mehr
unerwartet und plötzlich in dem
Moment, in welchem ein Gallenstein
in den genannten Gallenausführungsgängen eingeklemmt
wird. Die Kranken werden mit einemmal von den furchtbarsten
Schmerzen in der Lebergegend befallen, welche sich schnell über
den
Unterleib und gegen die rechte
Schulter hin verbreiten. Es ist kein
Fieber dabei vorhanden, aber der
Puls wird klein, die
Haut
[* 2] kühl, das
Gesicht
[* 3] bleich und entstellt; zuweilen tritt eine
Ohnmacht hinzu. In manchen
Fällen gesellt
sich im Beginn der Kolikschmerzen ein leichter
Schüttelfrost und
Erbrechen hinzu.
Nach Verlauf einiger
Stunden oder erst am nächsten
Tag lassen die
Schmerzen nach, und das Allgemeinbefinden bessert sich, und
mit dem Übertritt des Gallensteins
in den
Zwölffingerdarm kehrt vollkommenes Wohlbefinden zurück. Sehr selten endet ein
Anfall von Gallenstei
nkolik mit
Tod.
Gelbsucht gehört keineswegs zu den regelmäßigen
Symptomen der Gallenstei
nkolik.
Wenn der
Stein im ductus choledochus nicht sehr lange eingeklemmt bleibt, so tritt nur eine leichte und kurz dauernde
Gelbsucht
ein.
Die in den
Zwölffingerdarm übergetretenen
Steine gehen mit dem Stuhlgang leicht und unmerklich ab, und nur selten ist der
Abgang von
Leibschmerzen oder von schleimig-blutigen
Durchfällen begleitet. Da in den meisten
Fällen mehrere oder selbst zahlreiche
Steine in der
Gallenblase vorhanden sind, so wiederholen sich die Anfälle der Gallenstei
nkolik gern von
Zeit zu Zeit. Die Zurückhaltung solcher
Steine in dem ductus choledochus gibt sich dadurch zu erkennen, daß nach einem Anfall
von Gallenstei
nkolik nicht vollständiges Wohlbefinden eintritt, sondern daß
Schmerzen und große
Empfindlichkeit der Lebergegend
gegen
Druck zurückbleiben, und daß sich eine intensive
Gelbsucht mit allen
Erscheinungen des verhinderten
Gallenabflusses hinzugesellt. Gewöhnlich erliegen die Kranken nach Verlauf einiger
Monate den
Folgen der Gallenstauung, indem
sie abmagern und durch äußerste Erschöpfung dem
Tod verfallen.
Was die Behandlung der Gallenstei
nkolik anbelangt, so ist man im wesentlichen darauf angewiesen, dreiste
Dosen von
Opiaten
gegen den
Schmerz zu geben. Ist
Erbrechen vorhanden, so sind
Einspritzungen von
Morphium unter die
Haut besser
am Platz. Man kann diese
Mittel in der
Ausdehnung
[* 4] anwenden, daß eine leichte
Betäubung eintritt. Sind die
Schmerzen gar zu
furchtbar, so sind Einatmungen von
Chloroform mit großer Vorsicht anzuwenden, wobei
man es jedenfalls zu keiner tiefen
Betäubung
kommen lassen darf.
Auch warme Umschläge, auf die Lebergegend appliziert, oder ein warmes Vollbad, in welches man den Kranken verbringt, vermögen die krampfartigen Schmerzen zu ermäßigen und den Kolikanfall abzukürzen. Wenn sich der Anfall in die Länge zieht und die Lebergegend gegen äußern Druck sehr empfindlich wird, so können 8-10 Blutegel [* 5] an die schmerzhafteste Stelle des Unterleibs angesetzt werden, da dergleichen Blutentziehungen in solchen Fällen von guter Wirkungen sein pflegen.
Falls der Patient infolge der heftigen Schmerzen bedeutend kollabiert oder eine längere Ohnmacht eingetreten ist, so sind belebende Mittel, wie kräftiger Wein, starker Kaffee, Kampfer, Moschus u. dgl., anzuwenden. Gegen etwa vorhandenes Erbrechen erweisen sich Eispillen oder kaltes Wasser, schluckweise getrunken, am wirksamsten. Dagegen sind Brechmittel und Laxanzen während des Anfalls selbst unter allen Umständen zu vermeiden, da ihre Anwendung nicht ohne Gefahr ist.
Die weitere Aufgabe des
Arztes besteht darin, die Kranken vor neuen Kolikanfällen und
vor anderweiten schlimmen
Folgen der
Gallensteine
zu schützen. Dies geschieht am sichersten durch den
Gebrauch gewisser alkalischer
Mineralwässer von
Karlsbad,
Vichy,
Marienbad,
Kissingen,
[* 6]
Ems
[* 7] etc., für deren Einfluß auf die Abführung der es übrigens noch an einer vollkommen
befriedigenden
Erklärung fehlt.
Großen
Ruf genießt bei der Behandlung der
Cholelithiasis das Durandesche
Mittel, welches aus 12 g
Schwefeläther und 8 g
Terpentinöl besteht. Von diesem
Mittel gibt man morgens alle
Tage 2 g und allmählich
mehr, bis etwa 300 g der Mischung verbraucht sind. Außerdem sind manche andre Spezifika (z. B.
Salpetersäure) und die verschiedensten andern
Kuren gegen die Gallenstei
nkrankheit empfohlen worden. Selbstverständlich darf
angesichts der genannten
Krankheit die Sorge für eine zweckmäßig geregelte Lebensweise und namentlich
für eine geordnete
Diät nicht aus dem
Auge
[* 8] gelassen werden.