch immer genötigt, die erste zusammenfassende Arbeit über Gaugeographie im 2. Band [* 12] von Bessels »Chronicon Gottwicense« (Tegernsee 1732) zu benutzen. Neue Gaukarten für ganz Deutschland enthält die Bearbeitung des v. Sprunerschen Atlas [* 13] für die Geschichte des Mittelalters und der modernen Zeit durch Th. Menke (3. Aufl., Gotha [* 14] 1880, Tafel 31-36).