[* 1] die
Kunst,
Metalle aus den wässerigen
Lösungen ihrer
Salze durch den galvanischen
Strom in gleichförmigem,
dichtem, zähem und gutgefärbtem Zustand auszuscheiden, und zwar in der besondern Absicht, entweder
um Gegenstände der Ornamentik,
Plastik etc. zu vervielfältigen, oder um fertig ausgearbeitete Metallwaren mit einem dünnen
Überzug eines andern Metalls zu versehen
(Vergolden,
Versilbern). Danach unterscheidet man Galvanoplastik im engern
Sinn und
Galvanostegie.
[* 4]
Die Galvanoplastik ist eine praktische Anwendung der elektrochemischen
Zersetzung
(Elektrolyse);
[* 5] man bewirkt eine
Ausscheidung
des regulinischen Metalls am elektronegativen
Pol und verwertet in zweckentsprechender
Weise die Eigentümlichkeit des sich
ausscheidenden Metalls, die Oberfläche des
Pols oder eines mit demselben leitend verbundenen
Körpers, wie dieselbe auch gestaltet
sein mag, ganz gleichmäßig zu bedecken. Man erhält zuerst einen sehr zarten Überzug, welcher bei
zweckmäßiger Einrichtung des
Apparats während der ganzen Dauer des
Stroms gleichmäßig und bis zu jeder gewünschten
Stärke
[* 6] anwächst.
Besitzt der negative
Pol eine ganz reine Metalloberfläche, so vereinigt sich das galvanisch ausgeschiedene
Metall mit derselben
vollkommen fest. Ist dagegen der negative
Pol mit einer sehr zarten
Fett- oder Oxydschicht überzogen,
oder besteht er aus einer plastischen
Masse, wie sie zur
Darstellung von
Formen gewöhnlich verwendet wird, also etwa aus
Guttapercha,
Wachs,
Stearin,
Paraffin,
[* 7] welche man durch Überpinseln mit Graphitstaub leitend gemacht hat, so löst sich der galvanisch erzeugte
Metallüberzug, nachdem er einige
Dicke erlangt, mit Leichtigkeit von dem
Pol ab und stellt nun einen vollkommen
getreuen
Abdruck desselben dar.
Die
Beschaffenheit des ausgeschiedenen Metalls oder des galvanischen
Niederschlags hängt wesentlich von der Stromstärke in
ihrer Beziehung zur
Größe der Poloberfläche und der
Konzentration der
Lösung ab.
Seiner eigentlichen
Natur nach ist der
Niederschlag
immer kristallinisch, d. h. es scheiden sich unausgesetzt äußerst kleine
Metallteilchen von kristallinischer
Struktur aus; dieselben legen sich aber dicht aneinander und bilden eine zusammenhängende
Masse von großer
Festigkeit
[* 8] und Widerstandsfähigkeit.
Der galvanische
Niederschlag stellt also eigentlich nicht eine ganz homogene, dichte
Masse dar, wie das geschmolzene
Metall;
kann man ihn aber ausglühen und hämmern oder pressen und polieren, so erlangt er vollständig die Dichte
und
Festigkeit des geschmolzenen (und gewalzten) Metalls und steht demselben überhaupt in allen Beziehungen gleich. Für
die Herstellung selbständiger, von der Form abgelöster Gegenstände ist die Galvanoplastik überall von hohem Wert,
wo jene Gegenstände nicht durch
Prägen,
Stanzen etc. hergestellt werden können.
Mit jenen mechanischen
Operationen vermag die Galvanoplastik zwar nicht zu konkurrieren, sie gewährt aber vor andern Metallarbeiten
wesentliche Vorteile. Sie gestattet, in der
Kälte und in
Flüssigkeiten zu arbeiten;
sie können in jeder beliebigen
Dicke erzeugt werden;
man
kann den
Prozeß jeden
Augenblick unterbrechen und wieder fortführen und vermag endlich verschiedenartige
Metalle gut miteinander
zu verbinden.
Die hat daher eine
Reihe früherer
Methoden vereinfacht oder verdrängt, es sind aber auch mehrere neue technische
Operationen durch dieselbe erst ermöglicht worden. Folgende
Übersicht gewährt eine
Vorstellung von der Mannigfaltigkeit
der galvanoplastischen
Arbeiten.
3) Anfertigung von kleinen
Figuren, Lampenträgern und andern Gegenständen der
Kunstindustrie, die sonst in
Bronze
[* 12] gegossen werden.
4) Massenfabrikation von Uhrenschildern,Knöpfen,
Decken für Portefeuillewaren und Kästchen in getriebener
Arbeit,
Ornamenten
für
Möbel
[* 13] etc. Dieselben sind in der
Regel ganz dünn in
Kupfer und zur Verstärkung
[* 14] mit
Zinn ausgegossen.
5) Erzeugung von Relieflandschaften.
6) Herstellung von Kupferplatten für den Kupferstecher. Dieselben zeichnen sich durch große
Gleichartigkeit in der
Masse aus, und der
Grabstichel erfährt bei der
Arbeit nach allen
Richtungen denselben
Widerstand. Es gelingt
kaum, die Kupferplatten in ähnlicher
Güte durch
Gießen
[* 15] und
Hämmern herzustellen.
7)
Kopieren gestochener Kupferplatten und
Holzschnitte, um die
Originale schonen zu können. Die Titelvignetten illustrierter
Zeitungen und vonJournalen, auch die Abbildungen in
Büchern, die in großen
Auflagen erscheinen, werden
meist von galvanischen Kupferklischees gedruckt. Hierher gehört auch die Herstellung von Stereotypplatten für den
Druck.
9) Überziehen von kleinen
Tieren undPflanzen, um dieselben in ihren
Formen zu erhalten, wie auch von
Gefäßen,
um dieselben im
Gebrauch dauerhafter zu machen.
2)
Verstählen von Stereotypschriftplatten und gravierten Kupferplatten, um dieselben gegen das Abnutzen
beim
Drucken zu schützen, wodurch die Zahl gleich guter
Abdrücke fast ins Unbegrenzte vermehrt werden kann.
Als niederschlagendes
Metall wählt man fast ausschließlich
Kupfer, teils weil es sich am leichtesten und schönsten ausscheidet,
teils wegen seiner physikalischen und chemischen
Eigenschaften, die es zu den
oben genannten Verwendungen allein geeignet machen,
teils wegen seines mittelhohen
Preises, welcher den
Aufschlag der galvanoplastischen
Manipulation noch verträgt,
ohne darin ein Hindernis für seine mannigfachste industrielle Anwendung zu finden. Als
Bad
[* 19] benutzt man eine gesättigte
Lösung
von
Kupfervitriol (15-20° B.), welche mit so viel
Schwefelsäure
[* 20] versetzt wurde, daß sie 1-2° mehr am
Aräometer
[* 21] zeigt. Zu
galvanoplastischen
Arbeiten im kleinen
Maßstab
[* 22] eignet sich ein
Apparat wie der in
[* 1]
Fig. 1 dargestellte.
Er besteht aus einem cylindrischen
Glas-
gefäß von etwa 112 mmHohe und 125 mmDurchmesser, in welchem ein zweiter Cylinder von etwa 100 mmHöhe und 87 mm Weite an Draht-
oder Blecharmen schwebend erhalten wird. Der innere Cylinder ist unten offen, wird aber mit Pergamentpapier fest überspannt
und dann mit verdünnter Schwefelsäure (1:10) oder mit Kochsalzlösung (1:2,75) zu etwa ⅔ gefüllt.
Das größere Gefäß
[* 24] füllt man mit Kupfervitriollösung, in welche das kleinere Gefäß mindestens zu ⅓ seiner Höhe eintauchen
muß.
Man gießt nun eine Zinkplatte, welche auf der Einschnürung des innern Gefäßes zu ruhen vermag, lötet an dieselbe einen
Kupferdraht, amalgamiert sie, hüllt sie in Flanell und legt sie in das innere Gefäß, wobei sie etwa 6 mm
von dem Pergamentpapier entfernt bleiben muß. Den abzuformenden Gegenstand verbindet man mit einem Kupferdraht und legt ihn
etwa 5 cm unterhalb der Blase in das äußere Gefäß. Der Kupferdraht ist rechtwinkelig gebogen, steigt aus der Vitriollösung
empor und wird durch eine Klemmschraube mit dem vom Zink ausgehenden Draht
[* 25] verbunden.
Damit sich nicht unnötig Kupfer am Draht und an der untern Seite und dem Rande des Objekts ausscheide, überzieht man alle diese
Teile mit einer Lösung von Siegellack in Spiritus
[* 26] oder steckt, wie die
[* 23]
Figur zeigt, den Draht in ein oben
und unten verkittetes Glasrohr. Jedenfalls muß aber zwischen dem Draht und dem abzuformenden Gegenstand ein rein metallischer
Kontakt stattfinden. Gewöhnlich setzt sich, wenn die Operation in gutem Gang
[* 27] ist, binnen 24 Stunden eine Kupferschicht von der
Dicke eines starken Papierblattes an, und die Vollendung der Arbeit erfordert daher mehrere Tage, ja Wochen.
Einen ähnlichen Apparat, der sich für kleine, nicht ebene Gegenstände eignet, zeigt
[* 23]
Fig. 2. Er enthält eine
poröse Thonzelle, in welcher sich der Zinkcylinder befindet, und mit diesem ist ein Messingdrahtring verbunden, an welchem
die abzuformenden Gegenstände hängen. Zur Abformung sehr großer ebener Gegenstände dient ein Apparat
wie
[* 23]
Fig. 3. Hier stehen in einem hölzernen Kasten zwölf
poröse Thoncylinder in einer Reihe. Jeder enthält stark verdünnte
Schwefelsäure und einen Zinkcylinder, deren Drähte untereinander leitend verbunden sind.
Die verbindende Metallstange ruht auf zwei Kupferblechen, und auf diesen liegt auch die Metallstange, an welcher der abzuformende
Gegenstand hängt. Sollen runde Gegenstände abgeformt werden, so wendet man ein flaches, cylindrisches Gefäß an, stellt
die Thoncylinder an der Wand im Kreis
[* 28] auf und hängt die Matrize in den Mittelpunkt des Gefäßes. Häufig benutzt man auch zur
Abformung größerer Gegenstände eine eigne Zersetzungszelle, d. h. ein Gefäß, zu welchem Leitungsdrähte
von den beiden Polen der Stromquelle geführt werden. Am Zinkpol wird der zu kopierende Gegenstand, am Kupferpol eine Kupferplatte
befestigt.
Letztere muß mindestens ebenso groß sein wie der abzuformende Körper und überall in angemessener gleicher Entfernung von der
Form bleiben. Die Kupferplatte löst sich in dem Maß auf, wie Kupfer aus der Vitriollösung abgeschieden
wird; von vollkommen gleicher Stärke bleibt die letztere aber nur, wenn die Oberfläche der Platte bedeutend größer ist
als die des Kupferniederschlags. Man hängt deshalb am obern Rande des Gefäßes mit Kupfervitriol gefüllte Säckchen oder
Siebe in das Bad, damit sich beständig so viel Salz
[* 29] löst, als erforderlich ist, die Flüssigkeit gesättigt
zu erhalten.