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Freiwilligen aus dem Österreichischen und aus Mittelitalien unter Garibaldis
Fahnen in
Piemont organisierten. Als sardinischer
General überschritt Garibaldi
mit seinen
»Alpenjägern« den
Ticino; zwar trug er einige Erfolge über den ihm gegenüberstehenden
österreichischen
General
Urban davon, richtete aber nichts Bedeutendes aus. Er teilte den nationalen
Zorn über
die plötzliche Beendigung des
Kriegs durch den
Frieden von
Villafranca und folgte daher gern einem im
August d. J. von
Toscana
an ihn ergangenen
Ruf zur
Organisation der toscanischen
Division, die damals in der
Romagna stand, in der Absicht, die
Insurrektion
nun in den
Kirchenstaat und nach
Neapel
[* 2] zu tragen, hier ebenfalls
Viktor Emanuel als König von
Italien
[* 3] auszurufen
und sodann auch ohne französische Unterstützung an die
Eroberung
Venedigs zu gehen.
Allein die politischen Verhältnisse gestatteten der piemontesischen
Regierung nicht, ihre Erlaubnis zu einem solchen Vorgehen
zu erteilen. Garibaldi
zog sich darauf, als piemontesischer
General zur
Disposition gestellt, nach
Caprera zurück. 1860 in
das
Parlament zu
Turin
[* 4] gewählt, protestierte Garibaldi
vergeblich gegen die Abtretung
Savoyens und
Nizzas an
Frankreich und nahm hierauf
als sardinischer
General und Deputierter seine Entlassung.
Bald darauf stellte er sich an die
Spitze der Expedition, welche
von
Genua
[* 5] aus, von
Cavour im geheimen begünstigt, der
Insurrektion in
Sizilien
[* 6] zu
Hilfe eilte. Am landete
er trotz der ihm auflauernden neapolitanischen
Kreuzer mit 1020 Mann auf der
Insel bei
Marsala, gebot schon 14. Mai über ein
Korps von etwa 4000 Mann und übernahm durch
Dekret die
Diktatur über
Sizilien im
Namen
Viktor
Emanuels.
Nachdem
er den
General
Landi, der mit 3500 Mann königlicher
Truppen bei
Calatafimi stand, aus fünf gut verteidigten
Stellungen geworfen hatte, wandte er sich 26. Mai gegen
Palermo,
[* 7] schritt 27. Mai sofort zum
Angriff und zwang 6. Juni die weit überlegenen
königlichen
Truppen zur
Kapitulation. Garibaldi
ernannte nun ein
Ministerium und erließ eine
Reihe von
Dekreten
zur militärischen und administrativen Reorganisation der
Insel. Am 21. Juli kapitulierte die
Festung
[* 8] Milasso; 28. Juli folgte der
Abschluß eines
Waffenstillstandes zwischen dem Befehlshaber von
Messina
[* 9] und Garibaldi.
Am 5. Aug. traf letzterer seine Vorbereitungen
zur Überfahrt auf das
Festland, am 6. erließ er eine
Proklamation an die
Bevölkerung
[* 10] desselben, am 9. schickte
er die erste
Freischar, 330 Mann, hinüber, am 19. landete er selbst mit 5000 Mann trotz der in der
Meerenge kreuzenden neapolitanischen
Flotte in der
Nähe von
Reggio, nahm sofort diese Stadt, zog bereits 7. Sept. in
Neapel ein und begann mit 25,000
Freiwilligen
am 20. den
Angriff auf die Volturnolinie, welche die
Königlichen besetzt hielten, behauptete auch, wenn schon mit Mühe und
nach heftigem
Kampf, auf der ganzen
Linie seine
Stellung und schritt 8. Okt. zur Belagerung
Capuas.
Während er aber durch sein eigenmächtiges Vorgehen einerseits in immer schärfern Gegensatz zur Regierung Viktor Emanuels getreten war, konnte er anderseits doch der Mitwirkung der letztern zum vollständigen Sieg nicht entbehren. So sah er sich genötigt, als die sardinische Armee von Norden [* 11] her ins neapolitanische Gebiet einrückte, dieser die Fortsetzung der Operationen zu überlassen; nachdem er 30. Okt. Viktor Emanuel in Sessa als König von Italien begrüßt hatte und 7. Nov. an seiner Seite in Neapel eingezogen war, legte er die von ihm bisher geübte Gewalt in des Königs Hände nieder und schiffte sich am 9. nach Caprera ein.
Jede Belohnung, jede Auszeichnung hatte er abgelehnt; selbst die wenigen Piaster, die er zur Überfahrt nach seiner kleinen Besitzung bedurfte, mußte er entlehnen. Als Haupt der sogen. Aktionspartei ruhte er aber nicht lange in Caprera, sondern ging sofort an die Verwirklichung des nächsten Ziels: der Befreiung Roms und Erhebung desselben zur Hauptstadt Italiens. [* 12] Er erschien im Juni 1862 plötzlich in Palermo, entzündete überall die Bevölkerung zum Haß gegen Napoleon und das Papsttum und rief zum Zug nach Rom [* 13] auf.
Obgleich die
Regierung sich auf das bestimmteste gegen ihn erklärte, hatte er doch bald gegen 3000
Freiwillige um sich und
landete, nachdem er sich 18. Aug.
Catanias bemächtigt hatte, am 25. in
Kalabrien. Allein jetzt wurde auf
die bestimmte
Forderung
Napoleons von der
Regierung der
General
Cialdini gegen ihn geschickt, und 28. Aug. kam es zwischen Garibaldi
und
den von dem Obersten Pallavicino befehligten königlichen
Truppen zum
Gefecht bei
Aspromonte, in welchem Garibaldi
selbst am rechten
Knöchel gefährlich verwundet wurde.
Auf einem Regierungsdampfer nach La
Spezia
[* 14] und von da in das
Fort Varignano auf der
Insel Palmeria gebracht,
ward er 5. Okt. mit seinen Genossen amnestiert. Die Verwundung Garibaldis
erforderte, da die
Kugel bis auf den
Knochen
[* 15] eingedrungen
war, eine schwierige
Operation und heilte nur sehr allmählich. Erst 20. Dez. kehrte er nach seinem
Caprera zurück. Hier
lebte er ruhig bis zum Frühjahr 1864, in welchem er einen Besuch in
England machte, wo ihm seine
Freunde großartige
Ovationen
bereiteten.
Beim
Ausbruch des
Kriegs 1866 stellte sich Garibaldi
als bald dem König
Viktor Emanuel zur
Disposition und wurde 6. Mai zum Oberbefehlshaber
von 20
Bataillonen Freiwilliger ernannt. Er begab sich im Juni nach
Como, wo
er den Oberbefehl über die
Freischar übernahm. Er vollbrachte aber keine großen Thaten. Zwar machte er eine
Bewegung gegen das im südlichen
Tirol
[* 16] stehende
österreichische
Korps, wurde aber 3. Juli am
Gardasee geschlagen und zum
Rückzug genötigt. In seinen Erwartungen getäuscht,
nahm er deshalb 15. Aug. in einer
Proklamation von seinen
Freiwilligen
Abschied und eilte nach
Caprera zurück.
Die Glanzperiode Garibaldis
war überhaupt vorbei. Seine frühern großen Erfolge hatte er seiner Kühnheit und seiner idealen,
selbstlosen
Begeisterung für die
Sache seines Vaterlandes zu verdanken. Seine fernern
Handlungen bewiesen aber, daß es ihm
gänzlich an politischer Einsicht und
Besonnenheit wie an Selbständigkeit des
Urteils fehlte. Obgleich
der
Regierung
Viktor
Emanuels durch die
Septemberkonvention die
Hände hinsichtlich einer
Aktion gegen
Rom gebunden waren, versuchte
Garibaldi doch auf eigne
Faust sich dieser Stadt zu bemächtigen. Da sein
Plan nicht verborgen bleiben konnte, ließ ihn die
Regierung in
Asinalungo ^[richtig: Asinalunga] verhaften und nach
Caprera zurückbringen.
Indessen setzten Garibaldis Freunde das begonnene Werk fort, bis es ihm selbst gelang, in tollkühner Fahrt auf einer kleinen Barke mitten durch die italienischen Kreuzer hindurch von Caprera zu entkommen und im Kirchenstaat zu landen. Garibaldi errang nun einige Vorteile, namentlich durch seinen Sieg bei Monterotondo Ende Oktober. Allein 30. Okt. landeten zwei französische Brigaden unter General Failly bei Civitavecchia, und da Garibaldi trotz wiederholter Aufforderung seitens der Regierung und trotz der unzureichenden Beschaffenheit seiner meist aus ganz jungen Leuten bestehenden Truppen die Waffen [* 17] nicht niederlegte, wurde er bei Mentana 3. Nov. von päpstlichen und französischen Streitkräften angegriffen und erlitt eine vollständige Niederlage. ¶
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Der Verlust der Garibaldiner betrug 1000 Tote und Verwundete und 1400 Gefangene. Garibaldi fiel bei Figlini den Truppen Viktor Emanuels in die Hände, wurde entwaffnet und als Gefangener in das Fort Varignano bei Spezia gebracht, erhielt aber Ende November 1867 die Erlaubnis zur Rückkehr nach Caprera, wo ihn die Regierung sorgfältig bewachen ließ. In seiner einsamen Zurückgezogenheit schrieb Garibaldi kirchenfeindliche Romane (»Clelia, ovvero il governo del Monaco«, [* 19] »Cantoni il volontario«, deutsch, Leipz. 1870). Die Proklamierung der französischen Republik im September 1870 entflammte seinen republikanischen Fanatismus so heftig, daß er, begleitet von seinen Söhnen Menotti und Ricciotti, nach Tours [* 20] zu Gambetta eilte, von welchem er Anfang Oktober das Kommando über die Freischaren auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz erhielt. Er begann nun in Burgund in seiner Weise einen Guerillakrieg, ohne jedoch Erfolge zu erringen.
Die pomphaften Lobpreisungen in der Presse [* 21] standen mit den wirklichen Leistungen in schroffem Widerspruch. Die Franzosen sahen ihn nicht gern, weil er als geschworner Feind des Papstes die katholischen Gefühle des Landvolkes oft rücksichtslos verletzte; überdies benahmen sich die Freischaren höchst zuchtlos und anmaßend. Seine gänzliche militärische Unfähigkeit bewies Garibaldi im Januar 1871, als er sich durch die Angriffe einer preußischen Brigade in Dijon [* 22] festhalten ließ und nichts that, um den Marsch Manteuffels aufzuhalten und Bourbaki zu Hilfe zu kommen.
Nach der Vernichtung der Bourbakischen Armee räumte Garibaldi 1. Febr. Dijon. Infolge dieses Ungeschicks wurde Garibaldi von den Franzosen sehr schlecht behandelt. Er war in die Nationalversammlung zu Bordeaux [* 23] gewählt worden; als er jedoch seinen Sitz in derselben einnahm, ward er schon nach seinen ersten Meinungsäußerungen so mit Beleidigungen überschüttet, daß er sofort sein Mandat niederlegte und nach Caprera zurückkehrte, von wo aus er noch Erklärungen zu gunsten der Pariser Kommune erließ, wie er denn jede antiklerikale oder radikale Bewegung, ferner auch die chauvinistischen Bestrebungen der Italia irredenta von seiner Insel aus mit einigen Phrasen zu begrüßen pflegte. Eine vom Parlament 1874 votierte Dotation von 100,000 Lire Renten lehnte er anfangs mit Rücksicht auf die Finanzzustände Italiens ab, nahm sie aber 1876 wegen der Verschwendung seiner Söhne doch an. Seit den letzten Jahren durch körperliche Leiden [* 24] sehr geschwächt, starb er auf Caprera und wurde unter großen Feierlichkeiten daselbst 8. Juni beigesetzt. - Garibaldi war von mittlerer Größe, kräftigem Körperbau, mit großem Kopf und ausdrucksvollen, energischen Zügen; sein ursprünglich rötlicher Bart ergraute früh. Er trug gewöhnlich die bekannte Bluse und den schwarzen, runden Filzhut. Er zeigte sich sein ganzes Leben hindurch als einen Mann, der für die einmal erfaßte Idee alle Opfer zu bringen fähig war.
Schwärmerische Begeisterung für die nationale Sache, Thatkraft und Energie in der Ausführung seiner Pläne, Umsicht und Raschheit in den militärischen Bewegungen, persönliche Tapferkeit, Uneigennützigkeit und Redlichkeit des Strebens waren die Tugenden, die ihn in glänzender Weise auszeichneten und ihn zum Volkshelden machten. Dabei aber mangelten ihm ruhige Erwägung der realen Verhältnisse, namentlich des durch die politische Lage Gebotenen, sowie jede tiefere politische Einsicht. Zu seinen heftigsten Leidenschaften gehörte sein Haß gegen das Papsttum und die päpstliche Kirche, welchen er, und nicht mit Unrecht, das Unglück seines Vaterlandes zuschrieb. - Von Anita hatte Garibaldi zwei Söhne, Menotti und Ricciotti, und eine Tochter, Teresita, die an den General Canzio verheiratet ist.
Anfang 1860 vermählte er sich mit einer Mailänderin, Contessa Raimondi, die ihn aber schmählich betrogen hatte; er trennte sich daher am Hochzeitstag von ihr, erkannte ihr Kind nicht an und erreichte 1879 die gerichtliche Ungültigkeitserklärung der Ehe. Er verheiratete sich darauf mit der frühern Amme seiner Enkelin, mit der er bisher in wilder Ehe gelebt, und die ihm zwei Kinder geboren hatte. Der Witwe und jedem der fünf Kinder bewilligte der Staat einen Jahrgehalt von je 10,000 Lire.
Vgl. aus der zahlreichen, meist wertlosen Litteratur über Garibaldi: Delvau, Garibaldi, vie et aventures 1807-59 (Par. 1862);
Vecchj, Garibaldi auf Caprera (deutsch, Leipz. 1862);
Elpis Melena, Garibaldis Denkwürdigkeiten (Hamb. 1861, 2 Bde.);
Dieselbe, Garibaldi, Mitteilungen aus seinem Leben (2. Aufl., Hannov. 1885);
Balbiani, Scene storiche della vita politica e militare di Garibaldi. Garibaldi (Mail. 1872);
Bent, Life of Garibaldi (Lond. 1881);
Guerzoni, Garibaldi con documenti inediti (Turin 1882, 2 Bde.);
Mario, e i suoi tempi (Mail. 1884);
»Epistolario di Garibaldi Garibaldi« (hrsg. von Ximenes, das. 1885, 2 Bde.).